Meditationen 2017

Einmütig im Gebet
Worte aus der Heiligen Schrift
Matthiaswallfahrt
2017
In der Apostelgeschichte
vor der Wahl des Apostels Matthias
Dann kehrten die Jünger vom Ölberg nach
Jerusalem zurück.
Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das
Obergemach hinauf,
wo sie nun ständig blieben.
Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas,
Philippus und Thomas,
Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der
Sohn des Alphäus,
und Simon der Zelot, und Judas, der Sohn
des Jakobus.
Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet,
zusammen mit den Frauen
und mit Maria, der Mutter Jesu,
und mit seinen Brüdern.
Apg 1,12-14
Zum Gebrauch des Heftes
In diesem Heft wird der Text durch die Stellenangabe in der
Bibel in der Überschrift angegeben. Darunter stehen ausgewählte Sätze, die den Inhalt der Schriftstelle nur andeuten.
Beim Gebrauch zur Vorbereitung der Pilgerfahrt oder während
des Pilgerns ist der gesamte Text zu lesen oder vorzutragen.
Nr. 1
Lk 6,12-16
In jenen Tagen ging Jesus auf einen Berg,
um zu beten. Und er verbrachte die ganze
Nacht im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte
aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch
Apostel.
Beten bedeutet im Grunde, die Beziehung zu
Gott aufzunehmen. Dafür gibt Jesus mehrfach ein Beispiel. Vor wichtigen Handlungen
zieht er sich zurück.
Die Bildung des Zwölferkreises war ein prophetisches Zeichen für die Erneuerung des
Bundes Gottes mit seinem Volk, für die
Sammlung des Volkes Gottes. Die Sendung
der Apostel und ihre Gemeinschaft, hat zur
Basis das persönliche Gebet Jesu. Der Zuwendung zu Gott widmet er Zeit.
Ähnliches wird berichtet von der Unterweisung der Jünger (Lk 9,18).
Für den Jünger Jesu bedeutet dies: vor dem
Wirken in Gemeinschaft steht das Gebet des
einzelnen. Dies bedarf der Entschiedenheit,
sich Zeit zu nehmen, um sich in die Gegenwart Gottes zu stellen. Der erste Schritt zum
Gebet ist das Innehalten.
Nr. 2
Gen 12,1-5
Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus
deinem Land, von deiner Verwandtschaft
und aus deinem Vaterhaus in das Land,
das ich dir zeigen werde.
Ein besonderes Kennzeichen des Gottes,
den das Volk Israel verehrt, ist, dass er
Menschen anspricht. Von ihm geht die
Initiative aus. Die Aussage: „Gott sprach“,
ist eine Kurzformel des Glaubens. Sie
begegnet schon im Lied von der Schöpfung
und immer wieder in den Erzählungen
vom Wirken Gottes in der wechselvollen
Geschichte Israels.
Das Sprechen Gottes ist nur dann sinnvoll,
wenn es auch vom Menschen verstanden
werden kann. Gott wendet sich daher so an
den Menschen, dass dieser ihn verstehen
kann.
Außerdem ist bezeichnend, dass das Wort
Gottes im Angesprochenen etwas in Bewegung setzt. Die Zuwendung Gottes gibt
Abraham die Kraft, ein sehr großes Risiko
einzugehen.
Nr. 3
Gen 18, 1-15
Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von Mamre. Abraham saß zur Zeit
der Mittagshitze am Zelteingang. Er
blickte auf und sah vor sich drei Männer
stehen. Als er sie sah, lief er ihnen entgegen und sagte: Mein Herr, wenn ich dein
Wohlwollen gefunden habe, geh doch an
deinem Knecht nicht vorbei!
Die Geschichte der Begegnung Abrahams
mit Gott, der sich ihm in dem Besuch der
drei Männer zeigt, gehört zu den ganz großen Texten der Bibel.
Der Gott Abrahams zeigt sich in Begegnungen. Der Mensch sollte dafür eine innere
Offenheit haben. Es geht um eine besondere
Art des Sehens und Hörens.
Zum Gebet gehört die Mühe, auf die
Ereignisse des eigenen Lebens zu schauen
und auf die Stimme des Herzens zu hören.
In beidem kann sich das Wort Gottes verbergen. Für den Christen gilt das für seine
Beziehung zu Jesus.
Es kommt darauf an, in der eigenen Sprache zu sagen: „Geh doch an deinem Knecht
nicht vorbei!“
Nr. 4
Gen 28,10-22
Jakob zog aus Beerscheba weg und ging
nach Haran.
Er kam an einen bestimmten Ort, wo er
übernachtete. Er nahm einen von den
Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein.
Da hatte er einen Traum: Er sah eine
Treppe, die auf der Erde stand und bis
zum Himmel reichte.
Gott spricht zu Jakob, der seinen Bruder
betrogen hat und nun auf der Flucht ist. Er
sichert ihm seine rettende Gegenwart zu:
„Ich bin mit dir, - ich behüte dich, - ich verlasse dich nicht.“ Jakob hat nichts für diese
Zusage getan; sie ist nicht von ihm verdient.
Sie bewirkt bei Jakob einen Blick in die
Zukunft voller Hoffnung.
Die große Gabe Gottes ist seine geheimnisvolle Gegenwart. Sie ist ein Geschenk. Das
gehört zum Zentrum der Religion Israels und
ist in der Person Jesu unüberbietbar verwirklicht.
Nr. 3
Gebet
Lass mich deinen Segen spüren,
guter Gott,
durch ein Wort oder eine Geste,
durch ein Bild oder ein Lied.
Treffe mich, berühre mich,
gehe mir nach.
Segne mich und
schenke mir die Gewissheit:
Ich bin gemeint.
Nr. 5
Ex 33,11
Der Herr und Mose redeten miteinander
Auge in Auge, wie Menschen miteinander
reden.
In der Überlieferung der Ereignisse um die
Person des Mose ist Gott auch wieder derjenige der anspricht. Gott ist aber auch der,
der hört.
Besonders deutlich ist dies in der Geschichte der Berufung des Mose am brennenden
Dornbusch. Gott offenbarte seinen Namen,
das heißt den besonderen Charakter seiner
Wirkmächtigkeit: Ich bin, der da ist. Dieses
Da-Sein Gottes ist erfahrbar in seinem Sprechen und Hören.
In der Beziehung zu Gott hat der Mensch
keine andere Sprache als die, mit der er auch
zu einem ihm nahestehenden Menschen
spricht. Für den heutigen Menschen braucht
es etwas Mut, Jesus und Gott, den Vater, so
anzusprechen. Ohne ein solches Sprechen
kann die Beziehung zu Jesus unversehens
verflachen oder verdunsten.
Nr. 6
Joh 17,20-23
Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern
auch für alle, die durch ihr Wort an mich
glauben. Alle sollen eins sein: Wie du,
Vater, in mir bist und ich in dir bin,
sollen auch sie in uns sein, damit die
Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
Für das Sprechen zu dem barmherzigen
Vater hat Jesus selbst das ermutigende
Beispiel gegeben. Er hat für die Jünger
und für die, die sich ihm anvertrauen, gebetet (vgl. Lk 22,32). Das Kapitel 17 des
Johannesevangeliums mit der Bitte Jesu
um die Einheit seiner Jünger ist eine großartige Verheißung. Beachtlich dabei ist, dass
in seinem Gebet das Wirken Gottes zu dem
hinzukommt, was seine eigenen Worte und
seine Beauftragungen schon geschaffen
haben.
Das bedeutet heute, dass die Kirche als
Jüngergemeinschaft und Glaubensgemeinschaft, also als Volk Gottes, immer auch
des geheimnisvollen Wirkens des Heiligen
Geistes bedarf. Die Theologen verwenden
dafür zwei lateinische Worte: Communio
(Gemeinschaft) und mysterium (Geheimnis
des Glaubens).
Nr. 7
Lk 18,1-8
Jesus sagte den Jüngern durch ein
Gleichnis, dass sie allezeit beten und
darin nicht nachlassen sollten: In einer
Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht
fürchtete und auf keinen Menschen
Rücksicht nahm.
In dem Gleichnis von der Witwe und dem
Richter ermutigt Jesus sehr nachdrücklich
zum Fürbittgebet. Denn die Fürbitte gehört
ganz ursprünglich zum Leben im Angesicht des Gottes Abrahams. Dafür steht die
Erzählung von der Fürbitte Abrahams für
Sodom (Gen 18,22-33).
In der Fürbitte stellt der Beter einen Menschen in die Gegenwart Gottes bzw. Jesu.
Dabei ist offen, wie sich Gott diesem Menschen zuwendet. Nicht immer geschieht
dies nach den Vorstellungen des Beters. Die
aufrichtige Bitte geht aber nicht ins Leere.
Denn Jahwe ist ein Gott, der hört.
Nr. 8
Phil 1,3-11
Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn
ich an euch denke; immer, wenn ich für
euch alle bete, tue ich es mit Freude. ...
Ich vertraue darauf, dass er, der bei euch
das gute Werk begonnen hat, es auch
vollenden wird bis zum Tag Christi Jesu.
Der Apostel Paulus ist ein Zeuge dafür, wie
lebendig die gegenseitige Fürbitte unter den
Christen war. Sie ist in der Regel verbunden mit dem Dank für das, was Gott schon
an Heil gewirkt hat. Dazu kommt der Blick
in eine weitere Zukunft, über das Alltagsgeschehen hinaus. Die Fürbitte im Geiste
Jesu geht über die Grenze der sichtbaren
Welt hinaus.
Das gilt auch heute für Pilger, die sich
der Fürbitte des Apostels Matthias vergewissern. Denn die Botschaft der Apostel
setzte die Verkündigung des Reiches Gottes,
der Königsherrschaft Gottes fort. Das Reich
Gottes wirkt zwar durch Jesus schon jetzt,
wird aber in ganzer Fülle erst erwartet.
Nr. 8
Vaterunser
Vater!
Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme.
Gib uns täglich das Brot,
das wir brauchen.
Und erlass uns unsere Sünden;
denn auch wir erlassen jedem,
was er uns schuldig ist.
Und führe uns nicht in Versuchung.
****************************************
Darum sage ich euch:
Bittet, dann wird euch gegeben;
sucht, dann werdet ihr finden;
klopft an, dann wird euch geöffnet.
Denn wer bittet, der empfängt;
wer sucht, der findet;
und wer anklopft, dem wird geöffnet.
Nr. 9
Jesus betete einmal an einem Ort; und
als er das Gebet beendet hatte, sagte
einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre
uns beten, wie schon Johannes seine
Jünger beten gelehrt hat.
Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so
sprecht: Vater !
Das Vaterunser ist ein Gebet, das zugleich
ein Glaubensbekenntnis ist. In der Form des
Lukasevangeliums wird dies besonders deutlich.
1. Jesus übergibt als erstes den Jüngern
seine eigentümliche Anrede Gottes: „abba!“ zu deutsch: „lieber Vater“. Damit nimmt Jesus
die Jünger in seine Beziehung zu Gott auf.
2. Mit dem Stichwort „den Namen heiligen“ ist
auf die Anerkennung des Wirkens als das des
einen Gottes hingewiesen. Mit dem „Kommen
des Reiches Gottes“ geht der Blick auf die
verheißene Vollendung der Schöpfung. Mit
dem Aussprechen dieser Worte wird Gott
anerkannt und ihm ein Lobpreis dargebracht.
3. Schließlich bestätigt Jesus das Bitten um das
Notwendige. Das tägliche Brot als Symbol für
die Gegenwart, die Verzeihung für die Heilung
der Vergangenheit und die Vermeidung der
lebensbedrohlichen Versuchung für die Bewahrung in der Zukunft.
Das Vaterunser ist von seiner Entstehung her auf
eine häufige Rezitation hin angelegt und wurde
in der frühen Kirche als Glaubensbekenntnis
verstanden (vgl. Röm 8,14-16).
Nr. 10
Apg 4,23-31
Nach ihrer Freilassung gingen die Apostel
zu den Ihren und berichteten alles, was
die Hohenpriester und die Ältesten zu
ihnen gesagt hatten.
Als sie das hörten, erhoben sie einmütig
ihre Stimme zu Gott.
Lukas bringt in diesem Abschnitt eine sehr
alte Überlieferung von einem gemeinsamen
Gebet in der frühen Kirche. Erkennbar sind
als wesentliche Bestandteile: Lobpreis Gottes
als des Schöpfers von Himmel und Erde,
Erinnerung an sein früheres Wirken, Darstellung der gegenwärtigen Situation,
Bitte um Beistand in der Zukunft bei der
Erfüllung des Sendungsauftrages.
Schließlich wird das Wirken des Heiligen
Geistes erfahren. Das bedeutet, dass im gemeinsamen Gebet das Dabei-Sein des auferstandenen und erhöhten Jesus Christus sich
ereignet.
Nr. 11
1 Kor 12,12-21
Wie der Leib eine Einheit ist, doch viele
Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber,
obgleich es viele sind, einen einzigen Leib
bilden: So ist es auch mit Christus.
Durch den einen Geist wurden wir in der
Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven
und Freie; und alle wurden wir mit dem
einen Geist getränkt.
Für das gemeinsame Gebet der Christen ist
wichtig, dass der besondere Charakter der
Gemeinschaft zum Tragen kommt: die
Existenz als „Leib Christi“. Was Paulus
als eine sich gegenseitig ergänzende Verbindung der unterschiedlichen Charismen
beschreibt, sollte auch bei der Gestaltung
des gemeinschaftlichen Gottesdienstes verwirklicht werden.
Die Entschiedenheit, als „Leib Christi“ zu
leben und zu wirken, muss sich im Gottesdienst bewähren (vgl. dazu die Hinweise in
1 Kor 11 und 14).
Nr. 12
Apg 13,1-3
In der Gemeinde von Antiochia gab
es Propheten und Lehrer. ... Als sie zu
Ehren des Herrn Gottesdienst feierten
und fasteten, sprach der Heilige Geist:
Wählt mir Barnabas und Saulus zu dem
Werk aus, zu dem ich sie mir berufen
habe.
In der Apostelgeschichte begegnen Beispiele
dafür, dass im Zusammenhang des Gottesdienstes Impulse des Heiligen Geistes zum
Tragen kommen. Das kann man sich nur so
vorstellen, dass es im Gottesdienst nicht nur
Worte gab, sondern auch Zeiten der Stille,
das heißt Zeiten des innigen Hörens. Und
schließlich wird man sich auch anschließend
darüber ausgetauscht haben.
Wir wissen nicht genau, wie das gemeinsame
Gebet in der frühen Kirche gehalten wurde.
Aus der jüdischen Gebetspraxis kann man
einiges erschließen. Aber die Elemente, die
Lukas erwähnt, können nach wie vor eine
Anregung sein.
Nr. 13
Eph 5,19-20
Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen
und Lieder erklingen, wie der Geist sie
eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn!
Die Musik gehört zum christlichen Gottesdienst. Dank und Bitte sind eingebettet in
den Lobpreis und den Jubel. Diese vier
Elemente kann man in verschiedenen
Variationen in den Gestaltungen des gemeinsamen Betens durch die Jahrhunderte verfolgen.
Den Christen in jeder Kultur und in jedem
Lebensmilieu ist es aufgetragen, dafür die
für die Teilnehmer passenden Formen zu
finden. Das ist eine gewaltige Herausforderung. Wenn man nicht auf sie eingeht
und die Teilnehmer in ihrer Eigenart nicht
zur Geltung kommen, wird das Wirken des
Heiligen Geistes beeinträchtigt.
Nr. 14
Num 6,22-27
Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich
leuchten und sei dir gnädig. - Der Herr
wende sein Angesicht dir zu und schenke
dir Heil.
Der Segen gehört zum Gebet des Einzelnen
und der Gemeinschaft. Beim Segnen wird
ein Mensch der Gegenwart Gottes anvertraut.
In den Segensworten Aarons kommt gut
zum Ausdruck, was das bedeutet. Zunächst
wird der Schutz erwähnt.
Mit dem Leuchten des Angesichts wird das
Bildelement des Weges aufgenommen, wie
es im Psalm heißt: „Er leitet mich auf rechten
Pfaden, treu seinem Namen“ (Ps 23,3). Die
Gegenwart Gottes gibt Geleit.
Die Zuwendung des Angesichts bedeutet Heil im Sinne von Zukunft und
Lebenskraft, bisweilen gefasst in das Bild
des Baumes, der an Wasserbächen gepflanzt
ist.
Nr. 15
Mk 12,28-31
Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der
einzige Herr. Darum sollst du den Herrn,
deinen Gott, lieben ...
Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Das Gebet des Einzelnen wie das der Gemeinschaft braucht Zeichen und Rituale,
um in Kontinuität lebendig zu bleiben. Auch
Worte können Zeichen sein.
Ein gläubiger Jude pflegte dreimal am Tag
die Worte zu sprechen, die Gott an Israel
gerichtet hatte: „Höre Israel“... (Dtn 6,4-5).
Dadurch stellte er sich in die Gegenwart Gottes.
Jesus hat dieses „Höre Israel“ um die Liebe zum Nächsten (Lev 19,18) erweitert. Die
Christen haben dieses sog. Große Gebot
oder Gesetz Christi später ebenso wie ein
Wortsymbol gesprochen und sich damit in
die Gegenwart Jesu gestellt.
Ähnlich sind Verse aus einem Psalm als
Wortsymbol gebraucht worden. Zum Beispiel: „O Gott, komm mir zu Hilfe! Herr,
eile mir zu helfen“ (Ps 70,2).
Immer ging es dabei darum, sich in die Gegenwart Gottes zu stellen.
Nr. 16
Psalm 130
Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir: Herr,
höre meine Stimme! ... Ich hoffe auf den
Herrn, es hofft meine Seele, ich warte
voll Vertrauen auf sein Wort.
Die Psalmen sind Texte von Liedern, die
im Tempel gesungen wurden. Die im Buch
der Psalmen gesammelten Texte wurden in
die Heilige Schrift aufgenommen und im
Gottesdienst der Synagogen verwendet.
Sie stammen aus sehr verschiedenen
Epochen der Geschichte Israels. Es sind
Worte des Lobpreises, des Dankes, der
Klage, der Bitte oder des Jubels. Es finden sich aber auch Verwünschungen und
Fluchworte sowie Unterweisungen.
Jesus hat Psalmen rezitiert; das war den
Christen bewusst. So haben sie das Buch der
Psalmen übernommen und als heilige Worte hochgeschätzt. Allerdings haben sie auch
einzelne Psalmen ausgewählt oder nur Teile
von ihnen im Gottesdienst vorgetragen.
Der Psalm 130 ist ein großartiger Psalm,
der Warten auf Gott in Geduld in Worte
fasst. (Vgl. Psalm 31)
Nr. 17
Psalm 22
Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen,
bist fern meinem Schreien, den Worten
meiner Klage?
Dieser Psalm ist dadurch geheiligt, dass
Jesus ihn am Kreuz gesprochen hat. Als
Ganzes hat er drei Teile. Der erste Abschnitt
ist Klage, der zweite bringt Bedrängnis und
Leiden zum Ausdruck, der dritte ist Dank
für die Errettung und Lobpreis. Wer diesen
Psalm spricht, kommt einfach schon dadurch in eine Nähe zu Jesus. So kann der
Text zu einem Wortsymbol werden, um die
Gegenwart Jesu zu erbitten.
Ähnlich verhält es sich mit Psalm 145 von
der Königsherrschaft Gottes und mit Psalm
23 vom guten Hirten.
Den Christen waren wertvoll die Psalmen,
die man auf die Person des Messias hingedeutet hatte, auch wenn sie an verschiedenen Stellen schwer verständliche
Bilder enthielten.
Nr. 18
Psalm 67
Gott sei uns gnädig und segne uns. Er
lasse über uns sein Angesicht leuchten.
Der Psalm 67 ist das Beispiel für einen
Segenspsalm. In ihm leuchtet auch die
universale Dimension der Zukunft Israels
„für alle Völker“ auf, die für die Christen
von besonderer Bedeutung war und ist.
Großartige Lobpsalmen sind 148, 103,
8; das Vertrauen in die Gegenwart Gottes
kommt zum Ausdruck in 4, 91 und 139;
herausragende Bittpsalmen sind 27, 40
und 51.
Das Sprechen der Psalmen stellt den Beter in eine große Gebetsgemeinschaft und
in die Solidarität mit dem pilgernden Volk
Gottes durch die Jahrtausende hin – durch
Bedrängnisse und Frieden – beschenkt von
Gott mit einer unzerstörbaren Hoffnung auf
die Vollendung der Welt und des Menschen.
Psalm 121
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: *
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn, *
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er lässt deinen Fuß nicht wanken; *
er, der dich behütet, schläft nicht.
Nein, der Hüter Israels *
schläft und schlummert nicht.
Der Herr ist dein Hüter,
der Herr gibt dir Schatten; *
er steht dir zur Seite.
Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden *
noch der Mond in der Nacht.
Der Herr behüte dich vor allem Bösen, *
er behüte dein Leben.
Der Herr behüte dich, wenn du fortgehst
und wiederkommst, *
von nun an bis in Ewigkeit.
Benediktinerabtei St. Matthias – 54290 Trier
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