17. Februar 2017
Herzinsuffizienz: Reparaturgewebe aus Stammzellen
Bisherige Therapieansätze können den Krankheitsverlauf bei Herzinsuffizienz verlangsamen, das Herz aber nicht reparieren.
Forschern ist es nun erstmals gelungen, aus Stammzellen schlagende Herzgewebe für eine klinische Prüfung herzustellen.
Forschern der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK),
Standort Göttingen, konnten sogenannte Herzpflaster oder auch „Engineered Heart Muscle“ (EHM) für den
Wiederaufbau von verloren gegangenem Herzmuskelgewebe unter für klinische Anwendungen geeigneten
Bedingungen herstellen.
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1: Herzpflaster,
sogenannte
Engineered Heart Muscle (EHM), in zwei unterschiedlichen Darreichungsformen. Abb.: um
Abb. 1: Herzpflaster, sogenannte Engineered Heart Muscle (EHM), in zwei unterschiedlichen Darre
Durch die Anwendung innovativer und individualisierbarer 3D-Druck-Verfahren ist es gelungen, schlagende
Herzpflaster in der für Patienten mit Herzmuskelschwäche nötigen Größe und Form herzustellen. Dabei zeigen
die EHM Eigenschaften des erwachsenen Herzens, die bisher nicht im Labor zu erzielen waren. Dazu gehört unter
anderem eine Zunahme der Herzkraft bei Steigerung der Herzfrequenz; ein Mechanismus, der in jedem
gesunden Menschen nachweisbar ist und bei Herzmuskelschwäche verloren geht. Diese natürlichen
Gewebeeigenschaften machen EHM für eine direkte Anwendung als Herzpflaster sowie als Testsystem für die
Entwicklung und Prüfung neuer Arzneimitteln, das ohne Tierexperimente auskommt, besonders attraktiv.
„Die von uns entwickelten hoch definierten Kulturbedingungen sind für eine Anwendung in der
Arzneimittelentwicklung wie auch für eine Herzreparatur ein aus unserer Sicht entscheidender Durchbruch“, sagt
Dr. Malte Tiburcy, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der UMG, und Erstautor der Publikation. „Auf
Grundlage des von uns entwickelten Verfahrens bereiten wir aktuell die weltweit erste klinische Studie zum
Herzmuskelaufbau über Herzpflaster in Patienten mit Herzmuskelschwäche vor“, so Prof. Dr. Wolfram-Hubertus
Zimmermann, Senior-Autor der Publikation.
Das Konzept der Herzreparatur basiert auf dem passgenauen Einbau schlagender Herzmuskelgewebe aus
dem Labor in das erkrankte Herz. Für die Arzneimittelentwicklung sind die dem Herzen ähnliche stabile Funktion
sowie die Möglichkeit der Simulation einer Herzmuskelschwäche mit typischen klinischen Begleiterscheinungen
(Kraftverlust, Zelltod, Biomarker Freisetzung) von zentraler Bedeutung. Gerade für die Entwicklung wirksamer und
sicherer Arzneimittel sind Testungen am Menschen durch das an der UMG entwickelte Verfahren auch ohne
Gefährdung von Probanden und Patienten möglich.
Herzmuskelzellen werden aus menschlichen pluripotenten Stammzellen gewonnen und mit
Bindegewebszellen in Kollagen vermischt. Unter definierten Kulturbedingungen in 3D-gedruckten Kulturformen
lassen sich so Herzmuskelgewebe mit unterschiedlicher Form und Funktion erzeugen. Die Funktion der von Prof.
Zimmermann und seinem Team entwickelten Herzgewebe lässt sich mit bloßem Auge ohne Zuhilfenahme von
Mikroskopen nachverfolgen, dabei werden klassische Eigenschaften von menschlichem Herzgewebe sichtbar und
messbar. Dies ist für eine Anwendung in der Arzneimittelentwicklung und Herzreparatur von zentraler Bedeutung.
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität
Literatur:
Tiburcy M, Hudson JE, Balfanz P et al.
Defined Engineered Human Myocardium with Advanced Maturation for Applications in Heart Failure Modelling and Repair.
Circulation (ahead of print; February 2017).
DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.116.024145