SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Michael Spreng, Politikberater, gab heute, 24.02.17, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: "Wie kann die Merkel-CDU auf den Höhenflug der Schulz-SPD reagieren?“ Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Pascal Lechler. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Nachrichten und Distribution Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 24.02.2017 Politikberater Spreng: CDU hat kein Mittel gegen SPD-Kanzlerkandidat Schulz Baden-Baden: Zum ersten Mal seit zehn Jahren liegt die SPD im aktuellen ARD Deutschlandtrend wieder vor der Union. Die Sozialdemokraten kommen auf 32 Prozent - CDU und CSU erreichen 31 Prozent. Nach Auffassung des Politikberaters Michael Spreng macht sich die CDU angesichts der Umfragewerte zu recht Sorgen, denn sie habe bisher noch kein Mittel gegen SPDKanzlerkandidat Martin Schulz gefunden. Im SWR2 Tagesgespräch meinte Spreng, CDU/CSU wirkten verwirrt und desorientiert und schauten Schulz eher staunend und schockiert zu. Kanzlerin Merkel riet Spreng, ihre bisherige Wahlkampftaktik zu ändern. Die Methode, die gegnerischen Wähler einzuschläfern, gehe jetzt nicht mehr. Merkel müsse sich umorientieren und zur Kämpferin werden. Es werde nun spannend zu sehen, ob sie das nach so langer Zeit noch könne. SPD-Kanzlerkandidat Schulz lobte Spreng für dessen Wahlkampf. Mit seinen angekündigten Korrekturen an der Agenda 2010 von Kanzler Schröder mache er keinen Wahlkampf für Hartz4-Empfänger sondern für diejenigen, die Arbeit hätten und Angst, sie zu verlieren. Entzaubert werden könne Schulz jetzt nur noch von seiner eigenen Partei, so Michael Spreng im SWR2 Tagesgespräch. Die Frage sei nur, ob Schulz die Begeisterung über acht Monate aufrecht erhalten könne. Eine Wechselstimmung wie 1998 als Helmut Kohl nach 16 Jahren als Kanzler abgelöst wurde, könnte in den Augen Sprengs für die Union und Merkel gefährlich werden. Wortlaut des Live-Gesprächs: Lechler: Gestern titelte die Zeitung, für die Sie ja auch mal geschrieben haben, große Sorge in der CDU wegen Schulz. Ist die Sorge berechtigt? Spreng: Ja, ich finde sie ist sehr berechtigt, denn die CDU/CSU hat bisher kein Mittel gegen Schulz gefunden. Sie sehen dem eher staunend und schockiert zu und wirken verwirrt und desorientiert. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Lechler: Das heißt, die Kritik die es am vergangenen Wochenende schon gab von Finanzminister Schäuble und auch Hessens Ministerpräsident Bouffier an Schulz, zeugt dann doch eher von Nervosität? Spreng: Ja, es ist Nervosität, aber bei Schäuble würde ich auch noch sagen, es war auch ein Weckruf an die eigene Partei. Gewissermaßen aufzuwachen, zu akzeptieren, dass Wahlkampf ist, und dass die Lage ernster ist, als sie erwartet worden war. Lechler: Frau Merkel hat ja ihre neuerliche Kandidatur als Kanzlerkandidatin angekündigt, mit dem Satz, sie sei neugierig auf das, was da kommt. Das klingt nicht so richtig, dass sie sag ich mal flapsig, heiß auf den Job ist. Bei Schulz spürt man ja doch, dass er jetzt irgendwie Blut geleckt hat. Spreng: Ja Schulz brennt geradezu. Er zeigt Leidenschaft und Emotion, er ist hoch motiviert. Während bei Frau Merkel hat man das Gefühl, dass sie noch so ein bisschen ermüdet ist, dass sie noch nicht im Wahlkampf-Modus ist, aber das kann ja noch kommen. Lechler: Aber sie ist ja auch nicht so der Typ. Sie ist ja nicht die Emotionale. Da müsste sie ja schon quasi über ihren eigenen Charakter springen? Spreng: Ja, das ist ja das Problem. Ihre bisherigen Wahlkämpfe hat sie ja immer gewonnen, mit dieser sogenannten asymmetrischen Demobilisierung. Das heißt, wo die gegnerischen Wähler eingeschläfert werden sollten. Das geht jetzt nicht mehr. Sie muss sich umorientieren, sie muss zur Kämpferin werden. Es wird spannend sein zu beobachten, ob sie das nach so langer Zeit noch kann. Lechler: Jetzt hat CDU-Generalsekretär Tauber gesagt, da wird ein Kater folgen, sobald wir in die inhaltliche Debatte einsteigen. Jetzt wird Schulz inhaltlich. Er ist diese Woche inhaltlich geworden. Er hat gesagt, er will die Agenda 2010 korrigieren. Was halten Sie von diesem Vorstoß? Spreng: Er passt zu seinem Gerechtigkeits-Wahlkampf. Er macht ja einen interessanten Wahlkampf, er macht keinen Wahlkampf für HartzIV-Empfänger oder Abgehängte, sondern für diejenigen die Arbeit haben und diejenigen die Angst haben die Arbeit zu verlieren. Das ist ja der Kern auf den er sich konzentriert. Da ist das nur konsequent auch das Thema Arbeitslosengeld1 wieder in die Debatte einzuführen. Ich erinnere daran, dass die letzte Verlängerung der Bezugsdauer 2008 beschlossen wurde, von der großen Koalition, auf Initiative damals des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Insofern tut sich die CDU auch ein bisschen schwer, jetzt Herrn Schulz zur Abrissbirne zu erklären. Lechler: Wo müsse denn die CDU jetzt hier Kompetenz zeigen um Schulz die Stirn zu bieten, weil zum Beispiel was Außenpolitik angeht, das kann Schulz ja auch? Spreng: Die CDU hat ja als Kernkompetenz Wirtschaft und Innere Sicherheit. Da weiß man von Schulz noch gar nichts. Er muss versuchen diese Kernkompetenz der CDU zu erschüttern und das ist die Frage. Was fällt ihm dazu ein und wenn es dann konkret wird, dann kann die CDU auch in die direkte Auseinandersetzung gehen mit gewissen Aussichten auf Erfolg. Aber bisher ist die Angriffsfläche von Schulz nicht so, dass die CDU ihm ernsthaft schaden kann. Lechler: Bundesfinanzminister Schäuble hat ja gesagt, die Schulz-Festspiele, die könnten schnell beendet werden. Das haben wir ja auch schon erlebt, dass SPDKandidaten im Januar Februar aufgestellt wurden und bis zur Bundestagswahl im September dann entzaubert wurden. Ich denke da nur an Herrn Scharping 1994, der es gegen Kohl nicht geschafft hat. Meinen Sie, besteht die Möglichkeit noch Herrn Schulz da in irgendeiner Form zu entzaubern? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Spreng: Wenn müsste er das schon selbst machen, beziehungsweise seine Partei. Wenn sie also inhaltlich diskutiert und es käme zu Kontraversen in der SPD, das kann man jetzt aber im Augenblick nicht sagen. Die CDU kann ihn wenig entzaubern, umgekehrt hat natürlich Schulz die Schwierigkeit eine solche Begeisterung und Stimmung über acht Monate aufrechtzuerhalten. Das ist kaum möglich. Es wird schon Höhen und Tiefen geben. Aber wenn zum Beispiel Frau Kraft die NRW-Wahl gewinnt und es sieht ja im Augenblick so aus, dass die SPD wieder stärkste Partei wird, kann das Schulz schon als seinen ersten Sieg verbuchen. Lechler: 1998, als Kohl das letzte Mal angetreten ist, gab es so eine gewisse Wechselstimmung. Beziehungsweise es gab die Wechselstimmung sonst hätte es ja diesen Wechsel nicht gegeben. Kann man sagen 2017 gibt es auch vielleicht Wechselstimmung, meinen Sie die Leute könnten vielleicht am Ende die Nase voll haben von einer weiteren Amtszeit von Frau Merkel? Spreng: Ich glaube es ist nicht so ausgeprägt wie 1998, aber es gibt eine latente MerkelMüdigkeit und die ist durch Herrn Schulz virulent geworden, ausgebrochen. Insofern könnte auch eine richtige Wechselstimmung entstehen. Es ist jetzt an der CDU klarzumachen, warum ein Wechsel falsch wäre und da fehlen noch ein paar Argumente von der CDU. Lechler: Aber zumindest dürfte ja dieses Wahljahr ein spannendes werden, weil alles sah ja danach aus, dass es wieder auf eine große Koalition hinaus läuft? Spreng: Gut, dass kann es jetzt immer noch, auch wenn Herr Schulz einen guten Erfolg erzielt, aber es ist wenigstens spannend. Es sind Festspiele der Demokratie und es zeigt sich ja schon, dass Schulz offenbar auch Nichtwähler mobilisieren kann. Also insgesamt, egal wie es ausgeht, ist es eine gute Sache für die Demokratie. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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