Richard Lechner ist verärgert Bad Aibling – Eigentlich hätte es im Stadtrat von Bad Aibling am Mittwochabend ein kollektives Aufatmen geben können. Denn nach dem Schlingerkurs in der Frage, mit welcher Straße man denn nun den im vergangenen Jahr verstorbenen Max Mannheimer ehrt, wurde nun endlich ein Plätzchen für den Holocaust-Überlebenden und Buchautoren gefunden: Die bisher namenlose Straße am Schulzentrum soll es werden. Das findet auch den Beifall aller Fraktionen. Allerdings zeigte sich SPD-Fraktionschef Richard Lechner (Foto) darüber verärgert, wie dieser „interfraktionelle Antrag“ (wir berichteten) zustande kam. Obwohl auch Lechner für den Standort ist, ließ es sich der SPD-Mann nicht nehmen, noch einmal den versammelten Stadträten in der Sitzung am Mittwochabend, seinen Ärger über die Art und Weise ausführlich mitzuteilen – inklusive der Entstehungsgeschichte des ganzen Malheurs. Hier der komplette Wortlaut: SPD-Fraktion am 22.2.2017 zum interfraktionellen Antrag: „Nach der peinlichen Vorgeschichte wäre ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen für das Ansehen des Stadtrats besser gewesen. Hinderungsgrund für die Initiatoren des Antrags war angeblich, dass unser Vorschlag Max Mannheimer vorher nicht intern unterbreitet wurde. Das war noch nie Voraussetzung einer Straßenbenennung und dazu bestand gerade beim Namen Max Mannheimer absolut keine Veranlassung. Im Bauausschuss vom 6.12.2016 habe ich den Namen Max Mannheimer für die neue Erschließungsstraße vorgeschlagen und niemand hat widersprochen, vielmehr gab es eine einstimmige Empfehlung an den Stadtrat. Hinterher fühlte man sich von mir überrumpelt. Demnach müssen in der Sitzung mindestens 6 Ausschussmitglieder ganz tapfer geschwiegen haben. Jemanden zu überrumpeln, war ganz bestimmt nicht meine Absicht. Ich konnte davon ausgehen, dass Max Mannheimer allen ein Begriff war, nachdem er mehrfach und seit den 90er Jahren in Bad Aibling vor Generationen von Schülern beeindruckende Vorträge über sein Schicksal und das seiner Familie im Dritten Reich gehalten hatte. Er war außerdem für den 18. September vorigen Jahres in der Heimatzeitung und im Stadt-Journal für die Auftaktveranstaltung der Aiblinger Literaturtage angekündigt. Der 96jährige Mannheimer erkrankte aber und verstarb 5 Tage nach dem vorgesehenen Termin. Ich ging ferner davon aus, dass auch die Örtlichkeit mit seiner Nähe zu anderen nach Nazi-Opfern benannten Straßen für diesen Namen gepasst hätte. Unmittelbar gegenüber ist die Prof.-Kurt-HuberStraße, übrigens auch ein Vorschlag von mir in einer Stadtratssitzung im Jahre 1980, dem sich der damalige CSUFraktionssprecher sofort anschloss und damit eine einstimmige Stadtratsentscheidung ermöglichte. Die 150 m entfernte Geschwister-Scholl-Straße wurde schon 1946 so umbenannt, 9 Monate nach dem Ende des 1000jährigen Reiches. Am Rande vermerkt: Die Bezeichnung „Am Feilnbacher Bahnhof“ für die westliche Erschließungsstraße wurde von mir am 3.5.2012 ebenfalls in einer Sitzung vorgeschlagen und wurde einstimmig beschlossen. Niemand fühlte sich überrumpelt. (Auch der frühere CSU-Fraktionssprecher hat wiederholt Straßennamen vorgeschlagen, die nicht erst intern vorgeprüft wurden.) In der Stadtratssitzung am 22.12.2016 wurde das Thema Straßenbenennung südlich der Bahn durch die Stadtratsmehrheit vertagt, weil man sich überrollt fühlte. Anschließend wurde es mit der ersten Rolle rückwärts peinlich: In der Beschlussvorlage der Verwaltung für die nächste Bauausschusssitzung am 10.1.2017 heißt es zur vorgesehenen Straßenbenennung wortwörtlich: Der Bauausschuss empfahl …… dieser Straße den Namen MaxMannheimer-Straße zu geben. Bis zur Stadtratssitzung gingen viele Anrufe und einige Schreiben bei der Stadt ein mit dem Inhalt, die Vergabe dieses Namens für die Straße zum Maximiliansplatz aus verschiedensten Gründen zu überdenken. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, für die Verbindungsstraße zwischen der Lindenstraße und dem Maximiliansplatz den Namen „Maximilianstraße“ zu vergeben. Es genügten also Anrufe und Schreiben, um den 1. Vorsitzenden des Historischen Vereins und Bürgermeister der diese Beschlussvorlage leider unterschrieben hat, den Rückzug vorschlagen zu lassen. Mut bewies der Bürgermeister aber wieder am 9. Januar, als er am Tag vor der Bauausschusssitzung eine Fraktionssprecherrunde zu dieser Thematik abhielt. Nach langer Diskussion fasste der Bürgermeister das Ergebnis aus seiner Sicht wie folgt zusammen: Es gibt keine gleichwertige Straße, also bleiben wir mit der Straßenbenennung nach Max Mannheimer bei der neuen Straße südlich der Bahn. Der Vertreter der ÜWG-Fraktion schaute wenig begeistert. Die beiden CSU-Vertreter schauten überhaupt nicht begeistert und alle drei schwiegen tapfer. In der Stadtratssitzung am 26.1.2017 wurde dann Max Mannheimer von der Mehrheit in ein noch nicht einmal auf dem Papier existentes Baugebiet an den Stadtrand abgeschoben und die neue Erschließungsstraße südlich der Bahn Maximiliansstraße benannt: Offizielle Begründung war: so eine Sackstraße ist der Lebensleistung Max Mannheimers nicht angemessen, aber das schöne künftige Baugebiet am nördlichen Stadtrand. Dass die Prof.-Kurt-Huber-Straße und die Geschwister-Scholl-Straße immer schon Sackstraßen waren, wurde übersehen. Und wenn die Sackstraße südlich der Bahn für den Namen von König Maximilian gut genug ist, müsste sie doch eigentlich auch für Max Mannheimer gut genug sein. Mein in 3 Sitzungen vorgetragener Hinweis auf die Namensgleichheit oder Ähnlichkeit von Maximiliansplatz und Maximiliansstraße und darauf, dass in der Vergangenheit 22 Straßen in Bad Aibling zur Vermeidung von Verwechslungen umbenannt wurden, weil sie gleich oder ähnlich benannt waren wie andere Straßen oder Plätze, interessierte nicht. Hätte der Bürgermeister mit der Autorität seines Amtes bestätigt, dass auch zu seiner Zeit der Heufelder Weg in Mietraching und der Triftbachweg in Unterheufeld aus den genannten Gründen umbenannt wurden, hätte man ihm das sicher mehr geglaubt als mir. Die Reaktion in der Presse und im Internet auf die für Max Mannheimer vorgesehene Ehrung erst einige Jahre später und nur am Stadtrand war für das Ansehen Bad Aiblings absolut negativ. Es hätte nicht überrascht, wenn die Angehörigen Max Mannheimers die Verwendung seines Namens für eine derart fragwürdige Ehrung untersagt hätten. Das Aufsehen bewirkte aber die zweite Rolle rückwärts und führte zum sog. interfraktionellen Antrag: Max Mannheimer jetzt also doch nicht mehr irgendwann und weit draußen, sondern gleich und im Schulzentrum. Ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen hätte dem Ansehen des Stadtrats gut getan. Anscheinend sollten wir durch den Ausschluss vom Verfahren für das Desaster bestraft werden, das andere angerichtet haben. Dass bei diesem Antrag die Unterschrift des SPD-Fraktionssprechers fehlt und auch nicht vorgesehen war, hat diejenigen nicht interessiert, die sonst meine Telefonnummer auswendig wissen, wenn sie meine Hilfe brauchen. Wir hätten den Antrag mitunterschrieben, haben aber erst aus der Zeitung davon erfahren. Zur Erinnerung: In der laufenden Wahlperiode gab es bisher drei interfraktionelle Anträge. Alle diese drei bisherigen Anträge wurden auf Bitten der anderen Fraktionssprecher von mir verfasst. Diesmal wurde ich bewusst übergangen. Wir unterstützen den Antrag trotzdem gerne, weil es um Max Mannheimer geht. Auf diesem Weg wird außerdem die seit 49 Jahren vom öffentlichen Verkehr genutzte Straße von der Stadt Bad Aibling endlich auch öffentlich gewidmet und bekommt einen eigenen Namen. Bisher hat man dort Adressen und Hausnummern nach der benachbarten Westendstraße. Im Ergebnis geht es hier also um eine Straßenumbenennung. Daher ein kleiner juristischer Hinweis zum Abschluss, weil Straßenumbenennungen schon bis vors Verwaltungsgericht gegangen sind, auch in Bad Aibling: An dieser Straße beim Schulzentrum liegen nicht nur drei Schulen, dessen Träger nichts gegen die Umbenennung hat, sondern auch ein privates Mehrfamilienhaus. Auch dessen Eigentümer hat keinerlei Problem mit Max Mannheimer. Zum ordnungsgemäßen Verfahren bei einer Straßenumbenennung gehört aber, dass man auch den Anwohnern Gelegenheit Stellungnahme gibt. Bei diesen rechne ich mit zur dem Verständnis, das ich mir in den letzten Wochen in diesem Haus vergeblich gewünscht habe.“ gez. Richard Lechner
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