Europa muss Ernst machen Keyfacts über Europas Zukunft - EU-Strukturen benötigen ein Update - EZB braucht neues Selbstverständnis - Binnenmarkt muss weiterentwickelt werden 28. Februar 2017 Europa ist in keiner guten Verfassung. Die Patientin leidet an Multiorganversagen: Euro-Krise, Flüchtlingskrise, Vertrauenskrise, Brexit, italienisches Referendum – und die Wahl Trumps zum US-Präsidenten. Die offensichtliche Skepsis des neuen Präsidenten gegenüber der Europäischen Union wird zwar von radikalen EU-Gegnern begrüßt, macht seriöse Politiker und Unternehmer zu Recht nervös. Der Aufstieg der Populisten stellt die europäische Gemeinschaft vor eine Zerreißprobe. Das Vertrauen der Bürger in die Institutionen der EU schwindet in dem Maße, in dem die Skepsis gegenüber den Eliten und vermeintlichen Technokraten in Brüssel wächst. Zusätzliches Wirtschaftswachstum allein wird die populistische Wut auf das Establishment nicht eindämmen können. Neue Lösungen müssen her. Im Policy Paper des von KPMG geförderten Instituts für den öffentlichen Sektor zeigt Hannes Rehm „Wege in eine europäische Zukunft“ auf. Für ihn ist die Krise Zäsur und Chance zugleich. 1/4 Diagnose ist bekannt, Therapie steht noch aus Die EU-Strukturen sind den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gewachsen – an dieser Tatsache kommen wir nicht vorbei. Abgesehen von radikalen Minderheitspositionen besteht hierzulande auch Konsens darin, dass die europäische Einigung grundsätzlich richtig ist und dass alles Menschenmögliche getan werden muss, um die Europäische Union zu retten. Die ‚Vereinigten Staaten von Europa‘ sind derzeit kein Thema. Pragmatismus, das politisch Machbare, ist das Gebot der Stunde. Für Blütenträume einer institutionellen Neugestaltung ist kein Spielraum. Wer über die Zukunftsfähigkeit Europas spricht, sollte jedoch nicht nur den Befund kritisieren, er sollte auch Wege zur Therapie aufzeigen. Höchste Zeit, über neue Lösungen zu reden Veränderungen erfordern Mut. Ohne diese läuft Europa Gefahr, ordnungspolitisch marginalisiert zu werden. Deshalb ist jetzt die Zeit zum Handeln. Und so könnte es gehen: Für Haushaltsnotlagen eines EU-Mitglieds muss es die Möglichkeit geben, dem betreffenden Land den temporären und geordneten Ausstieg aus der Währungsunion zu ermöglichen, selbstverständlich mit geregelter Rückkehroption. Auch das Mittel des Schuldenschnitts darf dabei nicht ausgeschlossen werden. Die dadurch freiwerdenden Mittel sollten dann ausschließlich zur Finanzierung strukturverbessernder Maßnahmen eingesetzt werden. Allein für solche Zwecke sollten die Leistungen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abrufbar sein. Rund 510 Millionen Einwohner zählte die EU Anfang 2016. EU-Haushalt aktiv gestalten Im EU-Haushalt sollten nur jene Wirtschaftsbereiche gefördert werden, die den größten Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Nur so kann die Zukunftsfähigkeit der EU gesichert werden. Nationale öffentliche Haushalte sollten so standardisiert werden, dass alle zukünftigen Verpflichtungen und entsprechende Haushaltsnotlagen rechtzeitig erkennbar sind. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) benötigt ein neues Selbstverständnis. Im Regelwerk der EZB sollten jede Verantwortung für Zahlungsschwierigkeiten von Staaten und Banken sowie eine Gemeinschaftshaftung für staatliche Solvenzrisiken über die Bilanz der EZB ausgeschlossen werden. Gemeinsam in die Zukunft Zusätzlich muss sich der Europäische Binnenmarkt weiterentwickeln. Hier ist einiges zu tun: Es geht um Freizügigkeit und den geregelten Zugang zu den Sozialsystemen. Der gemeinsame 2/4 Binnenmarkt bedeutet auch einen gemeinsamen Kapitalmarkt mit entsprechenden steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Dabei kommt man an einem europäischen Konzept für eine digitale Infrastruktur nicht mehr vorbei. Europa braucht neue Impulse – und weiterhin offene Grenzen. Die Frage, wie Europa mit den bestehenden und zukünftigen Migrationsströmen umgeht und sie bewältigt, ist existenziell. Mit einer Antwort darauf sollten sich die Mitgliedsstaaten nicht allzu viel Zeit lassen. Zusammengefasst »Die ‚Vereinigten Staaten von Europa‘ sind derzeit kein Thema. Pragmatismus, das politisch Machbare, ist das Gebot der Stunde. Für Blütenträume einer institutionellen Neugestaltung ist kein Spielraum. « Die EU-Strukturen sind den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gewachsen – an dieser Tatsache kommen wir nicht vorbei. Wer über die Zukunftsfähigkeit Europas spricht, sollte jedoch nicht nur den Befund kritisieren, er sollte auch Wege zur Therapie aufzeigen. Im Policy Paper des von KPMG geförderten Instituts für den öffentlichen Sektor zeigt Hannes Rehm „Wege in eine europäische Zukunft“ auf. Für ihn ist die Krise Zäsur und Chance zugleich. Mathias Oberndörfer Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor ÄHNLICHER ARTIKEL 3/4 BLOG Verteidigung in Europa: Mehr Strategie wagen US-Präsident Trump hat angekündigt, die finanziellen Belastungen innerhalb der NATO anders verteilen zu wollen. Für die europäischen Länder könnte das bedeuten, dass sie künftig stärker... › MEHR © KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KMPG International Cooperative ("KPMG International"), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Recht vorbehalten. 4/4
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