Der Markt für Crowdinvesting kommt gerade erst - Rohmert

„Der Markt für Crowdinvesting kommt gerade erst
richtig in Schwung“
Im Gespräch mit Vorstand und Mitgründer von EXPORO, Julian Oertzen
Die Crowdinvesting Plattform EXPORO ist derzeit in Deutschland führend, wenn es um die Möglichkeit der
Schwarmfinanzierungen geht. Das Unternehmen hat seit Gründung 38 Immobilienprojekte mitfinanziert und dafür über 45
Mio. Euro Kapital bei Anlegern eingesammelt. Bisher konnten sich die Investoren vor allem direkt an Projektentwicklungen
beteiligen. Nun hat das Hamburger Unternehmen mit Crowdlending das erste Mal einen Kredit für eine Bestandsimmobilie
platziert. Wir sprachen mit Vorstand und Mitgründer Julian Oertzen.
Julian Oertzen
Der Immobilienbrief: Sie sind Marktführer im Bereich der Crowdinvesting für Immobilien. Wie kam es zu der
Entscheidung, auch Produkte im Crowdlending anzubieten?
Oertzen: Dazu sollten wir vielleicht zunächst ein wenig das Konzept des Cr owdlending erklären. Bei Crowdlending handelt
es sich vereinfacht gesagt um die direkte Kreditvermittlung für eine Projektentwicklung. Ähnlich dem Konzept von
bekannten Plattformen wie auxmoney beteiligen sich Investoren dabei quasi als Kreditgeber. Anleger beteiligen sich in
unserem Fall an einem SPV (anm. d. Red.: Special Purpose Vehicle; Zweckgesellschaft), die mit Hilfe einer voll lizensierten
Partnerbank als Kreditgeber für das jeweilig zu finanzierende Projekt fungiert. Dadurch können wir eine erstrangige
Besicherung für den Anleger erreichen.
Schon seit längerem bestand die Überlegung, nicht nur im Crowdinvesting, sondern auch im Crowdlending unseren Anlegern
Produkte anzubieten. Ausschlaggebend waren letztlich viele Gespräche und Anfragen von Projektentwicklern, die dazu
geführt haben, dass wir nun auch Ansprechpartner für Crowdlending sind.
Der Immobilienbrief: Was sind die Vorteile für den Investor und den Projektentwickler durch die Einbeziehung
einer Exporo Zweckgesellschaft?
Oertzen: Die Struktur über ein SPV in die Projektentwicklung zu investieren bringt für den Investoren vor allem den Vorteil,
dass höhere Besicherungen bis hin zu einer erstrangigen Grundschuld möglich sind. Zudem haben wir als EXPORO durch die
Zweckgesellschaft die Möglichkeit noch näher an das Projekt heranzurücken und so noch leichter Einfluss zu nehmen und
möglichen Problemen so noch schneller entgegenwirken zu können. Das SPV verursacht darüber hinaus nur minimale
Kosten, so dass die Rendite hierdurch kaum beeinflusst wird.
Projektentwickler haben zunächst die klassischen Vorteile, die auch Crowdinvesting hat. Neben der unbürokratischen und
schnellen Bereitstellung von Kapital, sind das bei Crowdlending vor allem ein B2B Vertrag. Dadurch kommen
Projektentwickler nicht in Berührung mit dem Vermögensanlagegesetz und müssen keinen direkten Vertrag mit den
Anlegern eingehen.
Der Immobilienbrief: Machen Sie jetzt den Banken Konkurrenz?
Oertzen: Nein, nicht wirklich. Unser Modell hat seine Stärken bei kleinen Projekten mit kurzen Laufzeiten, also einem
Bereich, der von vielen Banken nicht so gern bedient wird. Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren ein breites
Netzwerk bei Banken und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut. So bekommen wir zahlreiche Kontakte zu
Projektentwicklern auch immer wieder von Banken. Umgekehrt haben auch wir schon Projekte an Banken vermittelt. Wir
sehen uns daher eher als Partner der Banken. Während Banken die klassische Fremdkapitalfinanzierung vergeben, liegt
unser Fokus auf der Mezzanine Finanzierung, die bei der Strukturierung einer Immobilienfinanzierung eine sinnvolle
Ergänzung sein kann.
Der Immobilienbrief: Wie groß schätzen Sie das Marktpotenzial? Soll es Nachfolgeprodukte geben?
Oertzen: Das gewerbliche Finanzierungsvolumen im Neugeschäft lag im vergangenen ersten Halbjahr 2016 bei 22,8 Mrd.
Euro und damit sogar 11% über dem des Vorjahres. Von einer Kreditklemme oder Schwierigkeiten auf dem
Finanzierungsmarkt kann also keine Rede sein. Gleichzeitig stieg auch die Wohnimmobilienfinanzierung in Deutschland
zwischen 2009 und 2015 um 8,1%. Der Bestand liegt bei über 1,2 Bio. Euro. Vorsichtige Schätzungen gehen daher von
einem Marktpotenzial für Crowdfinanzierungen im Milliardenbereich aus. Durch die Erweiterung unseres Geschäftsmodells
und den Ausbau der Assetklassen, die wir unseren Investoren anbieten können, sind wir zuversichtlich, in Zukunft eine
größere Rolle bei der Immobilienfinanzierungen zu spielen. Crowdlending kann dabei eine wichtige Finanzierungssäule
darstellen. Derzeit haben wir 19 Crowdlending-Projekte in der Prüfung und rechnen mit weiteren Projekten auf unserer
Plattform in den nächsten Wochen.
Der Immobilienbrief: Der Markt der Crowdinvesting Plattformen hat in den letzten Jahren stark zugelegt. Wie
sehen Sie hier die Marktentwicklung?
Oertzen: Der Markt für Crowdinvesting kommt gerade erst richtig in Schwung. Auch wenn einige Anbieter, die mit uns
gestartet sind seit einiger Zeit keine Projekte mehr angeboten haben, gehen wir davon aus, dass sich die Plattformen, die
vor allem durch Professionalität und Zuverlässigkeit punkten, am Markt nachhaltig etablieren werden. Engpass wird dabei
die Auswahl der zu finanzierenden Projekte sein, da gerade dieser Markt sehr umkämpft ist. Als Marktführer sind wir hier in
der glücklichen Position, eine gut gefüllte Pipeline zu haben. So haben wir derzeit ca. 40 bis 50 Projekte parallel in der
Prüfung.
Wir gehen in diesem Jahr davon aus, dass wir die 2,5 Mio. Euro Grenze pro Projekt, die bisher das Kleinanlegerschutzgesetz
reglementiert, überspringen können. Wir könnten bereits jetzt deutlich mehr Projekte mit deutlich höheren Volumina
finanzieren. Zudem kennzeichnet die hohe Nachfrage der Anleger, die sich in der hohen Platzierungsgeschwindigkeit zeigt,
dass der Markt für Immobilien-Crowdinvesting in diesem Jahr die 100 Mio. Euro Grenze knacken könnte.
Das Gespräch führte André Eberhard