Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 Protektionismus kennt letztlich nur Verlierer ‡ Protektionismus ist nicht neu. Schon seit einigen Jahren kann man vermehrte handelsbeschränkende Maßnahmen beobachten. Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hat diese Entwicklung aber eine neue Qualität bekommen. ‡ Für ein protektionistisches Land sind allenfalls kurzfristig positive Effekte zu erzielen. Langfristig schadet die Abschottung vom Weltmarkt und vom internationalen Wettbewerb. ‡ Verlierer sind auch die „Opfer“ des Protektionismus, die zum Teil spürbare Bremseffekte hinnehmen müssen. ‡ Sollte es zu Gegenmaßnahmen und mithin zu einem Handelskrieg kommen, vervielfachen sich die negativen Folgen, wie das Beispiel der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts zeigt. Globalisierungswelle ist abgeebbt Welthandelsorganisation WTO spürbar zugenommen. Jahrzehntelang nahm die Vernetzung der Weltwirtschaft zu. Dies ging nicht nur mit einem Anstieg der Exportaktivität einher, es wurden auch rund um den Globus Produktionsanlagen und damit Arbeitsplätze aufgebaut. Globalisierung bedeutet nämlich nicht nur verstärkten Handel, sondern auch die Verlagerung der Produktion an die Orte, wo die Nachfrage stark wächst. Insgesamt hat sich das Verhältnis vom Welthandel zum Welt-Bruttoinlandsprodukt unaufhaltsam erhöht. Doch seit der globalen Finanzkrise ist Sand im Getriebe des Welthandels. Die Ursachen sind vielschichtig: Ein nicht zu vernachlässigender Teil von rund 40% der Welthandelsflaute ist konjunktureller, also vorübergehender Natur. 1 Der größere Teil aber wurzelt in strukturellen Faktoren, die von den Folgen des globalen Strukturwandels bis hin zu einem zunehmenden Protektionismus reichen. So haben schon Mitte des letzten Jahrzehnts die Beschwerden über technische Handelshemmnisse bei der Trump’s neue Welt Abb. 1 Beschwerden über technische Handelshemmnisse neue alte Wirkungsmechanismen des Protektionismus 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Quellen: WTO, DekaBank 1 Doch mit der Ernennung Donald Trumps zum USPräsidenten hat die Gefahr eines zunehmenden Protektionismus eine neue Dimension erhalten. Schon im Wahlkampf versprach er die Einführung von Schutzzöllen (beispielsweise von 45 % gegen China), die „Neuverhandlung“ der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) und die Nichtratifizierung der Transpazifischen Partnerschaft (TPP). Es folgten Androhungen von Einfuhrabgaben gegen Mexiko zur Finanzierung der „Grenzmauer“ und gegen Unternehmen wie BMW und VW (35 %). Ferner wurden Japan, China und Europa der Währungsmanipulation bezichtigt – eine mögliche Rechtfertigung für protektionistische Maßnahmen. Die jüngste politische Diskussion wird in den USA über die Einführung einer Grenzbesteuerung (Border Adjustment Tax) im Rahmen einer Reform der Unternehmensbesteuerung geführt. Hierbei werden importierte Waren besteuert und Exporte von der Steuer befreit. In der bislang diskutierten Form wäre diese Art der Grenzbesteuerung weltweit einmalig. Die makroökonomischen Effekte ähneln sich mit der Einführung eines umfassenden Strafzolls, weshalb wir im Folgenden auf diesen Fall eingehen werden. Haugh, David et. Al (2016): Cardiac Arrest or Dizzy Spell: Why is the World Trade So Weak and What can Policy do About it, in: OECD Economic Policy Paper No. 18. Protektionismus, d.h. die Einführung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen, beeinträchtigt den internationalen Handel. Letztlich verteuern sie die Importe mit dem Ziel, die Produktion im protektionistischen Land preislich wettbewerbsfähiger zu machen. Folgen für das protektionistische Land Unmittelbare Folgen für das protektionistische Land sind ein drastischer Rückgang der Importe und ein Anstieg der Inflation infolge der verteuerten Importe. 1 Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 Für sich genommen führen geringere Importe zu einer Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts. Dem stehen aber negative Effekte gegenüber. • • • Die protektionistischen Maßnahmen beschädigen die Konjunktur im Rest der Welt, was auf der Exportaktivität des protektionistischen Landes lastet. Im Windschatten der zollbedingten Preiserhöhung werden die inländischen und der nicht von Protektionismus betroffene Rest der Welt auch ihre Preise erhöhen – nicht ganz so stark, aber spürbar. Insgesamt sinkt die Kaufkraft der Inländer merklich, was auf der Konjunktur lastet. Steigende Preise im protektionistischen Land können in der Folge zu einer Lohn-Preis-Spirale führen, wenn die gestiegene Inflation höhere Lohnforderungen nach sich zieht. Was daraufhin geschieht, hängt von der Zentralbank ab. Es wäre plausibel, wenn Zinserhöhungen vorgenommen werden, um zumindest die inflationären Zweitrundeneffekte zu verhindern. Wenn sich allerdings eine solche Lohn-Preis-Spirale nicht ankündigt (beispielsweise durch steigende Inflationserwartungen) könnte die Zentralbank argumentieren, dass der Preiseffekt nur einmalig ist und daher keine geldpolitischen Maßnahmen erfordert. Natürlich werden auch Arbeitsplätze im protektionistischen Land entstehen, denn die heimische Produktion wird versuchen, die durch die geringeren Importe entstandene Lücke aufzufüllen. Unterm Strich sind das nur unter Protektionismus rentable und damit sehr teure Arbeitsplätze. Eine Studie 2 hat versucht, die Kosten solcher Arbeitsplätze am Beispiel des Reifenhandelskriegs der USA mit China im Jahre 2009 zu beziffern: Mehr als 900.000 US-Dollar hat danach ein durch Protektionismus entstandener Arbeitsplatz gekostet. Diejenigen, die für Protektionismus plädieren, könnten hier einwenden, dass ein teurer Arbeitsplatz im eigenen Land besser ist als ein billiger im Ausland. Fallen mangels Kaufkraft daraufhin andere Arbeitsplätze weg, tun sich jedoch neue Probleme auf. muss sich nicht mehr anstrengen, schließlich ist man vor den Wettbewerbern geschützt. Das reduziert das so genannte Potenzialwachstum, also das Wachstum, das ohne inflationäre Verspannungen möglich ist. Folgen für den Rest der Welt Für den Rest der Welt ist Protektionismus ebenfalls ein Verlustgeschäft. Nehmen wir an, die USA würden Zölle erheben. Deutsche Unternehmen würden gleich dreifach darunter leiden: • Sie liefern weniger Produkte in die USA. • Da aber auch die Exporte des Rests der Welt negativ betroffen sind, fragen diese Länder weniger deutsche Vorprodukte für deren Export nach. • Hinzu kommt, dass das geringere wirtschaftliche Wachstum im Rest der Welt auch die Nachfrage nach deutschen Konsum- und Investitionsgütern dämpft. Zudem werden die Unternehmen versuchen, einen Teil der mengenmäßigen Exportverluste durch eine Verringerung der Exportpreise zu kompensieren. Dies geht aber zulasten der Erlöse mit entsprechenden negativen Folgen für die Investitionstätigkeit und die Lohnentwicklung. Man kann also festhalten: Protektionismus ist ein Verlustgeschäft für alle! Ein Quantifizierungsversuch der Protektionismusfolgen Im Folgenden machen wir den Versuch einer groben Abschätzung der Protektionismusfolgen am Beispiel einer Zollerhöhung der USA um 45 %. Folgen für das protektionistische Land Für die Berechnung des inländischen Preiseffekts einer Zollerhöhung sind mehrere Annahmen notwendig: • • Über diese konjunkturellen Effekte hinaus gibt es auch längerfristige Beeinträchtigungen. Der Schutz (Protektionismus) der heimischen Unternehmen vor dem internationalen Wettbewerb lässt mittelfristig deren Willen zu Effizienzsteigerungen und Innovationen erlahmen. Man 2 Hufbauer, G. C. / Lowry, S.: US Tire Tariffs: Saving Few Jobs at High Cost, in: Policy Brief, Peterson Institute for International Economics. • Wie stark reagiert der US-Dollar (unsere Annahme: 7,5 % Aufwertung)? Wer trägt die Kosten der Zollerhöhung? Je nachdem, wie stark die Nachfrage nach einem Gut von dem Preis abhängt (Preiselastizität), wären entweder die US-Konsumenten bereit, die höheren Preise zu bezahlen oder die ausländischen Unternehmen müssten auf einen Teil ihrer Gewinne verzichten. Wir unterstellen vereinfachend, dass die Kosten des Preisaufschlags zu 80 % von den US-Konsumenten und zu 20 % von den ausländischen Unternehmen getragen werden. Werden nur Güter von der Zollerhöhung erfasst (unsere Annahme: ja)? 2 Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 • Und: Wie groß ist die Nachfragereaktion der USKonsumenten (unsere Berechnung: 28 prozentiger Preisaufschlag verringert Importe um 16 %, vgl. Abb. 2)? Abb. 2 Rückgang der US-Importe in Abhängigkeit der Zollsätze 10 In unserer Beispielrechnung führt ein Zollaufschlag von 45 % zu einer Anhebung der Inflationsrate gemessen am Deflator der privaten Konsumausgaben um 1,6 Prozentpunkte (siehe Kasten 1). 100 0 Importveränderung (%) Aus konjunktureller Sicht würde der berechnete Importrückgang um 16 % für sich genommen einen positiven Wachstumseffekt in Höhe von 2,6 % des Bruttoinlandsprodukts bedeuten (siehe Kasten 2). Hiervon müsste man den berechneten Kaufkraftverlust der privaten Haushalte in Höhe von 1,1 % (in Relation zum BIP) abziehen. Damit könnte das Bruttoinlandsprodukt nachfrageseitig durch die Protektion theoretisch um 1,5 % höher ausfallen. zollbedingte Importpreissteigerung (%) 28 35 45 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 Quelle: DekaBank Angebotsseitig dürfte dieser Effekt durch die Vollbeschäftigung aber deutlich abgeschwächt werden. Denn nur wenn das Arbeitsangebot hinreichend ansteigt, ist die zusätzliche Ausweitung des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 % realisierbar. Am US-Arbeitsmarkt liegt derzeit weitgehend Vollbeschäftigung vor, was eine solche Ausweitung des Arbeitsangebots erschwert. Allerdings haben sich viele Erwerbsfähige in den vergangenen Jahren vom Arbeitsmarkt abgewandt. Dies machte sich im Rückgang der Partizipationsrate bemerkbar 4. Sollten diese Personen wieder am Arbeitsmarkt integriert werden können, dann entspräche dies einem theoretisch möglichen Wachstumseffekt von 0,9 % des BIP und damit deutlich weniger als der oben genannte Schub Kasten 1: Zollaufschlag von 45 % auf US-Importe: Preiseffekt 3 Kasten 2: Zollaufschlag von 45 % auf US-Importe: Wachstumseffekt USA führt Zollaufschlag für alle importierte Güter von 45 % ein: Importrückgang um 16 % Wachstumseffekt: 2,6 Pp des BIP USA führt Zollaufschlag für alle importierte Güter von 45 % ein Preiseffekt: 45 % US-Dollar wertet handelsgewichtet um 7,5 % auf Preiseffekt: 35 % Kaufkraftverlust der privaten Haushalte: 1,6 Pp Preisaufschlag Wachstumseffekt: -1,1 Pp Kosten des Preisanstiegs werden zu 80% von den US-Konsumenten und zu 20% von ausländischen Unternehmen getragen Preiseffekt: 28 % (35 % * 0,8) Positiver Wachstumseffekt von 1,5 Pp? Nein! Wachstumseffekt wird durch knappes Arbeitsangebot begrenzt Wegen Vollbeschäftigung erfordert der Wachstumsschub durch den Außenhandel einen Anstieg der Partizipationsrate Importquote für Konsumgüter (ohne Lebensmittel und Automobile) 0,22 Preiseffekt: 6,0 % (28 % * 0,22) Annahme: Anhebung der bevölkerungsadjustierten Partizipationsrate auf das Durchschnittsniveau der Nullerjahre: Beschäftigungseffekt: 2,3 Millionen Personen Produktivitätsquote: 66045 US-Dollar pro Person Theoretischer Wachstumseffekt: 153 Mrd. USDollar bzw. 0,9 % des BIP Güterquote der Konsumgüter (insgesamt) 0,32 Preiseffekt: 1,9 % (6,0 % * 0,32) Nachfragereaktion der US-Konsumenten auf Preiserhöhung 0,84 Preiseffekt: 1,6 % (1,9 % * 0,84) Pp: Prozentpunkte Quelle: DekaBank Pp: Prozentpunkte Quelle: DekaBank 3 Der Koeffizient 0,84 wurde ökonometrisch geschätzt. Die Import- und Güterquoten errechnen sich aus der amtlichen Statistik. 4 Der Rückgang der Partizipationsrate der vergangenen Jahre resultiert auch aus der Bevölkerungsentwicklung. Diesen Effekt haben wir in den weiteren Berechnungen herausgerechnet. 3 Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 Abb. 3 Direkte und indirekte Exporte in die USA (in % der gesamten Exporte) 80% 18% 70% 16% 60% 14% Vorleistungsexporte Rest der Welt Vorleistungsexporte USA Endnachfrageexporte USA 12% 50% 10% 40% 4% 10% 2% 0% 0% MEX CAN 6% 20% JPN ROW CHN IRL GBR KOR BRA IND IDN TWN CHE DEU ITA FIN EWU FRA BEL SWE NLD AUT LTU DNK ESP PRT HUN NOR TUR AUS RUS HRV ROU EST CZE POL BGR GRC SVK SVN LVA CYP MLT LUX 8% 30% Quellen: WIOD, DekaBank durch geringere Importe. Unser Ergebnis hängt aber maßgeblich davon ab, dass die Personen von ihrer Ausbildung her zu den neu geschaffenen Stellen passen und sie ggf. bereit sind, ihren Wohnort zu wechseln. Beides ist eher unwahrscheinlich, sodass der obige Wachstumseffekt von 0,9 % lediglich die Obergrenze der kurzfristigen Konjunkturstimulierung darstellt. Die Differenz aus der nachfrageseitig berechneten 1,5 Prozentpunkten und den angebotsseitig und vermutlich zu hoch gerechneten 0,9 Prozentpunkten kann mittelfristig keinen Bestand haben. Entweder führt dieser Nachfrageüberhang zu einer noch stärkeren Inflationsentwicklung (bspw. über die Lohn-Preis-Spirale), oder die unterstellte Dollaraufwertung sorgt für eine entsprechend niedrigere Exportentwicklung. Folgen für den Rest der Welt Zunächst gilt es abzuschätzen, wie stark die Länder von den Exporten in die USA abhängen. Anhand einer Input-Output-Tabelle, die die globalen Produktionsverflechtungen abbildet, kann man zumindest zwei der drei Effekte (direkter Exportrückgang und weniger Vorprodukte für den Rest der Welt) ermitteln. Dazu errechnen wir den Anteil der USA-induzierten Exporte an den gesamten Exporten. Auf der Hand liegt, dass die Staaten der Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA am stärksten von einer Abschottung betroffen wären: 73 % der Exporte Mexikos und 62 % der Exporte Kanadas gehen in die USA. Deutschland kommt immerhin auf einen Exportanteil von rund 9 % (Güter und Dienstleistungen). Unsere ökonometrischen Schätzungen haben ergeben, dass die US-Importe bei einer Zollerhöhung um 45% abzüglich einer Dollaraufwertung um 7,5 % zu einem Rückgang der US-Importe um 16 % führen würden. Damit würde sich ein Rückgang der deutschen Ausfuhr um 1,4 % ergeben, was bei einer Exportquote von 47 % (in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) rund 0,7 %-Punkte Wachstum kosten würde. In der Europäischen Währungsunion würde dieser Bremseffekt mit 0,6 %-Punkten etwas geringer ausfallen. Folgen branchenspezifischer Zölle Donald Trump drohte aber auch mit Zöllen auf Automobilimporte. Diese Maßnahme wäre etwas zurückhaltender, hätte für einzelne Länder aber dennoch spürbare Folgen. Neben Mexiko und Kanada wären auch Japan, Korea und Deutschland betroffen. Nach unseren Berechnungen für die US-Gesamtwirtschaft würde ein flächendeckender Zoll die Importe um 16 % verringern. Unterstellt man dies für die Automobilbranche, würden die deutschen Exporte um 0,4 % sinken, das Bruttoinlandsprodukt verringerte sich um 0,2 %. Es kann auch schlimmer kommen! Diese Berechnungen für den Fall eines flächendeckenden Zolls stellen eine Art Best-Case-Szenario dar. In der Realität dürften die Folgen gravierender sein, da wir mehrere Effekte quantitativ nicht abbilden konnten: Das Ergebnis einer Erhöhung der Inflation um 1,6 %Punkte berücksichtigt nicht, dass auch die Kosten für importierte Vorleistungen steigen und so den Produktionsprozess in den USA verteuern. Diese Kosten dürften an den Endkunden weitergereicht werden und einen zusätzlichen Inflationsimpuls verursachen. Ferner werden US-Produzenten die gestiegenen Importpreise nutzen, um in deren Windschatten die Preise ihrer eigenen Produkte nach oben zu schrauben. Schlussendlich be- 4 Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 Abb. 4 Anteil der Automobilexporte an den Gesamtexporten 18% 16% 15,3% 14% 12% 10% 7,4% 8% 6,3% 6% 3,0% 4% 2,5% 2% 1,5% 1,1% 1,0% 0,9% 0,8% HUN SVK AUT ITA GBR 0% MEX CAN JPN KOR DEU Quellen: WIOD, DekaBank steht die realistische Gefahr, dass die Preisniveausteigerungen ein höheres Lohnwachstum nach sich ziehen, was wiederum die Inflation anheizt; eine Lohn-PreisSpirale würde ausgelöst werden. Auch konjunkturell dürften die Wachstumseinbußen größer ausfallen. In den USA werden mittelfristig aufgrund des abnehmenden Wettbewerbs die Innovationskräfte erlahmen und das Potenzialwachstum dämpfen. Der kurzfristigen Wirtschaftsstimulierung stehen langfristige Belastungen des Wachstums gegenüber. Die Folgen für den Rest der Welt sind schwerwiegender als es die nackten Zahlen andeuten. Wenn jedes Land infolge der US-Protektion Exporteinbußen und damit einen Konjunkturdämpfer erfährt, dann werden auch die Exporte Deutschlands in den Rest der Welt geringer ausfallen. Die größte Gefahr unter allen ist aber, dass die anderen Länder ebenfalls protektionistische Maßnahmen zur Gegenwehr ergreifen und somit das Zeitalter der Globalisierung endet. Wohin so etwas im schlimmsten Fall führen kann, konnte man in den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts beobachten. Unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise erhöhten die USA im Rahmen des Smoot-Hawley-Acts 1930 die Zölle von über 20.000 Produkten auf ein Rekordniveau. Der Rest der Welt reagierte mit einem Währungskrieg (Vereinigtes Königreich), mit einer Deflationspolitik (Deutschland) und mit Schutzzöllen. Die Folge war nicht nur ein Kollaps der US-Importe sondern auch der US-Exporte in vergleichbarer Höhe (siehe Abb. 5). Fazit In den nächsten Tagen wird US-Präsident Trump auf dem Gebiet der Handelspolitik Weichenstellungen vornehmen. Hatte er im Wahlkampf noch von hohen, aber selektiven Schutzzöllen gesprochen, wird vom republikanisch angeführten Kongress zumindest teilweise ein sogenanntes Border Tax Adjustment (BTA) favorisiert. Dies würde Importe in die USA diskriminieren und zugleich ihre Exporte steuerlich begünstigen. Die Wirkungen entsprechen qualitativ denjenigen eines flächendeckenden Zolls. Allerdings läge der Steuersatz für Importe nicht bei 45 % sondern bei 20 % (und womöglich niedriger), sodass die preisdämpfende Wirkung einer DollarAufwertung an Bedeutung gewänne. Damit blieben die Preis- und Konjunktureffekte hinter denen unseres Rechenbeispiels zurück. Dies macht es nur bedingt besser, der Umfang der protektionistischen Maßnahmen bestimmt das Ausmaß der Wirkungen. So werden wir die erwarteten Maßnahmen der US-Administration dann noch einmal konkret einwerten. Am Ende ist freilich eines sicher: Protektionismus schafft nur Verlierer, sei es durch weniger Produktvielfalt, sei es durch schlechtere Produktqualität, sei es durch höhere Preise. Der Blick in die Geschichtsbücher zeigt den erhobenen Zeigefinger. Abb. 5 US-Außenhandel in der Weltwirtschaftskrise US-Importe (in %) 0 US-Exporte (in %) 0 -5 -5 -10 -10 -15 -15 -20 -20 -25 -25 -30 -30 -35 -35 1930 1931 1932 1930 1931 1932 Quellen: BEA, DekaBank 5 Spezial Makro Research Volkswirtschaft Spezial Ausgabe 2/2017 – 23. Februar 2017 Autoren: Rudolf Besch Tel.: (069) 7147-5468 [email protected] Dr. Andreas Scheuerle Tel.: (069) 7147-2736 [email protected] Impressum: https://deka.de/deka-gruppe/impressum Rechtliche Hinweise: Diese Darstellungen inklusive Einschätzungen wurden von der DekaBank nur zum Zwecke der Information des jeweiligen Empfängers erstellt. Die Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten noch eine Empfehlung zum Erwerb dar. Die Informationen oder Dokumente sind nicht als Grundlage für irgendeine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung gedacht, noch ersetzen sie eine (Rechts- und / oder Steuer) Beratung; auch die Übersendung dieser stellt keine derartige beschriebene Beratung dar. Die hier abgegebenen Einschätzungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und stammen (teilweise) aus von uns nicht überprüf-baren, allgemein zugänglichen Quellen. Eine Haftung für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der gemachten Angaben und Einschätzungen, einschließlich der rechtlichen Ausführungen, ist ausgeschlossen. Die Darstellungen inklusive Einschätzungen dürfen weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch die DekaBank vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Jeder Empfänger sollte eine eigene unabhängige Beurteilung, eine eigene Einschätzung und Entscheidung vornehmen. Insbesondere wird jeder Empfänger aufgefordert, eine unabhängige Prüfung vorzunehmen und/oder sich unabhängig fachlich beraten zu lassen und seine eigenen Schlussfolgerungen im Hinblick auf wirtschaftliche Vorteile und Risiken unter Berücksichtigung der rechtlichen, regulatorischen, finanziellen, steuerlichen und bilanziellen Aspekte zu ziehen. Sollten Kurse / Preise genannt sein, sind diese freibleibend und dienen nicht als Indikation handelbarer Kurse / Preise. 6
© Copyright 2024 ExpyDoc