4/2016 Seite 3 –3– Perspektive aus dem Sommerloch An einem ruhigen, sonnigen Tag heißt es: Die Seite 3 der HOLZBAU – die neue quadriga will geschrieben werden. Hier soll also ein Text stehen, der die Leser der Zeitschrift hungrig macht. Auf das Lesen der HOLZBAU und auf das Bauen mit Holz. Nicht zuletzt soll aber auch ein Stimmungsbild erkennbar sein – und sei es, dass der Autor dieser Zeilen ganz allein mit seiner Stimmung ist. Mal sehen, in welche Bestandteile dieses bunte Stimmungsbild zerlegt werden kann. Da wären schon mal die Auftragsbücher. Die sind ziemlich voll – sowohl bei den Planern als auch bei den Betrieben. Das macht uns vordergründig glücklich, die Existenz scheint gesichert. Es wird viel gewünscht, veranlasst, geändert, aber auch gezahlt. Teuer bauen ist salonfähiger geworden. Das kann dem Holzbau nur Recht sein. Schließlich arbeiten wir stetig an dem Ziel: Wer sich als potenten und anspruchsvollen Bauherrn sieht, baut möglichst viel mit Holz. Natürlich wird der Markt weiterhin vom ewigen Sparen bestimmt. Natürlich gibt es das berechtigte Lamento über zu kleine Budgets und unrealistische Terminpläne. Aber das sind Bewertungen aus der Froschperspektive. Da ist man ja schon im Projekt und wünscht sich, dass es ein besseres, ein entspannteres oder ein faireres Projekt wäre. Wenn wir aus dem jeweils letzten Projekt gelernt hätten, würde man irgendwann nur noch bei guten, entspannten und fairen Projekten ankommen, oder? Da sagt man leicht: „Es gibt so viel zu tun, also keine Möglichkeit, lange herausgeschobene Dinge endlich anzugehen.“ Ganz im Gegenteil: Gerade jetzt müssen wir die wenigen Lücken im hektischen Arbeiten nutzen, um die eigenen Abläufe zu verbessern und aus Erfahrungen aus dem letzten Projekt Konsequenzen zu ziehen. Gleichzeitig macht die satte Auftragslage aber auch umso deutlicher, dass wirtschaftliche Prosperität auch Defizite aufdeckt: Es gibt einfach mehr Interessenten für größere Holzprojekte als es leistungsfähige Betriebe gibt. Da muss doch tatsächlich der ein oder andere durchaus interessante Auftrag abgesagt werden. Und weil institutionelle Auftraggeber wie Kommune oder Kirche kein ausreichendes Bieterfeld aus Holzbaufirmen erwarten können, planen sie dann doch nolens volens gleich wieder in Massivbauweise. Schade, oder? In die Stimmungslage mischt sich aber noch ein weiterer Aspekt: Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, um aus einer starken Position heraus bei der Politik notwendige Änderungen in Gang zu bringen oder bereits vorhandene Strömungen in die für den Holzbau richtige Bahn zu lenken. Zum Spaß können Sie dazu einfach mal die letzten 15 Ausgaben der HOLZBAU nehmen und jeweils auf Seite 3 lesen, wo der Schuh damals gedrückt hat. Es würde mich arg wundern, wenn da nicht ausreichend Gesprächsstoff für einen Plausch mit dem nächstgelegenen Stadtverordneten oder Landtagsabgeordneten herauskommen würde. Apropos Landtag: Verschiedene Bundesländer stehen mitten in den zähen Formulierungsverhandlungen für die jeweilige Bauordnung. Schön, dass es für den Holzbau zunehmend einfacher wird – oder sollte ich sagen: Es wird endlich weniger unsachlich und anstrengend. Aber darüber darf nicht vergessen werden, dass wieder einmal keine Tendenzen zu spüren sind, dass unter den Bundesländern eine Harmonisierung der Bauordnungen vorgenommen wird. Im Gegenteil: Es wird immer komplizierter. Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie gingen mit üblen Bauchschmerzen (= anspruchsvoller Entwurf) zum Arzt (= Architekt), der Sie zur Lösung eines Teilaspektes zu einem Facharzt (= Brandschutzplaner) überweist. Der sagt Ihnen dann: „Sie kommen ja aus einem anderen Bundesland, da kann ich Ihnen nicht dasselbe Rezept (= Anforderung an den Brandwiderstand) ausstellen. Außerdem darf ich das gar nicht, da ich nur in meinem Bundesland verschreibungsberechtigt (= nachweisberechtigt) bin“. Nach diesem Blick in das Gesundheitssystem (= Länderbauordnungen) hätten Sie zu den Bauchschmerzen auch noch ordentlich Schädelbrummen. Aktuell werkeln alle Länderministerien mal wieder im eigenen Saft und wehe, es macht einer den Vorschlag, die Gesetzestexte aus dem Nachbarbundesland einfach abzuschreiben. Die Holzbauverbände dürften sich hier durchaus stärker und vor allem unisono engagieren. Trotzdem sind Vielgeschosser aus Holz auf einem strammen Vormarsch. Lokale Befindlichkeiten einzelner Bauaufsichten können zunehmend entkräftet werden. Ganze Schulprojekte mit 5 Geschossen aus Holz sind immerhin in ernsthafter Diskussion. Wegweisende Architektur, moderne (Holzbau-)Technik und qualitativ hochwertige Umsetzung braucht Mut und Konsequenz. Die geeignete Stimmung dafür ist vorhanden. Einen im Hinblick auf Schlagzeilen ruhigen, in projektübergreifenden Gesprächen erfolgreichen und für das Geschäft ameisenfleißigen Sommer wünscht Ihnen Helmut Zeitter
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