Persilschein für T öhne

Datum: 16.02.2017
Persilschein für T öhne
In Balance: Die Löhne von Frauen und Männern sollen angeglichen werden.
Löhne PwC und die EqualSalary-Stiftung verkaufen
neu Zertifikate, die die
Lohngerechtigkeit in einer Firma
bestätigen. Für Firmen ist das
Verfahren sehr aufwendig.
Franken pro Monat, entspreche. Und das
obwohl die Lohngleichheit seit 36 Jahren
in der Verfassung verankert sei. Zwar gibt
es in der Schweiz kaum Lohnklagen - und
Sanktionen gegen Firmen, die ungleich
bezahlen, sind nicht vorgesehen. Dennoch bekommt Sommaruga jetzt prominente Hilfe von einem renommierten
Unternehmensberater: PwC verkauft
as Thema Lohngerechtig- zusammen mit der vor allem in der West-
keit liegt im Trend. Die Poli- schweiz verwurzelten Equal-Salary-Stif-
tik will, dass Firmen mit tung seit neustem Gerechtigkeitszerti-
mindestens fünfzig Mitar- fikate an Firmen, die Männer und Frauen
beitenden alle vier Jahre beim Lohn gleich behandeln.
ihre Löhne von externen Stellen überprüEs gibt in der Schweiz zwar schon
fen lassen. Justizministerin Sommaruga einige Büros, die Lohngerechtigkeit festsprach erst im Herbst davon, dass der stellen. Mit PwC dürfte das Thema aber
nicht erklärbare Lohnunterschied zwi- in der Wirtschaftswelt einen neuen
schen Männern und Frauen in der Schub bekommen und beSchweiz weiterhin 8,7 Prozent, etwa 678 stehende Anbieter unter
(STOCKPHOTO
Themen-Nr.: 660.003
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Druck setzen. Veronique
Goy Veenhuys, Gründerin
und CEO der Lohngleichheitsstiftung, erklärt: «Als
Stiftungsgründerin begrüsse ich die Partnerschaft mit
PwC und bin stolz darauf,
da sich dadurch die Glaubwürdigkeit der
Stiftung und schliesslich die Wirkung
unserer Mission erhöht. Wir wollen die
Lohngerechtigkeit zwischen Männern
und Frauen in der Schweiz und in der
ganzen Welt erreichen.»
Keine Auskunft zu den Kosten
Wie aber läuft das Verfahren von PwC
und der Equal-Salary-Stiftung, über dessen Kosten für Firmen es keine Auskunft
gibt, genau ab? Und wie aufwendig ist es
für Firmen? Zuerst werden die Daten der
Auflage: 38'272
Argus Ref.: 64319517
Datum: 16.02.2017
Mitarbeiter auf eine IT-Plattform der Lohnzahlungspraxis in der Firma wahr- vor allem Westschweizere Firmen überStiftung weitergeleitet. Die Salärdaten nehmen.
zeugen, sich Lohngerechtigkeit zertifiwerden anonym übermittelt und die StifFallen alle diese Punkte zur Befrieditung sichert zu, dass die Daten nach der gung der Prüfer aus, wird das Label von
Übermittlung des Berichts zerstört wer- PwC und der Stiftung Equal-Salary verden. Mithilfe einer statistischen Regres- liehen. Dieses darf dann auf Websites,
zieren zu lassen. Das Siegel tragen beispielsweise Romande Energie, Ville de
Fribourg, die Walliser Kantonalbank
oder auch das World Economic Forum.
sionsmethode wird der Lohnunter- Stellenanzeigen, Briefköpfen und Jah- Der Markt wird enger
schied festgestellt, der höchstens 5 Prozent betragen darf. Nur wenn das der Fall
resberichten verwendet werden. Damit
PwC und die Stiftung sind mit ihrem
ist das Thema aber nicht Angebot in der Schweiz nicht allein und
ist, kommt es zum nächsten Analyseerledigt: «Die Zertifizie- werden bestehenden Anbietern wohl
schritt. «Eine Liste mit individuellen Fälrung der Lohngleichstel- einige Kunden abjagen. So gehört etwa
len von Mitarbeitenden, die nicht unter
lung gilt für drei Jahre. das Berner Büro A & 0 zu den etablierdiese Kriterien fallen, wird bereitgestellt.
Während dieses Zeitraums ten Institutionen in dem Bereich. «Der
Dies gibt dem Unternehmen die Mögmüssen sich zertifizierte Markt für unsere Dienstleistung ist
lichkeit, einen spezifischen MassnahUnternehmen zwei Über- noch nicht sehr gross», erklärt Michael
menplan einzuführen, der die Verpflichwachungsaudits unterzie- Weber, geschäftsführender Partner des
tung des Unternehmens zur Lohngleichhen. Dabei müssen sie Büros A & 0 in einem Interview mit der
heit aufzeigt», erläutert PwC-Experte durch ihr anhaltendes Engagement und «Handelszeitung». «Ich stelle jedoch
Hans Geene.
die Umsetzung von Massnahmen nach- ein wachsendes Interesse und entspreIm zweiten Schritt werden von einem weisen, dass sie eine faire, nicht diskri- chend auch eine wachsende KonkurPwC-Team vor Ort Prüfungen durchge- minierende Lohnpolitik zwischen Män- renz fest.» Das Büro führt seit mehr als
führt. Analysiert werden soll dabei, ob nern und Frauen anwenden», erklärt zwanzig Jahren Lohngleichheitsanalydas Management verpflichtet ist, die PwC-Mann Hans Geene.
sen durch. Seit dem GleichstellungsgeLohngleichheit zwischen Männern und
Über die Kosten, die bei einem so auf- setz 1996 habe sich die Auftragslage
Frauen zu fördern, ob die Lohngleich- wendigen Verfahren hoch sein dürften, noch verbessert. «Über die letzten
heitsstrategien in HR-Prozesse und will PwC nichts verraten. Diese hingen zwanzig Jahre betrachtet haben die Anan vielen verschiedenen Faktoren wie
Das Siegel gilt
von der Anzahl der Mitarbeiter und fragen stetig etwas zugenommen», so
für drei Jahre
und muss dann
neu beantragt
werden.
Standorte sowie der Reife der Lohn- Weber.
Und inzwischen scheint das Bedürfgleichheitsstrategie im HR-Prozess ab.
nis
nach Lohnzertifikaten so gross, dass
Nach den drei Jahren sind diese zudem
es
sich
sogar für PwC lohnt, Salärgerechneu zu entrichten, da das Unternehmen
die Erneuerung beantragen und sich da- tigkeit zu zertifizieren.
Richtlinien integriert sind. Zudem wird mit einem neuen Prüfverfahren unteranalysiert, wie die Mitarbeitenden die ziehen muss. Bisher konnte die Stiftung STEFAN MAIR
POLITIK MACHT DRUCK
Gleicher Lohn für Frauen und Männer
Trend Firmen sehen sich immer
strengeren Anforderungen an Corporate Social responsibility und Compliance ausgesetzt. Das geht so weit,
dass Aufträge an eine Firma nur vergeben werden, wenn sie gerechte
Lohnstrukturen nachweisen kann. Um
diesen Nachweis zu erbringen, unter
ziehen sich Firmen einem FairpayCheck, den private Beratungsagenturen anbieten. Der Markt für derartige
Persilscheine wächst und betrifft
auch Themen wie Umweltverträglichkeit und andere soziale Themen.
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Forderung Um Lohngleichheit zu fördern, wurde in der Schweii eine Zeitlang eine Meldepflicht an staatliche
Stellen und eine Art schwarze Liste
von ungerecht bezahlende Firmen
gefordert. Jetzt sollen Firmen ihre
Mitarbeiter über das Ergebnis einer
Pflicht-Lohnanalyse informieren und
dadurch einen Anreiz schaffen, Unstimmigkeiten zu korrigieren. Kritiker
warnen vor einem administrativen
Aufwand und den Kosten für Unternehmen - Sommaruga sagt, auch
Lohnungleichheit habe einen Preis.
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