Kur/Reha - Urlaub Inhaltsübersicht 1. 2. 3. 4. Vorbemerkungen Persönlicher Anwendungsbereich Sachlicher Anwendungsbereich Anrechnungsvoraussetzungen 4.1 Keine Anrechnungsmöglichkeit bei Arbeitsunfähigkeit während der Maßnahme 4.2 Anrechnungmöglichkeit nur solange Urlaubsanspruch besteht 5. Abweichende Anrechnungsregelungen 5.1 Abweichende Regelungen im Tarifrecht 5.2 Abweichende Regelung im Individual-Arbeitsvertrag 6. Verbot der Anrechnung von Maßnahmen auf den gesetzlichen Urlaub Information 1. Vorbemerkungen Die Rechtslage im Zusammenhang mit der Anrechnung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation auf den Urlaubsanspruch hat sich im Laufe der letzten Jahre mehrfach geändert; die Rechtslage ergibt sich aus dem Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz - § 10 BUrlG ) vom 08.01.1963. Mit Wirkung vom 01.10.1996 sah das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz in dem damals geltenden § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG vor, dass der Arbeitgeber berechtigt sein sollte, von jeweils fünf Tagen, an denen der Arbeitnehmer infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation i.S.d. § 9 Abs. 1 EFZG an der Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung verhindert war, die ersten beiden Tage auf den Erholungsurlaub anzurechnen. Eine Korrektur der Korrektur und damit die Wiedergewinnung des ursprünglichen - vor 1996 geltenden Rechtszustandes erfolgte Ende 1998. Das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (vom 19.12.1998 BGBI. I S. 3843 ff.) hat § 10 BUrlG erneut geändert. Nach § 10 BUrlG in der seit Anfang 1999 (erneut) geltenden Fassung ist die Anrechnung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation auf den Urlaubsanspruch ausgeschlossen, soweit deswegen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 9 Abs. 1 EFZG besteht. 2. Persönlicher Anwendungsbereich Das Bundesurlaubsgesetz und damit § 10 BUrlG gilt gem. § 2 BUrlG für alle Arbeitnehmer, das sind Arbeiter und Angestellte und Auszubildende; sie sehen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung ( Kur/Reha Entgeltfortzahlung: Allgemeines ) bis zu einer Dauer von sechs Wochen sowie die Höhe des dabei fortzuzahlenden Arbeitsentgelts vor; darüber hinaus auch für arbeitnehmerähnliche Personen; für den Bereich der Heimarbeit gilt § 12 BUrlG. 3. Sachlicher Anwendungsbereich Ihrem Sinn und Zweck nach werden Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation zur Abwendung einer Krankheit oder zur Förderung der Heilung im Anschluss an eine Krankheit eingesetzt. § 9 Abs. 1 Satz 1 EFZG regelt eine entsprechende Anwendung der §§ 3 , 4 EFZG für die Arbeitsverhinderung 1 © 2017 aok-business.de - PRO Online, 24.04.2017 infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, die ein Träger der gesetzlichen Renten-, Kranken- oder Unfallversicherung, eine Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung oder ein sonstiger Sozialleistungsträger bewilligt hat und die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt wird. Die Maßnahmen müssen nicht mehr stationär mit der Stellung von Unterkunft und Verpflegung durchgeführt werden; sie können seit einer Gesetzesänderung im Jahre 2001 auch ambulant erfolgen. §§ 3 , 4 EFZG sehen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung ( Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Allgemeines ) bis zu einer Dauer von sechs Wochen sowie die Höhe des dabei fortzuzahlenden Arbeitsentgelts vor. Ist der Arbeitnehmer kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, gelten gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 EFZG die §§ 3 , 4 EFZG entsprechend, wenn eine Maßnahme der Rehabilitation ärztlich verordnet worden ist und in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder der Rehabilitation oder einer vergleichbaren Einrichtung durchgeführt wird. Beispiel: Der Leiter der Rechtsabteilung in einem Betrieb verdient deutlich oberhalb aller Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung. Er ist privat versichert in der Kranken- und Pflegeversicherung. Zudem hat er mit Genehmigung des Arbeitgebers und der Rechtsanwaltskammer eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Er ist damit im berufsständischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte rentenversichert und von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ( Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Anspruchsvoraussetzungen ) nach § 9 EFZG besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während der Maßnahme arbeitsunfähig ist. Der Arbeitnehmer ist während und wegen der Maßnahme an der Arbeitsleistung verhindert. Diese Arbeitsverhinderung steht der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit i.S.d. § 3 Abs. 1 EFZG in rechtlicher Hinsicht gleich. Auf die Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation sind die Grundsätze über die Behandlung von Fortsetzungserkrankungen und einer auf demselben Leiden beruhenden Wiederholungserkrankung entsprechend anzuwenden. 4. Anrechnungsvoraussetzungen Gem. § 10 BUrlG dürfen Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation nicht auf den Urlaub angerechnet werden, soweit für diese ein auf Anspruch Entgeltfortzahlung ( Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Allgemeines ) im Krankheitsfall besteht. Nicht jede Maßnahme zur medizinischen Vorsorge bzw. Rehabilitation löst aber einen Entgeltfortzahlungsanspruch ( Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Anspruchsvoraussetzungen ) nach dem EFZG aus. Wenn eine Maßnahme zur medizinischen Vorsorge bzw. Rehabilitation die Voraussetzungen des § 9 EFZG nicht erfüllt, weil es sich z.B. um eine bloße "Badekur" handelt,so hat der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da es sich z.B. um keine in einer anerkannten Vorsorgeeinrichtung (vgl. § 23 Abs. 2 SGB V ) oder in einer anerkannten Rehabilitationseinrichtung (vgl. § 40 SGB V ) durchgeführten Maßnahme handelt. Dann muss der Arbeitnehmer dafür gesondert Erholungsurlaub beantragen. 4.1 Keine Anrechnungsmöglichkeit bei Arbeitsunfähigkeit während der Maßnahme Wenn der Arbeitnehmer während einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation arbeitsunfähig erkrankt ist, ist eine umfassende oder auch nur teilweise Anrechnung der Maßnahme auf den Jahresurlaub schon aus diesem Grunde ausgeschlossen, da der Arbeitgeber den originären Urlaubsanspruch des Mitarbeiters während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gar nicht würde erfüllen können. Zeiten einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, während der der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, können also gar nicht auf den Urlaub angerechnet werden, ganz gleich, ob für diese Maßnahme ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht oder nicht. 2 © 2017 aok-business.de - PRO Online, 24.04.2017 4.2 Anrechnungmöglichkeit nur solange Urlaubsanspruch besteht Weitere Voraussetzung einer möglichen Anrechnung ist daher, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, seinen Jahresurlaub noch nicht vollständig genommen hat und für die Maßnahme einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Eine mögliche Anrechnung wäre lediglich für den noch nicht verbrauchten Urlaub des betreffenden Kalenderjahres statthaft. Sie wird unmöglich, wenn der Urlaubsanspruch im laufenden Jahr schon erfüllt ist. Auch eine Anrechung von Zeiten der Maßnahme auf den Urlaub des nächsten Urlaubsjahres ist wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht erlaubt. 5. Abweichende Anrechnungsregelungen 5.1 Abweichende Regelungen im Tarifrecht Von den Regelungen des § 10 BUrlG kann zu ungunsten des Arbeitnehmers im Tarifverträgen abgewichen werden. Allerdings darf dadurch nicht der gesetzliche Mindesturlaub nach §§ 1 , 3 BUrlG gekürzt werden. Die tariflich vorgesehene Anrechnung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation auf einen den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigenden Urlaub ist dagegen zulässig. 5.2 Abweichende Regelung im Individual-Arbeitsvertrag So wie im Individual-Arbeitsvertrag ein zusätzlicher Urlaub vereinbart werden kann, kann im Einzelvertrag auch eine entsprechende Anrechnung für Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation vorgesehen werden für über den gesetzlichen Jahresurlaub hinaus gewährte Urlaubstage. Für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch selbst jedoch ist wegen dessen Unverzichtbarkeit auch eine einvernehmliche - vorherige oder nachträgliche - Anrechnung nicht zulässig. 6. Verbot der Anrechnung von Maßnahmen auf den gesetzlichen Urlaub Für Maßnahmen der medizinischen Vorsorge ("Kur") oder Rehabilitation, für die der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung ( Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Anspruchsvoraussetzungen ) nach den gesetzlichen Vorschriften hat, verbietet § 10 BUrlG die Anrechnung auf den jährlichen Urlaubsanspruch. Mit dieser Regelung soll für das Urlaubsrecht die Gleichstellung von in § 9 Abs. 1 EFZG genannten Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation mit Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit erreicht werden. Urlaubsgewährung ist - nach der Logik der Begriffe - nur an solchen Tagen möglich, an denen der Arbeitnehmer auch zur Arbeit verpflichtet wäre. Für die Dauer der Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation trifft dies aber gerade nicht zu, da der Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung von Gesetzes wegen gehindert ist ( §§ 9 Abs. 1 , 3 Abs. 1 EFZG ). Für die Teilnahme an einer entgeltfortzahlungspflichtigen Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation ist damit eine Anrechnung von Urlaubstagen unzulässig. Wenn vom Arbeitgeber der Urlaub noch nicht gewährt worden ist und ein Urlaubszeitraum noch nicht festgesetzt worden ist, aber dem Arbeitnehmer schon zuvor für diesen Zeitraum eine entgeltfortzahlungspflichtige Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme bewilligt worden ist, kann und darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Dauer der Maßnahme oder einen Teil davon keinen Urlaub gewähren. Da der Arbeitnehmer während der Maßnahme an der Arbeitsleistung objektiv gehindert ist, hat er für diese Tage keine Arbeitspflicht, von der ihn der Arbeitgeber durch Urlaubsgewährung würde befreien können. Die Gewährung von Urlaub ist für diese Zeit von Anfang an unmöglich. Die Festsetzung des Urlaubs ist daher unwirksam. Dies folgt bereits aus § 10 BUrlG , wonach eine Urlaubsgewährung bzw. Anrechnung von Urlaubstagen ausscheidet. 3 © 2017 aok-business.de - PRO Online, 24.04.2017 Außerdem bleibt der Anspruch auf den nicht genommenen Teil des gewährten Urlaubs bestehen und ein Verbot der Anrechnung gem. § 10 BUrlG besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub bereits angetreten hat und erst danach die Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation für einen Zeitraum bewilligt wird, der in den laufenden, bereits angetretenen Urlaub fällt. 4 © 2017 aok-business.de - PRO Online, 24.04.2017
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