Drucksache 17/7411 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Unterrichtung (zu Drs. 17/7318) Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Hannover, den 13.02.2017 Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages Hannover Pannen oder Angst? - Warum wurde den Hinweisen auf hundertfachen Sozialbetrug nicht schnell und konsequent nachgegangen? Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/7318 Antwort der Landesregierung in der 120. Plenarsitzung im 43. Tagungsabschnitt am 02.02.2017, Tagesordnungspunkt 15 b, hier: Nachfrage des Abgeordneten Dr. Stefan Birkner: „Wie viele entsprechende Vorfälle sind Ihnen insgesamt für das Land Niedersachsen bekannt?“ Sehr geehrter Herr Präsident, die oben stehende Frage wird wie folgt beantwortet: Nach Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden in Niedersachsen im Jahr 2016 2 644 Fälle des Sozialleistungsbetrugs bekannt. Dies ist nach 2014 (3 544 Fälle) der zweithöchste Wert der vergangenen 10 Jahre (vgl. Tabelle 1). Von diesen 2 644 bekannten Fällen wurden 487 Fälle durch Flüchtlinge begangen (vgl. Tabelle 2). Dies entspricht einer Steigerung von 351 Fällen gegenüber dem Vorjahr. Die Fälle verteilen sich auf alle Polizeidirektionen, wobei die Polizeidirektion Braunschweig mit 166 Fällen in 2016 am stärksten betroffen war. Diese Steigerung steht sicherlich im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Ermittlungen der SOKO ZErm der Polizeidirektion Braunschweig. Tabelle 1: Sozialleistungsbetrug; Anzahl bekannt gewordener Fälle PD Braunschweig PD Göttingen PD Hannover PD Lüneburg Niedersachsen (Gesamt) 2 078 2007 229 387 256 PD PD Osn(unbekannt) Oldenabrück burg 226 382 598 0 2008 296 391 309 265 390 386 10 2 047 2009 231 400 298 276 317 309 4 1 835 2010 234 417 332 309 390 233 1 1 916 2011 250 416 383 271 301 246 2 1 869 2012 252 396 321 197 302 233 0 1 701 2013 240 459 458 193 482 326 1 2 159 2014 506 711 882 317 662 466 0 3 544 2015 404 513 501 281 465 369 4 2 537 2016 468 502 469 359 421 419 6 2 644 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7411 Tabelle 2: Sozialleistungsbetrug; Anzahl bekannt gewordener Fälle von Flüchtlingen 2007 PD PD GötPD Han- PD LüPD OldenPD Osnab- (unbeBrauntingen nover neburg burg rück kannt) schweig 15 20 3 6 20 24 Niedersachsen (Gesamt) 88 0 2008 8 26 5 6 15 15 0 75 2009 9 13 12 6 18 14 0 72 2010 3 21 14 8 17 8 0 71 2011 10 18 10 10 20 13 0 81 2012 10 17 13 5 13 11 0 69 2013 11 11 11 10 20 12 0 75 2014 10 13 18 8 10 7 0 66 2015 47 12 20 15 15 23 4 136 2016 166 45 88 73 48 64 3 487 Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist ausschließlich bekannt gewordene Fälle im Deliktsbereich des Sozialleistungsbetrugs aus. Spezielle Begehungsweisen bzw. Formen des Sozialleistungsbetruges, wie z. B. die Nutzung mehrerer Identitäten, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, werden nicht gesondert erfasst und können auf Grundlage der PKS somit auch nicht recherchiert werden. Am 1. Juni 2016 wurden durch die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) in Braunschweig insgesamt acht Aktenordner an die Polizei Braunschweig (Soko ZErm) übergeben. Die übergebenen Aktenordner enthielten 520 Verdachtsfälle des Sozialleistungsbetruges, bei denen die Bewertung in Bezug auf strafrechtliche Relevanz durch die Polizei erfolgt. Mit Stand vom 31. Januar 2017 wurden durch die Soko ZErm insgesamt 154 strafrechtlich relevante Sachverhalte festgestellt. Eine Bewertung weiterer Fälle ist aktuell noch nicht abgeschlossen. Im Herbst 2016 wurde seitens der LAB NI eine Projektgruppe eingesetzt, die ein Verfahren entwickelt hat, um die Nutzung von Mehrfachidentitäten in der Vergangenheit aufzuklären und seit Einführung des einheitlichen Identitätsmanagements erkannte Mehrfachidentitäten effektiv und effizient zu bearbeiten. Im Zuge dieser Projektarbeit wurden bislang weitere 573 Mehrfachidentitäten verifiziert. Darin enthalten sind auch Verdachtsfälle, die im Rahmen der Aufnahme und Registrierung mittels Personalisierungsinfrastrukturkomponenten (PIK) festgestellt wurden und der Polizei im Rahmen des täglichen Routinegeschäftes unmittelbar übergeben wurden. Die LAB NI erhebt diese Verdachtsfälle seit Ende 2016 standardisiert und schätzt deren Umfang für das gesamte Jahr 2016 und für 2017 auf bislang 195. Über diese Verdachtsfälle wurden und werden die Polizeibehörden jeweils unverzüglich informiert. Von übrigen 378 Mehrfachidentitäten wurden am 27. Januar 2017 298 an die ZErm der Polizei in Braunschweig und 42 an die ZErm der Polizei in Bad Fallingbostel/Oerbke übergeben. Diese werden nunmehr geordnet in Abstimmung mit Polizei, BAMF und Kommunen überprüft, insbesondere da es hier eine Personengleichheit mit den 520 Verdachtsfällen der SOKO ZErm in Braunschweig vom 1. Juni 2016 geben kann. Die Übergabe der Verdachtsfälle an den Standorten der LAB NI in Bramsche (6 Verdachtsfälle), Oldenburg (5 Verdachtsfälle) und Osnabrück (27 Verdachtsfälle) erfolgt derzeit in enger Abstimmung zwischen LAB NI und Polizei. Am Standort Friedland gibt es bislang keinen Verdachtsfall. Die Häufung der Verdachtsfälle am Standort Braunschweig dürfte auf die bundesweit bislang alleinige Zuständigkeit der dortigen BAMF-Außenstelle für Staatsangehörige aus dem Sudan zurückgehen, gegen die sich die Verdachtsfälle überwiegend richten. In Vertretung Stephan Manke 2 (Ausgegeben am 21.02.2017)
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