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+NRW_s99_aufmacher-jw-1k_+NRW_s99_Aufmacher_DD 24.04.17 10:47 Seite 99
DÜSSELDORF+
100 Mit dem Goetheinstitut an die Elfenbeinküste und jetzt auf Deutschlandtour:
Rainald Grebe diesmal solo 102 Große Fußstapfen: Frank Hoffmann verabschiedet sich von
den Ruhrfestspielen 110 Switchfoot: guter Halt auf der Erfolgswelle 114 Bildergeschichten:
110
Keiji Nakazawa: Barfuß durch Hiroshima,
Seiten 29 und 30 (1980)
Abb.: © Keiji Nagazawa, Courtesy of Hiroshima Peace Memorial Museum
102 114
Foto: Chris Hershman
Foto: Joachim Dette
100
Foto: © Torsten Janfeld
„Comics! Mangas! Graphic Novels!“ in Bonn
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+NRW_s100s101_entertainment_vs_+NRW_s100s101_entertainment 20.04.17 18:44 Seite 100
Foto: Joachim Dette
ENTERTAINMENT
Rainald Grebe
Deutsche Kultur irgendwo da draußen den Menschen näherzubringen, war
schon wiederholt der thematische Ansatz Rainald Grebes in Konzerten,
zuletzt zum Beispiel bei der Tournee „Das Hongkongkonzert“. Jetzt also
„Das Elfenbeinkonzert“, in dem Grebe davon erzählt, wie er der Einladung
des Goethe-Instituts an die Elfenbeinküste nachkam. Garantiert ist in
einem solchen Konzert: deutsche Volksmusik mit zotigen, doofen, homophoben Songs, abgelöst von Liebesliedern und einer Zwischenmoderati-
on wie von einem Verkäufer auf dem Hamburger Fischmarkt, ehe Grebe in
seiner Rolle kollabiert, sich verweigert und schließlich seine ernsthaftkomisch-traurigen Songs zwischen all dem Schrott anbietet. Was vom Abend
übrig bleibt? Ein ehrlicher, realistischer Querschnitt durch die deutsche Kultur mit erstaunlich sinnlichen Mitteln.
12. 5., 20 Uhr Das Rote Krokodil, Mönchengladbach
Foto: Henner Fotista
Ringsgwandl und Band
100
Was war er nicht schon alles: Chefkardiologe noch bis in die 1990er hinein parallel zu den Tourneen.
Liedermacher, Kabarettist, Schauspieler bei Achternbusch, Musicalautor („Ludwig II.“, Ringsgwandl
übernahm gleich auch die Hauptrolle), Schriftsteller, Bühnenautor. Längst sind seine von langen Wortbeiträgen unterbrochenen Konzerte sein Markenzeichen, kein Wunder also, dass die aktuelle Tour „Woanders
– Saubere Musik und dreckige Geschichten“ heißt. Früher war Ringsgwandl der freakigste Entertainer Deutschlands, heute aber lässt es der Mann, der mal als Punk-Qualtinger galt, als Valentin des
Rock’n’Roll, etwas ruhiger angehen Oder etwa doch nicht? Immerhin kommt er mit fetter Band, zu der
so bekannte Musiker gehören wie etwa Gitarrist Daniel Stelter, der schon mit Till Brönner, der NDR-Bigband und den Berliner Philharmonikern zusammenspielte. Im Gepäck hat der bayerische Ausnahmekünstler seine neue Platte „Woanders“ mit intimen, mal komischen, mal traurigen Songs über Freundschaft, Aufbruch und Verlassenwerden. Live bündelt Ringsgwandl das Konzert vor allem im ersten Teil
mit skurril-komischen Zwischenansagen nicht nur thematisch, sondern auch – wie er selbst auf der Bühne
betont –, um der emotionalen Wucht der Songs etwas gegenzusteuern.
5. 5., 20 Uhr Ruhrfestspiele, Recklinghausen
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TOURTIPP
ENTERTAINMENT
Tobias Mann
Foto: Thomas Klose
Vier Programm und zehn Jahre nach
seinem Karrierestart als Kabarettist geht
Tobias Mann mit „Das Beste aus zehn
Jahren“, einem Best-of, angereichert
mit neuen aktuellen Nummern auf
Tour. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler und Multiinstrumentalist zeigt
sich auf der Bühne gerne mit Gitarre
oder am Klavier, macht gemeinsam mit
Christoph Sieber Kabarett-Late-Night
in „Mann, Sieber!". Berühmt-berüchtigt ist Mann für sein Tempo, dass er
anschlägt, gelobt wird er für seinen aberwitzigen Mix aus Comedy, politischem Kabarett und absolutem Nonsens. Und genau das Beste davon
aus den letzten zehn Jahren präsentiert Tobias Mann uns nun zu seinem
Jubiläum.
21. 5., 19 Uhr Comedia, Köln
ApeCrime EXIT-Tour 2017
Tim Fischer
Foto: Jim Rakete
Die im vergangenen Jahr verstorbene
Hamburger Kultursenatorin Barbara
Kisseler sagte über Tim Fischer wahre
Worte: „Man kann sich ihr nicht entziehen, dieser Stimme, die mit wenigen
Worten ein ganzes Universum erschafft.“ In seinem neuen Programm
„Absolut“ singt Fischer einen Mix aus
Klassikern und neuen Songs, die sich
erst noch beweisen und durchsetzen
müssen, unter anderem Chansons von
Edith Jeske, Thomas Pigor, Jacques Brel und Rainer Bielfeldt, der ihn
auch am Klavier begleitet.
Als Social Media Sensation „ApeCrime“ gehören Andre, Cengiz und
Jan mit mehreren Millionen Abonnenten in den letzten Jahren zu
den erfolgreichsten Youtubern des Landes und gewannen renommierte Branchenpreise. Auf den legendären Gang-Touren und den
VideoDays in der Kölner Lanxess Arena waren sie als musikalischer
Headliner dabei. Über Ihren Sound sagen „ApeCrime": „Lieber klingen wir etwas experimenteller und kantiger, sind dafür aber wirklich
wir selbst, als uns zu verbiegen, nur um im Radio gespielt zu werden.
Wenn wir das dann auch so mit unserer Musik schaffen sind wir
super glücklich." Für das im Mai 2017 erscheinende Album „EXIT"
haben sich „ApeCrime“ mit dem AnnenMayKantereit-Management
und MSK im Booking ein starkes Team zusammengestellt.
EXIT – Tour 2017
Foto: Tim Wegener
12. 5., 20 Uhr Theater Hagen, Hagen
Paul Panzer
Zu Beginn seiner Comedykarriere vor
allem durch seine Telefonstreiche bekannt geworden, kümmert sich Paul
Panzer in seinen abendfüllenden Programmen schon lange um die essentiellen Dinge des Lebens, ja, fast kann
man der Figur mit den vielen Sprachfehlern philosophische Tiefe beim
Nachdenken über den Sinn des Lebens
und ähnliches attestieren. Im neuen
Programm „Invasion der Verrückten“ geht es nicht etwa um eine extraterrestrische Invasion durchgeknallter Aliens, nein, hier sind Menschen
gemeint, die unter uns leben. Natürlich denkt man da aktuell sofort an
einen politischen Ansatz im Programm. Ob Paul Panzer aber wirklich so
vorgeht, wenn er uns gestörte Mitmenschen präsentiert: das wissen wir
nicht. Lassen wir uns also überraschen.
27. 5., 20 Uhr König-Pilsener-Arena, Oberhausen
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Karlsruhe ZUSATZSHOW
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Weitere Infos & Tickets auf www.eventim.de/apecrime
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+NRW_s102s103_theater-jw-1k_+NRW_s102s103_Theater 20.04.17 19:05 Seite 102
Foto: © Torsten Janfeld
THEATER
Ruhrfestspiele
Erschreckend: Intendant Frank Hoffmann wird die Ruhrfestspiele verlassen!
2018 will der Luxemburger nach seiner 14. Spielzeit einem Nachfolger Platz
machen, das ist ehrenwert, tatsächlich aber hinterlässt Hoffmann eine Lücke,
die gar nicht einfach zu füllen sein wird. Dabei galt der heute 63-Jährige bei
seinem Dienstantritt 2005 noch als Notlösung: Zuvor hatte der ewige
Festspielleiter Hansgünther Heyme das Festival langsam, aber stetig in
Richtung Bedeutungslosigkeit geführt, bis 2004 der Berliner VolksbühnenIntendant Frank Castorf übernahm. Und die Zuschauerzahl mit einem fordernden, aggressiven Spielplan im Handumdrehen halbierte. Panisch
wurde Castorf durch Hoffmann ersetzt, der ein deutlich publikumsfreundlicheres Programm fuhr und so ziemlich schnell den Ruf weg hatte, vor allem
kulinarische und unterhaltende Wünsche zu befriedigen. Allein: 80 000
Zuschauer pro Jahr konnten sich sehen lassen, und im Windschatten des
Erfolgs holte Hoffmann auch immer mehr Produktionen nach Recklinghausen, die eben nicht nur Unterhaltung waren, sondern durchaus zeitgemäße
Theaterkunst, die die Ruhrfestpiele auf Augenhöhe mit den großen Festivals
in Avignon und Edinburgh brachte. Dieses Jahr unter anderem mit dabei:
Uraufführungskooperationen mit dem Nationaltheater Weimar, dem Deutschen
Theater Berlin und dem Schauspiel Hannover. Und so etwas sind dann
doch Fußstapfen, in die Hoffmanns Nachfolger erst mal passen muss.
RECKLINGHAUSEN, FESTSPIELHAUS u. a., 1. 5.–18. 6.
NRW-Theatertreffen
Istanbul
Es ist Mai, und Mai ist Theatertreffen-Zeit. Das große Theatertreffen in
Berlin freilich behandelt die reichhaltige Bühnenlandschaft in NRW oftmals
stiefmütterlich, auch dieses Jahr ist gerade mal das Schauspiel Dortmund
in die Hauptstadt eingeladen. Nicht zuletzt deswegen gibt es eine bundeslandinterne Variante, alles eine Nummer kleiner, jedes Jahr in einer
anderen Stadt, zwar auch mit Wettbewerb, aber eigentlich eher eine
Überblicksschau als ein Treffen der Branchenelite. Dieses Jahr geht’s ins
kleine Detmold, im Wettbewerb treffen große Häuser wie Essen („Das
Prinzip Jago“) und Düsseldorf („Willkommen“) auf Landesheater wie Neuss
(„Baumeister Solness“), das verspricht spannende Gegenüberstellungen
von Ästhetiken und Arbeitsbedingungen. Schade nur, dass die zwei
innovativsten Bühnen des Landes, Köln und Dortmund, nicht dabei sind.
Und dass die vibrierende freie Szene kaum gewürdigt wird.
Ein Karnevalsschlager trägt den Titel „Heute fährt die 18 bis nach Istanbul“, was die Janusköpfigkeit der Einwandererstadt Köln ganz gut auf
den Punkt bringt: Einerseits wird Istanbul durch das Liniennetz der Straßenbahn eingemeindet, andererseits ist die Fahrt an den Bosporus eben
auch eine Ausnahme, die man gerade mal im Karneval halbwegs
durchsteht. Istanbul als Sehnsuchtsort zieht sich durch die europäische
Kulturgeschichte, als Sehnsuchtsort, der freilich seit dem Putschversuch im vergangenen Juli und dem folgenden Kurs der Türkei in Richtung Autoritarismus viel an Glanz verloren hat. Nuran David Calis hat
schon für sein vielgerühmtes Stück „Die Lücke“ Anwohner aus der Kölner Keupstraße gemeinsam mit dem Schauspiel-Ensemble auf die
Bühne gestellt; in „Istanbul“ beobachten türkischstämmige Kölner, wie
die Metropole zwischen den Kontinenten sich vom Modell fürs Zusammenleben von West und Ost langsam abwendet.
DETMOLD, LANDESTHEATER u. a., 19.–28. 5.
KÖLN, DEPOT ab 13. 5.
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+NRW_s102s103_theater-jw-1k_+NRW_s102s103_Theater 20.04.17 19:05 Seite 103
Foto: Oliver Paul
THEATER
Showcase beat le mot zeigen Gefühle
Showcase beat le mot sind die großen alten Männer der Live Art
Deutschlands, seit über 20 Jahren macht das Quartett konsequent
Theater zwischen Happening, Pop und sozialer Skulptur, früher mit teilweise harscher politischer Schärfe, mittlerweile mit einem gewissen
altersmildern Zug in die Melancholie. Immerhin, seit sie vor zehn Jahren
ein zweites Standbein mit der Neuerfindung des Kindertheaters auftaten,
sind die Türen der Staatstheater nicht mehr verschlossen, Stücke wie „Der
Räuber Hotzenplotz“ und „Peterchens Mondfahrt“ führen so weit aus
der freien Szene heraus, dass man glaubt, sie wären der eigentliche
Beritt von Showcase beat le mot. „… Gefühle“ ist allerdings ein Stück
für Erwachsene, und ein wenig hat man hier das Gefühl, es wäre noch
einmal 1997: Es wird getanzt, gesungen, gegessen, es gibt viel Leerlauf
auf der Bühne, der sich am Ende als das eigentliche kreative Zentrum
des Stücks entpuppt. Und es gibt ein ganz herzzerreißendes Gefühl:
Melancholie.
DÜSSELDORF, FFT 4.–6. 5.
Tanz NRW
Nordrhein-Westfalen tut einiges für den Tanz: In Köln und Düsseldorf gibt
es rege freie Szenen, an der Rheinoper hat mit Martin Schläpfer einer der
profiliertesten Vertreter der Neoklassik seine künstlerische Heimat, und auch
die Compagnien in Gelsenkirchen und Dortmund haben überregionale
Ausstrahlung, zudem existieren mehrere freie Produktionshäuser. Aber
die öffentliche Wahrnehmung der NRW-Tanzszene ist dennoch von
einem Gefühl des „Da müsste doch mehr gehen!“ geprägt. Was alles geht,
beweist das Festival „Tanz NRW“ nun schon in seiner sechsten Ausgabe
– mit Altmeistern wie Raimund Hoghe, dem Folkwang Tanzstudio und
der CocoonDance Company ebenso wie mit noch zu entdeckenden
Talenten.
BONN, DÜSSELDORF, ESSEN, KÖLN, KREFELD, MÜNSTER, VIERSEN,
WUPPERTAL 3.–14. 5.
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+NRW_s104s111_kuk-jw-1k_+NRW_s104s111_kuk Kopie 1 20.04.17 19:00 Seite 104
Foto: FKP Scorpio
KLUBS + KONZERTE
Agnes Obel Köln, Gloria
Songwriterin dem Thema der überwachten Gesellschaft an, die für Regierungen und Konzerne immer durchsichtiger zu werden droht. In Verbindung
mit ihrem entrückten Sound ist das ein beeindruckendes Erlebnis.
Foto: FKP Scorpio
24. 5., 20 Uhr
Foto: Eva Baales
Dank elegischer Streicher und mondäner Klavierentwürfe gilt Agnes Obel als
große Klangvirtuosin der Gegenwart. Die popphilharmonischen Entwürfe
der Dänin werden dabei stets von ihrer gläsernen und zerbrechlichen
Stimme begleitet. Dass ihr neues Album „Citizen of Glass“ heißt, hat aber
einen anderen Grund: Auf den neuen Stücken nimmt sich die Singer/-
Joy Denalane Krefeld, Kulturfabrik
Thomas Dybdahl Düsseldorf, zakk
In ihrem Song „Hologram“ singt Joy Denalane über ein Liebespaar, das
sich voneinander distanziert hat, ohne einander zu vermissen. Ganz
anders verhält es sich bei Deutschlands Soulqueen Denalane und ihren
Fans. Nach mehreren Jahren Abstinenz im Popgeschäft wird ihre
Musik nicht nur Soulliebhabern gefehlt haben – auch Rapfans wissen,
dass der Freundeskreis von Max Herre Denalanes warmer Soulstimme
viel verdankt. Von dem hat sich die Sängerin aber weder abhängig
gemacht, noch schwelgt sie nostalgisch in alten Zeiten: Auf ihrem
neuen Album „Gleisdreieck“ öffnet sich die gebürtige Berlinerin modernem
R’n’B sowie elektronischen Beats.
„I've got one Hand in my Pocket and the other one drums a Beat“, singt
Thomas Dybdahl auf seiner aktuellen Single „3 Mile Harbor“. Das
stimmt nicht ganz, denn der Singer/Songwriter aus Norwegen ist an der
Akustikgitarre stets voll beschäftigt und für eine ausgefeilte Technik
bekannt. Wenn seine Band mal pausiert, schafft ein am Fuß festgeklebter
Schellenkranz Abhilfe. Überhaupt: Wenn der Grammy-nominierte
Musiker mal die Hände frei hat, schreibt er Songs über die wichtigsten
Momente seines Lebens. Mit seinem Album „The Great Plains“ ist gerade
das nächste Kapitel seiner lebensfrohen wie melancholischen Autobiografie erschienen.
2. 5., 20 Uhr
4. 5., 20 Uhr
104
+NRW_s104s111_kuk-jw-1k_+NRW_s104s111_kuk Kopie 1 20.04.17 19:00 Seite 105
Foto: Eric Weiss
Foto: Christoph Köstlin
KLUBS + KONZERTE
Fargo Köln, Yuca
Ein Rapper auf der Suche nach der verlorenen Zeit:
Auf seinem gerade erschienenen Album „Wunderbare
Jahre“ erinnert sich Fargo an Hochs und Tiefs seiner
Jugend. Dazu gehört die erste große Liebe, der
erste falsche Freund sowie die Konstante in seiner
Biografie: die Passion für deutschsprachige Rapmusik,
die er früher als Frontmann der Gruppe The Love
Bülow auslebte. Solo gibt sich Fargo in Songs wie
„Einfach sein“ oder „Ich will hier nicht raus“ aber
nun auch zeitkritisch. Dabei mischt er seinen Rap
mit Anleihen aus Soul, Rock und Reggae. Nostalgie
klingt anders.
Tim Bendzko Münster,
Halle Münsterland
01.06.17 KÖLN - GLORIA THEATER
„Ich bin doch keine Maschine“ singt Tim Bendzko
auf seiner neuen Single. Das glaubt man ihm aufs
Wort. Nur wenige Singer/Songwriter haben in
Deutschland derart emotionale Stücke über Liebeskummer geschrieben. Andererseits veröffentlicht
der Berliner Fußballfan und Theologiestudent ohne
Abschluss seit 2011 Hits am laufenden Band. Das
macht Bendzko aber ohne Algorithmus. Er verlässt
sich bei seinen Popballaden auf sein Bauchgefühl.
AND THE SOUL REBELS
12.07. / KÖLN / LIVE MUSIC HALL
4. 5., 20 Uhr
4. 5., 20 Uhr
Foto: Marcel Schaar
Foto: Pierre Toussaint
02.10. DORTMUND | KONZERTHAUS
11.10. DÜSSELDORF | TONHALLE
17.10. WUPPERTAL | HISTORISCHE STADTHALLE
08.11. ESSEN | COLOSSEUM
AN EVENING WITH
Alexa Feser Bochum, Zeche
Wenn die Wahlberlinerin Alexa Feser Musik macht,
beweist sie in jederlei Hinsicht Fingerspitzengefühl.
Ihrem Piano entlockt sie elegante Harmoniebögen,
in ihren Texten seziert sie poetisch zwischenmenschliche Beziehungen und den Alltag in der Großstadt.
Für ihr nun erscheinendes zweites Album „Zwischen
den Sekunden“ hat sich die Singer/Songwriterin
sogar Streicherpassagen und Rapper Curse auf das
pompöse „Rettungsboot aus Tönen“ geholt. Damit
dürfte sie von der nächsten Popsensation nur einen
Fingerbreit entfernt sein.
6. 5., 20 Uhr
Natalie Imbruglia
Köln, Gloria
F R E I TAG 1 3 . 1 0 . 2 0 1 7
K Ö L N P A L LA D I U M
Ein gutes Cover ist kein Diebstahl, sondern Kreativarbeit. Die Karriere von Natalie Imbruglia illustriert
das perfekt. Mit „Torn“ wurde die Australierin in den
Neunzigern berühmt. Doch was die wenigsten wissen: Das Original ist ein kantiges Gitarrenstück. Erst
Imbruglia hat mit ihren Popfühlern den melodischen
Kern des Songs herausgeschält. Wie sehr die Singer/Songwriterin dieses Metier beherrscht, hat sie zuletzt mit dem Album „Male“ bewiesen, auf dem sie
nur männliche Songs covert. Auf ihrer Akustiktour
dürfen sich ihre Fans aber auch auf Imbruglias
eigene Stücke freuen. Die wurden bis dato übrigens
von keinem Cover übertroffen.
JOHANNES
OERDING
LIVE 2017
03.11. KÖLN - PALLADIUM
8. 5., 20 Uhr
MATTHIAS SCHWEIGHÖFER TOUR 2017
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06.12. Oberhausen König-Pilsener-Arena
13.12. Köln Palladium
Infos & Tickets unter: www.concertteam.de
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Foto: Ingibjörg Birgisdóttir
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Sóley Köln, Kulturkirche
Man munkelt, dass über den Instrumenten von Sóley ein großer Topf
Zaubertrank ausgelaufen ist. Anders ist der elegische Klang, den die
Isländerin mit nur wenigen Instrumenten erzeugt, kaum zu erklären.
Einsprengsel von Folk und Klassik finden hier Einlass in reduzierte Akustik.
Dass der Sound so erhaben klingt, liegt auch daran, dass Sóley studierte
Komponistin ist. Doch Magie spielt auf ihrem neuen Album „Endless
Summer“ eine ebenso große Rolle: In einer Winternacht wachte die Multiinstrumentalistin plötzlich auf und notierte: „Schreibe über Hoffnung
und den Frühling“. Das hat sie geschafft. Nur rätselt man immer noch,
auf welche Weise …
10. 5., 20 Uhr
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8
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Foto: Roland Bertram
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Fehlfarben Bielefeld, Ringlokschuppen
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In Düsseldorf haben nicht nur Kraftwerk Elektro entdeckt, auch für Punk
war die Stadt am Rhein in den 70ern ein Stück weit Nabel der Welt. Die
Fehlfarben haben den „Grauschleier“ der Stadt damals mit ihrem Punkrock samt ironischem Unterton aufgewirbelt, was der langweiligen hiesigen Musiklandschaft nur gut getan hat. Mit ihren aufbegehrenden Texten und bis heute nicht abgenutzten Slogans hat sich die Gruppe um
Sänger Peter Hein selbst ein Denkmal gebaut – auch wenn sie dieses vermutlich gerne abreißen würden. Sei’s drum, mit ihrem legendären Debütalbum „Monarchie und Alltag“ kommt die Band nun auf große Tour.
11. 5., 20 Uhr
106
+NRW_s104s111_kuk-jw-1k_+NRW_s104s111_kuk Kopie 2 24.04.17 10:51 Seite 107
Bryan Ferry Düsseldorf,
Mitsubishi Electric Hall
Foto: Calvin Müller
Foto: Matthew Becker
KLUBS + KONZERTE
Nisse Köln, Yuca
Bryan Ferry gehört zu den Persönlichkeiten, an denen
sich ganze Popentwicklungen ablesen lassen. In den
Siebzigern gründete er mit Brian Eno die Band
Roxy Music, die die Weichen für den britischen
Artrock legte. In seiner Solokarriere entstanden etliche
Kleinode über gescheiterte Liebesbeziehungen, aber
auch besonders originelle Cover, die nicht selten
das Original übertrumpften. Ferry, für den sich als
Popdandy Sozialkritik und Eleganz nicht ausschließen
müssen, ist auch heute noch aktiv: im Jazzkontext,
als hochgehandelter Featuregast und als unverbesserlicher Herzensbrecher und Stilikone auf der Bühne.
Stichwort Ambivalenz. Der Singer/Songwriter Nisse
präsentierte auf seinem Debütalbum „August“ eine
eigenwillige Gesangsform, mit der er sich auch in
Rapperkreisen beliebt machte. Auf seiner aktuellen
EP „Wie ein Mann“ gibt er sich kämpferisch, offenbart jedoch auch seine poetische Seite. So erinnert
sich Nisse an vergangene Sandkastenprügeleien
und zählt melancholisch „Fahrbahnstreifen“. Auch
stilistisch macht der Hamburger gleich mehrere
Schubladen auf: Seine Tracks hüllen sich in Elektrobeats, spielen aber auch mit Rockelementen. So
vielfältig kann Pop sein – wenn das hier überhaupt
noch welcher ist.
18. 5., 20 Uhr
Foto: Benedikt Schnermann
Foto: Mark Surridge
15. 5., 20 Uhr
Pohlmann Bochum,
Banhof Langendreer
Jake Isaac Köln,
Club Bahnhof Ehrenfeld
Ingo Pohlmann ist Fan von warmen Temperaturen.
„Wenn jetzt Sommer wär“ heißt etwa einer seiner
bekanntesten Hits. Tatsächlich dienen viele von
Pohlmanns Folkpopstücken als Klangspeicher für
Sonnenenergie. Nicht nur deswegen wird der Singer/Songwriter oft mit dem Surfbarden Jack Johnson
verglichen. Auf seinem gerade erschienenen Album
räumt der Gitarrist jedoch ein wenig mit dem Surfklischee auf und zeigt in dem ein oder anderen Song
auch seine Passion für Blues.
Jake Isaac bewundert Menschen, die in der Bahn
lesen und gleichzeitig Musik hören können. Für den
Singer/Songwriter aus London ist das ein Ding der
Unmöglichkeit. Nicht, dass der Gitarrist und Sänger
nicht multitaskingfähig wäre – aber Musik kann für
Isaac nie nur nebenbei laufen. Auch seine eigenen
Titel verlangen einem volle Aufmerksamkeit ab. Sie
changieren poppig zwischen Soul und Folk, für Isaac
sind die persönlichen Texte fast eine Form von Selbsttherapie. Anfang Mai erscheint sein neues Album
„Our Lives“.
19. 5., 20 Uhr
24. 5., 20 Uhr
107
+NRW_s104s111_kuk-jw-1k_+NRW_s104s111_kuk Kopie 1 20.04.17 19:00 Seite 108
KLUBS + KONZERTE
Foto: Eden Tyler
Moderiert von Sebastian23
Nikki Lane Köln, Blue Shell
25. 5., 20 Uhr
Foto: Gregor Hohenberg
Thomas Spitzer
Marvin Suckut
Katja Hofmann
Julian Heun
In den Staaten wurde Nikki Lane schon oft als Badass bezeichnet. Zugegeben, das hört sich nicht gerade nett an, meint umgangssprachlich
aber soviel wie knallhart. Das sind die Geschichten von der Singer/Songwriterin und leidenschaftlichen Tramperin allerdings auch: Lane
erzählt zu stürmischem Blues- und Countryrock von der texanischen
Prärie, durchzechten Nächten und Liebesaffären, die auf der Strecke
bleiben mussten. Ab Ende Mai geht es für die „Highway Queen“ mit ihrem
so betitelten Album auf nach Deutschland.
Poetry Slam die Zweite!
Nur am 23. Mai um 20 Uhr
Die besten Poetry SlammerInnen
hautnah im Kinosaal
der UCI KINOWELT Ruhr Park!
Alice Francis Dortmund, FZW
Die Zwanziger gelten als Blütezeit des Jazz und eins der wichtigen
Jahrzehnte für die Emanzipation der Frau. Es wäre daher mehr als vorschnell, den Neoswing von Alice Francis als nostalgische Sehnsucht
abzuschreiben. Die Kölnerin mit der verruchten Stimme pimpt die goldenen Zwanziger vielmehr mit kräftigen Elektrobeats und Anleihen von
HipHop. Gerade ist ihr neues Album „Electro Shock“ erschienen, das Dixielandjazz futuristisch klingen lässt und das Grammophon wieder populär machen könnte.
28. 5., 20 Uhr
108
Infos und Tickets unter uci-events.de
+NRW_s104s111_kuk-jw-1k_+NRW_s104s111_kuk Kopie 1 20.04.17 19:00 Seite 109
KLUBS + KONZERTE
KUNSTRASEN
+ Karate Andi
Foto: Devil Duck Records
OPEN AIR 2017
LEE
AARON
The Dead South Münster, Gleis 22
Sie singen gerne über mordlustige Ehefrauen, und treu bleiben sie wohl
lediglich ihren Banjos. Fotos, auf denen man The Dead South ohne
Bier- oder Whiskeygläser sieht, gelten als Raritäten. Ungewiss, ob die
kanadischen Bluegrassfolker es mit so einem Lifestyle in den Himmel
schaffen werden. Dafür tröstet sich das Quartett damit, dass es in der
Hölle wenigstens nicht langweilig wird: „In Hell I’ll be in good Company“
ist nur einer ihrer mitreißenden Folksongs. Nun führt sie ihre „Banjo
Odyssey“ auch nach Deutschland, wo sie ihr aktuelle Album „Illusion
& Doubt“ zum Besten geben werden.
Foto: FKP Scorpio
30. 5., 20 Uhr
White Köln, Blue Shell
Was tun, wenn man schon am Montag nach dem Nachtleben des
nächsten Wochenendes giert? Am besten, man gründet selbst eine
Band und verlegt Samstagnacht in die Woche. So haben es jedenfalls
die fünf Klubfans von White aus Glasgow gemacht. Leo Condie und
seine Band vermengen Indiepop, Postpunk und Elektrobeats. Ihre
Songs sind Oden an das schrille Partyleben und famose Protestsongs
gegen den Feind aller Raver: den spaßfreien und herzlosen Montag.
Aber selbst den könnte das Quintett noch besiegen, auch wenn White
ihre anstehende Tour an einem Dienstag beginnen.
30. 5., 20 Uhr
109
WÄHLE
DAS BESTE
KONZERT!
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KLUBS + KONZERTE
Konzertvorschau
Lydia Ainsworth
Köln, Yuca
Foto: Indira Dominici
6. 6., 20 Uhr
Basia Bulat Bielefeld, Falkendom
Ein romantischer Roadtrip sieht anders aus: Nach einer Trennung ist
Basia Bulat erst einmal 600 Meilen Auto gefahren. Immerhin inspirierte
sie das zu neuen Songs. Dabei scheint die Singer/Songwriterin aus Toronto in zwei Welten zu Hause zu sein: Auf der einen Seite entstehen
Songs aus dem Bauch heraus, andere wiederum wirken verkopfter.
Bulat spielt Harfe und Klavier, weiß aber auch, wie kräftiger Folkrock
funktioniert.
Foto: John Michael Fulton
31. 5., 20 Uhr
Snarky Puppy
Köln, E-Werk
1. 6., 20 Uhr
The Smith
Street Band
Köln, MTC
Foto: Chris Hershman
21. 6., 20 Uhr
Switchfoot Köln, Gloria
Paul Weller
Köln, Kantine
3. 6., 20 Uhr
Midnight Oil
Köln, E-Werk
21. 6., 20 Uhr
Deep Purple
Dortmund,
Westfalenhalle
7. 6., 20 Uhr
Runrig
Mönchengladbach,
Sparkassen Bank
23. 6., 20 Uhr
Switchfoot haben sich zwar nach einer Fußhaltung auf Surfbretts benannt,
doch nach sorglosen Beachboys klingt die Band aus San Diego keineswegs.
Stattdessen schätzt man die Alternative Rocker für ihre melancholischen
Gitarren und einen verträumt spirituellen Touch. Damit schwimmt die
Gruppe um Sänger Jon Foremann auf der Erfolgswelle, was unter anderem
ein Grammy-Gewinn belegt. Ihr aktuelles Album „Where the Light shines
through“ entpuppt sich hingegen als echtes Rockbrett – Crowdsurfer
welcome!
Vintage Trouble
Köln, Luxor
11. 6., 20 Uhr
Elton John
Köln, Lanxess Arena
27. 6., 20 Uhr
Kiefer Sutherland
Köln, Gloria
12. 6., 20 Uhr
Mark Lanegan Band
Bochum, Zeche
28. 6., 20 Uhr
31. 5., 20 Uhr
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AUSSTELLUNG
Comics! Mangas! Graphic Novels!
BONN, BUNDESKUNSTHALLE 7. 5.–10. 9.
Abb.: © Sam Shaw Inc. - www.shawfamilyarchives.com
Keiji Nakazawa: Barfuß durch Hiroshima, Seiten 29 und 30 (1980)
Sam Shaw: Marilyn Monroe, New York City 1954
(Das verflixte 7. Jahr)
Sam Shaw
Foto: Filipe Braga, © Serralves Foundation, Porto
Abb.: © Keiji Nagazawa, Courtesy of Hiroshima Peace
Memorial Museum
Längst sind Bildergeschichten museumstauglich, nur noch unverbesserliche Kulturkonservative bezeichnen Werke wie Keiji Nakazawas „Barfuß durch Hiroshima“
als Schund. Einher mit dieser Aufwertung geht auch eine neue Vermarktung des
Genres – Comics sind als Graphic Novels näher an die Literatur gerückt, wobei
viele Comickünstler nicht wirklich glücklich mit dieser Verschiebung sind. Die Ausstellung ist die bislang größte Überblickspräsentation des Genres in der Bundesrepublik, zu sehen sind die Ursprünge im Zeitungsstrip bei Arbeiten wie dem heute als
frühsurrealistisches Meisterwerk anerkannten „Little Nemo in Slumberland“ durch
Winsor McCay, es folgt die Etablierung in der Subkultur bei Robert Crumb und Will
Eisner bis hin zur erwachsenen Graphic Novel der Gegenwart. Ein Seitenstrang führt
zu den japanischen Mangas, die kunsthistorisch wenig mit der westlichen Comickultur zu tun haben, allerdings ähnlich rezipiert werden.
Trischa Donnelly: Untitled (2016), Installationsansicht „Trisha Donnelly“, Serralves
Villa, Serralves Museum of Contemporary Art, Porto, 1. Juli–10. September 2016
Trischa Donnelly
Jeder kennt das Bild von Marilyn Monroe, auf dem sie über einem
U-Bahnschacht steht, während der Wind ihr Kleid hochweht. Ein
Standbild aus dem Film „Das verflixte 7. Jahr“ – oder? Fast: Die
ikonographische Aufnahme stammt von dem US-Fotografen Sam
Shaw und ähnelt nur einer Szene im Film. Der 1999 gestorbene
Shaw war der Stammfotograf Monroes, arbeitete aber ab Ende der
1960er auch als Filmproduzent und gewann unter anderem mit
den Filmen John Cassavettes’ großen Einfluss auf Hollywood. Die
Retrospektive „Finding the unexpected“ zeigt rund 230 SchwarzWeiß-Fotografien, geordnet nach den thematischen Schwerpunkten
Sport, Porträt, Verbrechen und Film.
Seit 1994 verleiht die Gesellschaft für Moderne Kunst den Wolfgang-HahnPreis im Gesamtwert von 100 000 Euro. Im Zentrum steht der Kauf einer
Arbeit des Preisträgers, die das Museum Ludwig als Dauerleihgabe erhält,
bislang unter anderem von Hochkarätern wie Pipilotti Rist, Rosemarie
Trockel und Richard Artschwager. 2017 erhält den Preis die US-Amerikanerin Trischa Donnelly, die einerseits im Feld der Aktionskunst tätig ist,
andererseits aber auch ein mittlerweile umfangreiches bildhauerisches Werk
vorzuweisen hat. Im Rheinland ist Donnelly keine Unbekannte: Ihre erste
deutsche Einzelausstellung hatte die heute 43-Jährige 2005 im Kölnischen
Kunstverein im Rahmen des an sie in verliehenen Central-Kunstpreises,
2015 folgte eine Retrospektive bei der Julia Stoschek Collection in der
Nachbarstadt Düsseldorf.
OBERHAUSEN, LUDWIG GALERIE 21. 5.–17. 9.
KÖLN, MUSEUM LUDWIG 25. 4.–30. 7.
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AUSSTELLUNGSTIPP
Abb.: © Tobias Pils, Foto: Jorit Aust
AUSSTELLUNG
Tobias Pils: Marfa (five) (2016)
Tobias Pils
Der österreichische Maler Tobias Pils konnte sich in den vergangenen
Monaten sowohl bei Kritik als auch Kunstmarkt in den Vordergrund
spielen, eine große museale Einzelausstellung in der Bundesrepublik
steht allerdings noch aus. „Marfa Pictures“ stellt also einen weiteren
Schritt in der Karriere des 1971 in Linz geborenen Künstlers dar, zu
sehen sind „autonome Gebilde, die nur den Gesetzen der Kunst, einer
rein visuellen Gewichtung folgen“, Gemälde, die Pils 2016 während
seiner Residency bei der Chinati Foundation in Marfa, Texas, erstellte.
BOTTROP, JOSEF ALBERS MUSEUM QUADRAT 21. 5.–3. 9.
113
„Wunder der Natur“ im
Gasometer Oberhausen
Die Ausstellung „Wunder der Natur“ hat im Gasometer
Oberhausen alle bisherigen Rekorde gebrochen:
Über 900 000 Besucher haben unter der 20 Meter großen
Erdkugel, dem Höhepunkt in der über 100 Meter hohen
Industriekathedrale, bereits die Vielfalt der Tiere und Pflanzen
auf unserem Planeten erlebt. Bis zum 30. November wurde
die Ausstellung „Wunder der Natur“ aufgrund ihres Erfolges
verlängert.
Großformatige Fotografien und Filmausschnitte zeigen die
faszinierenden schöpferischen Kräfte des Lebens.
Internationale Fotografen sind mit rund 150 großformatigen
Abbildungen aus der Tier- und Pflanzenwelt in der Ausstellung
vertreten. Die Fahrt auf das Dach des Gasometers bietet
anschließend einen Blick auf die Erde, wie ihn sonst nur
Astronauten erleben. Bewegte, hoch aufgelöste Satellitenbilder
werden detailgenau auf die Erdkugel projiziert und zeigen
dabei die Erscheinungen der Atmosphäre im Wechsel von
Tag und Nacht und im Wandel der Jahreszeiten.
Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen
Veranstaltungsprogramm. Dabei unternehmen die Besucher
spannende Reisen in die Wildnis, sie fiebern mit namhaften
Geo-Fotografen um das richtige Motiv, steigen in entlegene
Bergwelten, tauchen in die Tiefe der Ozeane und begegnen
wortgewaltigen Nachwuchswissenschaftlern. Die Reihe
beginnt am 30. Mai mit einer hochkarätigen Diskussionsrunde.
Frage: Wie lässt sich „Mal eben kurz die Welt retten“?
Weitere Infos unter www.gasometer.de
+NRW_s114_klassik-jw-1k_+NRW_s114_klassik 4 20.04.17 19:03 Seite 114
Foto: Sabin Tambrea
KLASSIK
Foto: Gunter Gluecklich
Trio Enescu
Gerade mal vor fünf Jahren taten sich die
Pianistin Gabriele Gylyte-Hein, die Violinistin
Alina Armonas-Tambrea und der Cellist Edvardas Armonas zusammen, doch ihnen eilt
bereits ein erstklassiger Ruf voraus. Das musikalische Dreigestirn gilt als eines der besten
Trios derzeit, mit zugleich gefühlvollem Spiel
und großer Perfektion. In Hagen musizieren
die drei Künstler gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester Hagen unter Leitung
von Florian Ludwig. Auf dem Programm steht
neben Schmidts 4. Sinfonie und einer Uraufführung von Vollmer auch Mozarts Tripelkonzert für Violine, Cello und Klavier.
Hagen, Stadthalle 16. 5., 20 Uhr
Das Rheingold
Foto: Shervin Lainez
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philharmonie Orchester sowie hochkarätigen
Sängern wie Michael Volle als Wotan, Johannes Martin Kränzle als Alberich und Katarina
Karnéus als Fricka. Ohne Bühnenpomp, dafür
mit der vollen Wirkung von Wagners bombastischer Orchestrierung.
Dortmund, Konzerthaus 29. 5., 19 Uhr
Foto: Peter Rigaud
Wie gut, dass er die Geige aufgegeben hat:
Statt des Bogens führt Thomas Hengelbrock
(Foto) heute viel lieber den Taktstock und ist
einer der gefragtesten deutschen Dirigenten,
bekannt für große Entdeckerlust und dafür, aus
seinen Ensembles das Beste herauszuholen.
Sein neuester Streich ist eine konzertante Aufführung von Wagners Klassiker „Das Rheingold“
– mit seinem bestens eingespielten NDR Elb-
Wittener Tage für
neue Kammermusik
Arabella Steinbacher
In Witten versammelt sich zu den Kammermusiktagen mal wieder alles, was in
der Kammermusikszene Rang und Namen
hat, darunter das Arditti Quartet, das
Ensemble Modern und das Jack Quartet
(Foto), das zu den führenden modernen
Streichquartetten zählt. Zu Gehör kommen
mehr als 20 Ur- und Erstaufführungen
von Komponisten aus zehn Nationen.
Sie war wohl ein reichlich aufgewecktes Kind,
deshalb drückten die Eltern von Arabella
Steinbacher ihr mit drei Jahren eine Geige
in die Hand, um sie zu beschäftigen. Dass
das eine ziemlich gute Idee war, beweisen
zahlreiche Preise und gefeierte Auftritte mit
den renommiertesten Orchestern der Welt.
In Mainz spielt Steinbacher Werke von Dvořák,
Bruch und Brahms.
Witten, diverse Locations 5.–7. 5.
Mainz, Rheingoldhalle 13. 5., 19:30 Uhr