Fütterung, Kupierverzicht und Ebermast

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■ BAUERNBLATT | 25. Februar 2017
Abschluss des Milchkontrolljahres 2015/2016
Schleswig-Holsteiner Milchkühe leisten Außerordentliches
Immer wieder wird der Zusammenhang von hoher Milchleistung
einer Kuh mit Lebenserwartung
und Gesundheit in der öffentlichen Wahrnehmung kritisch Diskutiert. Nach Abschluss des Milchkontrolljahres 2015/2016 konnten
sich einige Schleswig-Holsteiner
Kühe nicht nur durch überragende Leistungen ins Rampenlicht
setzen, sondern auch erneut einen
Gegenbeweis antreten: Bei einem
guten Betriebsmanagement sind
außerordentliche Milchleistungen
bei hohen Inhaltsstoffen und ein
gleichzeitig langes, gesundes Rinderleben nicht unvereinbar.
Die rotbunte „Stadel“-Tochter „Diggy“ aus dem Betrieb von
Frank Sievers aus Beidenfleth in
der Wilstermarsch hat wirklich
Beachtliches vollbracht in ihrem
15-jährigen Leben. In ihrer jetzt
abgeschlossenen zehnten Laktation gab sie 16.537 Mkg mit 5,66 %
Fett und 4,10 % Eiweiß. Nicht nur,
dass sie mit damit deutschlandweit
bei den Red Holsteins an der Spitze
der Jahresleistungen rangiert, sondern mit ihren 1.614 kg Fett und Eiweiß erbrachte sie unter allen Rassen (Schwarz- und Rotbunt) in der
Kategorie Milchinhaltsstoffe die
absolute Spitzenleistung. Keine
deutsche Kuh konnte im vergangenen Jahr also mehr Inhaltsstoffe produzieren. Natürlich gehört
sie auch schon länger in die erlesene Riege der liebevoll so genannten „Zehntonner“, der Kühe, die
in ihrem Leben mehr als 10.000 kg
Fett und Eiweiß in der Milch produziert haben.
ten des letzten Kontrolljahres wiederfinden. Zum Beispiel die bereits
1997 geborene „TH Zarina“, eine
„Rudi“-Tochter aus dem Betrieb
Schmidt in Brodersby, bringt es bei
13 Laktationen mit 161.226 Mkg auf
die zweithöchste Gesamtmilchleistung der Rotbunten in Deutschland. Die ebenfalls rotbunte „Effect“ von „Raffaelo“ aus dem Stall
von Jörg Gansewendt in Emkendorf steht den beiden Erstgenannten mit ihren 159.764 Mkg in nichts
nach und erreicht damit Platz vier
der besten Lebensleistungen ihrer
Rasse in Deutschland.
Bei absoluter Spitzenleistung topfit – Familie Sievers aus Beidenfleth freut
sich über Blumen und Glückwünsche des Kreisvereins – „Diggy“ nimmt den
Trubel eher gelassen.
Foto: Melanie Gockel
Anfangs eine Diva
Doch der Start in ihr Dasein als
Milchkuh auf dem Betrieb verlief
ein wenig holprig, weiß Gerd Sievers, der Vater des Betriebsleiters,
zu erzählen: „Diggy bekam gleich
mit der ersten Kalbung Zwillinge,
zwei Kuhkälber, und war beim Melken eine echte Diva. Sie hat es uns
anfangs nicht leicht gemacht.“
Doch dann kam die Karriere der
anfangs eigenwilligen „Spätzünderin“ mit dem sehr guten Euter
ins Rollen: Als Färse, als drei- und
als sechskalbige Kuh war sie siegreich auf der Kreistierschau der
Kreise Steinburg und Pinneberg
„Kellinghusen am Abend“, und mit
dem fünften Kalb ging es dann auf
die große Bühne der Landesschau
„Neumünster am Abend“. Hier gewann sie ebenfalls in für sie bereits
gewohnter Manier den Titel „Sieger Rotbunt alt“. Mittlerweile kann
die mit (6)EX91 bewertete „Diggy“
auf zehn Kalbungen mit zwölf Kälbern zurückblicken, denn zweimal,
mit der ersten und fünften Kalbung, waren Zwillinge unterwegs.
Und sie ist wieder tragend: „Da
müssen wir auch noch mal einen
Dank an unseren Tierzuchttechniker Gerd Rehder von der Rinderzucht Schleswig-Holstein eG (RSH)
aussprechen, das ist schon mitunter sein Verdienst“, ergänzt Frank
Sievers.
Zarina mit 13 Laktationen
Dass die ­schleswig-holsteinischen
Betriebe Außergewöhnliches zu
leisten imstande sind, zeigt auch,
dass weitere Kühe sich gemeinsam mit „Diggy“ in den Bestenlis-
FAZIT
Dass aus diesen Betrieben immer wieder langlebige Kühe
mit enorm hohen Lebensleistungen kommen, ist ein valider Beweis dafür, dass ein gutes Management der Kühe
den Grundstein für ein langes
und zugleich leistungsstarkes
Leben einer Milchkuh legt. Die
RSH freut sich über diese besonderen Erfolge ihrer Mitgliedsbetriebe, gratuliert den
Besitzern und Züchtern dieser außergewöhnlichen Kühe
ganz herzlich und wünscht
weiterhin gutes Gelingen für
alle betrieblichen Aufgaben,
die die Zukunft mit sich bringen wird.
Melanie Gockel
RSH
Tel.: 0 43 21-905-357
[email protected]
Schweinetag Nord in Jübek
Fütterung, Kupierverzicht und Ebermast
Es ist mittlerweile seit einiger
Zeit Tradition, dass der Schweinetag Nord alle zwei Jahre gemeinsam vom Verein landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen (vlf)
Nordfriesland, dem vlf Schleswig/
Flensburg und von der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein (SSB) veranstaltet wird. Dieses Jahr stand der Tag unter den
Themen Futter und Fütterung, was
sich durch alle Vorträge wie ein ro- dings viele Landwirte schon sehr
ter Faden zog.
leid geworden sind. Diese Meinung
bestätigten sofort die zirka 65 ZuDiese Themenauswahl begrüßte hörer in Jübek.
Der erste Vortrag zum Thema
Eiken Struve, Vorsitzender der SSB,
in seiner Eingangsrede als Themen „Rohfaser: Was ist es und was kann
der Produktionstechnik im Gegen- es?“ wurde von Prof. Katrin Mahlsatz zu den inzwischen üblich und kow-Nerge (Fachhochschule Kiel)
auch oft notwendig gewordenen gehalten. Nach zirka 800 Vorträgen
Themen Verordnungen, Gesetze im Rinderbereich war es genau das
und sonstigen Auflagen, die aller- richtige Thema für die Premiere im
Schweinebereich. Mahlkow-Nerge
stellte die Bedeutung der Rohfaser für die Sättigung der Schweine, insbesondere der tragenden
Sauen dar und zeigte Beispiele auf,
in welchen Bereichen die Rohfaser
der Tiergesundheit dient. Die Zuhörer wurden über die Unterschiede der einzelnen Rohfaserträger in
Bezug auf die Verdaulichkeit und
das Wasserhaltevermögen unter-
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Tier
BAUERNBLATT | 25. Februar 2017 ■
richtet. Mit Ausdrücken
an den Ohren. Wenn der
wie „DarmzottenmaSchwanz eines Ferkels
nagement beim Ferkel“
mit Nekrosen behaftet
wurde klar, dass es nicht
sei, führe das unweigernur darauf ankommt,
lich zum Schwanzbeißen.
Wie in allen Vorträgen
einen bestimmten Gehalt an Rohfaser in eiherausgearbeitet ­wurde,
nem Ferkelfutter zu haist auch hier Magenben, sondern dass auch
Darmgesund­
heit das A
die Auswahl der Rohund O für das Wohlbefinfaserträger
entscheiden der Schweine, und
dend ist. Zusammenfasdaher sollte immer genau
send hat Rohfaser auch Die zirka 65 Besucher diskutierten intensiv über die verschiedenen Fütterungsaspekte.
auf die Qualität und die
für Monogastrier eine
richtige Zusammensetsehr wichtige Bedeutung, sie be- entsprechendes Labor zu verschi- terung?“. Dr. Wolfgang Markert zung des Futters geachtet werden.
einflusst die Darmgesundheit und cken. Der Gefriervorgang schadet (Biomin) referierte dazu. Er hob
das Wohlbefinden der Schweine der Strukturanalyse nicht. Weiter- zunächst die Bedeutung der VerFütterung in der
und sollte bei jeder Rationsgestal- hin wurde ein Einblick in die unter- daulichkeit eines Futters hervor.
Ebermast
tung sowohl in Qualität als auch in schiedlichen Vermahlungsmetho- Besonders in der kritischen Phase
Quantität beachtet werden. Auch den sowie die Vor- und Nachteile bei unkupierten Ferkeln nach dem
Das vierte Thema war „Eberwenn die Rohfaser beim Schwein der Hammermühle und des Wal- Absetzen sei es sehr wichtig, die mast: Müssen Eber besonders geeine vergleichsweise geringe Ver- zenstuhls gegeben. Entscheidend Versorgung optimal zu gestalten. füttert werden? Speckqualität?“.
daulichkeit hat, so liefert sie doch dabei ist, dass das FutDiesen Vortrag übernahm kurzeinen wichtigen Beitrag für die ter am Ende noch so grob
fristig Prof. Dr. Petra Wolf (UniverVerdauung an sich und kann somit ist, dass eine Schichtung
sität Rostock) für den erkrankten
sogar zu einer besseren Nährstoff- im Magen entsteht. Bei
Dr. Manfred Weber. Sie arbeitete
verwertung führen.
den Vorteil der Eber im Vergleich
einem zu feinen Futterbrei im Magen kann die
zu den Kastraten in puncto Futterverwertung und MagerfleischanMagensäure den Magen­
Sinnvolle
teil heraus. Diese Punkte sprechen
eingang angreifen, was
Futterstruktur
für die Ebermast. Aber die Geruchs­
Magengeschwüre zur FolDas zweite Thema des Ta- ge hat. Wolf betonte, dass
abweichungen und die geringeges, „Strukturfutter für Schweine unterschiedliche Kompore Speckqualität stellten Nachteile
– nur ein Hype oder wirklich sinn- nenten in einer Mühle zu Prof. Dr. Petra Wolf
dar. Vor allem die Fleischindustrie
Dirk Stöven
Foto: privat Fotos (3): Karin Müller hadert mit diesen Eigenschaften.
voll?“, wurde von Prof. Dr. Petra unterschiedlichen Partikel- Wolf (Universität Rostock) gehal- größen führten. So bleibe
Besonders Futtermischungen mit
ten. Wolf hat als ehemalige Mitar- eine Gerste in einer Hammermühle Jede Form von Stress müsse ver- hohen Polyensäuregehalten, zum
beiterin von Prof. Josef Kamphues gröber als ein Weizen. Zudem müs- mieden werden, um das Tier ge- Beispiel maisbetonte Mischungen,
an der Stiftung Tierärztliche Hoch- se beachtet werden, dass der Pelle- sund zu erhalten. Im Besonderen führen zu einem Nachteil in der
schule Hannover langjährige Erfah- tiervorgang eine weitere Zerkleine- ging der Referent auf die Mykoto- Speckqualität. Daher muss bei der
rung zu diesem Thema sammeln rung des Futters und damit Nach- xine und die Endotoxine ein. Ferkel Komponentenwahl speziell auf die
haben eine natürliche Abneigung Eber eingegangen werden.
können. Als Erstes stellte sie den teile mit sich bringen könne.
Unterschied zwischen Strukturfutgegen Toxine, was Markert am BeiEine höherwertigere Ausstatter – nämlich Raufutter – und Futspiel
von
Deoxynivalenol
(DON)
tung
des Eberfutters sei nicht notKupierverzicht und
terstruktur – Vermahlungsgrad des
eindrücklich darstellte. Es muss in wendig, was einige Versuche zeigFütterung
Futters – dar. Aktuell wird dies oft
jedem Fall alles getan werden, da- ten. Die publizierten DLG-Empvermischt und falsch benutzt. Im
Nach einem Mittagsimbiss ging mit es nicht zur Anreicherung der fehlungen seien komplett ausreiVortrag ging es also um die Struk- es im Vortrag Nummer drei um oben genannten Stoffe in den Tie- chend. Die Moderation und die
tur des Futters, den Vermahlungs- das Thema „Kupierverzicht: Wel- ren kommt. Die Folgen wären dann Verantwortung für das Programm
grad. Die Referentin erläuterte zu- che Möglichkeiten bietet die Füt- Nekrosenbildung am Schwanz oder hatte Karin Müller, Geschäftsfühnächst, wie schwierig es ist, anhand
rerin der Schweinespezialberaeiner Siebanalyse ein repräsentatung Schleswig-Holstein. In seitives Ergebnis einer Futterprobe
nem Schlusswort bedankte sich
zum Vermahlungsgrad zu bekomDirk Stöven, Geschäftsführer des
men. Anderseits, machte sie deutVLF Schleswig/Flensburg, bei den
lich, sei es immer besser, etwas zu
Referenten und für die regen Disüberprüfen, als gar nichts zu wiskussionen, die die Bedeutsamkeit
sen. Um den Vermahlungsgrad eider Themen bestätigten.
nes Futters einordnen zu können,
sollte die erste Frage sein, aus welAndreas Bonde
cher Produktionsstufe das gesiebSchweinespezialberatung
te Futter stammt, zum Beispiel vor
Schleswig-Holstein
oder nach der Pelletierung. Auch
Tel.: 0 46 21-989-117
sollte die Beprobung von Flü[email protected]
futter immer direkt stattfinden,
weil sich die Ergebnisse sonst durch
Karin Müller
Umsetzungen im Futterbrei verfälSchweinespezialberatung
schen können.
Schleswig-Holstein
Sinnvoll kann es sein, das FlüssigTel.: 0 46 42-978-99 72
futter einzufrieren und dann an ein Die Darmgesundheit ist entscheidend für das Wohlbefinden der Schweine.
[email protected]