SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Andrea Padberg, Regionalreferentin Ostafrika der
Welthungerhilfe, gab heute, 03.03.17, dem
Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
"In Ostafrika droht verheerende Hungersnot.“
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Pascal Lechler.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
03.03.2017
Schnelle Hilfe notwendig, um Hungersnot abzuwenden
Baden-Baden: Die Welthungerhilfe warnt vor einer Hungersnot in Ostafrika. Im SWR2Tagesgespräch sagte die Regionalreferentin für Ostafrika, Andrea Padberg, die Bilder
erinnerten an die große Dürrekatastrophe 2010/2011. Die Menschen seien verzweifelt,
zermürbt und müssten mit ansehen, wie vor ihren Augen das Vieh sterbe, so Padberg im SWR.
Im Südsudan werde die Situation noch durch den dort herrschenden Bürgerkrieg verschärft.
Die Staatengemeinschaft rief Padberg dazu auf, jetzt schnell die nötige Hilfe bereitzustellen.
Noch könne eine humanitäre Katastrophe abgewendet werden. Aber die Zeit laufe davon. Eine
erneut ausbleibende Regenzeit werde eine Hilfe über Monate notwendig machen. Neben der
akuten Nothilfe brauche es aber auch ein langfristiges Engagement und dafür benötigten die
Hilfsorganisationen die entsprechende Finanzierung. Die UNO hat den Umfang für die Hilfe im
Südsudan, Somalia, Äthiopien und Kenia auf 4 Milliarden Euro veranschlagt. Laut UNO sind
aber bislang gerade mal 100 Millionen bereitgestellt.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Lechler: Sie waren gerade kürzlich in Äthiopien und davor auch in Kenia. Wie groß ist die
Not dort?
Padberg: Die Not ist schon sehr groß. Wir sehen Bilder, die wir vergleichbar gesehen haben
2010, 2011, was die letzte große Dürre in der Region war. Wir waren selber vor Ort. Wir haben
uns im Süden Äthiopiens die Situation angeguckt, in Borana, wo wir mit den Menschen
gesprochen haben, die schon sehr verzweifelt sind und auch sehr zermürbt, weil es einfach
nicht regnet und weil sich die Situation so schnell wiederholt, dass sich ihre Bestände auch
nicht erholen können. Die Menschen sind schon sehr, sehr zermürbt und vor allem auch
verzweifelt. Sie sehen ihre Kühe vor ihren Augen sterben.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Lechler: Besonders schwierig ist die Lage ja auch im Südsudan, weil dort noch Krieg
herrscht.
Padberg: Das stimmt. Im Südsudan ist die Situation sofern ein bisschen anders, als das der drei
Jahre anhaltende Bürgerkrieg die Situation nochmal verschärft. Dort hatten die Vereinten
Nationen für einige Teile des betroffenen Landes jetzt auch die akute Hungersnot ausgerufen.
Das heißt, die Menschen sterben an Hunger. Das macht die Situation natürlich noch mal
schwieriger, weil der Konflikt anhält und das bei ohnehin schwierigen klimatischen
Bedingungen.
Lechler: Wie können Sie denn jetzt im Moment konkret helfen oder wie helfen Sie?
Padberg: Im Südsudan sind wir schon lange aktiv. Wir sind vor Ort und verteilen Nahrungsmittel
zum Teil an 350.00 Menschen in dieser betroffenen Region. Wir müssen auch feststellen, dass
dort wo wir und andere Akteure mit der Hilfe aktiv sind, die Hungersnot nicht so dramatisch ist.
In den anderen betroffenen Ländern, am Horn von Afrika, sind wir sowohl mit langfristigen
Projekten aktiv, als auch jetzt mit akuter Nothilfe, wo wir Trinkwasser zur Verfügung stellen,
Futter für die Tiere und auch Nahrungsmittelhilfe für die betroffenen Menschen.
Lechler: Wahrscheinlich da wo noch die Waffen sprechen, wie im Südsudan, ist dann die
Hilfe auch schwieriger und wird behindert?
Padberg: Das stimmt, es gibt immer wieder Teile im Südsudan, wo man nicht hinkommt, wo
man keinen Zugang hat. Wo akute Sicherheitsprobleme bestehen, aber es gibt eben auch
Teile, wo man sehr wohl Hilfe leisten kann und wo wir auch sehen, dass wenn wir dort sind und
präsent sind und Hilfe leisten können, dass es den Menschen auch besser geht.
Lechler: Der Klimawandel ist an der momentanen Situation in Ostafrika schuld. Wenn die
Dürre immer häufiger auftritt, wird den Bauern die Lebensgrundlage entzogen. Sie haben
es selber gesagt, die Bauern müssen zusehen, wie ihr Vieh verendet. Müsste man für die
Bauern nicht andere Einkommensmöglichkeiten suchen, wird das getan, ist das
überhaupt möglich?
Padberg: Das ist möglich. Wir sind vor Ort und arbeiten mit den Bauern auch langfristig, um
eben genau das zu machen. Um alternative Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, um bei den
Bauern, also vor allem für die Viehzüchter, bei den Bauern aber auch an verbesserten
Anbaumethoden zu arbeiten, an angepassten Anbaumethoden, aber grundsätzlich müssen sich
die Menschen und wir uns darauf einstellen, dass sich das Klima dort unten verändert, dass die
Dürreperioden häufiger auftreten und dass es deswegen auch immer schwieriger wird, dass
sich die Bestände der Viehzüchter erholen. Gerade deswegen ist es aber auch notwendig, mit
ihnen langfristig zu arbeiten, langfristig vor Ort tätig zu sein, um halt eben Alternativen zu
schaffen und Perspektiven aufzuzeigen, wie man trotzdem in der Region weiterhin arbeiten und
leben kann und seinen Unterhalt verdienen kann.
Lechler: Ende März oder auch erst Mitte April könnte die Regenzeit wieder einsetzen,
aber damit ist das Problem wahrscheinlich noch lange nicht gelöst?
Padberg: Nein, wir hoffen natürlich alle, dass der Regen dann kommt und auch in
ausreichendem Maße kommt. Die Prognosen sind da allerdings weniger optimistisch. Aber
letztendlich ist es tatsächlich so, dass wenn der Regen dort kommt, der Regen auf ohnehin
geschwächte Viehbestände trifft. Das heißt, die Tiere sind anfällig für Krankheiten und das kann
sich dann nochmal verschlimmern. Auch das Weideland braucht Wochen, ums sich zu erholen,
damit dort überhaupt wieder gegrast werden kann. Natürlich ist es auch mit dem Anbau und
den Ernteausfällen, dass braucht auch seine Zeit und wird jetzt nicht sofort im März, April
wieder besser, wenn denn der Regen kommt, wie wir alle hoffen.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Lechler: Es gibt ja schon viele Appelle von Hilfsorganisationen, auch von den Vereinten
Nationen, die aber so ein bisschen verhallen im Moment. Elf Millionen Menschen sind in
Ostafrika von dieser Dürre betroffen. Kann die Weltgemeinschaft, können wir überhaupt
noch eine erneute Hungernot in Ostafrika abwenden?
Padberg: Wenn wir jetzt schnell handeln und die Mittel bereitstellen, um akute Nothilfe zu
leisten, dann kann man noch sehr, sehr viel tun. Aber uns läuft wirklich die Zeit davon und das
Dramatischste ist halt tatsächlich, wie wir auch gerade schon gesagt haben, wenn die
Regenzeit ausbleibt, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass wir über Monate mit Nothilfe
vor Ort tätig sein müssen, um zu überbrücken, bis die Menschen wieder selbständig für ihren
Unterhalt sorgen können. Was natürlich auch gebraucht wird ist nicht nur die akute Nothilfe,
sondern wir müssen da wirklich einen langen Atem haben, wir müssen langfristig dort arbeiten
und dafür auch die entsprechenden Finanzierungen und Unterstützungen bekommen.
Lechler: Da reden wir wahrscheinlich nicht von wenigen Millionen, sondern von eher
Milliarden.
Padberg: Genau und wir sprechen auch nicht von wenigen Monaten, sondern wir sprechen
tatsächlich über Jahre.
- Ende Wortlaut -
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