FB (Briefpapier_Seriendruck)

Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte
Prof. Dr. Thorsten Keiser▪ Licher Straße 76 ▪ D-35394
Gießen
Prof. Dr. Thorsten Keiser, LL.M.
Licher Straße 76
D-35394 Gießen
Tel.:
0641 / 99 – 21450/1
Fax.:
0641 / 99 – 21459
Email: [email protected]
Seminarankündigung
Im Sommersemester 2017 biete ich ein Seminar zur Rechtsgeschichte im Schwerpunktbereich 1 zu folgendem Thema an:
Geschichte des Familienrechts zwischen Privatsphäre
und staatlicher Steuerung
Die Familie wurde in vielen historischen Situationen zur Projektionsfläche staatlicher
Normvorstellungen. Ziele politischer Gemeinwesen prägten somit oftmals die konkrete
Ausgestaltung der Familie als Rechtsgemeinschaft.
Demgegenüber entstand um 1800 eine Vorstellung von der Familie als privatem Raum, in
dem sich affektive Bindungen zwischen Mann und Frau sowie Eltern und Kindern autonom
entfalten sollten. Juristisch bedeutete das ein Eintreten der Familie in das Spannungsfeld
zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. Obgleich es seit 1800 zur Regelungsmaterie
der Kodifikationen wurde, nimmt es dennoch eine Sonderstellung ein.
Ziel des Seminars ist es, diese Sonderstellung historisch zu analysieren und anhand verschiedener Schlaglichter auf historische Situationen nachzuvollziehen, wo und wie sich
staatliche Einflüsse auf die Familie manifestierten und wie demgegenüber Grenzen zur
Etablierung einer Privatsphäre rechtlich konstruiert wurden.
Historisch soll nachvollzogen werden, wie Familie als privater Raum konstruiert wird, mit
welchen Zielen und Folgen. Das Seminar widmet sich damit einem Thema, das auch für
das Verständnis des heutigen Familienrechts unabdingbar ist.
Referate zu folgenden Themen sind zu vergeben:
1. Vom ganzen Haus zur Kernfamilie. Veränderungen der Wirtschafts-, Gesellschaftsund Rechtsstruktur
2. Absolutistische Vorstellungen von Ehe und Elternschaft an der Schwelle zum 19.
Jahrhundert
3. Elternrecht als staatsfreier Raum im BGB? Die Entstehungsgeschichte des
§ 1666 BGB
4. Familienrecht zwischen Staat und Privatheit im sächsischen BGB
5. Familienrecht zwischen kollektiven und individuellen Interessen im französischen
Code Civil
6. Das Prinzip der obligatorischen Zivilehe und seine Entstehung vor dem Hintergrund
des Kulturkampfes in Preußen
7. Privates Eheverständnis und politische Situation im Vormärz und in der Romantik:
die Individualisierung der Ehe
8. Geburten für den Start: bevölkerungspolitische Zielsetzungen und Familienrecht seit
dem 18. Jahrhundert
9. Die Familie als Keimzelle des Staates: Geschichte einer verfassungsrechtlichen
Idee
10. Familienrecht als Teil der deutschen Verfassungen im 20. Jahrhundert
11. Erziehung und Ehe nach den Vorstellungen des nationalsozialistischen Staates
12. Familie zwischen Privatheit und Öffentlichkeit im sozialistischen Rechtsdenken
13. Elternrecht als Menschenrecht - internationale und völkerrechtliche Entwicklungen
14. Das Jahrhundert des Kindes. Die Kinderrechtsbewegung und das Völkerrecht
Nach Rücksprache können weitere Themen vergeben werden. Das Seminar wird als
Blockseminar am Ende des Semesters stattfinden. Der genaue Termin wird noch bekannt
gegeben. Zur Teilnahme berechtigt sind Studierende der Rechtswissenschaft und der
Geschichte. Voraussetzung für Studierende der Rechtswissenschaft ist die erfolgreiche
Teilnahme an der rechtshistorischen Grundlagenvorlesung oder einer sonstigen Veranstaltung zu Grundlagen des Rechts. Ausnahmen sind bei entsprechender Begründung möglich. Eine Vorbesprechung mit weiteren Informationen zu den Themen wird stattfinden am
Donnerstag, den 20.04.2017 um 15.00 Uhr im Dekanatssitzungsraum, Licher Str. 72, 1.
OG links. Voranmeldungen sind im Dekanat ab sofort von 9 - 13 Uhr (freitags bis 12 Uhr)
möglich.
gez. Prof. Dr. Thorsten Keiser
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