die Unbarmherzigkeit des Fortschritts - E

Kuno, Lauener (1961-20___) : der Prophet im
eigenen landesweiten Hit : Hanspeter † : die
Unbarmherzigkeit des Fortschritts
Autor(en):
Streun, Michael / Ratschiller, Marco
Objekttyp:
Article
Zeitschrift:
Nebelspalter : das Humor- und Satire-Magazin
Band (Jahr): 134 (2008)
Heft 9
PDF erstellt am:
24.04.2017
Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-605612
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Kuno Lauener (1961 - 20_)
Nachruf
ging fort für alle Zeiten,
ihn ereilte das Geschick,
und es wird kein Mensch bestreiten,
Der Prophet im eigenen landesweiten Hit
Er
14
Nebelspalter
November
eine Lücke bleibt zurück.
200)1
Schmerzlich ward er mir entrissen,
stets gemeinsam gingen wir,
oh, wie werd ich ihn vermissen,
denn er war ein Stück von mir.
Ihn, den ich so lang besessen,
der stets seine Pflicht getan,
werde niemals ich vergessen:
meinen treuen Backenzahn!
Günther Nehm
ICH KONVME
Grabinschrift für
einen Insider
Nach dem zweiten
Herzinfarkt
liegt der Insider
im Grab.
Es
ist fast
so
wie vorhin:
Wir sind out
und er ist in.
Grabinschrift für
eine Nervensäge
Hier liegt
Helmut Bäcker,
und wenn er's nicht täte,
ginge er uns
auf den Wecker.
Jan Cornelius
Totgesagte leben länger
Nachruf auf Polo Hofer hielten
Denwir
monatlich
seit Jahren im Stehsatz bereit,
akribisch aktualisiert.
Doch es sollte anders kommen. Als man
Kuno Lauener im Morgengrauen des 15.
November bewusstlos im Wasser des
sächlich jemandem sein Herz schenken.
Ob an eine Frau mit schönen, langen
Haaren, ist aus Gründen des
Persönlichkeitsschutzes
nicht bekannt.
Flamingo-Geheges des Dählhölzli-Zoo Marco Ratschiller
treibend fand, soll sein Herz nur noch
schwach geschlagen haben. Nach mehre¬
ren Tagen im künstlichen Koma steht nun
fest: Der Frontmann der Berner Mundart¬
band «Züri West» ist nicht mehr.
Das frühere Nachrichtenmagazin
<Facts> schrieb einst, würde er seine stets
heiser und mit viel extra Luft gehauchten
Texte nicht «uf Bärndütsch», sondern in
Englisch formulieren, hätte man ihn längst
weltweit als neuen Bob Dylan gefeiert.
Aber Lauener hat nie auf den ganz gros¬
sen Erfolg geschielt. Weder mit dem lin¬
ken noch mit dem rechten Auge. Nur:
Manche finden Erfolg, ohne ihn gesucht
zu haben. Mit zuverlässiger Regelmässig¬
keit jubelten ihn Musik- und People-Journalisten seit Jahrzehnten mit jedem neu¬
en Züri-West-Album zum charisma¬
tischsten Bandleader, ja zum «Sexiest
swiss man alive» hoch. Klar, dass Lauen¬
ers einzigartige Coolness auch ihre Neider
fand. Gestandene Mannsbilder der Szene
wie Büne Huber, Plüsch-Ritschi oder Ad¬
rian Stern wirkten im direkten Vergleich
zu Laueners subtiler Virilität bestenfalls
noch wie Gesinnungsmetrosexuelle in Östrogen-Selbsttherapie. Lauener steckte sie
alle in die Tasche, selbst eine Testosteronschleuder wie Büezer-Rocker Gölä, zu
dessen Repertoire Hits wie «Uf u dervo» und «Wildi Ross» gehören. Zufall,
I
dass Lauener auf seiner letzten Scheibe über einen Loser spöttelt, der stän¬
dig «vom uf u dervo, vo wilde Rössli u
so» träumt?
Die genauen Umstände seines Todes
dürften nie restlos geklärt werden und bie¬
ten zwischen Unfall, Fremdeinwirkung
oder Selbsttötung viel Raum für Spekula¬
tion und Legendenbildung. Lauener war
vorbildlicher Besitzer eines Spender¬
ausweises; als man das Beatmungs¬
gerät abschaltete, konnte [.auener,
wie er es wohl auf der Bühne tau¬
sendmal im berühmtesten aller Züri-West-I lits versprochen hatte, tat¬