............................................................................................................................ VON Nina Tomaselli Wohnbausprecherin und Landtagsabgeordnete der Vorarlberger Grünen Peter Kraus Landtagsabgeordneter der Wiener Grünen ............................................................................................................................ Mit kompakten Bauen Wohnkosten senken! ........................................................................................................................ Die Grüne Wohnbausprecherin Nina Tomaselli und der Grüne Wiener Landtagsabgeordnete Peter Kraus legen dar, wie mit dichterer Bauweise wohnen schnell wieder leistbar werden kann. Es ist 5 vor 12 – die Wohnkosten müssen runter! Mieten und Wohnkosten sind in Vorarlberg auf einem historischen Höchststand. Für viele ist Wohnen nicht mehr leistbar. Grundstücke sind teuer und oft nicht verfügbar. Die Baukosten sind zu hoch. Vor allem in den Ballungsgebieten übersteigt die Nachfrage das Angebot an günstigem Wohnraum. Steigende Mieten bergen großen sozialen Sprengstoff in sich. Zudem sind sie langfristig wirtschaftlich schädlich. Es heißt daher: Vergünstigen - Verkleinern – Verdichten! Grundstückspreise und Wohnzuzug zwingen uns zur Veränderung Die Wohnkosten sind in Vorarlberg wesentlich von den völlig überteuerten Grundstückspreisen geprägt. Diese betragen etwa 30 Prozent der Gesamtbaukosten. Gemäß Immobilienpreisspiegel 2016 kostet ein Grundstück in guter Wohnlage in Bregenz EUR 700/qm. Dem stehen immer mehr nach Vorarlberg ziehende Menschen gegenüber (jährlich geschätzte zusätzliche 4.600), die sich in den urbaner werdenden Ballungsräumen ansiedeln wollen. è Neue Herausforderungen brauchen neue Maßnahmen! Das Beste aus der Situation machen: Vorhandenen Raum besser und konzentrierter nutzen! Grund und Boden sind begrenzt. Es ist also unvermeidlich, die bestehenden Bauflächen effizienter zu nutzen. Dies kann einerseits durch Nachverdichtung erfolgen. Andererseits müssen Neubauprojekte in den Kerngebieten künftig dichter errichtet werden. Je kompakter die Bauweise desto niedriger sind die Wohnkosten. Eine maßvolle Verdichtung kann Wohnkostensparer Nummer 1 werden! Veranschaulichungsbeispiel: 2 Private Wohnbauprojekte – fördern und fordern! Um langfristig mehr leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist für uns Grüne klar, dass wir auch in der Privatwirtschaft Partner finden müssen. Dafür muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem sowohl Wirtschaft als auch die Bevölkerung von günstigen Mieten profitieren können. Auch die Wohnbauförderung und die Raumplanung müssen sich noch stärker dem Ziel, leistbaren Wohnraum zu schaffen, widmen. Vorarlberg kann von urbanen Zuzugsgebieten lernen und muss Stadtentwicklungsmaßnahmen anwenden! Von Zuzugsgebieten lernen! Beispiele aus Wien. Die Stadt Wien ist seit Jahren von einem starken Zuzug geprägt. Das Stadtgebiet ist begrenzt. Deshalb wird versucht vor allem nach innen zu wachsen und dichter zu bauen. Neue Stadtteile und einzelne Projekte werden entwickelt, die sich besonders für eine kompakte und ressourcenschonende Bauweise eignen. Eine dichte Stadt bedeutet gleichzeitig eine ökologische und leistbare Stadt: geringe Kosten für Infrastruktur, optimale Ausnutzung der vorhandenen Flächen und schnelle, kostengünstige Mobilität! Aktive Stadtentwicklung mit neuen Raumplanungsinstrumenten Wenn private, gewinnorientierte Interessen auf das öffentliche Interesse von leistbaren Wohnraum und guter Infrastrukturen treffen, stößt man mit klassischen Maßnahmen eines Flächenwidmungsplans durch die Starrheit der Verfahren oft an Grenzen. Die Stadt Wien geht deshalb neue Wege von beweglicheren Instrumenten der Vertragsraumordnung und Vereinbarungen, um einen Interessenausgleich zwischen privat und Staat zu erreichen. Das zentrale Ziel ist ein Planungsgewinn für alle, in Form von qualitativem leistbaren Wohnraum! Von Planungsabkommen zwischen Stadt und Investoren profitieren viele Ein bewährtes Instrument für eine gerechte Verteilung von Widmungsgewinnen und höheren Nutzungszahlen sind private Verträge, die zwischen Stadt und Investoren oder GrundstückseigentümerInnen abgeschlossen werden. Der Städtebauliche Vertrag ist ein freiwillig eingegangenes Rechtsgeschäft zwischen der Stadt als Trägerin der Planungshoheit und den privaten Bau- oder WidmungswerberInnen. Am Anfang steht das Bau- bzw. Widmungsbegehren, darauf folgt ein Zusammentragen der verschiedenen Wünsche und Interessen. Dann erfolgt ein intensiver Planungsprozess. Am Ende steht ein rechtsverbindliches Geschäft bei dem die eine Seite Leistungen zusagt und die andere Seite entsprechende Bewilligungen erteilt. 3 Damit werden unter anderem Immobilienentwickler an den Kosten technischer und sozialer Infrastruktur beteiligt. Erreicht wird dies über Planungsvorgaben, die weit über einen klassischen Flächenwidmungsplan hinausgehen. Die Auflagen verfolgen öffentliche Interessen! Die Leistungen, die seitens privater Investoren im Gegenzug für eine optimale Planung erbracht werden müssen, sind vielseitig: die Errichtung und Betreibung von sozialer Infrastruktur, die Bereitstellung von Geh- und Fahrwegen, Ausgleich für Grünraumverluste, Ausgestaltung von Plätzen und Vorgaben zu den Miet- bzw. Verkaufspreisen von Wohnen. BEISPIELE Nordbahnhof Wien Das Gelände des ehemaligen Nordbahnhofes im 2. Bezirk ist eines der größten innerstädtischen Entwicklungszonen Wiens. Bis 2025 werden rund 10.000 neue Wohnungen und 20.000 neue Arbeitsplätze auf diesem ehemaligen Bahnhofsareal geschaffen. Durch die Vorgabe einer dichteren Bebauung am Rand des Areals entsteht eine “Freie Mitte”, ein 12 Hektar großer Freiraum, der allen neuen Bewohnerinnen und Bewohnern als Grünoase und Erholungsraum dient. So kann Stadtwachstum mit niedrigen Infrastruktur- und Baukosten gelingen, bei dem auch die Qualität von Freiräumen sichergestellt ist. Wohnen am Supermarkt Ebenerdige Schachteln und ebenerdige Parkplätze - so gestalten sich Supermärkte. Diese Form des Bauens ist eine sehr ineffiziente Nutzung von Raum und Fläche. Wien geht hier andere Wege: einstöckige Gebäude, die ausschließlich dem Handel dienen, werden schrittweise durch gemischt genutzte Gebäude (z.B. Wohnen, Arbeiten, Bildung) ersetzt. Allfällige Parkplätze werden platzsparend überbaut. Im Wiener Auhofcenter wurden beispielhaft 70 Wohnungen auf einem bestehenden Einkaufszentrum gebaut. In Wien Donaustadt sollen 65 Wohnungen über einer Einzelhandels-Filiale entstehen. 4 Marinatower Durch städtebauliche Verträge wird vereinbart, dass im Zuge der Entwicklung am Donauufer eine Überplattung des Handelskais und somit landschaftlich gestaltete Grünflächen entstehen. Dieser neue öffentliche Raum wird allen WienerInnen zugänglich sein. Außerdem wird ein Mix aus gefördertem und privatfinanziertem Wohnbau vereinbart. Wildgarten in Wien Meidling Die Stadt Wien wächst, und mit ihr die Möglichkeit Lebenskonzepte neu zu denken. Auf dem Rosenhügel, einem Ausläufer des Wienerwaldes im 12. Wiener Gemeindebezirk, entsteht Wiens erstes Wohnquartier in einem Wildgarten. Auf etwa 11 Hektar werden rund 2.300 Menschen mit der Natur nachbarschaftlich und doch städtisch leben. Das Mitgestalten ist von Anfang an Teil des Entwicklungskonzepts. Über Städtebauliche Verträge wurde geregelt: Finanzierung von Infrastruktur (Errichtung Nachbarschaftszentrum und Kindergarten), Mix von frei finanziertem, gefördertem Wohnbau sowie Gemeindewohnungen. Bei jedem Projekt müssen die Partner Verantwortung übernehmen! Der Aufwand des gesamten Prozesses – insbesondere, wenn die Bevölkerung eingebunden wird – ist beträchtlich. Der Dialog zwischen PlanerInnen, InvestorInnen, der Stadt und der Bevölkerung ist aber wichtig und muss insbesondere von der Stadt gewollt und angetrieben werden. Stadtentwicklung mit neuen Instrumenten der Vertragsraumordnung ist ein Planungsaufwand, der sich lohnt und Nachhaltigkeit garantiert! 5 Grüne Forderungen für nachhaltiges, leistbares Wohnen in Vorarlberg Dichtebonus Die Vorarlberger Landesregierung baut zur Zeit etwa 600 gemeinnützige Wohnungen im Jahr. Um die Nachfrage nach Wohnraum decken zu können sind wir auf die Bauleistung der Privatwirtschaft angewiesen. Viele Bauträger würden gerne höher und breiter auf ihren Grundstücken bauen. Das stößt oftmals bei der Bevölkerung auf Widerstand. Wir Grüne sprechen uns deshalb für einen Dichtebonus aus, von dem sowohl Bauträger als auch die Bevölkerung profitieren. Bei höherer Dichte sollen die zusätzlichen Wohnungen zu einem günstigen Tarif von EUR 7,50 vermietet werden. Smarte Nachverdichtung bei schlecht genutzten Grundstücken Ein klassischer Supermarkt in Vorarlberg steht inmitten eines überdimensionierten Parkplatzes als freistehendes architektonisch wenig anspruchsvolles Gebäude. Dieses Bild soll nach unserer Ansicht der Vergangenheit angehören. Die Supermarktflächen bieten viel Platz für eine bessere Nutzung. Wenn Gemeinden und Städte den Supermarktketten entsprechende Vorgaben machen, können wir Raum für Wohnen, Gewerbe oder soziale Infrastruktur gewinnen und zusätzlich das Ortsbild verbessern. Gemeinde Thüringen: Mischnutzung Supermarkt und gemeinnützige Wohnungen der VOGEWOSI 6 Mindestbaunutzungszahlen in den Zentren Ortszentren können nur dann blühen, wenn sie auch gestalterisch eine kompakte Form annehmen. Um der Verhüttelung vorzubeugen und leistbares Wohnen zu forcieren schlagen wir Grüne verpflichtende Bebauungspläne für die Kerngebiete mit Mindestbaunutzungszahlen vor. Dichtezuschlag für kompaktes Wohnen Der Verdichtungszuschlag in den momentanen Förderrichtlinien von EUR 50 pro Quadratmeter ab einer Baunutzungszahl von 54 bietet nur geringe Anreizwirkung für mehr verdichtetes Bauen. Deshalb müssen die Sockelförderung gesenkt und die Zuschläge erhöht werden, insbesondere für verdichtetes Bauen. Damit könnte die Landesregierung gezielter fördern. Insbesondere KäuferInnen von Wohnungen würden profitieren. 7
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