Zürich soll « rekordhohe » Kapitalsteuer abschaffen

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Datum: 13.02.2017
Zürich soll « rekordhohe » Kapitalsteuer abschaffen
Der Kanton Zürich dürfte auf längere Sicht zu den Verlierern der gescheiterten Steuerreform gehören.
Experten erklären, wie der Schaden gering gehalten werden kann.
Die Kampagne verfing: Aktion der SP Schweiz zur Lancierung der Nein - Kampagne zur
Unternehmenssteuerreform III an der Zürcher Bahnhofstrasse. Foto: Walter Bieri (Keystone)
Robert Mayer 21:39
Käme es jetzt als Folge der abgelehnten Unternehmenssteuerreform III (USR III) zu einem verschärften
Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen, hätte Zürich schlechte Karten. Wirtschaftlich starke Kantone wie
Genf oder Basel - Stadt liessen im Vorfeld der Abstimmung durchblicken, sie würden im Bedarfsfall die
Unternehmenssteuern halbieren. Für Zürich wäre das ein Ding der Unmöglichkeit, weil es von den Einnahmen
aus der Unternehmensbesteuerung schlicht zu abhängig ist.
Doch genau dieses Konkurrenzszenario droht: « Wenn es der Landesregierung und dem Parlament jetzt nicht
zeitnah gelingt, eine Ersatzlösung für die USR III zu zimmern, steht zu befürchten, dass der interkantonale
Steuerwettbewerb wieder an Schärfe zunimmt » , sagt Jochen Jäger, Steuerexperte beim Wirtschaftsberater
EY Schweiz. Aus seiner Sicht ist der Finanzplatz Zürich durch die Ablehnung der USR III nicht unmittelbar und
kurzfristig betroffen – auch nicht durch den Wegfall der zinsbereinigten Gewinnsteuer. Der Kanton Zürich
könnte sich laut Jäger nun überlegen, die Kapitalsteuer abzuschaffen, um die steuerliche Attraktivität zu
erhöhen.
Umfrage
Verschärft sich jetzt der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen?
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Ja, die Kantone werden ihren Spielraum nutzen.
Nein, das wäre kontraproduktiv.
Abstimmen
Ja, die Kantone werden ihren Spielraum nutzen.
62.0%
Nein, das wäre kontraproduktiv.
38.0%
179 Stimmen
Einen solchen Schritt könnte Zürich in eigener Regie durchführen – und « er wäre wohl den Stimmbürgern
einfacher zu vermitteln als eine zinsbereinigte Gewinnsteuer » , ergänzt Jäger. Dies umso mehr, als die
Zürcher Kapitalsteuer auf « rekordhohem Niveau liegt » , wie Jäger ausführt. Ferner setze die Kapitalsteuer
bei der Substanz der Unternehmen an, was sie « besonders problematisch macht » .
Ansonsten ist Zürich weitgehend auf die Gesetzgebung des Bundes angewiesen, wenn der Kanton das
steuerliche Umfeld für seinen Finanzplatz und namentlich für Finanzierungsaktivitäten verbessern will. Jäger
nennt etwa die Abschaffung der Stempelsteuer: Sie beschere den Banken viel Aufwand, ihre Streichung wäre
für die Branche « eine wesentliche Erleichterung » . Allerdings müsste der Bund auf jährliche Einnahmen von
2 bis 2,5 Milliarden Franken verzichten.
Wie weiter ohne zinsbereinigte Gewinnsteuer?
Armin Marti, Leiter Unternehmenssteuern beim Wirtschaftsberater PWC Schweiz, lenkt den Blick auf die 35 prozentige Verrechnungssteuer für ausländische Zeichner von Schweizer Anleihen. Eine Abschaffung dieser «
prohibitiv hohen Besteuerung » würde dem Finanzplatz ebenfalls zugutekommen, ist Marti überzeugt.
Allerdings müsste auch hier der Bund aktiv werden, wobei Marti einräumt, dass die Diskussion über die
Verrechnungssteuer ausserhalb der USR III läuft.
Ansonsten, so der PWC - Experte, « besteht die Hauptherausforderung für den Finanzplatz Zürich nun darin,
eine Alternative zu finden für die zinsbereinigte Gewinnsteuer, die mit dem Schiffbruch der USR III wohl
politisch tot ist » . Dieses Instrument hätte laut Marti ganz gezielt gewisse Finanzierungsgeschäfte steuerlich
entlastet und wäre mit entsprechend geringem Streuverlust verbunden gewesen. « Man hätte damit ein
Steuersubstrat in Höhe von rund 320 Millionen Franken im Land behalten können, von dem nun anzunehmen
ist, dass es früher oder später zu einem erheblichen Teil abwandern wird » , sagt Marti.
Von diesem Substrat entfällt gemäss Marti ein überproportional grosser Teil auf den Kanton Zürich. Dabei ist
aber in Erinnerung zu rufen, dass weder die grossen Banken noch die Versicherungen in Zürich von der
zinsbereinigten Gewinnsteuer profitiert hätten; dafür halten sie zu wenig Eigenkapital auf ihren Bilanzen. Eine
steuerliche Entlastung hätte es hingegen für stark kapitalisierte mittelständische Unternehmen sowie für
Finanzierungsgesellschaften von grossen in - und ausländischen Konzernen gegeben. Der Steuerexperte von
PWC geht so weit, dem Kanton Zürich zu empfehlen, er könne sich beim Bund für eine zinsbereinigte
Gewinnsteuer « in anderem Kleid » starkmachen. Er verweist dabei auf die EU, « die in einer leicht anderen
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Form einen Wachstums - und Investitionsabzug » auf den Weg bringen wolle. Die Schweiz sollte sich nach
Martis Dafürhalten an diesem EU - Projekt orientieren und « etwas Ähnliches » ins Auge fassen.
Finanzausgleich stärken
Wie sein Kollege Jäger von EY geht auch Marti davon aus, dass das Steuersatzgefälle zwischen den
Kantonen nach dem Scheitern der USR III wieder grösser werden dürfte. Das gelte etwa gegenüber dem
Kanton Zug, dem es einfacher fallen dürfte, eine Steuerreform mit tieferen Sätzen durchzuführen als Zürich.
Um zu verhindern, dass die Diskrepanzen zwischen den Kantonen mit tiefen Steuersätzen und jenen mit
hohen Sätzen – wie Zürich – noch grösser werden, könnte sich Zürich beim Bund dafür stark machen, dass
der interkantonale Finanzausgleich ausgebaut wird. Marti denkt dabei zum Beispiel an einen Hebel, der ab
einem bestimmten Steuersatzgefälle zwischen den Kantonen für einen Ausgleich von Tief - und
Hochsteuerkantonen sorgt.
Ansonsten, so Jochen Jäger von EY Schweiz, bleibe Zürich nur die Möglichkeit, gegenüber Konkurrenten wie
Zug die nicht steuerlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Infrage käme etwa, Anreize dafür zu geben,
dass den Banken ausreichend gut ausgebildete Beschäftigte zur Verfügung stehen, oder auch die Ansiedlung
bankverwandter Firmen etwa aus der Fintech - Industrie zu unterstützen.
Finanzminister Ueli Maurer will das Nein zur Unternehmenssteuerreform III genau analysieren:
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(baz.ch/Newsnet)
Erstellt: 13.02.2017, 21:39 Uhr
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ANHANG: Bildstrecke
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Auch die NZZ meint, das Nein sei «
Ausdruck eines grösseren Malaises » und deute auf
einen Vertrauensverlust hin. « Einst folgten die
Stimmbürger instinktmässig, heute drücken sie im
Zweifelsfall ihr Misstrauen aus » , schreibt Marcel
Amrein. (13. Februar 2017) Bild: Screenshot
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Ähnlich der « Blick » : « Das
komplette Spektrum rechts der Sozialdemokratie
» habe für die USR III gekämpft. « Und dann das: 59,1
Prozent Nein! » ( 13. Februar 2017) Bild: Screenshot
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Etwas anders interpretiert das « St.
Galler Tagblatt » den Entscheid: Wie schon das Ja zur
Masseneinwanderungsinitiative sei es « ein Votum
gegen die Globalisierung » . ( 13. Februar 2017) Bild:
Screenshot
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Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform « Die Linke triumphiert von A bis Z » ,
schreibt die « Basler Zeitung » unter dem Titel «
Beerdigung erster Klasse » . Die BaZ diagnostiziert
ein « vollkommenes Versagen der Economiesuisse » .
( 13. Februar 2017) Bild: Screenshot
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Dagegen hält die « Tageswoche » :
Die Bevölkerung habe « den Bschiss durchschaut » .
( 13. Februar 2017) Bild: Screenshot
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Das Nein zur USR III sei ein Debakel
für den ganzen Bundesrat, aber speziell für Ueli
Maurer, meint die « Berner Zeitung » .
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform « Der Landbote » schaut nach vorn. «
Man kann das Ergebnis nicht als Votum zugunsten
linker Ideen interpretieren, sondern als solches gegen
bürgerliche Regierung und Parlament » , diagnostiziert
die Zeitung.
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Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform « Den Befürwortern gelang es nie, die
Befürchtung zu widerlegen, dass die
‹ Normalverdiener › die Zeche für die Reform bezahlen
werden » , meint watson.
Debakel, Beben, Malaise: Harte Worte nach dem Nein
zur Steuerreform Die « Aargauer Zeitung » spricht von
einer « Vertrauenskrise » und sieht gar den Niedergang
des Diktums: « Was für die Wirtschaft gut ist, ist gut für
das Land. » ( 13. Februar 2017) Bild: Screenshot (9
Bilder)
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