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Konfliktmanagement vor und in der Hauptversammlung
Sonderprüfungen dienen der Aufklärung von Sachverhalten durch externe Sachverständige. Häufig geht es dabei
um Sachverhalte, die eine Haftung von Organmitgliedern begründen können. Zudem stellt die Publizität von
Sonderprüfungsberichten eine Öffentlichkeit her, die aus Sicht der betroffenen Gesellschaft häufig unerwünscht ist.
Sonderprüfungsanträge von Aktionären sind daher mit höchster Aufmerksamkeit und im Rahmen eines
professionellen Konfliktmanagements zu bearbeiten.
Dr. Thomas Zwissler, Rechtsanwalt und Partner, Zirngibl Langwieser
Das AktG kennt unterschiedliche Arten der Sonderprüfung. Grundfall und in der Praxis am häufigsten anzutreffen
ist die Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG. Mit ihrer Hilfe kann die Hauptversammlung Maßnahmen der
Geschäftsführung zur Überprüfung stellen. Das Gesetz nennt beispielhaft Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und
Kapitalherabsetzung. In der Praxis stehen jedoch andere Themen im Vordergrund, insbesondere:
Beziehungen zu Gesellschaftern, Organmitgliedern und nahestehenden Personen;
Unternehmenstransaktionen (Erwerb/Veräußerung von Unternehmen, Umwandlungsvorgänge nach dem
UmwG);
Angemessenheit interner Kontrollsysteme (Risikomanagement, Compliance).
Voraussetzungen für die Befassung der Hauptversammlung
Die Befassung der Hauptversammlung kann auf unterschiedlichem Wege erreicht werden. Zunächst können
Vorstand und Aufsichtsrat den Tagesordnungspunkt „Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers
gemäß § 142 Abs. 1 AktG“ auf die Tagesordnung setzen. In der Praxis ist dies jedoch selten und allenfalls unter
taktischen Gesichtspunkten denkbar, etwa um einem anderen Antrag zuvorzukommen. Die zweite Möglichkeit, die
Befassung des Hauptversammlung zu erreichen, ist der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung nach § 122 Abs.
2 AktG. Das Antragsrecht ist als Minderheitenrecht ausgestaltet, wobei die Hürde mit 5% des Grundkapitals bzw.
einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe von 500.000,00 EUR noch vergleichsweise hoch. Erst recht gilt
dies für die weitere Variante der Einberufung einer gesonderten Hauptversammlung, für die § 122 Abs. 1 AktG eine
Mindestbeteiligung von 20% des Grundkapitals verlangt. Die vierte Möglichkeit der Befassung der
Hauptversammlung sind die sogenannten Ad-hoc-Anträge, die in der Hauptversammlung zu einem
Tagesordnungspunkt gestellt werden, der bereits Teil der Tagesordnung ist. In der Regel handelt es sich dabei um
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die Tagesordnungspunkte zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Reichweite dieser Anträge ist aber
auf den jeweiligen Tagesordnungspunkt beschränkt, bei Antragstellung im Zusammenhang mit der Entlastung also
auf den konkret zur Debatte stehenden Entlastungszeitraum.
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Strategien für das Konfliktmanagement
Erfährt die Gesellschaft von der Absicht eines Aktionärs bzw. mehrerer Aktionäre, die Hauptversammlung mit dem
Thema „Sonderprüfung“ zu befassen, bedarf es einer passenden Strategie für den Umgang mit dem Anliegen
dieser Aktionäre. Dabei ist vor allem der Hintergrund des Anliegens genau zu hinterfragen. Hat der angekündigte
oder zu erwartende Antrag seinen Grund in einer Auseinandersetzung unter Aktionären, wird die Strategie in der
Regel eine andere sein als in jenen Fällen, in denen es um eine intensivierte Aufarbeitung von Sachverhalten geht,
mit welchen Vorstand und Aufsichtsrat ohnehin schon befasst sind.
Übergang zur freiwilligen Prüfung
Generell wird sich die Gesellschaft immer die Frage stellen müssen, ob die Befassung der Hauptversammlung mit
dem Thema Sonderprüfung verhindert werden kann. Verbreitet ist dabei der Ansatz, das von den Aktionären als
Gegenstand der Sonderprüfung identifizierte Thema selbst aufzugreifen und gegebenenfalls im Rahmen einer
freiwilligen oder informellen Sonderprüfung durch einen externen Sachverständigen prüfen zu lassen. Aus Sicht
der Gesellschaft hat diese Vorgehensweise zahlreiche Vorteile: So behält die Gesellschaft Einfluss auf den
konkreten Inhalt und Umfang der Sonderprüfung. Unter Umständen kann sie sogar Einfluss auf die Person des
Sonderprüfers nehmen. Schließlich gibt es bei der freiwilligen Sonderprüfung keinen Zwang zur Veröffentlichung
des Berichts des Sonderprüfers. Aus Sicht der an der Aufklärung interessierten Aktionäre hat die Vorgehensweise
ebenfalls Vorteile. Insbesondere vermeiden sie den in vielen Fällen im Raum stehenden Vorwurf, dass sie der
Gesellschaft durch die Herstellung einer breiten Öffentlichkeit mehr Schaden zufügen, als bei den Aktionären
Nutzen zu stiften.
„Konfliktverteidigung“
Aggressivere Strategien setzen darauf, dass der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers in der
Hauptversammlung keine Mehrheit erhält. Möglicherweise kann die Gesellschaft dann aus einer stärkeren Position
heraus Gespräche über eine freiwillige Prüfung führen. Oder die Gesellschaft setzt darauf, dass die den Antrag
betreibenden Aktionäre nach der Hauptversammlung nicht weiterverfolgen oder nicht erfolgreich weiterverfolgen
können. Den Aktionären steht bei Ablehnung ihres Antrags in der Hauptversammlung zwar die Möglichkeit offen,
die Bestellung eines Sonderprüfers durch ein Gericht zu erwirken, und das Quorum für die Antragsberechtigung ist
mit 1% des Grundkapitals bzw. einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe von 100.000,00 EUR nicht
mehr sehr hoch (§ 142 Abs. 2 Satz 1 AktG). Allerdings müssen die Aktionäre im gerichtlichen Verfahren konkrete
Tatsachen darlegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei einem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe
Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind, und das Gericht wird dem Antrag auch nur
stattgeben, wenn es sich von der Richtigkeit dieser Tatsachen überzeugt hat. Diese Hürden und das mit dem
Antrag einhergehende Kostenrisiko wirken zulasten der Aktionäre.
Der Sonderprüfungsantrag in der Hauptversammlung
Gelangt der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers auf die Tagesordnung oder wird der Antrag als Ad-hocAntrag zu einem anderen Tagesordnungspunkt gestellt, muss der Versammlungsleiter den Antrag in der Regel zur
Abstimmung stellen. Ablehnen kann er dies nur, wenn der Antrag in formeller oder inhaltlicher Hinsicht nicht den
gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dies ist bei Sonderprüfungsanträgen immer wieder der Fall. Beispiele sind
hier die fehlende Bestimmtheit hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes oder der Person des Sonderprüfers.
Nicht abschließend geklärt ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ungeschriebene Schranken des
Antragsrechts greifen können, ob also z.B. eine bereits eingeleitete freiwillige Prüfung den erneuten Antrag als
unverhältnismäßig oder gar rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt oder ob unverhältnismäßig aufwendige
Prüfungen rechtmäßig sind.
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Besonders zu beachten sind die für Beschlüsse über die Bestellung von Sonderprüfern geltenden erweiterten
Stimmverbote des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG. Steht der Sonderprüfungsantrag im Zusammenhang mit der Entlastung
eines Organmitglieds oder wird die Prüfung mit Blick auf die Einleitung eines Rechtsstreits zwischen Gesellschaft
und einem Organmitglied beantragt, darf keines der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für sich oder
andere mitstimmen.
Fazit
Sonderprüfungsanträge können mit Ankündigung oder ad-hoc in der Hauptversammlung auf die Gesellschaft
zukommen. Wegen der Tragweite einer Sonderprüfung ist die (auch vorsorgliche) Vorbereitung auf solche Anträge
entscheidend für die Erfolgsaussichten etwaiger Gegen- oder Alternativmaßnahmen.
Dr. Thomas Zwissler ist Rechtsanwalt und Partner bei ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB.
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