Sie wissen, was Du letzten Sommer getan hast

Sie wissen, was Du letzten Sommer getan hast
Keyfacts über Unheimliche Daten
- Datenanalysen können Kundenvertrauen zerstören
- Angst vor Kontrollverlust wird stärker
- Kluge Unternehmen ermöglichen Kunden die Kontrolle ihrer Daten
27. Februar 2017
Stellen Sie sich vor, Sie chatten mit einem Bekannten bei Facebook über die Vorteile eines
bestimmten Autos – und bekommen kurz darauf unverlangt Autowerbung in Ihr Postfach.
Stellen Sie sich vor, Sie schreiben einer Bekannten eine E-Mail und loben darin ihren letzten
Sommerurlaub auf einer Mittelmeerinsel. Kurz darauf haben Sie Infobroschüren angrenzender
Inseln in Ihrem Briefkasten. Stellen Sie sich vor, Sie telefonieren mit Ihrem Vater und sprechen
über seine gesundheitlichen Probleme. Kurz darauf klingelt Ihr Telefon erneut und ein
Callcenter-Mitarbeiter möchte Sie über verschiedene Modelle von Altersheimen informieren –
natürlich ganz unverbindlich.
Ganz schön unheimlich, sagen Sie? Mit Sicherheit. Wird nicht passieren, sagen Sie? Eher
unwahrscheinlich. Technisch gesehen ist das längst schon möglich. Stellen Sie sich vor, Sie
kaufen bei einem Onlinehändler ein Buch. Fürchten Sie sich, wenn Ihnen anschließend weitere
Bücher angezeigt werden, die Ihnen auch gefallen könnten? Eher nicht, sagen die meisten
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Konsumenten. Dabei ist der technische Unterschied gar nicht einmal so groß: Wer das
Kaufverhalten im Internet auswerten kann, der kann auch Chatprotokolle auswerten und davon
ausgehend Werbebotschaften beim Kunden platzieren. Warum also ist das eine für die meisten
Menschen in Ordnung, das andere aber nicht? Irgendwo scheint es bei Datenanalysen eine
Grenze zu geben. Wer sie überschreitet, wird den Menschen unheimlich. Die spannende Frage
für Unternehmen also: Wo liegt diese Grenze?
Angst vor Kontrollverlust greift um sich
Wer sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, der stellt fest: Das klassische Verhältnis
zwischen Nutzer und Anbieter gilt nicht mehr. War die Datensammlung anfangs begrenzt und
beschränkte sich auf wesentliche Details wie Name, Alter und Wohnort, so gilt mittlerweile,
dass die abgefragten Daten schier unermesslich sind. Das liegt zum einen daran, dass mit der
Verbreitung von Smartphone und Co. praktisch zu jedem Zeitpunkt Daten erhoben und
Nutzerverhalten abgefragt werden. Zum anderen aber auch daran, dass neben Anbieter und
Konsument diverse weitere Akteure auf den Plan getreten sind, die zusätzlich von den
erhobenen Kundendaten profitieren. Es ist nicht nur die Intensität, mit der Daten erhoben
werden, sondern insbesondere die Weitergabe an Dritte, die beim Kunden zu sinkendem
Vertrauen führt. Die zentrale Frage, was wann von wem mit welcher Absicht gesammelt wird, ist
für einen normalen Konsumenten kaum zu beantworten. Anders gesagt: Die Furcht vor
Kontrollverlust geht um.
Kluge Unternehmen machen also genau diesen Fehler nicht. Aus unserem letzten Consumer
Barometer zum Thema „Vertrauen“ wissen wir, dass für 84 Prozent der Befragten Datenschutz
und Datensicherheit eine wichtige Rolle für das Vertrauen in Unternehmen und Marken spielen.
88 Prozent sagten sogar, dass eine offene und transparente Kommunikation ihr Vertrauen in
eine Marke stärken würde.
88
Prozent der Menschen sagen, dass eine transparente
Kommunikation ihr Vertrauen in eine Marke stärkt
Wie man es nicht machen sollte, zeigte beispielsweise die US-amerikanische Warenhauskette
Target in der Anfangszeit der Big-Data-Analyse vor einigen Jahren: Sie ließ das
Einkaufsverhalten tausender Kundinnen untersuchen und entdeckte ein Muster, das werdende
Mütter identifizierte. Als diese Frauen dann auf sie zugeschnittene Werbung erhielten, kam es
zumindest in einem bekannt gewordenen Fall zu Erstaunen, das schnell in Verärgerung
umschlug. Der Grund: Die Schwangerschaft eines Mädchens im Teenageralter war dem
Familienvater im Gegensatz zu Target zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
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Ein wirksames Mittel gegen verärgerte Kunden liegt heute in der Incentivierung. Der
Grundgedanke: Daten sind das neue Gold – und Gold hat einen Wert. So sind insbesondere
jüngere Kunden durchaus bereit, einen kompletten Zugriff auf ihre Daten zu gewähren, wenn
sie im Gegenzug die entsprechenden Geräte zu verbilligten Preisen bekommen. Erste
Praxisbeispiele für diese Entwicklung deuten sich heute schon an, wenn beispielsweise
Autofahrer ihr Interesse an individualisierten Versicherungspolicen signalisieren. Der Deal hier:
Riskante Fahrweise führt zu hohen Versicherungsbeiträgen, risikobewusste Fahrweise senkt
die Beitragshöhe. Ermittelt würde die Beitragshöhe dann durch die permanente Auswertung
des jeweiligen Fahrverhaltens.
Wenn Privatsphäre zum Luxus wird
Natürlich: Man kann diese Entwicklung auch insgesamt eher negativ sehen und eine
permanente Invasion der eigenen Privatsphäre diagnostizieren. Einen Schritt weiter gedacht
ist dann auch denkbar, dass der Erhalt der eigenen Privatsphäre künftig Geld kosten und sich
als Luxus erweisen wird. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es selten eine gute Idee ist, sich
übermächtigen Trends entgegenzustellen – zumal der individuelle Nutzen von Datenanalysen
direkt erfahrbar ist. An einem grundlegenden Sachverhalt ändert nämlich auch Big Data nichts:
Über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden die Kunden durch ihr
Kaufverhalten. Sich dessen bewusst zu werden, kann ein Weg für Anwender sein, sich aus
dem Gefühl von Kontrollverlusten zu befreien. Und es kann für Unternehmen ein Fingerzeig
sein, in welche Richtung sie ihre Datenanalyse und Datenweitergabe gestalten müssen.
Mehr zu Kundenvertrauen im Internet und weitere Artikel rund um Consumer Markets finden Sie
im aktuellen KPMG-Magazin“ Consumer Currents“ hier.
Zusammengefasst
»Irgendwo scheint es bei Datenanalysen eine Grenze zu geben. Wer sie überschreitet, wird den
Menschen unheimlich. Die spannende Frage für Unternehmen also: Wo liegt sie? «
Ein wirksames Mittel gegen verärgerte Kunden liegt in der Incentivierung. Der Grundgedanke: Daten sind
das neue Gold – und Gold hat einen Wert. So sind insbesondere jüngere Kunden bereit, einen kompletten
Zugriff auf ihre Daten zu gewähren, wenn sie im Gegenzug die entsprechenden Geräte zu verbilligten
Preisen bekommen.
3/5
Mark Sievers
Partner, Head of Consumer Markets
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