Wolfgang Tillmans

DAS KUNSTMAGAZIN // MÄRZ 2017
EXKLUSIVES PORTFOLIO
: »Atelier 1986 bis 2017«
Wolfgang Tillmans
Das Interview mit Deutschlands wichtigstem Fotokünstler
DAVID HOCKNEY:
Zur großen Retrospektive in der Londoner Tate
RICHARD GERSTL:
Ein Wiener Künstler-Schicksal
D € 9,80 // A € 11,30 // CH sfr 16,80// I € 13,20
E € 13,20 // B, NL, LUX € 11,50
TITELBILD:
DAS KUNSTMAGAZIN // MÄRZ 2017
EXKLUSIVES PORTFOLIO
INHALT
Wolfgang Tillmans
im Videostill des
Visual Albums zu
seinem Musikprojekt
»Fragile«, 2016
// MÄRZ 2017
: »Atelier 1986 bis 2017«
Wolfgang Tillmans
Das Interview mit Deutschlands wichtigstem Fotokünstler
DAVID HOCKNEY:
Zur großen Retrospektive in der Londoner Tate
RICHARD GERSTL:
Ein Wiener Künstler-Schicksal
D € 9,80 // A € 11,30 // CH sfr 16,80// I € 13,20
E € 13,20 // B, NL, LUX € 11,50
TITEL
AUSSTELLUNGEN
Vom Club Kid zum
Europa-Aktivisten – wie Deutschlands wich
tigster Fotokünstler seine unverwechselbaren
Bilder schafft. Ein Gespräch über Leichtigkeit,
36
Lebenslust und politisches Engagement
KÖLN Otto Freundlich
112
BASEL Maria Loboda
114
ESSEN Maria Lassnig
115
PARIS Vermeer und die Genremalerei
116
Exklusiv: Für art hat Wolfgang Tillmans ein
Portfolio gestaltet: »Atelier 1986–2017«
B E R L I N Moving is in every direction
117
W E I L / R H . Hello, Robot
118
B E R L I N John Bock
120
PARIS Rodin: Die Jahrhundertschau
121
WIESBADEN Richard Serra
122
WIEN Lawrence Alma-Tadema
123
WOLFGANG TILLMANS
20
RADAR
BILDER DES MONATS Filmstars im Wüsten-
sand, brutaler Spielplatz, Malwettkampf in
Japan. A K T U E L L Ü B E R S C H Ä T Z T Patentierte
Pigmente. D E R A R T - C A R T O O N Frank Nikol.
KUNST FÜR EINE BESSERE WELT
Wie
Jeanette Zippel mit ihren Skulpturen Bienen
rettet. KUNST AUS DEM OFF 94-Jähriger
8—19
als neue Fotoentdeckung
BILDER+THEMEN
DES MONATS
Im Angesicht der Unterdrückung
Es gibt nicht viele Künstlerinnen in Saudi-Arabien. Nach einem Bericht des
Weltwirtschaftsforums über Geschlechtergerechtigkeit von 2016 rangiert die
absolute Monarchie, in der die Rechtsprechung der Scharia gilt, auf Platz 141
von 144 Ländern. Frauen dürfen praktisch nichts ohne die Zustimmung ihres
männlichen Vormunds (Vater, Bruder, Onkel, Ehemann), nicht mal Auto fahren.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Arbeit Land of Dreamsder erst 25 Jahre
alten saudischen Künstlerin Ahaad Alamoudi äußerst mutig. Dabei stellte sie
nur das unverschleierte, geschminkte, zum Teil lasziv blickende Antlitz der
Sängerin Ahlam Alshamsi auf Pappaufstellern am Strand von Dschidda in der
Provinz Mekka auf. Alamoudi weiß, wie frei das Leben von Frauen sein kann,
sie lebt in London und studiert dort am royal college of art.
9
112
AUSSTELLUNGEN
Picassos Sparringspartner
Der Schöpfer des »Neuen Menschen«
tritt aus dem Schatten seiner Mörder
Otto Freundlich:
Kosmischer Kommunismus,
Köln , Museum Ludwig,
bis 14.5.2017
AUSSTELLUNGEN
DIE HÖHEPUNKTE
IM MÄRZ
KALENDER
VORBERICHT
Abstrakte Formen
verbunden mit
dem Farbzauber mittelalterlicher
Glasfensterkunst
DIE ROSETTE II, 1941,
65 X 50 CM
Die ungegenständliche
Kunst sollte für eine
bessere Welt stehen
Die internationalen Kunsttermine
im Überblick
KOMPOSITION, 1931,
81 X 60 CM
Ausdruck der Hoffnung
KOSMISCHES AUGE,
1921/22, 81 X 65 CM
Die 1912 entstandene
Skulptur, der die
Nazis zu trauriger
Berühmtheit verhalfen, ist verschollen
124
GROSSER KOPF
(»NEUER MENSCH«),
TITELBILD DES AUSSTELLUNGSFÜHRERS
ENTARTETE KUNST, 1937
Der Katalog erscheint
im Prestel Verlag
und kostet 49,95 Euro,
im Museum 39 Euro.
Vom 10. Juni bis 10. Sep tember gastiert die
Ausstellung im Kunst
museum Basel.
Gegen Vorlage ihrer
artCard erhalten
unsere Abonnenten
ermäßigten Eintritt.
uf perverse Weise haben
vielleicht nur die Nazis
Otto Freundlichs Bedeutung für die moderne
Kunst erkannt. Sie setzten seine 1912
entstandene Skulptur Großer Kopf
unter dem Namen Neuer Mensch auf
das Katalog-Titelblatt der »Entartete
Kunst«-Ausstellung und sicherten
dem deutsch-jüdischen Künstler so
seinen Platz in der Kunstgeschichte.
Allerdings fiel es der Nachwelt dann
offenbar schwer, in Freundlich (1878
bis1943) mehr zu sehen als einen
Lieblingsfeind der NS-Kulturpolitiker.
Blättert man etwa in einer aktuellen
achtbändigen Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland, könnte
man beinahe auf den Gedanken kom men, Aufmerksamkeit gebühre diesem Künstler vorrangig, weil er von
den Nazis gefangen genommen und
in Majdanek ermordet wurde.
»Er war eine zentrale Figur, und
wir haben ihn einfach vergessen«,
sagt dagegen Julia Friedrich. Sie organisiert die große Freundlich-Retrospektive im Kölnermuseum ludwig
und sieht Freundlich, den Maler, auf
einer Ebene mit dem Klassiker Robert
Delaunay und Freundlich, den Bildhauer, als Sparringspartner Pablo
Picassos. Mit Letzterem lebte und arbeitete Freundlich 1908 in Paris in
unmittelbarer Nachbarschaft: »Man
sieht die Auseinandersetzung der
beiden«, so Friedrich, »wie sie einander über alle Gegensätze hinweg anspornen und akzeptieren.«
Beinahe 40 Jahre nach der letzten
Freundlich-Retrospektive in Bonn soll
der Erfinder des »Kosmischen Kommunismus« nun dauerhaft aus dem langen
Schatten seiner Mörder treten. Rund
80 Exponate sind im museum ludwig
A
zu sehen, darunter ein großes Mosaik
aus der Kölner Oper und eine Vielzahl seiner fantastischen abstrakten
Kompositionen. In den dreißiger
Jahren fand Freundlich zu einem Stil,
der die moderne Auflösung des Gegenstands mit dem Farbzauber der
mittelalterlichen Glasfensterkunst verband – und so erst wirklich zum Leuchten brachte. Aus der religiösen Heilsgewissheit des himmlischen Lichts
machte Freundlich eine soziale Utopie:
Mit den Gegenständen sollte auch
das Besitzdenken aus der Welt verschwinden, und die einzelnen Farben
sollten sich zu einem neuen, besseren
Ganzen fügen. Ähnliche Gedanken
prägten auch Freundlichs Skulpturen.
In Ascension (1929) werden übereinandergestapelte Steinbrocken auf
wunderbare Weise in Balance gehalten:
Ausdruck seiner Hoffnung, dass eine lebendige Gemeinschaft die Schwerkraft
ihrer inneren Widerstände überwinden und eine klassenlose Gesellschaft
MICHAEL KOHLER
bilden kann. //
113
ASIEN-BOOM Kochi, Schanghai oder
Singapur – was die vielen Kunst-Biennalen
in Südostasien zu bieten haben
42
Sex, Lügen und Selbstmord – die Geschichte des Wiener ModerneMalers ist filmreif. Jetzt wird das tragische
54
Genie neu entdeckt
RICHARD GERSTL
Ein Dokumentarfilm kommt
dem scheuen Leipziger Maler ganz nah – und
zeigt, bei welchen Sammlern seine Bilder im
Schlafzimmer hängen
NEO RAUCH
134
134
J OURNAL
ENTDECKUNG Hinterglasbilder von
JOURNAL
Heinrich Campendonk eröffnen neuen
Blick auf die Jahre des Blauen Reiters
NACHRICHTEN
UND DEBATTEN
Hölzerner Sweatshop
(Kochi-Muziris-Biennale)
136
ährend man sich im
Westen auf die pralle
Kunstsaison 2017
vorbereitet, schließen in Asien
diverse Biennalen ihre Tore.
Bereits Ende der neunziger Jahre während des China-Kunstbooms etabliert, kann sich die
schanghai-biennale
ihrer
weltweiten Strahlkraft erfreuen – zumal die aktuelle Ausgabe
von dem bewährten Künstler-/
Aktivistenteam Raqs Media
Collective kuratiert wurde. Doch
wie steht es um ihre jüngeren,
weniger bekannten Schwestern
in der Region?
Wie exzellent eine Großausstellung als belebender Standortfaktor funktioniert, zeigt
die kochi-muziris-biennale
im südindischen Bundesstaat
Kerala. Einst als legendärer
Umschlagplatz für Gewürze berühmt, stehen heute zahllose
Lagerhallen und Hafengebäude
leer und dienen als temporäre
Ausstellungsorte. Als besonders weitläufig erweist sich das
Gelände einer einstigen britischen Handelsniederlassung,
das Aspinwall House. Dass
Platznot kein Thema ist, beweisen spektakuläre Installatio-
W
C H I N A K R A C H E R Erstes Gallery Weekend
in Peking nach Berliner Modell geplant
138
PLEITE Warum das Online-Auktionshaus
a uctionata
Insolvenz anmelden musste
139
Kontrastprogramm
BIENNALEN Die Asien-Biennalen trumpfen mit spektakulären Installationen,
politischen Kommentaren, kuratorischer Finesse und musealer Eleganz
Spiegelkabinett bei
der Singapur-Biennale
DENG GUOYUAN: NOAH’S
GARDEN II, 2016
Mimisches Spiel bei der
Kochi-Muziris-Biennale
HANNA TUULIKKI: SOURCE
MOUTH: LIQUIDBODY, 2016
Südostasiatische
Künstler gehen
heute selbstbe
wusster mit ihrer
Vergangenheit um
nen: raumfüllende Schnitzereien des Ungarn István Csákány, ein rostiges Bauwerk aus
Leuchtmitteln von Chittrovanu
Mazumdar aus Kalkutta, eine
25 Meter lange Fotoinszenierung des Chinesen Dai Xiang
oder Dia Mehta Bhupals Raum repliken aus gefalteten DruckErzeugnissen. Diese Konzentra tion auf Raumästhetik mag
auch damit zu tun haben, dass
in Kochi traditionell ein bekannter Künstler Regie führt,
aktuell Sudarshan Shetty aus
Mumbai. Er beauftragte material- und arbeitsintensive Werke, die im Dienste des Effekts
kritische und charmante Ideen
schon mal unter Formwiederholungen begraben.
Während arrivierte Künstler hier offensichtlich von der
Verfügbarkeit preiswerter
Arbeitskraft profitieren, überraschen die Kunststudenten
der parallelen StudentenBiennale mit klugen Beobachtungen etwa zur Misere von
einheimischen Billiglöhnern.
Dort findet man auch viel eher
Kommentare zu politischen
Krisen oder zum allgegenwärtigen Raubbau an der Natur. Für
die Entdeckung von versteckten Schauplätzen sollte man in
Kochi reichlich Zeit einplanen.
Das reinste Kontrastprogramm
zu dem brüchigen Charme
Südindiens bietet die s inga pur- biennale , die zum fünften Mal stattfindet. »An Atlas
of Mirrors« lautet ihr Titel,
und sie spielt sich ausschließlich in voll klimatisierten
Ausstellungshäusern ab. Museale Eleganz und inhaltliche Konsequenz gehen Hand
in Hand und füllen das Thema der geopolitischen Bestandsaufnahme mit Leben.
Zwar gibt es auch hier Mate rialschlachten wie Subodh
Guptas Orgie aus indischem
Kochgeschirr oder Deng
Guoyuans Spiegelkarussell
aus chinesischen Kunstblumen. Generell aber überwiegen poetische und handwerklich feine Arbeiten wie etwa
die filigranen Landkartenzeichnungen des Sri Lankers
Pala Pothupitiye oder Gregory
Halilis umwerfende Konterfeis
der Augen von philippinischen Fischern, gezeichnet auf
winzige Perlmuttstücke.
Aus dem lange abgeschotteten Myanmar kommen
kritische Beiträge wie die in
politischer Haft entwickelte
Bodenarbeit aus geschnitzten
Seifenstücken von Htein Lin
oder eine Diaschau mit verblassenden Porträts burmesischer Widerständler von Tun
ISTVÁN CSÁKÁNY:
GHOST KEEPING, 2012
Toilettenraum aus Papier
(Kochi-Muziris-Biennale)
DIA MEHTA BHUPAL:
BATHROOM SET, 2016
Win Aung & Wah Nu. Immer
wieder werden die Folgen der
Kolonialzeit aufs Korn genommen, etwa von Künstlern aus
Bangladesch, Pakistan, Indonesien und Vietnam. Da gibt es
durchaus Momente von Bitternis und Verlust, generell jedoch scheint sich das Opferstereotyp des postkolonialen Diskurses aufzulösen.
»Statt sich nach Westen zu
orientieren, gehen die Künstler Südostasiens heute viel
selbstbewusster, sogar humorvoll mit ihrer Tradition und
ihrer Vergangenheit um«, stellt
Tan Siuli vom s ingapore a rt
museum und Mitglied des
zehnköpfigen Kuratorenteams
fest. An weiteren Ausstellungsorten wie dem n ationalmu seum , dem m useum der asiatischen zivilisationen
oder
dem p eranakan
museum driftet der Besucher automatisch
in die Dauerausstellungen ab
und ergänzt en passant historisches Wissen.
Singapur punktet mit kuratorischer Finesse und Klarheit,
während Kochi mit Lokalkolorit und Emotionen operiert.
Lokale Identität und entspannte Internationalität bilden ei//
ne unschlagbare Mischung.
SUSANNE ALTMANN
135
Wie das l eopold-Hoec
Museu M zum Vorbild wurde
RESTITUTION
62
Tulpenwahn und Schat
tenspiel – wie die niederländische Fotografin zwischen Mode und Kunst wandelt
-
VIVIANE SASSEN
68
80
Er tauschte sich mit
Picasso aus und schuf faszinierende Abstrak
tionen. Dennoch ist der Dresdner Künstler
82
mit 89 Jahren immer noch ein Geheimtipp
KARL-HEINZ ADLER
MEILENSTEINE
Die Kunststars von morgen –
diesmal Yuki Yamamoto, Anna Betbeze,
Nicolas Nicolini und Lorella Paleni
RADAR
112
DAVID HOCKNEY Wie tickt der berühmte
Maler, der in London gerade groß gefeiert
wird? Wir haben seinen Freund und Kritiker
Martin Gayford gefragt
Jan van Eycks ArnolfiniHochzeit , ein Meisterwerk, das seit fast
500 Jahren Rätsel aufgibt
RADAR
JOURNAL
THEMEN
B I L D S E M I N A R Wolfgang Ullrich über
Limo-Labels und verwischende Grenzen zwi
schen Rechts und Links im Internet
8
92
H140
AUSSER HAUS Till Briegleb über Donald
Trumps goldlackierte Architekturträume
141
WÜSTENKUNST Neville Wakefield plant
erste »Desert«-Biennale in Kalifornien
142
VIEL HOLZ Die ehrliche Buchkolumne
143
KINDER ERKLÄREN KUNST
Richters Lesende
Gerhard
146
RUBRIKEN
Editorial
3
Betreff: art
6
Leserservice, Impressum,
Fotovermerke
144
Im nächsten Heft
145
STARTER
98
5