Markus Aspetzberger

Identitätsstiftende Architektur
Kulturschwerpunkt 2013
Österreich Werbung
Brand Management/ Themenmanagement Kultur
Text: Tom Cervinka
Architektur mit unverwechselbarem Charakter
Österreich verfügt nicht nur über ein reiches baukulturelles Erbe. Im vergangenen
Jahrzehnt hat sich eine zeitgenössische Architektur entwickelt, die die historischen
Bauwerke in einem neuen Glanz erscheinen lässt. Traditionen trifft Moderne – eine
einzigartige Symbiose, die eine neue Identität für die künftigen Generationen schafft.
Die Architektur eines Gebäudes, einer Stadt oder einer Region ist immer ein Dokument für die
Geschichte, ein gebautes Spiegelbild der Gesellschaft und ein Zeugnis ihres wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Seins. Parallel dazu ist sie aber auch die allgegenwärtigste der
klassischen Künste – der Architektur kann man sich nicht entziehen. Abgesehen von
unberührten Naturlandschaften begegnet sie einem auf Schritt und Tritt, immer ist man von
den Werken der Architekten und Bauherren umgeben: in der eigenen Wohnung oder im
eigenen Haus, auf den Straßen der Stadt – bei der Arbeit ebenso wie in der Freizeit.
Architektur prägt unser individuelles und gesellschaftliches Leben. Während die Gesellschaft
einem immer rasanteren Wandel unterworfen ist, ändert sich das Bild unserer gebauten
Umgebung jedoch vergleichsweise langsam. Somit ist die Architektur eine der wenigen
Konstanten im Leben der Menschen und nicht zuletzt genau deswegen in der Lage, ihre
identitätsstiftende Wirkung zu entfalten. Während manche Bauwerke Generationen
überdauern, haben andere jedoch nur eine sehr kurze Lebensdauer.
Aus einem Gebäude wird Identität
Was aber macht ein Gebäude zum kulturellen Erbe und entfaltet nachhaltig eine positive
Identität, mitunter sogar über Jahrhunderte hinweg? Aus der zeitlichen Distanz heraus
betrachtet, lässt sich diese Frage anhand der historischen Baukulturgüter mitunter klarer
beantworten als für die zeitgenössische Architektur, die ihre kulturelle Wertbeständigkeit erst
noch unter Beweis stellen muss. So zeigt die Baugeschichte bestimmte Wesenszüge der
Architektur, die einzelne Objekte oder ganze Ensembles aus der breiten Masse des Gebauten
herausheben und damit unverwechselbar machen – worin auch ihre identitätsstiftende
Wirkung begründet ist. Diese Wesenszüge lassen sich im Wesentlichen auf zwei Merkmale
reduzieren: Regionalität und Einzigartigkeit. Dabei stehen der lokale Bezug der Architektur
sowie ihr einzigartiges Erscheinungsbild in steter Wechselbeziehung zueinander. Regional
verankerte Architektur, die auf den „Genius Loci“, die Besonderheit oder den Geist eines
Ortes reagiert und über einen unverwechselbaren Charakter verfügt, hat in der Regel auch
Bestand. Wenn sie sich darüber hinaus auch noch über die gesellschaftlichen, kulturellen
oder gestalterischen Konventionen ihrer Zeit hinwegsetzt, geltende Normen sprengt, neue
Maßstäbe und Standards setzt, dann kann man mit Fug und Recht von identitätsstiftender
Architektur sprechen.
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Geschichtliche Vorbilder dafür gibt es viele: Die Monumentalität der mittelalterlichen Burgen,
die detaillierten Fassaden der gotischen Kirchenbauten, die überreich gestalteten Schlossund Gartenanlagen oder die profanen und kirchlichen Prunkbauten des Barock haben sich als
Identitätsstifter bewiesen. Ebenso wie das originäre Erscheinungsbild geschlossener,
historischer Stadtkernensembles, die florale Bildsprache des Jugendstils, die Architektur der
Sezessionisten oder die stadtbildprägenden Bauten eines Otto Wagner oder Adolf Loos.
Dabei liegt die baukulturelle Bedeutung in der Zeit ihrer Entstehung nicht immer gleich auf der
Hand. Die Beurteilung erfolgt rückblickend, mit der objektivierenden Wirkung des zeitlichen
Abstands. Prominentes Beispiel dafür ist das von Adolf Loos errichtete Gebäude am Wiener
Michaelerplatz. Nach Fertigstellung des Looshauses weigerte sich Kaiser Franz Josef, die
Einfahrt am Michaelerplatz weiterhin zu benutzen. Zusätzlich ließ er alle Fenster, die auf das
Looshaus blickten, vernageln, damit er sich das „scheußliche“ Haus nicht ansehen musste.
Heute zählt es zu den bedeutendsten Bauwerken der Wiener Moderne und zu den
vielbesuchten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Hoteliers und Gastronomen setzen immer mehr auf Architektur
Die zeitgenössische österreichische Architektur hat sich längst von den vorgegebenen
Gestaltungskanons vergangener Zeiten emanzipiert. Die unterschiedlichen, architektonischen
Themenschwerpunkte variieren je nach Bundesland oder Region. Gemeinsames Ganzes ist
der Bezug zur Landschaft und zur einzigartigen landes- oder regionsspezifischen Kultur und
Bautradition – ein Erfolgsfaktor für gute, nachhaltige Architektur, die über lange Zeit Bestand
haben kann. Auch heute sind es die Kulturbauten, Museen, Theater und
Repräsentationsbauten, denen besondere gestalterische Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Daneben bedienen sich aber auch Industrie, Gewerbe und Tourismus der Architektur als
Mittel zum Zweck. So haben zahlreiche Gastronomen und Hoteliers erkannt, dass gute
Architektur mit hohem gestalterischen Anspruch ein Unterscheidungsmerkmal ist, eine
Möglichkeit, sich von der breiten Masse des dichten touristischen Angebots abzuheben und
die Besucherzahlen zu steigern.
Unkonventionelle gastronomische Projekte, wie das von Thomas Fichtner entworfene
Seerestaurant „Katamaran“ im burgenländischen Rust, die „Mole West“ vom Architekturbüro
Halbritter & Hillerbrand am Neusiedler See oder das „Wellen.Spiel“ des Wiener
Architektenduos Najjar & Najjar, im niederösterreichischen Krems, inszenieren den Blick auf
die Landschaft und haben damit unternehmerischen Erfolg.
Auf Tradition, gepaart mit gediegenem Design und höchstem Komfort, setzen auch die
heimischen Hoteliers. Die Architektur ist international, mit einem Hauch Lokalkolorit – der
enge Bezug zur Umgebung für die beauftragten Planer verbindlich. Für die „edel:weiss
Residences“ am Katschberg in Kärnten beispielsweise, engagierte der Betreiber den
Südtiroler Architekten und Designer Matteo Thun. Mit seinen beiden Hochhäusern in
Tannenzapfenform am Berg sorgte er für Aufsehen. Der Bezug zur Landschaft wird über eine
rautenförmig arrangierte Holzlattenfassade hergestellt.
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„Under the ground“, „on the ground“ und „over the ground“ lautet die gestalterische Idee für
Weinkeller, Besucherzentrum und Hotel des amerikanischen Architekten Steven Holl für das
„Loisium“ im niederösterreichischen Langenlois. Mit Unterstützung der österreichischen
Architekten Irene Ott-Reinisch und Franz Sam entstand eine pittoresk anmutende
Erlebniswelt, in der die Gestalt des Baukörpers über eine ortsmotivische Annäherung
generiert wurde.
Eine Sonderstellung unter den Tourismusbetrieben nehmen die Thermenanlagen und SpaResorts ein. Als Unterscheidungsmerkmal wurden viele einem bestimmten Gestaltungsmotto
oder -thema unterworfen, das im Bezug zur Landschaft oder Geschichte steht. So hat sich
beispielsweise die St. Martins Therme & Lodge, vom Architekturbüro Holzbauer & Partner,
dem Safarilook verschrieben und bezieht ihren Reiz aus der flachen, weitläufigen Landschaft
des Naturschutzgebietes Neusiedlersee-Seewinkel. Mit seiner sensationellen Lage mitten in
den Bergen inszeniert das Tauern Spa Kaprun in Salzburg ein vollständig gegensätzliches
landschaftliches Extrem. Für die Architektur zeichnet das Wiener Büro der Skyline Architekten
verantwortlich. Das Römerbad in Bad Kleinkirchheim in Kärnten, nach den Plänen von
Behnisch Architekten aus Stuttgart, stellt den Bezug zur römischen Badekultur her. Das
Themenspektrum ist breit gefächert und ebenso fantasievoll wie dessen architektonische
Umsetzung.
Junge Winzer inszenieren neue Erlebniswelten
Dem Thema Wein unterworfen und fest in der von Menschenhand geschaffenen
Kulturlandschaft verankert, ist die österreichische Weinarchitektur. Mit modernen
Gestaltungsmitteln hat es die neue, dynamische Winzergeneration geschafft, sowohl den
Anforderungen an einen zeitgemäßen Weinbaubetrieb gerecht zu werden als auch touristisch
verwertbare Erlebniswelten zu inszenieren. Das Erstaunliche dabei ist die große Zahl an
Projekten. Rund 60 Betriebe in den Weinanbaugebieten von Wien, Niederösterreich, der
Steiermark und dem Burgenland sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Allianz mit
der Architektur eingegangen: Vom Wiener Weingut Christ der Architektengruppe Raum-WerkStadt über die von Steven Holl in Szene gesetzte Weinerlebniswelt Loisium im
niederösterreichischen Langenlois oder dem Weritas im Weinviertler Kirchberg am Wagram,
von gerner°gerner plus Architekten, bis hin zu Leo Hillingers Großkellerei im
burgenländischen Jois oder dem von Wilhelm Holzbauer und Dieter Irresberger entworfenen
Reifekeller Arachon im grenznahen Horitschon reicht das Spektrum an herausragender
Architektur. Weiter zieht sich die Spur des Weins dann noch durch die Steiermark, mit
prominenten Weinbaubetrieben wie der Weinmanufaktur Schilhahn in Gamlitz, von g2plus
Architekten, oder dem Weingut von Manfred Tement ganz im Süden, entworfen vom Grazer
Architekten Walter Kletzl.
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Dichtes Nebeneinander von Alt und Neu in Wien
Weniger mit der Landschaft, dafür aber umso mehr mit der gebauten Umgebung im
gestalterischen Austausch präsentiert sich die österreichische Architektur in den urbanen
Ballungszentren. Als ehemalige Hauptstadt eines Weltreiches und Vielvölkerstaates verfügt
Wien über ein breites Spektrum imperialer Prunk- und Prachtbauten. Die unter dem Schutz
des UNESCO Weltkulturerbes stehende historische Altstadt, die Ringstraße, die
Innenstadtpalais, die Schönbrunner Schlossanlage oder das Schloss Belvedere sind aus dem
Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Ebenso wenig wie die Stadtbahnbauten eines
Otto Wagner, die bis heute ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur
sind. Doch auch die jüngere Architektengeneration hinterlässt ihre Spuren, womit sich im
Laufe der Zeit in der Bundeshauptstadt ein dichtes Neben- und Miteinander von historischem
Bestand und moderner Architektur entwickelt hat. Besonders eindrucksvoll ist dies beim
Wiener MuseumsQuartier gelungen. „Barock meets Cyberspace“ lautete das Leitthema der
Eröffnung im Jahr 2001. Es beschreibt die gelungene Kombination von Alt und Neu in einem
der weltweit größten Areale für Kunst und Kultur. Fast 300 Jahre liegen zwischen der
Entstehung der ehemaligen Hofstallungen und den Neubauten im Innenhof: Leopold Museum,
Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig (MUMOK) und Kunsthalle. Mit der Revitalisierung ist
es dem Architektenteam Laurids und Manfred Ortner gelungen, den Gesamtkomplex zu
neuem Leben zu erwecken. Mit der Gestaltung des Vorplatzes und des Innenhofes in Form
eines urbanen Wohnzimmers ist es zudem auch geglückt, das MuseumsQuartier nicht nur für
Kunst- und Kulturinteressierte attraktiv zu machen, sondern für alle, die mitten in der Stadt
eine kurze Auszeit nehmen wollen.
Ihr modernes Antlitz zeigt die Hauptstadt jenseits der Donau: Mit der Errichtung der Uno City
Wien – neben New York, Genf und Nairobi einer der vier Amtssitze der Vereinten Nationen –
in den Jahren 1973 bis 1979, nach Plänen des österreichischen Architekten Johann Staber,
wurde der Grundstein für die Hochhausbebauung entlang der Donau gelegt. Die neue
stadtbildprägende Skyline hat sich aber erst in den vergangenen 15 Jahren entwickelt.
Nachdem die für das Jahr 1995 geplante Weltausstellung abgeblasen wurde, erklärten die
Stadtväter das Areal unter der klangvollen Bezeichnung „Vienna DC“ zum städtebaulichen
Entwicklungsgebiet. Mit der U-Bahn nur acht Minuten vom historischen Zentrum entfernt, steht
zeitgenössische Stahl- und Glasarchitektur dicht an dicht in einer Mischung aus Büro- und
Wohnbauten, Forschungsstätten und zahlreichen Freizeiteinrichtungen. Innerhalb weniger
Jahre ist hier ein neues urbanes Zentrum entstanden, das die moderne Seite von Wien
repräsentiert.
Neue architektonische Maßstäbe in Graz und Salzburg
Auch vor den anderen Landeshauptstädten macht die architektonische Verjüngung des
Bestands nicht halt. Und auch hier ist es eine ausgewogene Mischung aus Altem und Neuem,
die den besonderen Reiz ausmacht. Neben Altstadt und Schloss Eggenberg (beide UNESCO
Weltkulturerbe), Schlossberg und Uhrturm ist es mehr und mehr auch die moderne
Architektur, die das Bild der Grazer Stadt in ihrer Außenwahrnehmung prägt und Touristen
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anzieht. Geradezu einen Boom an Neubauprojekten mit architektonischem sowie
identitätsstiftendem Anspruch brachte das Kulturhauptstadtjahr 2003. So ist beispielsweise
der von den beiden britischen Architekten Peter Cook und Colin Fournier entworfene „Friendly
Alien“, das Kunsthaus Graz, zum neuen Wahrzeichen der Stadt avanciert. Auch der Identität
scheint dabei Genüge getan: Noch während der Bauphase, als die dreidimensional geformten
Acrylglasplatten der Fassadenhaut vor Ort gelagert wurden, schlichen sich Souvenirjäger
hinter den Bauzaun, um Erinnerungsstücke aus den überdimensionalen Platten
herauszusägen. Die Bauverantwortlichen reagierten prompt und ließen entsprechende
Schlüsselanhänger fertigen. Ein strategischer Schachzug, der seine Wirkung nicht verfehlte
und die Baustelle wieder diebstahlsicher machte. Unweit des Kunsthauses bildet die
ursprünglich nur für das Kulturhauptstadtjahr konzipierte Murinsel, vom New Yorker Künstler
und Designer Vito Acconci entworfen, eine zusätzliche Verbindung zwischen den beiden
Murufern. Heute ist sie ein fixer Bestandteil des Grazer Stadtbildes und eine der
meistfotografierten städtischen Attraktionen.
Nicht nur die reich mit Ornamenten und barockem Schmuck beladenen Paläste verfügen über
höchste Anziehungskraft, oft sind es auch die scharfen Kanten und glatten Flächen der
jüngsten Werke der Architektur, die für Spannung im Stadtbild sorgen. Gerade dann, wenn
der reiche historische Bestand diesen baulichen Kontrapunkt zusätzlich unterstreicht und
hervorhebt, wie das Museum der Moderne auf dem Mönchsberg über der Altstadt von
Salzburg eindrucksvoll vermittelt. Von Einheimischen und Touristen vielbesucht, wacht der
steinerne Riegel der Münchner Architekten Friedrich, Hoff und Zwink hoch oben über die
Stadt. Die Verankerung des Museums in der Besonderheit des Bauplatzes betrachteten die
Architekten als wichtigste Aufgabe in der Entwurfsarbeit. Nicht weniger spektakulär ist auch
die Architektur des Hangar 7 auf dem Salzburger Flughafen. Im Jahr 1999 vom
ortsansässigen Architekten Volkmar Burgstaller entworfen, hat die elliptische Stahl-GlasSchalenkonstruktion so gar nichts gemein mit einem klassischen Flugzeughangar. Aber
schließlich sind hier auch keine normalen Flugzeuge untergebracht, sondern die Sammlung
der Flying Bulls von Red-Bull-Gründer und Energy-Drink-Millionär Didi Mateschitz.
Imagewechsel in Linz: von der Stahl- zur Kulturstadt
Dass auch ein vollständiger Imagewechsel ohne Verlust des lokalen Bezugs möglich ist, hat
Linz eindrucksvoll vorgemacht. Unter anderem mit den gestalt- und raumbildenden Mitteln der
Architektur hat die Hauptstadt Oberösterreichs den Wandel von der Stahl- und Industriestadt
zur Kunst- und Kulturstadt vollzogen. Und damit ihren Bewohnern und sich selbst in der
öffentlichen Wahrnehmung eine neue Identität verliehen. Deutliches Zeichen für das Aufleben
eines neuen kulturellen Bewusstseins ist das im Jahr 2003 eröffnete, von Weber + Hofer
entworfene Lentos Kunstmuseum, das am Donauufer über einem der Haupthandelswege der
Stadt thront.
Ebenfalls am Donauufer liegt das neue Ars Electronica Center von Treusch architecture.
Auch hier war das Kulturhauptstadtjahr ausschlaggebend für die Bauentscheidung, schließlich
wollte die Stadtregierung mit dem „Museum der Zukunft“ ihrem kulturellen Anspruch auch
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baulich Rechnung tragen. „Kunst, Technologie und Gesellschaft“ lautet seit mehr als 30
Jahren die Philosophie der Ars Electronica. Heute verschmelzen da, wo bis vor wenigen
Jahren hauptsächlich Stahl geschmolzen wurde, verschiedene Kunst-, Wissenschafts- und
Technologierichtungen zu einer neuen, identitätsstiftenden Gesamtkomposition. Bis zum
Frühjahr 2013 soll auch das neue Musiktheater nach den Plänen des Londoner Architekten
Terry Pawson fertiggestellt sein - und die Stadt um eine weiteres architektonisches wie
kulturelles Highlight bereichert.
Vorarlberger Architekten als Pioniere nachhaltiger Bautechnik
Über die rein architektonischen Leistungen hinaus hat Österreich auch in der Bautechnik,
konkret in Bezug auf Energieeffizienz und Ökologie, international neue Maßstäbe gesetzt –
ausgelöst und getragen von der profanen Alltagsarchitektur des Einfamilienhausbaus.
Ausgangspunkt für diese Entwicklung waren die Vorarlberger Architekten. In den
vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten entstand eine unübersehbare Dichte an guter
Alltagsarchitektur mit höchstem Anspruch an Ökologie und Nachhaltigkeit. Der Einsatz von
nachwachsenden, lokal verfügbaren Rohstoffen, wie beispielsweise Holz, und der sparsame
Umgang mit endlichen Ressourcen im Hinblick auf die Energieversorgung haben dem
westlichsten aller Bundesländer einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung in puncto
Niedrigenergie- und Passivhausbauweise gebracht. Eine Entwicklung, die mit zeitlicher
Verzögerung auch auf das benachbarte Tirol übergegriffen hat. Gleichzeitig hat sich so neben
den klassischen Tourismuszielen auch ein eigenständiger Architekturtourismus entwickelt.
Für Opern- und Architekturinteressierte gleichermaßen anziehend ist beispielsweise das
Bregenzer Festspielhaus von Dietrich/Untertrifaller Architekten. Als größtes
Veranstaltungszentrum zwischen München und Zürich ist es nicht nur in Bezug auf seine
Architektur richtungsweisend. Der wirtschaftliche Einsatz von Energie, die Verwendung von
Bioprodukten aus der Region sowie von Fair-Trade-Produkten stehen im Fokus von
nachhaltigen Veranstaltungen. Zudem ist das Festspielhaus Bregenz auch als
Zertifizierungsstelle tätig und damit befugt, anderen Veranstaltern den „Green-MeetingsStandard“ zu bescheinigen.
Mit dem Kunsthaus vom Schweizer Architekten Peter Zumthor verfügt Bregenz über ein
weiteres kulturelles und architektonisches Highlight. Über seine gläserne Hülle korrespondiert
es mit der Umgebung, nimmt das wechselnde Licht des Himmels und das Dunstlicht des Sees
auf und lässt je nach Tageszeit und Blickwinkel etwas von seinem Innenleben erahnen.
Zeitgenössische Architektur im alpinen Raum
Mut zur Architektur beweist auch das benachbarte Tirol. Neben Schloss Ambras, der
Innsbrucker Altstadt und dem „Goldenen Dachl“ verfügt Innsbruck seit dem Jahr 1927 mit der
Bergisel-Schanze über eine der wichtigsten Wintersporteinrichtungen des Landes. Und wird
damit auch seiner Tradition als einer der bedeutendsten Austragungsorte von internationalen
Wintersportveranstaltungen, wie den Olympischen Winterspielen, gerecht. Mit der
Jahrtausendwende galt es, die altersschwache Sprungschanze neu zu errichten.
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Den international ausgelobten Wettbewerb konnte die in London lebende und in Wien
unterrichtende Architektin Zaha Hadid für sich entscheiden. Mit dem Entwurf einer
dynamischen „Pfeife“ schuf Hadid eine perfekte Symbiose aus Funktion und Gestaltung, die
nicht nur von der internationalen Presse vielbeachtet, sondern auch von der einheimischen
Bevölkerung freudig angenommen wurde.
Seilbahnen sind als bequeme und leistungsstarke Aufstiegshilfe in der österreichischen
Gebirgslandschaft keine Seltenheit und gehören ebenso zum Bild der Berge wie malerische
Hütten oder dem Unbill der rauen Wetterbedingungen trotzende Halterhütten und
Jausenstationen. Mitunter werden sie aber auch Zielobjekt architektonischer Gestaltung.
Die Hungerburgbahn ist wohl eine der beeindruckendsten Vertreterinnen ihrer Art. Die erste
Seilbahn auf die Hungerburg wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und ist seit
damals fixer Bestandteil der Innsbrucker Verkehrsinfrastruktur. Bei der Gestaltung der neuen
Stationsbauten kam erneut Zaha Hadid zum Zug, die mit ihren organisch geformten
Baukörpern ein überstarkes Zeichen für zeitgenössische Architektur im alpinen Raum setzte.
Neue Bergarchitektur sorgt für „Energiewende“
„Land der Berge“ heißt es schon in der österreichischen Bundeshymne und so ist es nicht
verwunderlich, dass auch die Architektur in der beeindruckenden Kulisse der Bergwelt einen
besonderen Stellenwert einnimmt. Die herausfordernden baulichen Rahmenbedingungen, der
sensible Umgang mit der Natur, die Schonung der natürlichen Ressourcen und die effiziente
Nutzung der zur Verfügung stehenden Mittel sind besondere Merkmale des alpinen Bauens.
Das schließt zeitgenössische Architektur nicht aus – ganz im Gegenteil. Vor allem in den sehr
exponierten Lagen haben die klassischen Schutzhütten von moderner Architektur Konkurrenz
bekommen, die sich durch höchste Dämmwerte und niedrigsten Energieverbrauch
auszeichnet.
Die konsequente Reaktion auf die örtlichen Gegebenheiten ist beim Bauen in alpinen
Insellagen unerlässlich und generiert eine Architektur, die wie nirgendwo sonst auf
einzigartige Weise mit dem Ort korrespondiert. Einer der bekanntesten Vertreter der neuen
Schutzhüttengeneration ist das Schiestlhaus im steirischen Hochschwab Gebirge, entwickelt
von den Wiener Pos Architekten. Mit 100 Prozent erneuerbarer Energie kann es sich inklusive
Trinkwasseraufbereitung und Abwasserentsorgung selbst versorgen und dabei einen Komfort
bieten, der für Schutzhütten Seltenheitswert genießt. Nicht weniger innovativ ist
beispielsweise aber auch die Stüdlhütte am Fuße des Großglockners in Osttirol, ein Werk des
Architekten Albin Glaser. Hinter der mit Holzschindeln verkleideten Fassade befindet sich
modernste Technik, die das Gebäude annähernd Energieautark macht und damit auf die
extremen Wetterbedingungen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern
und die Lage im Naturschutzgebiet „Hohe Tauern“ reagiert.
Eine autarke Energieversorgung mittels Photovoltaikpaneelen und Solaranlage liegt auch
einer der jüngsten Schutzhütten zugrunde. Das neue Knofelebenhaus wurde im Frühsommer
2012 eröffnet und befindet sich am Schneeberg, nur knapp eine Autostunde vor den Toren
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Wiens. Trotz der vergleichsweise geringen Höhenlage von 1.250 Metern stellte die kurze
wetterbedingte Bauphase für das junge Wiener Architekturbüro Baukult eine logistische
Herausforderung dar. Hinzu kam die Lage inmitten des Quellschutzgebiets. Der Schneeberg
sichert einen Großteil der Wiener Trinkwasserversorgung, weswegen das Knofelebenhaus
zusätzlich auch eine Regenwasserzisterne für den gesamten Brauchwasserverbrauch bekam,
da ein Anzapfen der natürlichen Quellen untersagt ist.
Zeitgenössische, österreichische Architektur auf hohem, internationalem Niveau ist heute
längst keine Ausnahmeerscheinung mehr. Quer durchs gesamte Bundesgebiet gibt es sie, die
architektonischen Highlights, die sich vom gebauten Mainstream unterscheiden und dem Ort
einen unverwechselbaren Charakter verleihen. Lokal verankert, der Bautradition verpflichtet,
mit eigenständiger Gestaltung und Formensprache sind sie die Grundlage für den Erhalt und
die Weiterführung des (bau-)kulturellen Erbes. Gemeinsam mit dem umfangreichen
historischen Bestand bilden sie eine solide Basis für den Tourismusstandort Österreich.
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