Simon Lohse
Thomas Reydon
Meiner
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Inhalt
I. Einführung
1. Einleitung: Zur Ausdifferenzierung der ­Wissenschaftsphilosophie
Simon Lohse und Thomas Reydon
. . . . . . . . . . . 2.Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der
­Einzelwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Meinard Kuhlmann
9
17
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
II. Die Philosophie der Formal- und Geisteswissenschaften
1. Philosophie der Mathematik
Torsten Wilholt
2. Philosophie der Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eugen Fischer
77
3. Philosophie der Literaturwissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Tilmann Köppe und Tobias Klauk
4. Philosophie der Geschichtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dietmar Hübner
5. Philosophie der Rechtswissenschaft
Benno Zabel
131
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
III. Die Philosophie der Natur- und Biowissenschaften
1. Philosophie der Physik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Christian Wüthrich
2. Philosophie der Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Joachim Schummer
3. Philosophie der Biologie
Thomas Reydon
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
4. Philosophie der biomedizinischen Wissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Lara Huber und Lara Keuck
5. Philosophie der Neuro­wis­sen­schaf­ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Holger Lyre
319
Inhalt
IV. Die Philosophie der Ingenieur- und interdisziplinären Wissenschaften
1. Philosophie der Ingenieurwissenschaften
Sven Ove Hansson
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
2. Philosophie der Klimawissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
Richard Bradley, Roman Frigg, Katie Steele, Erica Thompson
und Charlotte Werndl
3. Philosophie der Geo- und Umweltwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Henk de Regt, Chris J. J. Buskes und Maarten G. Kleinhans
413
4. Philosophie der Kognitionswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
Sven Walter
V. Die Philosophie der Sozial- und Verhaltenswissenschaften
1. Philosophie der Psychologie
Uljana Feest
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Philosophie der Linguistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wolfram Hinzen
475
511
3. Philosophie der Soziologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543
Simon Lohse und Jens Greve
4. Philosophie der Ökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583
Julian Reiss
5. Philosophie der Politikwissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Catherine Herfeld
615
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657
Personen- und Sachregister
Autorinnen und Autoren
6
I. Einführung
1.Einleitung: Zur Ausdifferenzierung der
­Wissenschaftsphilosophie
Simon Lohse und Thomas Reydon
Hintergrund und Zielsetzung des Bandes
Der vorliegende Band bietet eine fortgeschrittene Einführung in die Wissenschaftsphilosophie. Diese ist nicht auf spezifische Themen oder (historische) Diskussionslinien fokussiert, sondern nimmt die Philosophien der verschiedenen
Einzelwissenschaften in den Blick. Dem Band liegt dabei ein Verständnis des
Begriffs ›Wissenschaft‹ im deutschen Sinne des Wortes zu Grunde, nach dem
Wissenschaft nicht nur die Natur- und Lebenswissenschaften umfasst (im Sinne
des englischen ›science‹), sondern alle akademischen Arbeitsbereiche wie die Sozialwissenschaften, die Ingenieurwissenschaften und die Geisteswissenschaften.
Dementsprechend werden in diesem Buch nicht nur gut etablierte Teilgebiete
der traditionellen Wissenschaftsphilosophie berücksichtigt, die – entsprechend
der angloamerikanischen philosophy of science – vor allem auf wenige Grundlagenwissenschaften wie die Physik und die Biologie zielte. Vielmehr werden
auch weniger prominente bzw. bislang kaum etablierte Gebiete vorgestellt wie
die Philosophie der biomedizinischen Wissenschaften, die Philosophie der Literaturwissenschaft, die Philosophie der Rechtswissenschaft oder die Philosophie
der Geo- und Umweltwissenschaften.
Mit diesem Buch soll eine Lücke in der deutschsprachigen Wissenschaftsphilosophie geschlossen werden. Verfügbare deutschsprachige Lehrbücher und
Überblickswerke präsentieren die Wissenschaftsphilosophie typischerweise anhand von Betrachtungen klassischer Fragen und Diskussionen aus der allgemeinen Wissenschaftstheo­rie.1 Zu denken wäre hier etwa an die Frage nach der Natur wissenschaftlicher Erklärungen, die Diskussionen um die Reduzierbarkeit
der Einzelwissenschaften auf die fundamentale Physik oder um die Rationalität
des Theo­r iewandels in den Wissenschaften, die Frage nach der Bestätigung von
Theo­r ien oder die Diskussionen um die Rolle von Naturgesetzen in den verschiedenen Wissenschaften sowie darüber, was Naturgesetze eigentlich sind. In
der einschlägigen Literatur werden zwar mitunter auch besonders prominente
Themen der Philosophien der Einzelwissenschaften vorgestellt wie das Interpre1
Zum Verhältnis der Label ›Wissenschaftstheo­r ie‹ und ›Wissenschaftsphilosophie‹
zueinander siehe das Kapitel von Meinard Kuhlmann.
9
I. Einführung
tationsproblem der Quantentheo­rie oder die Frage nach der Struktur sowie dem
Anwendungsbereich der Evolutionstheo­rie.2 Dabei liegt der Fokus allerdings fast
ausschließlich auf den physikalischen Grundlagenwissenschaften und der Biologie. Die meisten anderen wissenschaftlichen Disziplinen werden kaum berücksichtigt.3 Der vorliegende Band versucht dagegen eine möglichst breit gefächerte
Auswahl des State-of-the-Art der Philosophien der Einzelwissenschaften systematisch vorzustellen.
Diese Grundidee des Bandes ist vor allem durch die zunehmende Ausdifferenzierung der Wissenschaftsphilosophie seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts motiviert. Zogen neben der Physik (und der Mathematik) zunächst vor
allem die Biologie, die Psychologie und später Teile der Sozialwissenschaften die
Aufmerksamkeit von Wissenschaftsphilosophinnen und Wissenschaftsphilosophen auf sich, so lässt sich mit der Jahrtausendwende feststellen, dass sich eine
Vielzahl weiterer Wissenschaftsphilosophien in allen Bereichen der Wissenschaft
ausgebildet haben bzw. gerade damit beginnen, sich auszubilden und zu professionalisieren (z. B. durch die Gründung von Forschungsnetzwerken und eigenen
Fachzeitschriften). Zum Teil ist diese Entwicklung zweifellos schlicht dadurch
begründet, dass sich immer mehr Forschungszweige als eigenständige Wissenschaftsbereiche mit eigenen Fachjournalen, Konferenzen usw. etablieren und somit erst als mögliche Bezugsdisziplinen in den Blick der Wissenschaftsphilosophie geraten können. Zeitgenössische Beispiele für diese Entwicklung sind die
Klimawissenschaften oder auch die Kognitionswissenschaft.
Als Ergebnis dieses Ausdifferenzierungsprozesses spielen sich wissenschaftsphilosophische Debatten zunehmend in den Philosophien der verschiedenen Einzelwissenschaften bzw. diese übergreifend ab. Diese Einwicklung wird in Einführungen und Überblickswerken der Wissenschaftsphilosophie u. E. bislang zu
wenig in den Fokus gerückt. Der vorliegende Band soll die wissenschaftsphilosophische Buchlandschaft daher in diesem Punkt ergänzen und eine Orientierungs- und Konsolidierungsfunktion hinsichtlich der Wissenschaftsphilosophien
der Einzelwissenschaften erfüllen.
Dabei soll einerseits die Heterogenität der verschiedenen Wissenschaftsphilosophien gezeigt werden, etwa was spezifische Fragestellungen oder das Verhältnis
zur jeweiligen Bezugswissenschaft angeht (Wissenschaftsphilosophie als begleitende Meta-Disziplin zu einer bestimmten Einzelwissenschaft vs. integrierte Wissenschaftsphilosophie). Andererseits sollen auch disziplinübergreifende Zusammenhänge sichtbar(er) gemacht werden; zu denken wäre hier etwa an die Rolle,
die Fiktionalität in der Philosophie der Mathematik und der Philosophie der Lite­
2
Siehe für ein Beispiel im deutschen Sprachraum die Einführung von Bartels/Stöckler
(2007) sowie für ein englischsprachiges Beispiel Okasha (2002). Die meisten Einführungen in die Wissenschaftsphilosophie sind ähnlich aufgebaut.
3
Das gilt auch für englischsprachige Werke. Die einzige uns bekannte Ausnahme, die
uns auch als Inspiration für den vorliegenden Band gedient hat, ist das Buch Philosophies
of the Sciences: A Guide (Allhoff 2010).
10
Zur Ausdifferenzierung der W
­ issenschaftsphilosophie
raturwissenschaft spielt, an den Stellenwert von narrativen Erklärungen in den
Geowissenschaften und der Geschichtswissenschaft oder auch an Ähnlichkeiten
zwischen mechanistischen Erklärungen in den Bio- und den Sozialwissenschaften.
Der Band soll insofern (nicht zuletzt durch das Sachregister am Schluss) auch eine
zweckmäßige Ressource für das Beitreiben von komparativer Wissenschaftsphilosophie sein, die sich u. a. als nützlich für die Gretchenfrage der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie erweisen könnte: Was eigentlich ist Wissenschaft?
Das Buch zielt zudem auf eine Horizonterweiterung wissenschaftsphilosophischer Diskussionen. Auch weniger prominente Disziplinen, Fragen und Diskussionen sollen in den Vordergrund gerückt und dadurch sowohl für die allgemeine
Wissenschaftsphilosophie als auch für die verschiedenen Philosophien der Einzelwissenschaften einsehbar gemacht werden (vgl. dazu den Eröffnungsbeitrag
zur allgemeinen Wissenschaftsphilosophie und ihrem Verhältnis zu den Philosophien der Einzelwissenschaften von Meinard Kuhlmann). Generell hoffen wir
durch das vorliegende Buch einen Beitrag zur Stärkung und Ausweitung der Wissenschaftsphilosophie im deutschsprachigen Raum zu leisten.
Das Buch soll einen Überblick zum gegenwärtigen Forschungsstand der verschiedenen Philosophien der Einzelwissenschaften bieten, der sowohl für avancierte Studierende und Doktorandinnen sowie Doktoranden der Philosophie als
auch für praktizierende Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler mit
einem Interesse an Grundlagenfragen des eigenen Faches zugänglich ist. Die einzelnen Kapitel zielen dementsprechend nicht nur auf ein Publikum, das bereits
über vertiefte Vorkenntnisse der Wissenschaftsphilosophie verfügt, sondern auch
auf Leserinnen und Leser, die sich zum ersten Mal intensiver mit metatheoretischen und wissenschaftsphilosophischen Themen befassen. Insofern handelt es
sich hierbei um ein einführendes Überblickswerk auf fortgeschrittenem Niveau.
Dadurch dass sich die einzelnen Kapitel nicht mit spezifischen Themen oder Fragen, sondern mit der Philosophie einzelner Disziplinen befassen, soll wie oben
ausgeführt ein alternativer Zugang zur Wissenschaftsphilosophie geboten werden. Die Kapitel eigenen sich hierbei natürlich auch zur Ergänzung von klassischen Themensegmenten aus der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie. Darüber hinaus wird Forscherinnen und Forschern aus spezifischen Fachgebieten die
Möglichkeit geboten, schnell einen Zugang zu den zentralen philosophischen
Themen und Problemen ihres eigenen Faches zu bekommen und diesen über die
Literaturverweise ggf. zu vertiefen.
Auswahl der Disziplinen und Struktur des Bandes
Bei der Auswahl der Einzelwissenschaften, die in den verschiedenen Kapiteln
behandelt werden, haben wir uns grundsätzlich von zwei Überlegungen leiten lassen. Erstens haben wir versucht, ein möglichst breites Feld von Disziplinen abzudecken, das sich von den Formal- und Geisteswissenschaften und den Naturwis11
I. Einführung
senschaften bis zu den Lebens- und Ingenieurwissenschaften erstreckt, um der
Diversität des Feldes zumindest annährend gerecht zu werden. Da wir aufgrund
von pragmatischen und (zeit-)ökonomischen Restriktionen nicht jede einzelne
Subdisziplin hier aufnehmen konnten (s.u.), haben wir zweitens eine Mischung
aus gut etablierten Wissenschaftsphilosophien (z. B. Philosophie der Physik, Philosophie der Biologie), neueren Subdisziplinen (z. B. Philosophie der Klimawissenschaften, Philosophie der biomedizinischen Wissenschaften) und auch gerade
erst in Erscheinung tretenden Wissenschaftsphilosophien (z. B. Philosophie der
Rechtswissenschaft, Philosophie der Politikwissenschaft) anvisiert.
Diese beiden Zielrichtungen des Bandes haben zum einen die Konsequenz,
dass einige Kapitel wie etwa dasjenige zur Philosophie der Politikwissenschaft
einen stärker programmatischen Charakter haben als andere Kapitel, die eher
einen einführenden Überblick über den State-of-the-Art geben. Zum anderen
sind dadurch nicht alle etablierten Philosophien der Einzelwissenschaften im
Buch enthalten. Wir glauben allerdings, dass einige Diskussionen innerhalb der
Wissenschaftsphilosophien der letztgenannten Gruppe durchaus von Beiträgen
verwandter Disziplinen in diesem Band erhellt oder bereichert werden können.
Zu denken wäre hier etwa an die Debatten um Individualismus vs. Holismus,
die nicht nur innerhalb der im Band vertretenen Philosophie der Soziologie eine
wichtige Rolle spielen, sondern auch in der Philosophie der Kulturanthropologie; oder auch an Krankheitstheo­rien, die ähnlich wie im Beitrag zur Philosophie
der biomedizinischen Wissenschaften in diesem Band auch in der von uns nicht
eigens aufgenommenen – allerdings gut etablierten – Philosophie der Medizin
diskutiert werden.
Natürlich hat bei der Zusammenstellung der Kapitel des Bandes neben sprachlichen und zeitlichen Einschränkungen auch die Frage eine Rolle gespielt, welche
Einzelwissenschaften überhaupt als Bezugsgebiete der Wissenschaftsphilosophie
auftreten. Zu vielen Gebieten, die sich bislang als eigenständige Wissenschaft
etabliert haben, gibt es derzeit entweder keine eigenständige Wissenschaftsphilosophie oder eine solche Wissenschaftsphilosophie befindet sich in einem so
frühen Entstehungsstadium, dass noch kaum Spezialistinnen und Spezialisten
zur Verfügung stehen, die als Autorinnen und Autoren eines deutschsprachigen
Kapitels für das vorliegende Buch in Frage gekommen wären. Ein Beispiel der
ersteren Kategorie wäre die Musikologie, zu der es unseres Wissens derzeit keine
eigene Wissenschaftsphilosophie gibt. Bereiche, zu denen sich erst in der heutigen Zeit allmählich eigene Wissenschaftsphilosophien herausbilden, sind u. a.
die Astrophysik, die Mikrobiologie, die Archäologie, die Pflegewissenschaft, die
Computerwissenschaft und die Paläontologie. Zwar gibt es bereits erste Einführungen in diese Philosophien (zur Astrophysik: Anderl 2016; zur Mikrobiologie:
O’Malley 2014; zur Archäologie: Wylie 2002; zur Pflegewissenschaft: Risjord
2010; zur Computerwissenschaft: R. Turner 2014; zur Paläontologie: D. Turner
2011), doch ist die Auswahl deutschsprachiger Autorinnen und Autoren hier eben
naturgemäß begrenzt. In diesem Zusammenhang muss hervorgehoben werden,
12
Zur Ausdifferenzierung der W
­ issenschaftsphilosophie
dass das Kapitel zur Philosophie der Geo- und Umweltwissenschaften aus dem
Englischen übersetzt wurde. Dieser Sonderfall ist dem Umstand geschuldet, dass
mit Thomas Reydon einer der Herausgeber dieses Bandes gute Kontakte zu den
Autoren des entsprechenden Kapitels im englischsprachigen Band von Allhoff
(2010) hat und wir vom Verlag dieses Bandes problemlos die Zustimmung erhielten, eine aktualisierte Fassung dieses Kapitels ins Deutsche übersetzen zu lassen
und in den Band aufzunehmen.
Der Band ist in fünf Teile gegliedert. Der einleitende Teil I enthält neben dieser
Einführung der Herausgeber ein Kapitel, das den Zusammenhang von allgemeiner Wissenschaftsphilosophie und den Philosophien der Einzelwissenschaften
thematisiert und ein besonderes Augenmerk auf das Zusammenspiel von Philosophie, allgemeiner Wissenschaftsphilosophie und Einzelwissenschaften innerhalb
der Philosophien der Einzelwissenschaften legt. Dieses Kapitel ist einerseits als
Fortführung dieser Einleitung gedacht und erfüllt andererseits eine Bindegliedfunktion zur allgemeinen Wissenschaftsphilosophie. Im II. Teil des Bandes werden die Philosophien der Formal- und Geisteswissenschaften vorgestellt. Darauf folgen Teil III zu den Philosophien der Natur- und Biowissenschaften sowie
Teil IV zu den Philosophien der Ingenieur- und interdisziplinären Wissenschaften. Der Band schließt mit einem V. Teil zu den Philosophien der Sozial- und
Verhaltenswissenschaften und einem integrierten Sach- und Personenregister.
Man könnte einen naheliegenden Kritikpunkt zur Gewichtung der einzelnen
Wissenschaftsphilosophien formulieren, nämlich dass für die Philosophien der
Natur- und Lebenswissenschaften einzelne Kapitel aufgenommen wurden, während die Philosophie der Ingenieurwissenschaften, die ja mindestens genauso divers sind wie die Natur- und Lebenswissenschaften, in einem einzelnen Kapitel
behandelt wird. Diese Entscheidung entspringt dem Umstand, dass sich zu den
einzelnen Ingenieurwissenschaften, wie der Elektrotechnik oder dem Maschinenbau, bislang keine spezifischen Wissenschaftsphilosophien herausgebildet haben. Vielmehr gibt es die Technikphilosophie, die sich allerdings mit der Technik
als Phänomen und nicht mit den technischen Wissenschaften befasst, und die
noch sehr junge philosophy of technology, die sich als Wissenschaftsphilosophie
der technischen Wissenschaften insgesamt versteht (Reydon 2012; Franssen et al.
2015).
Da es sich bei den Beiträgen zu den Philosophien der Einzelwissenschaften um
Übersichtsarbeiten handelt, sehen wir an dieser Stelle davon ab, einen Überblick
über die einzelnen Kapitel zu geben. Wir wollen allerdings einige Aspekte hervorheben, die wir den Autoren der Kapitel als Orientierungspunkte mit auf den Weg
gegeben hatten. Zu Beginn der Kapitel sollte ein konziser Abriss der Entwicklungsgeschichte der jeweiligen Wissenschaftsphilosophie erfolgen, bevor dann
auf ontologische sowie epistemologische und methodologische Fragestellungen
eingegangen wird. Die Kapitel sollten zudem anstreben, neben klassischen Themen mit aktueller Relevanz auch den aktuellen Stand der Forschung und neuere
Entwicklungen im Feld zu behandeln und sich damit auf einer forschungsorien13
I. Einführung
tierten Ebene zu bewegen. Die Kapitel sollten schließlich mit Literaturempfehlungen der Autorinnen und Autoren enden. Wir sind davon überzeugt, dass diese
groben Orientierungspunkte zur durchweg hohen Qualität und einer gewissen
Vergleichbarkeit der Kapitel beigetragen haben. Gleichwohl war von uns nicht
verlangt oder beabsichtigt, dass diese Punkte in jedem Fall vollständig berücksichtigt werden sollten. Vorrang hat im Zweifelsfall stets die sachliche Logik des
jeweiligen Arbeitsbereiches gegeben. Ein Beispiel: Bei der noch relativ jungen
Philosophie der Klimawissenschaften wäre es weder sinnvoll gewesen, auf deren
geschichtliche Entwicklung einzugehen, noch möglich, umfangreiche Literaturempfehlungen zu geben.
Danksagung
Für wertvolle Ratschläge zur Konzeption des Sammelbandes danken wir Nils
Hoppe, Till Markus, Paul Hoyningen-Huene und Torsten Wilholt. Koko Kwisda
hat uns mit einer überaus gelungenen Übersetzung des Kapitels zur Philosophie
der Geo- und Umweltwissenschaften unterstützt. Beim Redigieren der Texte sowie der gesamten Manuskripterstellung haben wir sehr von der stets präzisen und
aufmerksamen Unterstützung durch Leon Schäfer profitiert. Unser besonderer
Dank gilt auch Marcel Simon-Gadhof vom Meiner Verlag, der uns fachkundig,
zuvorkommend und mit viel Geduld bei diesem »Mammutprojekt«, wie es Sven
Walter so passend ausgedrückt hat, unterstützt hat. Zuletzt möchten wir uns natürlich auch bei den Autorinnen und Autoren und bei den Peer-Gutachterinnen
und -Gutachtern der einzelnen Kapitel bedanken, ohne die dieser Band nicht
existieren könnte.
Literatur
Allhoff, Fritz (Hg.) (2010). Philosophies of the Sciences: A Guide. Chichester: WileyBlackwell.
Anderl, Sybille (2016). »Astronomy and astrophysics«, in: Humphreys, Paul (Hg.):
The Oxford Handbook of Philosophy of Science, 652–670. New York: Oxford University Press.
Bartels, Andreas, und Stöckler, Manfred (Hg.) (2007). Wissenschaftstheo­rie: Ein Studienbuch. Paderborn: Mentis.
Franssen, Maarten, Lokhorst, Gert-Jan, und van de Poel, Ibo (2015). »Philosophy of
Technology«, in: Zalta, E. N. (Hg.): The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall
2015 Edition), http://plato.stanford.edu/archives/fall2015/entries/technology/.
Okasha, Samir (2002). Philosophy of Science: A Very Short Introduction. New York:
Oxford University Press.
14
Zur Ausdifferenzierung der W
­ issenschaftsphilosophie
O’Malley, Maureen (2014). Philosophy of Microbiology. Cambridge: Cambridge University Press.
Reydon, Thomas (2012). »Philosophy of Technology«, in: Fieser, J. und Dowden, B.
(Hg.): Internet Encyclopedia of Philosophy, http://www.iep.utm.edu/technolo/.
Risjord, Mark W. (2010). Nursing Knowledge: Science, Practice, and Philosophy. Chichester. West Sussex; Ames, IO: Wiley-Blackwell.
Turner, Derek (2011). Paleontology: A Philosophical Introduction. Cambridge: Cambridge University Press.
Turner, Raymond (2014). »The Philosophy of Computer Science«, in: Zalta, E. N.
(Hg.): The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2014 Edition), http://plato.
stanford.edu/archives/win2014/entries/computer-science/.
Wylie, Alison (2002). Thinking from Things: Essays in the Philosophy of Archaeology.
Berkeley, CA: University of California Press.
15
2. Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die
­Philosophien der Einzelwissenschaften
Meinard Kuhlmann
1 Einleitung
Zunächst werde ich das Verhältnis der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie zu
den heute florierenden Philosophien der Einzelwissenschaften genauer beleuchten. Die allgemeine Wissenschaftsphilosophie behandelt übergreifende Themen
wie Erklärungen, Naturgesetze und Idealisierungen; Philosophien der Einzelwissenschaften sind z. B. Philosophie der Physik, der Biologie und der Ökonomie.
Anschließend werde ich einen groben vergleichenden Überblick über die Hauptarbeitsgebiete der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie und der Philosophien
der Einzelwissenschaften geben. Schließlich werde ich an zwei Beispielen veranschaulichen, wie sich in den Philosophien der Einzelwissenschaften Philosophie,
allgemeine Wissenschaftsphilosophie und Einzelwissenschaften aufeinander beziehen. Ein Ergebnis wird sein, dass es keine kurze Antwort auf die Frage gibt,
was Philosophien der Einzelwissenschaften ausmacht, sondern dass sowohl ihre
Tätigkeitsfelder als auch ihr Verhältnis zu anderen Bereichen vielfältig und komplex sowie oft wechselseitig gewinnbringend sind.
2 Rolle der Philosophien der Einzelwissenschaften in der
­Wissenschaftsphilosophie
Der Sache nach wird Wissenschaftsphilosophie seit der Antike betrieben, mit herausragenden Arbeiten von Aristoteles, Bacon, Descartes und Mill. Eine gesonderte Disziplin gibt es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gleichwohl nicht. Trotz
der großen Wertschätzung, die Aristoteles der erfahrbaren Welt entgegenbrachte,
steht er am Anfang einer langen Tradition, nach der gesicherte Erkenntnis ein
stabiles Fundament im Denken braucht. Bacon und die späteren britischen Empiristen brachen insofern mit dieser Tradition, als sie dieses Fundament nicht mehr
im Denken, sondern in den Beobachtungsdaten sahen. Was aber beide Richtungen eint, ist der Glaube daran, dass es überhaupt ein sicheres Fundament gibt, das
sich zum Aufbau von Kategoriensystemen bzw. Begrifflichkeiten sowie weiteren
Erkenntnissen eignet. Dies sollte sich im 20. Jahrhundert grundlegend ändern
und stellt einen wesentlichen Unterschied zwischen den klassischen Empiristen
17
I. Einführung
und den logischen Empiristen des Wiener Kreises dar, welche die moderne Wissenschaftsphilosophie begründen: In der sogenannten Protokollsatzdebatte lässt
die Mehrheit der Mitglieder des Wiener Kreises den epistemischen Fundamentalismus schließlich hinter sich.1 Selbst Beobachtungssätze sind prinzipiell fallibel. Der Anti-Fundamentalismus des Wiener Kreises kommt besonders schön in
Neuraths Bild zum Ausdruck, in dem er Wissenschaftler mit Seeleuten vergleicht,
die ihr Schiff auf hoher See reparieren müssen, ohne es je in einem Trockendock
zerlegen und aus den besten Stücken neu aufbauen zu können (Neurath 1932/33,
206). Gleichwohl behalten Beobachtungssätze im logischen Empirismus epistemisch eine herausragende Position, was den empiristischen Kern dieser Richtung
ausmacht, die bis in die 1960er Jahre die Wissenschaftsphilosophie entscheidend
prägt. Gleichzeitig ist er die Grundlage für die hohe Wertschätzung, die die logischen Empiristen den empirischen Wissenschaften entgegenbringen. Quines
(1953) stichelnde Bemerkung »Philosophy of science is philosophy enough« bringt
dies später schön auf den Punkt, auch wenn er ansonsten einer der schärfsten Kritiker des logischen Empirismus ist.2 Bezüglich der Erkenntnisgrenzen der Philosophie vertraten die logischen Empiristen eine sehr strikte Position: Philosophie
verhandele keine Sachfragen, sondern ihr Geschäft beschränke sich auf die Klärung der begrifflichen und methodischen Grundlagen der Wissenschaften. Aus
eigener Kraft könne die Philosophie kein sachhaltiges Wissen gewinnen.3 Philosophie kann also nicht zur Wissensgenerierung beitragen, sie kann nur analytisch
ergründen, was Wissenschaft tut und welche begrifflichen Grundlagen Wissenschaft implizit verwendet. Philosophie wird zur »Wissenschaftslogik« – so die von
Carnap präferierte Bezeichnung.
Obwohl die Wissenschaftsphilosophie als Disziplin schon gegen Ende des
19. Jahrhunderts mit ersten Lehrstühlen institutionell vertreten ist, bleiben die Bezeichnungen für das Gebiet sowie ganz konkret die Denominationen der entsprechenden Lehrstühle lange sehr uneinheitlich, so etwa »Geschichte und Theo­r ie
der induktiven Wissenschaften« (Mach) oder »Philosophie der exakten Wissen Nur Schlick bildet hier eine Ausnahme. In Schurz (2011) und Uebel (2011) finden
sich zwei kurze, aber differenzierte Diskussionen des Anti-Fundamentalismus im Wiener
Kreis.
2
Während Quine und die logischen Empiristen dahingehend übereinstimmen, dass
sie eine den empirischen Wissenschaften vorgeschaltete »erste Philosophie« zurückweisen, trennen sich ihre Wege hinsichtlich der Frage, ob Philosophie überhaupt klar von
den empirischen Wissenschaften zu unterscheiden ist. Quine verneint diese Möglichkeit
auf Grundlage seiner generellen Zurückweisung einer eindeutigen Unterscheidung von
analytischen und synthetischen Aussagen. Isaacson (2004) diskutiert ausführlich das Verhältnis Quines zum logischen Empirismus, u. a. anhand des zitierten Slogans von Quine
(s. S. 245 ff.).
3
Dieses Interesse an den Grundlagen oder Fundamenten der Wissenschaften darf
jedoch nicht mit einem epistemischen Fundamentalismus verwechselt werden, den der
Wiener Kreis mehrheitlich zurückwies – wie oben ausgeführt. Siehe Genaueres zur naheliegenden Verwechslung bei Uebel (2011), Abschnitt 3.3.
1
18
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
schaften« (Schlick).4 Eine einheitliche Bezeichnung der Disziplin als »Philosophy
of Science« prägt sich erst im Zuge ihrer Internationalisierung ab den 1930er Jahren aus.5 Im Deutschen wird dagegen der Bezeichnung »Wissenschaftstheo­r ie«
der Vorzug gegeben, was auch der mitunter explizit »anti-philosophischen« (Pulte
2004, 977) Einstellung der früheren Vertreter geschuldet sein mag.
In den letzten Jahren hat sich jedoch die Bezeichnung »Wissenschaftsphilosophie« zunehmend durchgesetzt. Oft wird sie ohne weitere Diskussion synonym zur früher vorherrschenden Bezeichnung »Wissenschaftstheo­r ie« verwendet und ist dann primär Ausdruck einer terminologischen Angleichung an das
angelsächsische »Philosophy of Science«. Mitunter wird wohl auch mehr oder
weniger bewusst das Wörtchen »Theo­rie« vermieden, was teils sachlich (Abkehr
von Theo­r ienfokussiertheit), teils strategisch (»Wissenschaftsphilosophie« klingt
heute einfach ansprechender und inklusiver als »Wissenschaftstheo­rie«) motiviert
sein mag. Mir scheinen mit dem Wandel der Bezeichnungen jedoch noch weiter
gehende inhaltliche Veränderungen in der Sicht auf das Fachgebiet sowie von
dessen Inhalten und Schwerpunkten verbunden zu sein. Diese Veränderungen
haben insbesondere mit der enorm gestiegenen bzw. der nach dem Ende der Dominanz des logischen Empirismus wiedererlangten Bedeutung der Philosophien
der Einzelwissenschaften zu tun, was sich auch in ihrem aufgewerteten Verhältnis zur allgemeinen Wissenschaftsphilosophie wiederspiegelt.6 Dies gilt natürlich
ebenso für die angelsächsische Philosophy of Science – die beiden Communities
sind heute ja weniger getrennt denn je – nur konnte es dort keine entsprechende
terminologische Änderung geben.
Sachlich sind viele Diskussionen, die heute in Philosophien der Einzelwissenschaften betrieben werden, zwar mindestens ebenso alt wie die allgemeine Wissenschaftsphilosophie, sie wurden jedoch weitgehend separiert betrieben und
waren an verschiedenen Stellen der allgemeinen Philosophie verankert, zunächst
weil es die Wissenschaftsphilosophie als separate Disziplin einfach noch nicht
gab. Insbesondere in den letzten etwa zwei Jahrzehnten sind die Philosophien
der Einzelwissenschaften unter dem Dach der Wissenschaftsphilosophie zunehmend zusammengewachsen als gleichberechtigte, analog strukturierte und oft
4
Siehe Moulines (2008), für den etwa 1890 das »Jahrhundert« der Wissenschaftstheo­
rie beginnt. Er unterscheidet dabei grob die Phase der Präformation (1890 –1918), die
Phase der Entfaltung (1918 – 1935), die klassische Phase (1935 –1970), die historizistische
Phase (1960 –1985) sowie die modellistische Phase (seit den 1970ern).
5
Vgl. Pulte (2004), 977 f.
6
Als terminologische Alternative zur Unterscheidung von »allgemeiner Wissenschaftsphilosophie« und »Philosophien der Einzelwissenschaften« bietet sich die Unterscheidung
zwischen »allgemeiner Wissenschaftsphilosophie« und »spezieller Wissenschaftsphilosophie« an. Ein Vorteil der Bezeichnung »Philosophien der Einzelwissenschaften« besteht
darin, dass er unmittelbar anschließt an die heute gängigen Bezeichnungen der einzelnen
Disziplinen wie etwa Philosophie der Biologie, Philosophie der Physik, Philosophie der
Wirtschaftswissenschaften etc.
19
I. Einführung
aufeinander bezogene Arbeitsfelder, die eigenständig in wechselseitiger Kollaboration mit der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie bearbeitet werden. Eine
Folge dieser Entwicklung ist, dass die Musik immer mehr in den Philosophien
der Einzelwissenschaften spielt.7 Die meisten Wissenschaftsphilosophen haben
heute einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Schwerpunkt in einer der Philosophien der Einzelwissenschaften. Wiederum eine Folge hiervon ist, dass die
Qualität der in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie diskutierten Beispiele
deutlich gestiegen ist, da es eine wachsende Anzahl von Wissenschaftsphilosophen mit sehr soliden einzelwissenschaftlichen Kenntnissen gibt. Die positive
Rückwirkung dieser Entwicklung auf die allgemeine Wissenschaftsphilosophie
verschafft den Philosophien der Einzelwissenschaften dann auch naheliegender
Weise nachhaltig Rückenwind.
Die Philosophien der Einzelwissenschaften haben wohl vor allem deshalb an
Bedeutung gewonnen, weil – wie viele Untersuchungen gezeigt haben – die Wissenschaften einfach zu unterschiedlich sind, als dass man sie über einen Kamm
scheren könnte. Während sich beispielsweise in der fundamentalen Physik fast
alles um Naturgesetze zu drehen scheint, ist es in der Biologie fraglich, ob es überhaupt Naturgesetze im engeren Sinne gibt. Andererseits sind Mechanismen in
der Biologie von überragender Bedeutung, wohingegen sie in der fundamentalen
Physik keine Rolle zu spielen scheinen.8 Auch Kausalitätstheo­rien bieten oft sehr
verschiedene Antworten, abhängig davon, ob der Fokus z. B. auf Physik, Biologie
oder Ökonomik liegt.9 Ähnliches gilt für die Debatte um den Erklärungsbegriff:
Während das Covering-law-Modell, nach dem wissenschaftliche Erklärungen in
der Subsumption unter relevante Gesetze bestehen, in der Physik prima facie
eine hohe Plausibilität hat, spielen in der Biologie und den Sozialwissenschaften
z. B. mechanistische und funk­tio­nale Erklärungen eine mindestens ebenso große
­Rolle.10 Diese Unterschiede legen es nahe, der eigenständigen philosophischen
Untersuchung von Einzelwissenschaften den Stellenwert zuzumessen, den sie
heute auch haben. Zweifellos gibt es viele Gemeinsamkeiten. Es gibt aber nicht
die eine richtige oder paradigmatische Wissenschaft beziehungsweise das eine
7
Siehe auch Moulines (2008, 24 f.) mit dem gleichen Ergebnis, aber einer etwas anderen Erklärung.
8
Auch bei dem gegenwärtig oft erwähnten »Higgs-Mechanismus«, der dafür verantwortlich ist, dass Elementarteilchen eine Masse haben, gibt es gute Gründe zu bestreiten,
dass es sich um einen kausalen Mechanismus handelt. Anders sieht es bei der nicht-fundamentalen Physik aus: Für die Dynamik großer zusammengesetzter Systeme spielen Mechanismen eine wichtige Rolle. Eine umfassende Diskussion der Rolle von Mechanismen
in der Physik findet sich in Kuhlmann (2017).
9
Als Beispiele für disziplin- bzw. bereichsspezifische Kausalitätskonzeptionen siehe
Salmon (1984) und Dowe (2000) für die Physik, Reutlinger (2013) für Biologie und Sozialwissenschaften und Hausman (2009) für die Ökonomik.
10
Bartelborth (2007) diskutiert eingehend, welche disziplin- bzw. bereichsspezifischen
Fragen beim Thema Erklärung auftreten.
20
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
Ideal von Wissenschaftlichkeit, sondern diverse Wissenschaften mit ihren je eigenen Methoden, Standards und Zielen.11
Im Laufe der Zeit wurde immer deutlicher, dass es zu Fehlentwicklungen in der
allgemeinen Wissenschaftsphilosophie führen kann, wenn Einzelwissenschaften
primär als Anschauungsmaterial für generelle Thesen herhalten und nicht hinreichend ernsthaft eigenständig untersucht werden. Das vielleicht wichtigste Beispiel
hierfür ist die notorische Theo­rienfokussiertheit der aus dem logischen Empirismus hervorgegangenen klassischen Wissenschaftstheo­r ie, welche die (theoretische) Physik weitgehend unhinterfragt als Goldstandard von Wissenschaftlichkeit angesehen hat. Der Eindruck scheint nicht ganz unberechtigt zu sein, dass
die Begrenztheit einer Wissenschaftstheo­r ie, die sich ganz auf Theo­r ien konzentriert, insbesondere dadurch befördert wurde, dass – pointiert formuliert –
vorgefertigte Vorstellungen an die Einzelwissenschaften herangetragen wurden
und dabei gezielt nach passenden Beispielen gesucht wurde, anstatt ergebnisoffen danach zu schauen, was Einzelwissenschaften tatsächlich tun. So wurden
auf der dogmatischen Grundlage der durch den logischen Empirismus geprägten
Wissenschaftstheo­rie lange Zeit ganze Wissenschaften weitgehend ignoriert, in
denen es nicht primär um die Formulierung von Naturgesetzen und Theo­r ien
geht, wie insbesondere die Biologie.12
Aber selbst im Umgang mit der Paradedisziplin Physik wurde durch die einseitige Herangehensweise – Einzelwissenschaften als Beispielvorrat – vieles verkannt. So spielen etwa Modelle nicht nur für die Didaktik eine Rolle, sondern
sind ein integraler Bestandteil von Wissenschaft, und zwar auch in der Physik.13
Und es ist sogar bestreitbar, dass universelle Naturgesetze typisch für die Physik
Hoyningen-Huene (2013) bietet eine umfassende Diskussion der verschiedenen Aspekte von Wissenschaftlichkeit. Dass diese Aspekte oder »Dimensionen« nach Hoyningen-Huenes Hauptthese alle unter das Dach Systematizität fallen, tut ihrer Vielfalt und
Verschiedenartigkeit insofern keinen Abbruch, als sie lediglich durch Familienähnlichkeit
miteinander verbunden sind. Systematizität und somit auch Wissenschaftlichkeit lassen
sich also nicht durch eine bestimmte Menge an notwendigen und zusammen genommen
hinreichenden Bedingungen einheitlich fassen.
12
Wolters (1999) kommt in seiner Studie zu folgendem Ergebnis: »Logico-empiricist
philosophy of biology is a case of wrongful life. After conceiving philosophy of biology
logical empiricism did almost everything to prevent it from becoming a healthy subdiscipline of the philosophy of science. Right from its birth logico-empiricist philosophy of biology was a defective child and it has remained so until the late sixties when antipositivistic
tort-for-wrongful-life thinking together with other developments set a new philosophical
stage for biology.« Hofer (2002) zeichnet dagegen ein positiveres Bild. Insgesamt ist das
Verhältnis des Wiener Kreises zur Biologie wenig erforscht.
13
Die hervorragende Aufsatzsammlung Morgan/Morrison (1999) behandelt diverse
Funk­tionen von Modellen und verschiedene Disziplinen. Cartwright (1999) ist eine vieldiskutierte Monographie zum Thema, wobei Modelle in Physik und Ökonomie im Vordergrund stehen. Frigg/Hartmann (2012) bieten einen umfassenden Überblick über die
zahlreichen Facetten des Themas Modelle.
11
21
I. Einführung
sind.14 Schließlich wurde die experimentelle Seite der Wissenschaften nicht mit
der nötigen Eigenständigkeit untersucht.15 Anders als beim ersten Punkt – der
Diversität der Einzelwissenschaften – gilt der zweite Punkt also bereits für eine
bestimmte Wissenschaft wie die Physik: Philosophie einer Einzelwissenschaft
ist nicht einfach Anwendung der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie, sondern der Informationsfluss geht in beide Richtungen. Die Ergebnisse der Philosophien einer Einzelwissenschaft sind in gleichem Maße für die allgemeine Wissenschaftsphilosophie relevant wie anders herum (s. a. Abschnitt 3.1).
Eine wesentliche Funk­tion der beiden Fallstudien am Ende des Kapitels ist es,
genau diese wechselseitige Bedeutung an einer Reihe von konkreten Themen herauszustellen. Ein Beispiel ist der anscheinend unverzichtbare Einsatz mitunter
sehr unrealistischer Modelle in der Ökonomie, dem man nicht gerecht wird, wenn
man Modelle als Veranschaulichungen oder als vorübergehende bzw. im Prinzip
vermeidbare Vereinfachungen versteht. Es ist also erforderlich, umfassender zu
untersuchen, worin die Funk­tion von Modellen besteht. Dabei hat sich gezeigt,
dass die frühere Wissenschaftstheo­rie die Komplexität der Thematik weit unterschätzt hat. Da diese Entwicklung ohne eine eigenständige Untersuchung von
Einzelwissenschaften eventuell noch lange auf sich hätte warten lassen, macht dieses Beispiel deutlich, wie die allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die Philosophien der Einzelwissenschaften wechselseitig voneinander profitieren können.
Ein dritter wesentlicher Faktor für den Bedeutungsgewinn der Philosophien
der Einzelwissenschaften ist schließlich die Rehabilitierung und wachsende Bedeutung metaphysischer Unter-suchungen, da diese wesentlich mit den Inhalten
der einzelnen Wissenschaften und nicht nur mit ihren Methoden zu tun haben. Im
Fahrwasser des logischen Empirismus ging es der Wissenschaftsphilosophie lange
Zeit ausschließlich oder zumindest primär um erkenntnistheoretische Fragen, wie
etwa das Verhältnis von Theo­rie und Beobachtung oder den Begriff wissenschaftlicher Erklärungen. Die früher gängigere Bezeichnung »Wissenschaftstheo­r ie«
schien dafür passend zu sein: So wie physikalische Theo­rien bestimmte Wirklichkeitsbereiche beschreiben, beschreibt die Wissenschaftstheo­rie, wie Wissenschaft
»funktioniert«. Während diese Charakterisierung für viele erkenntnistheoretisch
orientierte Themen in der Wissenschaftsphilosophie auch heute noch angemessen ist, stößt sie insbesondere bei metaphysischen Fragen bezüglich der Einzelwissenschaften an ihre Grenzen. Die Metaphysics of Science beschreibt nicht, wie
Wissenschaft funktioniert. Stattdessen versucht sie herauszufinden, welches Bild
von der Welt zu den Ergebnissen der jeweiligen Einzelwissenschaften passt, wobei
es oft um die Erarbeitung und Bewertung rivalisierender Interpretationen geht.
14
Hüttemann (2007) bietet eine sehr gelungene Einführung in die Geschichte von
Naturgesetztheo­r ien sowie die aktuelle Debatte.
15
Wie Heidelberger (2007) herausarbeitet, ist eine gewisse Geringschätzung von Experimenten zugunsten von Theo­r ien sogar in Kuhns Struktur wissenschaftlicher Revolutionen zu beobachten, auch wenn das Erscheinen dieses Werkes oft als Todesdatum für
den theo­r ienfixierten logischen Empirismus gesehen wird.
22
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
Man greift also zu kurz, wenn man sagt, die Aufgabe der Philosophien der
Einzelwissenschaften bestehe darin zu beschreiben, wie Einzelwissenschaften im
Detail funktionieren, so wie die allgemeine Wissenschaftsphilosophie beschreibt,
wie Wissenschaft generell funktioniert16 – zumindest wenn dies als erschöpfende
Charakterisierung gemeint ist.
Es gibt also insbesondere drei Gründe für den Bedeutungsgewinn der Philosophien der Einzelwissenschaften sowie ihr aufgewertetes Verhältnis zur allgemeinen Wissenschaftsphilosophie. Wie wir sahen, sind diese Gründe erstens
ein gestiegenes Bewusstsein für die methodische Diversität der Einzelwissenschaften, zweitens, eng damit verbunden, das Erkennen von Defiziten einer allgemeinen Wissenschaftsphilosophie, die Einzelwissenschaften bloß als Vorrat
von Anwendungsbeispielen betrachtet, und drittens die gewachsene Bedeutung
metaphysischer Untersuchungen, welche die Inhalte der einzelnen Wissenschaften in den Blick nehmen und abhängig von der jeweils betrachteten Einzelwissenschaft stark divergieren. Diese Gründe lassen sich in drei Thesen zuspitzen.
Erstens gibt es nicht die eine paradigmatische Wissenschaft, sondern in vielen
Hinsichten verschiedene Wissenschaften, die in den Philosophien der Einzelwissenschaften eigenständig untersucht werden. Zweitens besteht die Philosophie
einer Einzelwissenschaft nicht einfach in der Anwendung der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie. Und drittens ist für die Metaphysik der Wissenschaft eine
detaillierte Beschäftigung mit den Inhalten der einzelnen Wissenschaften nötig.
3 Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und Philosophien der
­Einzelwissenschaften: Vergleich der Arbeitsfelder
Im Folgenden möchte ich für zwei Frageperspektiven etwas eingehender erörtern,
in welchem Verhältnis die Philosophien der Einzelwissenschaften zur allgemeinen Wissenschaftsphilosophie stehen.
3.1 Methodologie und Erkenntnistheo­rie
Während die allgemeine Erkenntnistheo­rie die Begriffe Wissen und Wahrheit,
das Verhältnis von Wissen und Wirklichkeit sowie die Zuverlässigkeit und die
Grenzen des Wissens ganz allgemein untersucht, thematisiert die Wissenschaftsphilosophie erkenntnistheoretische Fragen, die sich spezifisch bezüglich der Wissenschaften stellen.17 Dies kann sich wiederum auf die Wissenschaften generell
oder auf bestimmte Einzelwissenschaften beziehen, während die allgemeine
Vgl. Reydon/Hoyningen-Huene (2011, 131).
Vgl. die ausführliche Diskussion des Verhältnisses von Erkenntnistheo­rie und
Wissenschaftstheo­r ie (sowie Metaphysik) in Scholz (2013).
16
17
23
I. Einführung
Erkenntnistheo­r ie in der Regel eher die Erkenntnis von Alltagsgegenständen
betrachtet. So werden etwa in der generellen wissenschaftsphilosophischen Realismusdebatte Argumente für und wider den Realismus formuliert, die sich z. B.
aus der Wissenschaftsgeschichte ergeben. So zieht etwa das Argument der pessimistischen Metainduktion (Laudan 1981) aus der faktischen Falschheit fast aller
bisherigen Theo­rien den pessimistischen Schluss auf die hoch wahrscheinliche
Falschheit der heutigen Theo­rien.
Was die Realismusdebatte zu einem typischen Thema der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie macht, ist die Art der Argumente. Es geht nicht um irgendwelche speziellen Theo­rien oder Wissenschaften, sondern die Argumente stützen
sich in der Regel auf die Betrachtung von Theo­r ien und Wissenschaften über die
Jahrhunderte hinweg. Es gibt aber auch spezielle wissenschaftsphilosophische
Realismusdebatten, die sich auf bestimmte Einzelwissenschaften beziehen. Beispielsweise in der Debatte zum ontischen Strukturenrealismus geht es (zumindest
bisher) fast ausschließlich um die Philosophie der Physik, insbesondere die Quantenphysik.18 Wir werden einige Argumente zugunsten dieser Position im zweiten
Beispiel – zur Ontologie der Quantenphysik – kennenlernen.
Neben der Realismusdebatte gibt es viele weitere erkenntnistheoretische beziehungsweise methodologische Themen, die sowohl in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie als auch in den verschiedenen Philosophien der Einzelwissenschaften behandelt werden und jeweils eine eigenständige Ausprägung haben. Bei
den eng zusammenhängenden Themen Idealisierung und Modelle lässt sich dies
besonders gut beobachten. Einerseits gibt es in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie ausführliche Debatten dazu, welchen Grundtypen von Idealisierungen es gibt und welche Funk­tionen Modelle haben können. So besteht etwa eine
Hauptform von Idealisierung in nur temporären Vereinfachungen, um komplexe
Probleme rechnerisch handhabbar zu machen. Daneben gibt es aber auch Idealisierungen, die nicht nur vorübergehend sind, sondern Faktoren ausblenden, die
bezüglich des Erklärungsziels irrelevant sind. Diese allgemeine Debatte degradiert Untersuchungen zu Idealisierungen in bestimmten Einzelwissenschaften
jedoch keineswegs zu bloßen Anwendungen. Beim Homo-Oeconomicus-Ansatz
der Wirtschaftswissenschaften etwa, nach dem Menschen in Ihrem Handeln als
rationale Nutzenmaximierer mit vollständiger Kenntnis der Handlungsalternativen, klarer Präferenzordnung und unbeschränkten Rechenkapazitäten modelliert
werden, ist der Status der Idealisierungen hoch umstritten. Es ist weder unmittel Worrall (1989) hat die gegenwärtige Debatte zum Strukturenrealismus mit einer epistemischen Variante eröffnet, gemäß derer wir nur Relationen bzw. Strukturen, nicht aber
die Natur der Dinge selbst erkennen können, die in den betreffenden Relationen zueinander stehen. Ladyman (2014) gibt einen umfassenden Überblick zum heutigen Stand der
Debatte, die er entscheidend mitgeprägt und stimuliert hat, in dem er eine ontische Variante des Strukturenrealismus vorgeschlagen hat, nach welcher der Grund dafür, wieso nur
Strukturen erkennbar sind, einfach darin besteht, dass auch nur (realisierte) Strukturen
existieren.
18
24
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
bar klar, um welchen Typ von Idealisierung es sich handelt, noch, ob die gemachten Idealisierungen legitim sind. Da die Idealisierungen in vielen real verwendeten ökonomischen Modellen nur sehr schwer in die Taxonomie der allgemeinen
Wissenschaftsphilosophie einzuordnen sind, ist es unverzichtbar, Idealisierungen und Modelle auch spezifisch mit Blick auf die Wirtschaftswissenschaften zu
untersuchen. Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt, profitieren die
allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die verschiedenen Philosophien der
Einzelwissenschaften hierbei in vielfältiger Weise voneinander, ohne dass die allgemeine und die spezifische Perspektive einander überflüssig machten. Ähnliches
ließe sich bei Themen wie Theo­rienbestätigung, wissenschaftliche Erklärungen
und Simulationen zeigen.19
Unter anderem profitieren die Philosophien der Einzelwissenschaften dadurch
von der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie, dass letzterer ein viel größeres
Arsenal von Wissenschaften zur Verfügung steht. Hierdurch kann sich etwa der
Vorteil ergeben, dass sich Taxonomien schärfer fassen lassen, da es wahrscheinlicher ist, bestimmte Typen z. B. von Idealisierungen in Reinform anzutreffen.
So kommt es der Philosophie der Wirtschaftswissenschaften erheblich zugute,
dass sich Typen von Idealisierungen in der Physik oft leichter erkennen lassen
und Grundlage für die Begriffsbildung in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie sind. In diesem Fall profitiert also die Philosophie einer Wissenschaft
von der Philosophie einer anderen Wissenschaft vermittelt über die allgemeine
Wissenschaftsphilosophie.20 Aber es fließt auch Gewinn in die andere Richtung:
Die erheblichen Probleme bei der Frage, ob und gegebenenfalls wodurch Idealisierungen in den Wirtschaftswissenschaften gerechtfertigt sind, sowie die Ansätze, mit diesen Problemen umzugehen, können ihrerseits zu einem Überdenken
der allgemeinen Thematik führen. Es ist kein Zufall, dass Nancy Cartwright oft
Wirtschaftswissenschaften und Physik in ein und demselben allgemeinen Zusammenhang diskutiert, seien dies Kausalität, Naturgesetze oder Modelle. Oft
gerät hierbei eine weithin akzeptierte wissenschaftsphilosophische Theo­r ie, die
ursprünglich aus der Physik abstrahiert wurde, bei den Wirtschaftswissenschaften an ihre Grenzen und führt dazu zu hinterfragen, wieweit die angestammte
Theo­r ie bei ihrem Paradebeispiel Physik tatsächlich zutreffend ist. Ein Prozess
genau dieser Art hat dazu beigetragen, dass heute ceteris paribus Gesetze nicht
mehr als Ausnahme, sondern als Regel angesehen werden, und zwar auch in der
Physik. Ohne das Wechselspiel von allgemeiner Wissenschaftsphilosophie und
verschiedenen Philosophien der Einzelwissenschaften wäre dies eventuell nicht
oder nicht so schnell passiert.
Siehe zu diesen Themen Rosenthal (2007), Schurz (2011) und Weisberg (2013).
Im Prinzip ginge dies auch direkt zwischen den Philosophien der jeweiligen Wissenschaften und oft passiert das auch, mitunter werden Ergebnisse bzw. Begriffsbildungen
und Ansätze aus der Philosophie einer Wissenschaft aber erst dann hinreichend in anderen Bereichen wahrgenommen, wenn sie Eingang in den Kanon der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie gefunden haben.
19
20
25
I. Einführung
3.2 Interpretation und Ontologie
Um ontologische (oder »metaphysische«) Untersuchungen in der Wissenschaftsphilosophie zu charakterisieren, sind zunächst zwei Abgrenzungen nötig, und
zwar einerseits gegen die allgemeine philosophische Disziplin Ontologie und
andererseits gegen die jeweiligen Einzelwissenschaften selbst. Anders als die
Erkenntnistheo­rie beschäftigt sich Ontologie mit den Inhalten unseres Wissens,
und zwar bezüglich der allgemeinsten Strukturen des Seienden. Die Ontologie
sucht insbesondere nach den fundamentalen Kategorien, in die alles, was existiert, eingeordnet werden kann. Dabei geht es seit Aristoteles’ Schrift Kategorien
traditionell zunächst einmal darum, aufzulisten, welche Kategorien es überhaupt
gibt und wie diese zu charakterisieren sind. Aristoteles hatte als erster Philosoph klar gesehen, dass es eine ganze Reihe verschiedener Typen von Seiendem
gibt und dass man (wie einige Vorsokratiker) in Widersprüche gerät, wenn man
einfach alles in einen Topf wirft. Einige der wichtigsten Kandidaten von Kategorien des Seienden sind Dinge oder »Substanzen«, Eigenschaften, Relationen
und (in der modernen Diskussion) Sachverhalte. Aristoteles unterschied aber
nicht nur verschiedene Typen des Seienden, sondern er argumentierte auch dafür, dass Dinge bzw. »Substanzen« vor Seiendem aus allen anderen Kategorien
ausgezeichnet sind. Nur Substanzen sind in dem Sinne zu eigenständiger Existenz
fähig, dass sie auf nichts (bestimmtes) anderes angewiesen sind. Anders sehe dies
etwa bei Eigenschaften aus, die immer Eigenschaften von etwas sind und nicht
alleine existieren können. Auch heute noch stellen sich ontologische Fragen vom
Typ her ganz ähnlich wie bei Aristoteles, und dies gilt sowohl für die allgemeine
Ontologie als auch für speziellere bzw. bereichsspezifische Fragen in der Wissenschaftsphilosophie. Eine zweite wesentliche Aufgabe der Ontologie besteht darin
zu klären, in welchem Verhältnis die Kategorien zueinander stehen. Sind Eigenschaften Teile von Dingen? Oder lassen sich die konkreten Vorkommnisse von
Eigenschaften gar nicht anders fassen als über die Dinge, an denen sie auftreten?
Sind Sachverhalte wie das Kochen eines Topfes Wasser nur Komposita aus Dingen und ihrem jeweiligen Verhalten oder sind Sachverhalte evtl. sogar die fundamentalen Bestandteile der Welt?
Die bisherige Charakterisierung bezieht sich auf Ontologie bzw. Metaphysik
ganz allgemein. Bezogen auf Wissenschaften sehen die Fragen etwas anders aus.
Meist sind sie spezifischer. Dies muss jedoch nicht immer der Fall sein. Gelegentlich kommen in der Wissenschaftsphilosophie auch sehr grundsätzliche ontologische Fragen bzw. Ansätze auf, wie etwa beim oben bereits erwähnten Strukturenrealismus. »Metaphysik der Wissenschaft«21 – so eine heute sehr gängige
Bezeichnung für die ontologischen Bereiche der Wissenschaftsphilosophie – kann
Unter der Rubrik Metaphysics of science lief etwa 2006 – 2 010 das Gemeinschaftsprojekt »Causes, laws, kinds, and dispositions« an den Universitäten Birmingham, Bristol
und Nottingham. Ganz ähnlich gelagert ist die 2009 gegründete Forschergruppe »Kausa21
26
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
sich einerseits auf generelle Themen beziehen, wie Kausalität, Naturgesetze oder
natürliche Arten, und ist dann Teil der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie.
Andererseits gibt es auch zahllose metaphysische Fragen zu bestimmten Einzelwissenschaften, wie etwa die Unterscheidbarkeit und Individualität von Quantenobjekten22, die Frage, ob Gene materielle Einzeldinge sind23 oder der ontologische Status sowie die kausale Rolle von sozialen Gruppen24 . Daher wäre es auch
nicht angemessen, die Ontologie nur in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie zu verorten (wie in Scholz 2013). Tatsächlich werden klassische ontologische
Fragen wie etwa die Individualität von Dingen oder das Verhältnis von Dingen
und Eigenschaften in den Philosophien der Einzelwissenschaften sogar häufiger
behandelt als in der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie.
Wenn es sich bei den betrachteten Einzelwissenschaften um Naturwissenschaften handelt, spricht man heute im Deutschen auch oft von »moderner
Naturphilosophie«.25 In der modernen Naturphilosophie geht es an erster Stelle
darum, die Ergebnisse der Naturwissenschaften ontologisch zu erfassen und zu
interpretieren.26 Typische Fragen der modernen Naturphilosophie sind dabei von
der folgenden Art27:
– Von welcher Art sind die Grundbausteine der Welt laut Theo­r ie T?
– Existieren Raum und Zeit bzw. Raumzeitpunkte als unabhängige »Gegenstände« oder sind sie lediglich konzeptionelle Werkzeuge, um die Relationen
von materiellen Dingen zu erfassen?
– Unter welchen Voraussetzungen kann man sagen, dass die Entstehung von
­L eben mit Physik und Chemie erklärbar ist?
lität, Gesetze, Dispositionen und Erklärungen am Schnittpunkt von Wissenschaften und
Metaphysik« an den Universtäten Düsseldorf, Köln und Münster.
22
Lyre (2014) gibt einen detaillierten Überblick über die aktuelle Diskussion.
23
Siehe Griffiths/Stotz (2007, 2013).
24
Siehe Hollis (1995, Kap. 5).
25
Die Bezeichnung »moderne Naturphilosophie« ist u. a. als Abgrenzung von der klassischen Naturphilosophie gemeint, die oft eher als Gegenprogramm zur dominierenden
Rolle der Natur- und Technikwissenschaften in der modernen Gesellschaft konzipiert war
bzw. ist.
26
Eine Erläuterung davon, was es heißt, eine Theo­r ie zu interpretieren, sowie was
der Zusammenhang von Interpretation und Ontologie ist, findet sich in Kuhlmann und
Pietsch (2012). Alternativ kann Naturphilosophie auch als die Disziplin gesehen werden,
die Natur als solche thematisiert, und zwar auch unabhängig davon, wie sie in den Naturwissenschaften untersucht wird. Obendrein kann dies auch z. B. ethische Fragen mit
einschließen. So verstanden ist Naturphilosophie kein Teilbereich der Wissenschaftsphilosophie, sondern beide haben bestenfalls einen großen Überschneidungsbereich. Mitunter wird Naturphilosophie aber auch bewusst in Absetzung von Wissenschaftsphilosophie
verstanden, so dass sie nicht nur kein Teilbereich der Wissenschaftsphilosophie ist, sondern es nicht einmal mehr einen Überschneidungsbereich gibt.
27
Bartels (1996) und Esfeld (2011) sind zwei umfassende Darstellungen moderner
Natur­philosophie.
27
I. Einführung
– Sind Bewusstsein, Absichten und Gefühle auf neurobiologische Vorgänge reduzierbar?
Anders als die allgemeine philosophische Disziplin Ontologie untersucht die moderne Naturphilosophie die Ontologie bezüglich bestimmter Teilbereiche der
natürlichen Welt. Genau genommen betrachtet die moderne Naturphilosophie
diese Teilbereiche allerdings nicht direkt, sondern mittels der Ergebnisse, die in
den jeweiligen Einzelwissenschaften erzielt wurden, also z. B. in der Physik, der
Biologie, den Neurowissenschaften oder der Psychologie. Die moderne Naturphilosophie steht damit insofern in der sprachanalytischen Tradition, als ihr unmittelbarer Gegenstand nicht die Welt selbst ist, sondern unsere Sprache beziehungsweise unsere Theo­rien. Und aus eben diesem Grunde gibt es oft wichtige
Zusammenhänge zwischen Überlegungen in der modernen Naturphilosophie
und solchen in der allgemeinen Wissenschaftstheo­r ie, wenn es z. B. darum geht,
die relevanten wissenschaftlichen Theo­rien richtig einzuordnen.
Ein wichtiges Beispiel ist die Reduktionsdebatte, genauer die Reduktionsdebatten. Auf der wissenschaftstheoretischen Seite gibt es die Debatte um die
Theo­r ienreduktion, die im Wiener Kreis als die primäre und tendenziell einzig
sinnvolle Debatte angesehen wurde.28 Dabei geht es einerseits um die Frage, ob
innerhalb einer Wissenschaft eine Theo­r ie T  auf eine andere Theo­r ie T  reduzierbar ist, indem sie entweder deduktiv aus dieser ableitbar ist oder unter
bestimmten Näherungen als Spezialfall aus dieser hervorgeht. Vieldiskutierte
Beispiele für das Paar T / T  sind Thermodynamik /Statistische Physik sowie klassische Mechanik /spezielle Relativitätstheo­rie. Die Theo­r ien T und T  müssen
aber nicht aus derselben Wissenschaft stammen, sondern man kann andererseits
auch die Frage stellen, ob etwa die Biologie auf die Organische Chemie oder die
Chemie auf die Quantenphysik reduzierbar ist. Während z. B. das Verhalten von
Kochsalz (NaCl) zu Beginn des 20. Jahrhunderts mitunter als Paradebeispiel für
»emergentes« Verhalten29 galt, da seine Bestandteile, also das Metall Natrium
und das Gas Chlor, ja offensichtlich völlig andere Eigenschaften haben als Salz,
wurde es mit der Quantenchemie schließlich möglich, die chemische Theo­r ie, die
28
In einem der letzten Schachzüge in der Debatte verteidigen Dizadji-Bahmani, Frigg
und Hartmann (2010) das Nagel’sche Reduktionsmodell gegen diverse etablierte Einwände.
29
Der Emergenzbegriff ist ebenfalls hoch umstritten (s. Stephan 1999). Eine gängige
Position besteht darin, das Verhalten eines aus vielen Teilen zusammengesetzten Objektes
dann als emergent zu bezeichnen, wenn es sich nicht aus der Angabe der Eigenschaften
der einzelnen Bestandteile, der Zusammensetzungsregeln auf der Ebene dieser Bestandteile sowie der Struktur bzw. dem Bauplan des Gesamtsystems herleiten lässt (vgl. Broad
1925, 78). Ein zentraler Punkt der Debatte dreht sich um die Frage, ob die Nicht-Vorhersagbarkeit lediglich epistemischer Natur und damit abhängig vom jeweiligen Stand der
Wissenschaften ist oder ob auch eine starke ontologische Lesart des Emergenzbegriffs
plausibel ist. Im letzteren Falle wäre der Verweis auf einschlägige Beispiele entscheidend
wichtig.
28
Allgemeine Wissenschaftsphilosophie und die ­Philosophien der Einzelwissenschaften
das Verhalten von Kochsalz beschreibt, komplett auf die Quantenchemie zu reduzieren. Hier hat also eine Theo­rienreduktion eine ontologische Frage gelöst, nämlich die Frage, ob das Verhalten von Kochsalz ein Fall emergenten Verhaltens ist.
Wie Nagel jedoch gezeigt hat, sind bei Theo­r ienreduktionen oft sogenannte
Brückengesetze unverzichtbar, welche eine Reduktionsbeziehung zwischen Theo­
rien, die mit ganz unterschiedlichen Begrifflichkeiten arbeiten, überhaupt erst
ermöglichen. Wie die folgende Diskussion gezeigt hat, können es diese Brückengesetze aber in sich haben. Es sind keine harmlosen terminologischen Setzungen,
sondern in ihnen können ontologische (Identitäts-)Behauptungen stecken, die von
entscheidender Bedeutung für die Frage ontologischer Reduzierbarkeit sind, womit wir zu einer genuin naturphilosophischen Thematik vorstoßen.
Bei ontologischer Reduzierbarkeit geht es nicht um formallogische Beziehungen zwischen Theo­rien, sondern um die Frage, ob gegebene Entitäten oder Bereiche oder Ebenen von anderen Entitäten oder Bereichen oder Ebenen vollständig
bestimmt sind.30 Natürlich können die betreffenden Entitäten durch bestimmte
Theo­rien beschrieben sein, wie etwa Thermodynamik und Statistische Physik, so
dass die Frage der Theo­rienreduktion eng mit der der ontologischen Reduzierbarkeit zusammenhängen kann. Dies muss aber nicht der Fall sein, z. B. dann nicht,
wenn die fraglichen Entitäten gar nicht durch Theo­r ien beschrieben werden, die
eine Form haben, die die Untersuchung formallogischer Beziehungen zu anderen
Theo­r ien überhaupt zulässt.
Eine Grundlage für die Behauptung ontologischer Reduzierbarkeit könnte
z. B. darin bestehen, dass eine enge Korrelation zwischen zunächst wesensverschieden erscheinenden Vorgängen festgestellt wird. Beispiele hierfür lassen sich
finden im Zusammenhang mit bildgebenden Verfahren in der Neurowissenschaft,
wie der Magnetresonanztomographie (MRT). Wenn festgestellt wird, dass bestimmte Hirnregionen immer und nur dann aktiv sind, wenn sich eine Person an
etwas erinnert, dann scheint es nahezuliegen, die funk­tio­nale Einheit »Gedächtnis« mit dem so lokalisierten Hirnareal zu identifizieren. Dies könnte ein Beispiel
für eine ontologische Reduktion ohne Theo­rienreduktion sein, denn eine Vorstellung davon, wie das Gedächtnis funktioniert, liefert die MRT ja überhaupt nicht
und erst recht keine ausgefeilte Theo­rie, die als Basis einer Theo­r ienreduktion
fungieren könnte.
Als Zwischenfazit soll an dieser Stelle ausreichen, dass die Debatte um die
Theo­rienreduktion eine große Relevanz für die Frage ontologischer Reduzierbarkeit haben kann, aber nicht haben muss. Und dies ist eine generische Feststellung
für das Verhältnis von allgemeiner Wissenschaftsphilosophie und ontologischen
Untersuchungen in den Philosophien der Einzelwissenschaften. Überlegungen
Ich verwende den Begriff »Entitäten«, wie in der heutigen (analytischen) Ontologie
üblich, als vollkommen neutrale Bezeichnung für alle möglichen Typen von Seiendem.
Beispiele für verschiedene Arten von Entitäten sind etwa Dinge, Eigenschaften und Ereignisse.
30
29
I. Einführung
der allgemeinen Wissenschaftsphilosophie können eine große Bedeutung für
diese Spezialbereiche haben, ob dies tatsächlich der Fall ist, hängt aber oft vom
Einzelfall ab.
Abschließen möchte ich mit einer kurzen Bemerkung zur Rolle von ontologischen Überlegungen in Philosophien nicht-naturwissenschaftlicher Einzelwissenschaften. Obwohl die Philosophie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
wie auch die Philosophie der Geschichte im Prinzip gleichberechtigt zur Wissenschaftsphilosophie gehören wie auch die Philosophie der Physik oder der
Biologie, ist es zumindest bisher ein Faktum, dass in Zeitschriften für Wissenschaftsphilosophie oder Philosophy of Science deutlich weniger zu diesen Feldern erscheint.31 Ontologische Fragen – wie zur Sozialontologie – werden auch in
der allgemeinen Philosophie behandelt statt nur in der Wissenschaftsphilosophie
beziehungsweise der Philosophie der Sozialwissenschaften; ganz im Gegensatz
zur Ontologie der Naturwissenschaften, die einen erheblichen Teil der aktuellen
Publikationen in den Philosophien der Einzelwissenschaften ausmacht und auch
primär dort thematisiert wird.
Nachdem wir nun ontologische Untersuchungen in den Philosophien der Einzelwissenschaften gegen die allgemeine philosophische Disziplin Ontologie abgegrenzt haben, bleibt zu klären, worin der Unterschied zu dem besteht, was die
jeweiligen Einzelwissenschaften selbst tun. Kurz gesagt, ist der Fragentyp in den
Philosophien der Einzelwissenschaften in zwei Hinsichten anders als in den Einzelwissenschaften selbst. Erstens sind die Fragen sehr grundsätzlich und zweitens sind sie im Normalfall nicht oder zumindest nicht unmittelbar empirisch
entscheidbar. Was dies im Einzelnen bedeutet, werde ich im folgenden Hauptabschnitt untersuchen, in dem es allgemein um das Verhältnis der Philosophien der
Einzelwissenschaften zu den Einzelwissenschaften geht.
4 Verhältnis der Philosophien der Einzelwissenschaften zu den
­Einzelwissenschaften
Es gibt mindestens zwei verschiedene Sichtweisen zum Verhältnis der Philosophien der Einzelwissenschaften zu den Einzelwissenschaften. Einerseits werden
Philosophien der Einzelwissenschaften als Fortsetzung der Einzelwissenschaften eingeordnet und zwar in dem Sinne, dass kein grundsätzlicher Unterschied
zwischen beiden besteht. Abhängig davon, wie diese Fortsetzung gesehen wird,
gibt es einige verschiedene Ansätze, die ich als »Kontinuitätsthesen« bezeichne.
Dies könnte unter anderem daran liegen, dass die entsprechenden Fragen zum Teil
an anderer Stelle diskutiert werden. Methodologische Fragen zu den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften wie auch der Rechtswissenschaft und Geschichtswissenschaft werden traditionell schon innerhalb dieser Gebiete selbst stark untersucht, was bei den Naturwissenschaften in der Regel nicht der Fall ist.
31
30