Artikel Krone Bunt

Für Europa wird es brandgefährlich
Die Münchner Sicherheitskonferenz brachte es zutage:
Die weltpolitische Lage droht zu
eskalieren. Die NATO war in den
letzten 50 Jahren noch nie so
nahe an einem Krieg mit
Russland. Für Europa wird es
nun brandgefährlich.
eutlicher konnte die Symbolik
zum Ernst der Lage nicht sein:
Russlands Präsident Putin sagte seine Teilnahme an der Münchener Sicherheitskonferenz demonstrativ ab.
Jener Konferenz, in der er 10 Jahre
zuvor eine Brandrede gehalten hatte.
Damals nannte er den US-Präsidenten „seinen Freund“, warnte aber mit
außergewöhnlich scharfen Worten
die USA vor „monopolarer Weltherrschaft“ und die NATO vor der
Osterweiterung „bis an die Grenzen
Russlands“. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ titelte: „Putin
warnt USA: Ein Hauch von kaltem
Krieg in München“. Heute wäre diese Schlagzeile maßlos untertrieben.
Die NATO war in den letzten 50 Jahren einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Russland noch nie so nahe. Putins Nichterscheinen zur Sicherheitskonferenz war die Entsendung einer US-amerikanischen Panzer-Brigade mit 2000 Panzern, Haubitzen und Militärtransportern nach
Osteuropa Anfang 2017 vorangegangen. Deutschland verlegte 5000
Mann nach Litauen. Damit stehen
erstmals seit dem 2.Weltkrieg deutsche Soldaten vor Leningrad (heute
St. Petersburg). Der Grund: „Zur
Abschreckung Russlands.“
Für Europa ist das ein brandgefährliches Spiel, das leicht außer
Kontrolle geraten kann. Zur Eskalation käme es auf europäischem Boden. Die „Berliner Zeitung“ enthüllte obendrein ein Geheimabkommen
zwischen Weißem Haus und Kreml
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BUNT
Illustration: Marian Kamensky
D
aus dem Jahr 1952: Falls der Kalte
Krieg „heiß“ wird, soll die militärische Konfrontation in Mitteleuropa
stattfinden. In Amerika und Russland würde keine Fensterscheibe kaputtgehen.
Durch die Russlandkrise sind europaweit auch mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze und rund 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung in
Gefahr (so das Institut für Wirtschaftsforschung).
Wozu das Ganze?
Helmut Kohl hatte Michail Gorbatschow als Gegenleistung für die
Wiedervereinigung
Deutschlands
sein Ehrenwort gegeben, dass die
NATO sich keinen Zentimeter nach
Osten bewegen wird. Auch die USA
hatten dies damals zugesichert. Als
dann Polen und die baltischen Staaten NATO-Mitglieder wurden, erhielt Russland keinen politischen,
strategischen oder moralischen Ausgleich. Im Gegenteil. Die NATO errichtete Stützpunkte und hält wenige
hundert Meter vor der russischen
Grenze Manöver ab. Zum Vergleich:
John F. Kennedy ließ in der KubaKrise 1962 Kriegsschiffe auffahren,
als russische Raketen etwa 200 km
vor der US-Grenze stationiert wurden. „Vielleicht haben sie sich die
Hände gerieben, wie toll man die
Russen über den Tisch gezogen hat“,
sagte Gorbatschow später.
„Hört endlich mit dem Unfug der
Sanktionen auf“, appellierte der
klügste Politiker der BRD, Altkanzler Helmut Schmidt, zwei Wochen
vor seinem Tod an die Adresse der
Schlafwandler in Brüssel. Aber die
Mainstream-Medien druckten das
nicht.
Wir leben auf einem Kontinent.
Frieden gibt es nur mit und nicht gegen Russland. Das ist die Lehre, die
man aus zwei Weltkriegen gezogen
haben sollte. Eine dritte Chance gibt
uns die Geschichte nicht. Wie lautet
die Metapher von Bert Brecht: „Das
große Karthago führte drei Kriege.
Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch
bewohnbar. Nach dem dritten war es
nicht mehr aufzufinden.“