INFO - Chor.at

Cantate
zu einem Gedanken. Es werden Überlegungen über
das Leben vorgetragen, das wir manchmal recht
unaufmerksam führen.
Das ChorTheaterStück lenkt den Blick auf uns, auf
das „Ich“ und die Welt um uns herum und auch
darauf, wie wir uns dort wiederfinden. Es ist mehr
als ein Kommentar - vor allem ist es eine Reflexion,
Foto: Gerhard Theissl
eine Fokussierung. Doch um Klarheit zu erlangen,
gehen wir alle oftmals einen weiten Weg. Zweifel
„Schatten Spiegel Licht“
erwachen, Fragen stellen sich, Antworten sind rar.
Die Texte und Stücke geben diesen Prozess wieder,
Das neue Projekt des „Chor im Hemd“ ist eine
während Bildprojektionen die Reise durch das „Ich“
spannende Mischung aus Chorkonzert,
bebildern und ihr eine weitere Rezeptionsebene
Theaterstück, Performance und Projektion.
geben. In dem Sinne lässt sich „Schatten Spiegel
Der „Chor im Hemd“ befasst sich schon seit seinem
Licht“ zusammenfassend als dramatisch inszenierte
Bestehen
Performance
mit
den
Berührungspunkten
von
Literatur, Bühne und Musik. Biographien der
KomponistInnen
helfen
maßgeblich
bei
der
Interpretation ihrer Stücke. Chorleiter, Sängerinnen
und Sänger beschäftigen sich intensiv in langen
Probenphasen mit der Materie, um die Gefühlswelt,
die jedem musikalischen Werk innewohnt, für
Zuhörer fühlbar zu machen. In diesem Projekt wird
der Chor das Publikum an einem Gefühlskosmos
poetischer
Texte,
reflektiert in
Klangstücken und Lichtbildern beschreiben.
Es folgen kurze Interviews mit dem Chorleiter und
Regisseur Andreas Salzbrunn, dem Darsteller Oliver
Huether und der Dramaturgin Martina Theissl über
die Hintergründe des Projektes. Ähnliche Fragen
und verschiedene Ansichten geben Einblick.
Interview mit Andreas Salzbrunn:
teilhaben lassen.
Wie kam es zu dem Projekt? Woher kam die Idee?
Oliver Huether, etablierter Schauspieler am Theater
in der Josefstadt, stellt die poetischen Texte von
Ich habe durch meine Erfahrungen als
Christopher Marlowe über Erich Kästner bis Joseph
musikalischer Leiter mehrerer Produktionen im
von Eichendorff dramatisch dar – das bedeutet, er
Theater in der Josefstadt die Liebe zum Theater
liest sie nicht nur vor, sondern er lässt sich auf den
entdeckt, gleichzeitig war mir aber die Musik in
Text und auf die Dramatik ein, die diesem
einem Theaterstück immer etwas zu weit im
innewohnt. Er durchlebt sie. So zeichnet er
Hintergrund. Deshalb wollte ich in
gemeinsam mit dem Chor, der u.a. Stücke von
Zusammenarbeit mit einer Dramaturgin und eines
Bruckner, Martin Stampfl und Eric Withacre
Schauspielers eine Ausdrucksform kreieren, die
beiträgt, ein Bild von einem Menschen, dessen
beide Bereiche gleichberechtigt nebeneinander
Gefühle von bedrückender Ausweglosigkeit bis hin
stellt.
zu großer Zuversicht gezeigt werden. Auch hier
berühren sich Text und Musik, verschwimmen gar
Gibt es zu einem Stück eine besondere
Verbindung?
Cantate
"Mitten wir im Leben sind" von Felix Mendelssohn
kennt und dass man die gleichen künstlerischen
Bartholdy ist ein Stück mit großer Ausdruckskraft
Ziele verfolgt. Als der Anruf kam, wusste ich, da will
und Tiefgang. Der Komponist hat es in sehr jungen
ich dabei sein. Der Klang vom „Chor im Hemd“ ist
Jahren geschrieben, offensichtlich im Eindruck
ein wundervoller, kraftvoller und zugleich
einer Phase, in der er sich mit dem Tod
sensibler. Da mal sozusagen als „aktiver Zuhörer“
auseinandergesetzt hat. Deshalb hat dieses Stück
mittendrin zu sein... da macht sich Vorfreude breit,
diese Ausdruckskraft, es wirkt wie ein Aufbäumen
auch schon für die Proben.
gegen die Tatsache, dass wir alle sterben werden.
Dieses Stück in Verbindung mit dem „Psalm 22“,
das auch von ihm komponiert wurde, und der aus
einer großen Verzweiflung heraus, die Ruhe im
Du hast in „Wie im Himmel“ im Sommertheater
Helfenberg die Hauptfigur Daniel gespielt. Was ist
dir bei der Arbeit mit dem Chor aufgefallen?
Glauben und im Vertrauen findet, sind für mich die
Es „menschelt“ sehr. Seelen öffnen sich und singen
Kernstücke des Programms.
miteinander, das geht gar nicht anders. Das macht
Wofür lohnt es sich, zu leben? Woraus schöpfst
du Hoffnung?
es für manche Menschen auch schwer. Plötzlich ist
man offen, ohne es gewollt zu haben. Man steht
im übertragenen Sinne nackt da und hat auch noch
Es gibt etwas Wahres, das aber für jeden etwas
die Aufgabe den Ton zu treffen. Wenn man es
Anderes ist. Manche betreiben Sport, andere lesen
schafft sich darauf einzulassen, sich, wie Hermann
oder schreiben Bücher, malen Bilder oder
Hesse es sagt, „fallen zu lassen“, kann man
betrachten diese, machen Musik, andere
tatsächlich fliegen oder wie Daniel Daréus sagen
engagieren sich sozial oder politisch. Die
würde, wir können die Musik von da oben
Menschheit ist immer besser, als ihr Ruf.
(gemeint ist der Himmel) zu uns holen, alles ist
Warum hast du Oliver Huether engagiert?
Ich mag die Präsenz von Oliver sehr. Er ist groß und
kräftig, verliert aber als Figur komplett den Halt
und fällt. Dieser Gegensatz hat mich gereizt.
***
Ein Interview mit Oliver Huether:
Warum hast du zugesagt?
möglich.
Wie siehst du deine Figur im Stück? (In welchem
Verhältnis zur Welt oder zu den Texten oder zum
Chor)
Ich habe im Gegensatz zum Chor keine Musik,
keine tonale Vorgabe zur Verfügung. Das macht es
einerseits schwerer, andererseits bin ich freier,
weil ich neu erfinden kann. Die Ton- und Taktart
bestimme ich selbst, das macht mich freier,
In erster Linie war es die menschliche
eröffnet aber auch ein unendliches Meer des
Komponente. Ich kenne einige der „Chor im
möglichen Scheiterns. Eine gefakte Emotion
Hemd“- Sängerinnen und Sänger, auch Andreas
hinterlässt einen schlechteren Eindruck als ein
Salzbrunn. Wir sind nicht wirklich eng befreundet,
falscher Ton. Andreas Salzbrunn sieht das
aber wann immer man sich sieht oder hört, hat
bestimmt ein wenig anders, haha.
man das Gefühl, dass man sich schon ewig und gut
Cantate
Hast du zu einem oder mehreren Texten ein
teilweise schon mit Robotern, wenn nicht hat man
besonderes Verhältnis?
den Eindruck, dass man Menschen zu Robotern
Erich Kästner begleitet mich mein Leben lang, mit
fünf Jahren habe ich im Theater „Emil und die
Detektive“ gesehen, vor 25 Jahren habe ich mit
machen will, um sie beliebig austauschen zu
können. Das ist schrecklich, nicht nur für den
Einzelhandel, auch für die Kunst.
zwei Kollegen in einem Programm mit Namen
Der einzelne Charme eines Menschen verliert
„Kleine Freiheiten“ Texte von Erich Kästner
immer mehr an Bedeutung. Einer lukrativen Idee
gespielt, gesungen und getanzt. Dazwischen war
ist alles unterzuordnen, vor allem der Mensch. Und
einiges von Kästner, immer wieder, unverhofft und
wer konsumiert? Der Mensch. Und wer wehrt sich
überraschend, wie diesmal. Als mich Andreas
nicht?... Der Mensch. Wann auch immer ich damit
Salzbrunn angerufen hat, hätte ich nie gedacht,
konfrontiert werde, werde ich wütend.
dass bei dem Konzept ein Kästner-Text dabei sein
würde. Aber siehe da: Er überrascht immer wieder,
als würde er mich suchen und immer wieder
finden.
Wie siehst du den „Modernen Menschen“ bzw.
den Menschen in unserer Zeit?
Der Mensch heute ist wohl mehr denn je an einem
Wendepunkt bzw. kann ihn wohl nicht mehr länger
hinausschieben. Geht es weiter? Wenn –
wohlgemerkt wenn – ja, wohin? Oder fangen wir
nochmal von vorne an. Wie weit werden wir dann
zurückgeworfen? 100 Jahre? Mehr? Unser Glück
am Leben und frei zu sein wird täglicher größer.
Friedrich Schiller sagt in HOFFNUNG: „der Mensch
hofft immer Verbesserung“ und „zu was Besserem
sind wir geboren“, damit ist das bessere
Miteinander gemeint, das Gute und das Bessere in
einem selbst zu suchen. Leider ist das heute zu
„höher, schneller, weiter“ im materiellen Sinne
verkommen und droht uns zu ersticken.
Wann warst du das letzte Mal wütend?
Immer wieder wenn sich Menschen hinter Regeln
verstecken, um Kommunikation zu ersetzen. In
Fast Food- und Kaffeehausfilialen, aber auch bei
anderen großen Unternehmen spricht man ja
Ich darf Rosa Luxemburg aus unserem Programm
zitieren, in HEBEN SIE DEN KOPF heißt es: „Dann
sieh, dass du Mensch bleibst. Mensch sein ist vor
allem die Hauptsache“.
Was ist dein Ziel beim Schauspielen? Wann bist
du glücklich mit deiner Leistung?
Wenn ich etwas von mir auf der Bühne bzw. beim
Zuschauer zurücklasse. Wenn ich dort weiterlebe,
wo ich nie wieder hinkomme bzw. nie war. Das
meine ich eher spirituell und nicht örtlich. Gelingt
selten und niemals allein.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dass wir wieder lernen zuzuhören. Uns selbst und
auch anderen. Chorsingen kann da ein guter
Anfang sein.
***
Ein Interview mit Martina Theissl:
Wie siehst du die Figur im Stück?
Jeder Mensch hat die Gefühle Traurigkeit,
Verzweiflung oder Freude schon erlebt. Für mich
ist die Figur in „Schatten Spiegel Licht“, die
zwischen den Liedern Texte spricht, ein sehr
greifbarer und lebensnaher Mensch, der einen
Cantate
ganzen Gefühlskosmos durchlebt. Dieser wiederum
wollen, der beide Elemente miteinander verbinden
ist für die Zuschauer wahrscheinlich zum Teil
soll, unterstützt durch ein Konzept mit projizierten
nachvollziehbar und nachfühlbar. Deshalb ist es
Bildern, die auf einer weiteren Ebene den Verlauf
schön, dass ein Schauspieler, Oliver Huether, diese
der Figur reflektieren. Wir wollen eine für den
Figur interpretiert und den Texten so Leben
Zuschauer greifbare Geschichte erzählen und vor
einhaucht und diese dem Publikum zugänglich
allem Themen aufzeigen, die jeden im
macht. Die Musik erzählt von denselben Gefühlen,
Zuschauerraum ansprechen sollen. Daraus ist dann
nur auf eine andere Weise. Diese beiden
die Idee entstanden, eine Figur eine Entwicklung
Erzählformen bedingen einander sozusagen und
durchleben zu lassen, die von Traurigkeit und
stehen direkt im Verhältnis zueinander.
Verzweiflung in Hoffnung, Freude und Liebe
Hast du zu einem oder mehreren Texten ein
besonderes Verhältnis?
Mich sprechen alle Texte auf eine andere Art und
Weise an. Dadurch, dass sie aus verschiedenen
Epochen stammen und in verschiedenen Stilen
umschlägt. Die Texte sollten dabei möglichst
facettenreich sein und sich in ihrer Art
unterscheiden.
Warum soll man sich das Stück anschauen bzw. es
hören?
verfasst wurden, reflektieren sie bereits durch ihre
Ich denke, dass in diesem ChorTheaterStück für
Form, wie facettenreich die Gefühle eines
jeden Geschmack etwas Ansprechendes zu finden
Menschen sein können. Insofern ändert sich meine
ist. Und ich bin davon überzeugt, dass man neuen
Vorliebe auch mit meiner Stimmung, so könnte
Formen eine Chance geben sollte, um sich davon
man es beschreiben.
ein Bild zu machen, ob einem das Experiment
Warum hast du dem Projekt zugesagt?
Mich hat es sehr interessiert mit Andreas
Salzbrunn und dem Chor im Hemd
zusammenzuarbeiten. Als wir uns über die Form
des Abends unterhalten haben, wurde mir klar,
dass wir eine tolle Gelegenheit haben, um etwas
Neues zu schaffen und auszuprobieren. Neue
Formen interessieren mich sehr. Es ist ein
anspruchsvoller Abend und die Verschränkung mit
gefällt oder nicht.
***
„Schatten Spiegel Licht“
Ein Chortheaterstück.
Schauspiel: Oliver Huether
Dramaturgie: Martina Theissl
Visuals: Gerhard Theissl
Leitung: Andreas Salzbrunn
Schauspiel, Chormusik und dem Bildkonzept von
Gerhard Theissl wirkt additiv. Die Elemente sind
25. Februar 2017, 19:30 Uhr
nicht einzeln sondern als Ganzes zu betrachten,
Prof. Spitzy-Auditorium (im Orthopädischen Spital Speising)
das gefällt mir.
Wie kam es zu dem Projekt? Woher kam die Idee?
Ursprünglich haben Andreas Salzbrunn und ich
einen Abend mit Liedern und Texten konzipieren
Speisinger Straße 109, 1130 Wien
Vorverkauf: € 23 / € 18, Abendkassa: € 28 / € 23
Kartenbestellung: [email protected]
Ermäßigung für SchülerInnen und Studierende