Luxemburg, 20. Februar 2017 PRESSEMITTEILUNG

Luxemburg, 20. Februar 2017
PRESSEMITTEILUNG 01/2017
Beschluss in der Rechtssache E-21/16 Pascal Nobile gegen DAS Rechtsschutz-Versicherungs AG
JEGLICHER ZWEIFEL HINSICHTLICH DER UNABHÄNGIGKEIT UND
UNPARTEILICHKEIT DES GERICHTSHOFS BEDARF EINER RASCHEN BEILEGUNG
Mit heute ergangenem Beschluss hat der Präsident des Gerichtshofs den Antrag des Fürstlichen
Obergerichts auf Anwendung des beschleunigten Verfahrens gemäss Artikel 97a der
Verfahrensordnung abgelehnt.
Mit Entscheidung Nr. 5 vom 1. Dezember 2016 des Ausschusses zur EFTA-Überwachungsbehörde und
zum EFTA-Gerichtshof wurde Richter Per Christiansen mit Wirkung vom 17. Januar 2017 für eine
erneute Amtszeit von drei Jahren ernannt. Gemäss Artikel 30 des Abkommens zur Errichtung einer
Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs („Überwachungs- und Gerichtshofsabkommens“) wird
ein Richter für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Im vorliegenden Verfahren legte das Fürstliche
Obergericht dem Gerichtshof drei Fragen vor. Die ersten beiden Fragen betreffen die Klärung der
Anforderungen des materiellen EWR-Rechts bezüglich der in Artikel 201 Abs. 1 lit. a der Richtlinie
2009/138/EG („Solvabilität II – Richtlinie“) vorgesehenen freien Wahl eines Rechtsanwaltes. Die dritte
Frage bezieht sich auf die Auslegung von Artikel 3 des EWR-Abkommens und betrifft im Wesentlichen
die Frage, ob der Gerichtshof ab dem 17. Januar 2017 rechtmässig besetzt ist. Entscheidung Nr. 1 vom
13. Januar 2017 des Ausschusses zur EFTA-Überwachungsbehörde und zum EFTA-Gerichtshof hob
die vorherige Entscheidung jedoch auf und ernannte Richter Per Christiansen für eine erneute Amtszeit
von sechs Jahren. In einer Entscheidung vom 14. Februar 2017 stellte der Gerichtshof fest, dass der
neue Beschluss eine Amtszeit in Übereinstimmung mit Artikel 30 des Überwachungs- und
Gerichtshofsabkommens vorsehe und er daher ab dem 17. Januar 2017 rechtmässig besetzt sei, in einer
Weise, welche seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleiste.
Der Präsident wies in seinem Beschluss darauf hin, dass ein beschleunigtes Verfahren für das Ersuchen
eines Gutachtens in dringlichen Ausnahmefällen zur Anwendung komme. Hinsichtlich der ersten
beiden vorgelegten Fragen des Fürstlichen Obergerichts stellen die Umstände keinen dringenden
Ausnahmefall dar. Obwohl das Recht auf freie Wahl eines Rechtsanwalts gemäss Artikel 201 Abs. 1
lit. a der Solvabilität II – Richtlinie zweifelsohne wichtig ist, wird das Ergebnis dieses Verfahrens den
Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach nicht daran hindern Rechtsschutz zu suchen.
Die dritte Frage betrifft grundsätzlich einen dringenden Ausnahmefall, da sie die Integrität des
Gerichtshofs berührt. Der Präsident stellte fest, dass der Gerichtshof eine wesentliche Rolle in der
Rechtsordnung des EWR einnimmt und dass die ordnungsgemässe Besetzung des Gerichtshofs der
Schlüssel zur Achtung der sich aus dem EWR-Abkommen ergebenden Rechte und Pflichten ist. Ohne
einen unabhängigen Gerichtshof würde dem Zweck dieses Abkommens jegliche Wirksamkeit
genommen und die EFTA-Staaten würden es verabsäumen Rechtsschutz für Einzelpersonen und
Wirtschaftsteilnehmer zu gewährleisten. Die Erhaltung der Unabhängigkeit der Justiz ist kein Privileg
der Richterschaft, sondern eine Garantie für die Achtung von Rechten und ein Bollwerk der
demokratischen Ordnung.
Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 14. Februar 2017 bestehen die zum Zeitpunkt des
Antrags auf Anwendung des beschleunigten Verfahrens vorhanden Umstände nicht mehr.
Der Beschluss kann im Volltext im Internet unter www.eftacourt.int heruntergeladen werden.
Die Pressemitteilung ist ein nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.