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CFP: Ökonomische Bildung und ökonomisches Wissen im
Literaturunterricht? Perspektiven, Kritik und didaktischmethodische Zugänge, Koblenz (30.04.2017)
Discussion published by Nicole Mattern on Thursday, February 16, 2017
Call for Papers
Ökonomische Bildung und ökonomisches Wissen im Literaturunterricht? Perspektiven,
Kritik und didaktisch-methodische Zugänge.
Tagung an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz, am 08. und 09.06.2018
Im Zuge immer komplexer werdender ökonomischer Zusammenhänge erklärte die
Kultusministerkonferenz bereits im Jahr 2001 ‚ökonomische Bildung‘ und im Jahr 2013
‚Verbraucherbildung‘ zu einem wesentlichen Bestandteil des Bildungsauftrags allgemeinbildender
Schulen. Während z.B. in Rheinland-Pfalz für die Grundschule empfohlen wird, Thematiken wie Geld,
Arbeit und Produktion im Sach- oder Mathematikunterricht anzusprechen, sollen in der
Sekundarstufe I Bereiche wie Berufs- und Arbeitslehre, Geldanlage und Versicherungen, Konsum,
soziale Ungleichheit, Tarifparteien und Wirtschaftspolitik vertieft behandelt werden, um den
Schulabgängern die Möglichkeit der Partizipation an privat und gesellschaftlich relevanten Themen
zu ermöglichen. Für die Sekundarstufe II wird die vertiefte Behandlung von Wirtschaftsordnungen
und Globalisierung vorgeschlagen. Dabei wird von der Kultusministerkonferenz einerseits ein
eigenständiges Schulfach ‚wirtschaftliche Bildung‘ empfohlen, andererseits wird zu einer Integration
wirtschaftlicher Grundkenntnisse in andere Fächer aufgefordert. Als Anfang 2015 der damalige
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel für die Etablierung eines eigenständigen Schulfaches
eintrat, geschah dies mitten in einer durch einen Schülertweet angestoßenen Debatte über fehlende
ökonomisch-alltagstaugliche Wissensvermittlung in der Schule, in deren Verlauf sich die
Bildungsministerin Johanna Wanka einerseits für stärkere Alltagstauglichkeit von Unterricht
aussprach und andererseits betonte, dass es dennoch wichtig bliebe, „Gedichte zu lernen und zu
interpretieren“ (Spiegel Online, 10.02.2015).
An dieser von verschiedenen Akteuren geführten Debatte lassen sich bereits einige inhaltliche
Facetten sowie grundlegende Strukturmerkmale des aktuellen allgemeinen Bildungsdiskurses
ablesen, die auf der einen Seite dem ökonomischen Diskurs entlehnt sind, wie z.B. die Aufstellung
einer Kosten-Nutzen-Rechnung, die ein ökonomisches Konkurrenzverhältnis im Feld der Bildung
etabliert, die den Wert bzw. die Wertlosigkeit der Literatur für unsere Gesellschaft verhandelt und
vor der ‚Ressourcenverschwendung‘ für Schöngeistiges warnt. Auf der anderen Seite werden
Stimmen laut, die der Sorge vor der ‚feindlichen Übernahme‘ des Schöngeistigen durch neoliberales
Denken Ausdruck verleihen und in der Vermittlung von ökonomischen Inhalten eine Indoktrination
marktwirtschaftlicher, nutzenmaximierender Strukturen, eine weitreichende „Merkantilisierung des
Wissens“ (Lyotard 2012, S. 32) und eine Erziehung zu ‚homines oeconomici‘ befürchten. Neben der
Tradierung klischeehafter Vorstellungen von Literatur, erfolgt eine Festschreibung stereotyper
Auffassungen über wirtschaftliche Zusammenhänge, die die scheinbare Dichotomie zwischen
Literatur und Ökonomie weiter betont. Solche Aussagen stehen nicht nur im Gegensatz zum Stand
Citation: Nicole Mattern. CFP: Ökonomische Bildung und ökonomisches Wissen im Literaturunterricht? Perspektiven, Kritik und
didaktisch-methodische Zugänge, Koblenz (30.04.2017). H-Germanistik. 02-16-2017. https://networks.hnet.org/node/79435/discussions/167322/cfp-%C3%B6konomische-bildung-und-%C3%B6konomisches-wissen-im
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des literatur- und kulturwissenschaftlichen Fachdiskurses, in dem die Poetizität der Ökonomie und
das ökonomische Wissen der Literatur mithilfe transdisziplinärer, kontextualisierender Ansätze
spätestens seit den 1990er fruchtbar gemacht wurde, sie stehen auch im Gegensatz zu den
Entwicklungen der allgemeinen Didaktik sowie u.a. den Lehrplänen Deutsch der Bundesländer, in
denen fachübergreifender Unterricht im Sinne eines situativen, problemorientierten oder
ganzheitlichen Lernens gefordert wird.
Daran anknüpfend stellt sich die Frage, wie literaturdidaktische Konzeptionen auf die Forderung
nach fachübergreifendem Unterricht reagieren, wie sie neuere Entwicklungen der
Literaturwissenschaft integrieren und wie sie darüber hinaus den in der Debatte um ökonomische
Bildung verstärkten Dualismus zwischen ‚Schöngeistigem‘ auf der einen und ‚nützlichem‘
Alltagswissen auf der anderen Seite überwinden können.
Im Verlauf der Tagung sollen sowohl solche grundlegenden Fragestellungen, als auch praktische
Umsetzungen eines fachübergreifenden, an der Herausarbeitung ökonomischer Bildung und
ökonomischen Wissens orientierten Literaturunterrichts diskutiert werden.
So stellen sich für die geplante Tagung u.a. folgende Fragen:
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Welche Art von ökonomischer Bildung/ökonomischen Wissens kann Literatur überhaupt
vermitteln?
Wie kann diese Bildung/dieses Wissen im Sinne eines fächerübergreifenden Unterrichts vermittelt
und in den Literaturunterricht integriert werden?
Wie unterscheiden sich die Vermittlung von ökonomischer Bildung und ökonomischen Wissen in der
bzw. durch Literatur?
Welche Konzepte der Vermittlung können verfolgt werden? Sollen und können etwa neuere
fachwissenschaftliche Ansätze (wie z.B. die Diskursanalyse, die Wissenspoetologie, der New
Economic Criticism, die Literarischen Ökonomik oder andere) nutzbar gemacht werden?
Welches kritische, subversive, affirmative, welches spezifische Bildungspotential enthält der
literarische Diskurs über Ökonomie und wie kann dieses für den Unterricht fruchtbar gemacht
werden?
Wie lässt sich der Umgang mit der Differenz zwischen Fakten und Fiktion für dieses Feld
thematisieren und produktiv machen?
Welche Ausschließungs- und Kontrollmechanismen regeln den schulischen Diskurs über
ökonomisches Wissen?
Welcher ‚Gewinn‘ kann aus einer ökonomisch ausgerichteten Lektüre einerseits für die Schüler,
andererseits aber auch für den gesellschaftlichen Stellenwert von Literatur ‚erwirtschaftet‘
werden?
Oder verliert die Literatur als Unterrichtsgegenstand damit ihren Eigenwert und wird ökonomisch
funktionalisiert, zum Vehikel für die Vermittlung ökonomischen Wissens?
Welche Anforderungen werden durch eine transdisziplinär ausgerichtete Literaturdidaktik an die
Lehrkräfte gestellt?
Wo liegen die Probleme und Grenzen eines fachübergreifenden Unterrichts bezogen auf Literatur
und Ökonomie?
Welche Rolle spielen Genderaspekte in der Vermittlung ökonomischen Wissens in der Literatur?
Ebenfalls sind konkrete (Unterrichts-) Beispiele erwünscht, anhand derer die Durchführbarkeit, der
Mehrwert oder die Grenzen transdisziplinären Unterrichts diskutiert werden können.
Citation: Nicole Mattern. CFP: Ökonomische Bildung und ökonomisches Wissen im Literaturunterricht? Perspektiven, Kritik und
didaktisch-methodische Zugänge, Koblenz (30.04.2017). H-Germanistik. 02-16-2017. https://networks.hnet.org/node/79435/discussions/167322/cfp-%C3%B6konomische-bildung-und-%C3%B6konomisches-wissen-im
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Die Tagung wird vom 08. und 09. Juni 2018 an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz,
stattfinden. Für die Bewerbung um eine Teilnahme werden Abstracts von max. einer Seite Länge bis
zum 30. April 2017 erbeten. Über die Annahme Ihres Vorschlags werden wir Sie bis Ende Mai
informieren.
Die Übernahme der Kosten für Anfahrt und Unterkunft ist angestrebt, kann aber noch nicht
zugesichert werden. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen.
Abstracts und Rückfragen richten Sie bitte an die Organisatorinnen der Tagung:
Prof. Dr. Uta Schaffers: [email protected]
Nicole Mattern: [email protected]
Diese Ankündigung wurde von
[email protected]
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[ Lukas
Büsse ]
betreut
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Citation: Nicole Mattern. CFP: Ökonomische Bildung und ökonomisches Wissen im Literaturunterricht? Perspektiven, Kritik und
didaktisch-methodische Zugänge, Koblenz (30.04.2017). H-Germanistik. 02-16-2017. https://networks.hnet.org/node/79435/discussions/167322/cfp-%C3%B6konomische-bildung-und-%C3%B6konomisches-wissen-im
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