BDEW Bundesverband der Energie- und Stellungnahme zum Entwurf einer Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2012/27 / EU über Energieeffizienz Berlin, Februar 2017 Wasserwirtschaft e.V. Reinhardtstraße 32 10117 Berlin Telefon +49 30 300 199-0 Telefax +49 30 300 199-3900 E-Mail [email protected] www.bdew.de Kernbotschaften Grundlage für die langfristige und dauerhafte Steigerung der Energieeffizienz in allen Sektoren sind nachhaltige Investitionen in energieeffiziente Gebäude, Produktionsanlagen und Geräte sowie angepasstes Nutzerverhalten. Dies hat die Europäische Europäische Kommissionmission mit ihrem Vorschlag für eine maßvolle und angemessene Weiterentwicklung der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) weitgehend berücksichtigt. Stabile und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung für die weitere Entwicklung der Energiedienstleistungs- und -effizienzmärkte. Nur die marktbasierte Steigerung der Energieeffizienz führt zu ihrer kosteneffizienten Umsetzung und der unverzichtbaren Akzeptanz bei allen Energienutzern. Gleichzeitig muss bei der Fortschreibung der Energieeffizienz-Richtlinie über das Jahr 2020 hinaus berücksichtigt werden, dass neben der Energieeffizienz-Richtlinie weitere Richtlinien mit Bezug zur Energieeffizienzsteigerung (EPBD, Ökodesign) und zudem Regelungen in anderen Sektoren (ETS) bestehen, die sich untereinander beeinflussen. Insbesondere Wechselwirkungen zum europäischen Emissionszertifikatehandel müssen beachtet werden, um eine gegenseitige negative Beeinflussung ihrer Wirksamkeit zu vermeiden. Folgende Punkte sollten aus Sicht des BDEW nochmals überprüft und angepasst werden: Artikel 1: Eine Notwendigkeit zur Umwidmung des bisher indikativen Energieeffizienzziels in ein EU-weit verbindliches Ziel ist nicht zu erkennen, da auch unter den bisherigen Vorgaben das 2020-Ziel voraussichtlich erreicht wird. Artikel 2: Nach den bisherigen Erfahrungen mit der nationalen Umsetzung der Regelungen, insbesondere im Artikel 8, sollte die Definition für die Grenze zwischen auditpflichtigen und nicht auditpflichtigen Unternehmen sachgerecht präzisiert werden. Artikel 3: Die Erhöhung des Effizienzziels darf nicht dazu führen, dass der Emissionshandel seine Lenkungswirkung verliert. Das bedeutet, dass eine Anhebung des Effizienzziels mit einer Anpassung des Reduktionspfades im EU-ETS korreliert werden muss. Artikel 7 bis 7b: Die nach Artikel 7 anrechenbaren Maßnahmen müssen mit ihrem tatsächlichen Wirkungszeitraum berücksichtigt werden und dürfen nicht durch den Geltungszeitraum dieser Richtlinie künstlich verkürzt werden. Spezielle Regelungen für einkommensschwache Haushalte sind in der EnergieeffizienzRichtlinie nicht sachgerecht platziert. Diese Gruppen müssen gezielt über eine Sozialpolitik angesprochen werden, die das Armutsproblem ganzheitlich löst. Artikel 9 und 9a: Regelungen zur Erfassung, Information und Abrechnung von Energieverbräuchen müssen immer unter den Vorbehalt der technischen Machbarkeit und wirtschaftlichen Umsetzung gestellt werden, um Mehrkosten für die Endkunden zu vermeiden. Weitergehende Informationsaufbereitung kann nur auf Kundenwunsch und auf dessen Kosten erfolgen. BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 2 von 7 1 Detailanmerkungen 1. Article 1, „mater and scope“ Das indikative Ziel wird, anders als zum Beispiel in der Mitteilung der Europäischen Kommission zum Klima- und Energierahmen angekündigt, ohne Not in ein verpflichtendes Ziel auf europäischer Ebene umgewandelt. Zudem soll die Kommission gemäß Art. 27 der Governance-Verordnung für den Fall, dass die EU Gefahr läuft, dieses Ziel nicht zu erreichen, weitere Maßnahmen auf EU-Ebene ergreifen. Hinzu kommt, dass die Kommission in ihren Empfehlungen gemäß Art. 28 der Governance-Verordnung Maßnahmen für ausgewählte Mitgliedsstaaten festlegen kann; die entsprechenden MS müssen diese umsetzen oder sich rechtfertigen, wenn das nicht passiert. Dadurch ergibt sich eine unnötige und ungerechtfertigte Eingriffsmöglichkeit der Europäischen Kommission in die nationale Energiepolitik, die eine notwendige Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips vermissen lässt. Das bisherige indikative Ziel für 2020 wird, wie auch in den Impact Assessments dargestellt1, ohne diese weitergehende Verbindlichkeit von den Mitgliedsstaaten erreicht. Betrachtet man die Steigerung der Energieeffizienz als Instrument zur Erreichung eines übergeordneten absoluten CO2-Minderungsziels, bleiben den Mitgliedsstaaten mehr Freiheitsgrade, um negative wirtschaftliche Folgen und kostenträchtige Administration und Kontrollbürokratie zu vermeiden. Die Steigerung der Energieeffizienz in der EU bleibt dabei ein zentrales Anliegen, das auch im eigenen Interesse der Energieverbraucher liegt. Ein verbindliches Effizienzziel würde die Flexibilität der Maßnahmen dagegen einschränken. Im Mittelpunkt der Effizienz-Richtlinie sollten Förderung von Investitionen und der Abbau von Hemmnissen in den Effizienzmärkten stehen (z. B. Mieter-Vermieter-Dilemma, Finanzierungsengpässe). Wegen der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten ist eine weitgehende Flexibilität bei der Erreichung des gemeinsamen Ziels essentiell. Wirkungsvoller als die Verbindlichkeit des Ziels auf europäischer Ebene ist die klare Zuordnung des jeweiligen Beitrags auf nationaler Ebene. Auf Basis dieser Zuordnung („Effort sharing“) ist dann keine Anerkennung von und keine Verpflichtung zu bestimmten Maßnahmen oder die Verpflichtung bestimmter Akteure durch die Europäische Kommission notwendig. Die Auswahl und Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung sollte allein in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten liegen. Vorschlag: Artikel 1 Absatz 1 Satz 1: “This Directive establishes a common framework of measures to promote energy efficiency within the Union in order to ensure that the Union's 2020 20 % headline targets 1 Kap. 1.4.1 Evaluation of the progress towards the 2020 target (Articles 1 and 3) BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 3 von 7 and its 2030 30 % binding headline targets on energy efficiency are met and paves the way for further energy efficiency improvements beyond those dates.” 2. Article 2, „Definitions“ Leider wird in dem Vorschlag der Europäischen Kommission das Problem der unzutreffenden Abgrenzung der auditpflichtigen Unternehmen nicht angesprochen. Dennoch schlägt der BDEW vor, hier eine Anpassung vorzunehmen, um unwirtschaftliche Audits zu vermeiden und die Akzeptanz von Energieaudits zu verbessern: Die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Europäischen Kommission ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium zur Festlegung der Pflicht zur Durchführung von Energieaudits nach Artikel 8 dieser Richtlinie. Sachgerecht ist vielmehr der ausschließliche Bezug zur tatsächlichen Größe des Unternehmens, denn sie ist ein wichtiger Bestimmungsfaktor für den Energieverbrauch und das durch Energieaudits darstellbare Effizienzpotenzial. Für größere Unternehmen sind Energieaudits wirtschaftlich sinnvoll, weil die Kosten für das Audit in der Regel geringer sind als die potenziellen Energiekostensenkungen. Die bisherige Abgrenzung in Artikel 2 Nr. 28 ist für die Zwecke dieser Richtlinie nicht geeignet, denn sie verpflichtet auch kleine Unternehmen aufgrund ihrer Beteiligungsstruktur zu für sie wirtschaftlich nicht sinnvollen Energieaudits. Dies sollte durch eine Anpassung im Artikel 2 Nummer 26 korrigiert werden, indem der Bezug zur allgemeinen KMU-Definition der Europäischen Kommission gestrichen wird: Vorschlag: Article 2, Nr. 26: “small and medium-sized enterprises’ or ‘SMEs’ in this directive means enterprises as defined in Title I of the Annex to Commission Recommendation 2003/361/EC of 6 May 2003 concerning the definition of micro, small and medium-sized enterprises; the category of micro, small and medium-sized enterprises is made up of enterprises which employ fewer than 250 persons and which have an annual turnover not exceeding EUR 50 million, and/or an annual balance sheet total not exceeding EUR 43 million;” 3. Article 3, „Energy efficiency targets“ Im Artikel 3 wird das Effizienzziel in einem Einspar- bzw. Energieverbrauchsziel konkretisiert. Grundsätzlich muss hierzu gesagt werden, dass ein absolutes Verbrauchsziel kein Ausdruck für Energieeffizienz ist. So können zum Beispiel konjunkturelle Entwicklungen nicht berücksichtigt werden. Die Umsetzung der Anhebung des Effizienzziels für 2030 von 27 Prozent auf 30 Prozent führt zu einem ambitionierten absoluten Energieverbrauchsziel für 2030. Bei dieser Anhebung des Effizienzziels sind unbedingt die Wechselwirkungen zum ETS-Sektor zu berücksichtigen, um die Wirksamkeit des ETS nicht zu verringern. Eine Anhebung des Effizienzziels muss also mit einer Verringerung der verfügbaren CO2Zertifikate im ETS einhergehen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass mit der Steigerung der Ambition bei der Zielfestlegung sich auch die Kosten-Nutzen-Relation der notwendigen Maßnahmen in Richtung höherer Kosten verschiebt. BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 4 von 7 Ungewöhnlich ist, dass schon die Zielstruktur für 2020 kurzfristig geändert wird. Bisher besteht die Wahlmöglichkeit, ein Primärenergieziel oder ein Endenergieziel zu erreichen. Gleichzeitig ist aus den Impact Assessments keine Notwendigkeit zur unmittelbaren Verknüpfung zu erkennen, beide Ziele werden voraussichtlich erreicht. Diese beiden Ziele werden nun ohne erkennbaren Grund kurzfristig verknüpft. Dies kann zu Problemen bei der Umsetzung führen. Der BDEW schlägt daher vor, die bisherige Formulierung im Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) beizubehalten: Vorschlag: (a) that the Union's 2020 energy consumption has to be no more than 1 483 Mtoe of primary energy and or no more than 1 086 Mtoe of final energy; 4. Article 7 to 7b, „Energy savings obligation“, „Energy efficiency obligation schemes“ und „ Alternative policy measures “ Die neue Struktur der Regelungen des Artikels 7 der aktuellen Richtlinie trägt zur Klarstellung der bisherigen Regelung bei. Die Trennung in die nationale Einsparverpflichtung (Artikel 7) und die beiden möglichen Umsetzungsoptionen (Artikel 7a und 7b) ist sinnvoll und stellt die Umsetzungsalternativen gleichrangig nebeneinander. Allerdings verringert die bessere Struktur des Richtlinientextes nicht den administrativen Aufwand, der mit den Regelungen verbunden ist. Article 7 „Energy savings obligation” Nr. 4 In Nummer 4 des Artikels 7 wird festgelegt, dass Energieeinsparungen durch Maßnahmen, die bis 2020 eingeführt werden, nicht über diesen Zeitpunkt hinaus angerechnet werden dürfen. Das schränkt die Anrechenbarkeit insbesondere tiefgreifender und langfristig wirkender Maßnahmen (z. B. deep retrofit) stark ein. Diese Einschränkung der Flexibilität bei der Auswahl der Maßnahmen insbesondere zum Ende der Periode 2014 bis 2020 ist nicht sachgerecht und wirkt der Zielerreichung entgegen. Vorschlag: 4. Energy savings achieved after 31 December 2020 may not count towards the cumulative savings amount required for the period from 1 January 2021 to 31 December 2030. Artikeln 7a und 7b In den neuen Artikeln 7a und 7b werden Regelungen zur besonderen Berücksichtigung von Haushalten, die von Energiearmut betroffen sind (households afected by energy poverty), eingeführt. Die Notwendigkeit, einkommensschwache Haushalte in besonderem Maße vor den Folgen fehlender Finanzmittel zu schützen, ist unbestritten. Allerdings werden die Probleme dieser Haushalte in der Regel nicht allein über die Begrenzung oder Reduktion der Energierechnungen gelöst. Vielmehr muss Einkommensarmut als ganzheitliches Problem erkannt und über sozialpolitische Maßnahmen gelöst werden. Dazu ist die EnergieeffizienzRichtlinie nicht das geeignete Instrument. BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 5 von 7 Allerdings muss gewährleistet werden, dass Menschen, die mit Armut konfrontiert sind, Zugang zu zinsgünstigen Darlehen und anderen günstigen Finanzierungsformen haben, die zur Steigerung der Energieeffizienz zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere für Familien mit niedrigem Einkommen muss der Zugang zur Finanzierung verbessert werden. Vorschlag: Die Regelungen in Artikel 7a Absatz 5 Buchstabe a) und Artikel 7b Absatz 2 sollten ersetzt werden durch eine entsprechende allgemeine Regelung zum Beispiel in Artikel 7 als Nummer 8: „(8) Memberstates shall ensure that households confronted with poverty have equal access to energy efficiency (financing) measures. 6. Article 9 „Metering for gas“ Im Artikel 9 werden Anforderungen an die Smart Meter für Gas beschrieben. Um die Kosten für den Messstellenbetrieb im Rahmen zu halten, sollten Anforderungen an das „widerspiegeln des Energieverbrauches“ nur auf Kundenwunsch und dessen Kosten umgesetzt werden. So können Lösungen angeboten warden, die den Kundenanforderungen entsprechen. Vorschlag: Member States shall ensure that, in so far as it is technically possible, financially reasonable and proportionate in relation to the potential energy savings, final customers for natural gas, if they wish, at their own expense, are provided with competitively priced individual meters that accurately reflect the final customer's actual energy consumption and that provide information on actual time of use. 7. Artikel 9a: “Metering, sub-metering and cost allocation for heating and cooling and domestic hot water” Im Absatz 4 schreibt dieser Artikel vor, dass ab dem 1. Januar 2020 neu installierte Zähler und Kostenverteiler für die Zwecke dieses Artikels fernablesbar sein müssen. Dabei fehlt die notwendige Einschränkung, dass deren Einführung technisch machbar und kosteneffizient sein muss. Dies ist in vielen Fällen, auch aufgrund fehlender kostengünstiger Technologie, nicht möglich. Der erste Satz des Absatzes 4 sollte daher gestrichen werden, mindestens muss er um die Anforderung der Kosteneffizienz ergänzt werden: Vorschlag: For the purposes of this Article, as of 1 January 2020 meters and cost allocators installed shall be remotely readable devices, where technical feasible and cost effective. 8. Amendment (16) “…To calculate the primary energy share for electricity in CHP the method set out in Annex II of Directive 2012/27/EU is applied. An average market position is used rather than a marginal one …”. Diese Art der Berechnung führt zu Fehleinschätzungen der Primärenergieeinsparungen, da sowohl die Strom- wie Wärmeseite falsch berechnet werden. Die Methode ermittelt nicht die BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 6 von 7 realen physikalischen Primärenergieeinsparungen, da für reale Primärenergieeinsparungsberechnungen die Effizienzen der ungekoppelten Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt werden müssen. Die physikalisch richtige Methode für die Ermittlung von Primärenergieeinsparungen und die Kalkulation des Primärenergieanteils für Strom in der Kraft-Wärme-Kopplung ist die Carnot Methode, auf die auch in dem Vorschlag der RESDirective verwiesen wird. Den Mitgliedsstaaten sollte die Wahl einer physikalisch richtigen Methode in der EED zur Primärenergieberechnung der KWK gewährt werden. Vorschlag: (16) Reflecting technological (…) For non-combustible renewable energy, the method is the direct equivalent based on the Total primary energy approach. To calculate the primary energy share for electricity in CHP the method set out in Annex II of Directive 2012/27/EU is applied. (…) The dataset for Norway is based on ENTSO-E data. 9. Annex IV: Footnote 3: The default coefficient of 2.5 is changed to 2.0 Auf die Angabe eines default coefficient im Rahmen der EED sollte verzichtet werden. Die Mitgliedsstaaten sollten nach den nationalen Gegebenheiten individuell verfahren. Ansprechpartner: BDEW-Stellungnahme zur Energieeffizienz-Richtlinie Seite 7 von 7
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