Kompletten Bericht lesen

„Nano“ verschwand im Fuchsbau:
Hunderettung in fünf Meter Tiefe
Bagger, Suchhunde
und ein gutes Gehör:
Kleiner Hund nach
über einem Tag unter
der Erde gefunden
Von Alex Brünglinghaus
Binabiburg. Als es auf einen
wirklich guten Riecher ankam,
schlug die Stunde von Manfred
Friedrich und seinem Jagdterrier
„Ben“. Mit vereinten Kräften –
und dank der Unterstützung
zahlreicher freiwilliger Helfer –
gelang es den Hunderettern
vom Chiemsee, einer fast unglaublichen Rettungsaktion in
Binabiburg das erhoffte HappyEnd zu bescheren.
Was war passiert? Am Sonntagnachmittag, 16. November,
geht ein Paar aus Schönberg
(Landkreis Mühldorf am Inn) mit
seinem Hund „Nano“ im Wäldchen Etz spazieren. Als sie einen Moment nicht aufpassen, ist
der kleine Jack-Russel-Terrier,
der nicht angeleint ist, in einem
riesigen Fuchsbau verschwunden. Lange harren seine Besitzer vor dem Erdloch im Unterholz aus. Dann beschließen sie,
Hilfe zu holen und landen am
Abend vor der Haustür von Gerda Valentin.
Die Binabiburger Hundezüchterin (sweetvalentines.de) macht
sich gleich am nächsten Morgen, 17. November, mit ihren
zwei Australian Shepherds „Luna“ und „Shadow“ auf die Suche
nach dem verlorenen Tier. Im
Wald zeigen ihre Hunde, die auf
Mantrailing spezialisiert sind,
dann sofort an, dass sich Nano
noch im Fuchsbau befindet. „Sie
haben sich immer wieder vor
das Erdloch gesetzt“, schildert
Valentin die Situation und fügt
hinzu: „Die Möglichkeit, dass
Nano den Fuchsbau bereits
über einen anderen Ausgang
verlassen hat, war damit so gut
wie ausgeschlossen.“
Aber weil die Helfer Nano
selbst nicht befreien konnten,
entschlossen
sie,
Manfred
Friedrich aus Übersee anzurufen. Und der erfahrene Hundetrainer und -retter setzte sich sofort in sein Auto und fuhr nach
Binabiburg. Als er um 15 Uhr im
Landkreis ankam, hatte er seinen Spürhund Ben im Kofferraum, der darauf spezialisiert ist,
Artgenossen aus Fuchs- bzw.
Dachsbauten zu befreien.
Weiße Fellhaare am
Körper des Suchhunds
Friedrich: „Ich habe Ben dann
mit einem Ortungshalsband (einem Lawinensuchgerät ähnlich)
in den Fuchsbau geschickt. Als
er erst nach über 20 Minuten
wieder raus kam, wurde uns
zum ersten Mal die Dimension
des Höhlensystems bewusst.“
Doch Ben lieferte seinem Herrchen noch mehr Erkenntnisse.
„Ich fand weiße Fellhaare an
seinem Körper. Sie mussten von
Nano stammen“, erzählt Friedrich, der seine Hunde „deuten
kann“. Der Oberbayer: „Ich habe
eine enge Bindung zu meinen
Tieren. An Geruch und Fell erkenne ich, auf was sie unter der
Erde gestoßen sind.“
Doch obwohl Nano damit „geortet“ war, stand seine Rettung
noch aus. Und nach einem Tag
und einer Nacht im Fuchsbau
sollte die es in sich haben.
Valentin: „Das Höhlensystem
befindet sich in einem sehr sandigen Boden an einem Abhang.
Wenn wir mit Schaufeln versucht hätten, Nano freizugraben, hätten wir womöglich zu
lange gebraucht und einen Erd-
rutsch ausgelöst.“ Stattdessen
wendet sich Valentins Ehemann
in der Not an den Baggerbetrieb
Walter Aigner aus Treidlkofen.
Ohne lange zu überlegen bieten
die Aushubexperten kurzerhand
ihre Hilfe an. Mit sechs Mann rücken sie nach Feierabend mit einem Bagger nach Binabiburg
aus.
Am Waldrand – wo inzwischen mehrere Anwohner die
Retter mit Butterbroten versorgen und die Einsatzstelle mit
Autoscheinwerfern beleuchten –
beginnt der Baggerführer dann,
präzise nach den Anweisungen
von Hunderetter Friedrich, zwei
tiefe Gräben links und rechts
von der Stelle auszuheben, an
der Nano vermutet wird.
„Zum Glück hatten wir dabei
echte Fachkräfte, weil das Baggern auf dem sandigen Untergrund sehr gefährlich ist“, erzählt Valentin erleichtert.
Nach gut zwei Stunden Arbeit
sind die zwei Schächte dann
knapp fünf Meter tief. Die Retter
pressen daraufhin stumm ihre
Ohren auf die Wand, die sich
dazwischen gebildet hat, um
nach Überlebenssignalen von
Nano zu lauschen. Aber erst um
acht Uhr, nach über 24 Stunden,
folgt die Erlösung. Valentin: „Wir
haben endlich ein Geräusch, ein
Winseln von Nano gehört.“
Mit den bloßen Händen werden daraufhin die letzten Brocken Erde gelöst, um den JackRussel-Terrier zu befreien. Eine
Rettung, die jedoch so spektakulär war, wie sie vermeidbar
gewesen wäre. Valentin: „Wenn
die Hundehalter gewusst hätten,
dass sie einen Terrier haben,
hätten sie ihn im Wald angeleint.
Terrier sind Jagdhunde und
auch Nano ist nur seinem Jagdinstinkt gefolgt, als er in dem
Fuchsbau verschwand.“
Dass Nano anschließend
nicht mehr den Weg nach draußen fand, lag übrigens an dem
Leinen-Geschirr, mit dem er sich
im Fuchsbau verkeilt hatte.
Erst der gefährliche Einsatz
eines Baggers, ließ die Retter
zu Nano vordringen...
...In fast fünf Meter Tiefe
lauschten sie dann nach
Überlebenssignalen.
Bagger muss metertiefe
Schächte ausgraben
Nach einem Tag und einer Nacht unter der Erde, war Nano (li.)
wieder frei. Bedanken muss er sich dafür vor allem bei seinem
Artgenossen Ben (re.) und Manfred Friedrich.
Fotos: Privat