Pressemitteilung Gemeinsam sind wir stark Hamburger Tuberkulosestudie unterstreicht die Bedeutung wissenschaftlicher Kooperationen Hamburg, 19. Februar 2015 – Eine heute in der Fachzeitschrift PLoS Pathogens veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern am EMBL Hamburg und ihren Partnern macht deutlich, welche Vorteile es haben kann, wenn Experten aus verschiedenen Fachgebieten zusammen arbeiten, um komplexe Probleme zu lösen. Dem interdisziplinären Team gelang auf diese Weise eine überraschende Entdeckung in dem Bakterium, das Tuberkulose auslöst: Mycobacterium tuberculosis. Tuberkulose kennt keine Landesgrenzen und tötet jährlich Millionen Menschen weltweit. Die Geschwindigkeit, mit der die Erreger Resistenzen gegenüber herkömmlichen Therapien entwickeln, ist stark ansteigend. Deswegen besteht dringender Bedarf, die damit verbunden molekularen Prozesse besser zu verstehen und so die Entwicklung von neuartigen Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika zu unterstützen. Tuberkulosebakterien sind von einer wachsartigen Membran umhüllt, die aus extrem langen Lipiden besteht und dadurch besonders vor toxischen Substanzen schützt. Zu diesen für das Bakterium toxischen Substanzen gehören auch mögliche Medikamente, die erst in das Bakterium eindringen müssen, um es schädigen zu können. Ein besseres Verständnis, wie diese Schutzschicht funktioniert und wie sie aufgebrochen werden kann, ist daher essentiell für die Entwicklung neuer Therapien. Im Rahmen dieser Studie untersuchten Wilmanns und seine Kollegen von der Außenstelle des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) in Hamburg gemeinsam mit Wissenschaftlern aus der Schweiz, Frankreich und Polen das Enzym AccD1-AccA1, von dem man bisher annahm, dass es am Aufbau der Lipide beteiligt sei, wie sie auch in der Zellwand des Mycobacterium tuberculosis vorkommen. “Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass AccD1AccA1 an einem völlig anderen Prozess beteiligt ist, als wir lange Zeit dachten: es baut Leucin ab, einen der Bausteine zur Herstellung von Proteinen”, so Matthias Wilmanns, Leiter des EMBL Hamburg und Koordinator dieser Studie. Die Gruppe ging noch einen Schritt weiter und bestimmte die Struktur dieses Komplexes mit Hilfe der Elekronenmikroskopie, gemeinsam mit Kollegen aus dem Hauptlabor des EMBL in Heidelberg. „Mit dieser Studie konnten wir zeigen, wie sich unterschiedliche wissenschaftliche Methoden ausgezeichnet verbinden lassen, um anhand des Tuberkulosebakteriums Prozesse in Organismen in ihrer Gesamtheit verstehen zu können”, so Wilmanns. Die Studie ist ein hervorragendes Beispiel für die wissenschaftliche Ausrichtung, die sogenannte Systembiologie, die das neue „Centre for Structural Systems Biology“ (CSSB) zukünftig auf breiter Ebene etablieren will. Das Zentrum entsteht derzeit auf dem Campus der DESY in Hamburg-Bahrenfeld und ihm gehören insgesamt neun Forschungspartner aus Norddeutschland an, unter ihnen drei Universitäten. Mit Matthias Wilmanns als wissenschaftlichem Direktor ist es das erklärte Ziel der Einrichtung, Biologen aus den Bereichen Struktur-, System- und Infektionsbiologie zusammenzubringen, um sich der Erforschung verschiedener Infektionskrankheiten zu widmen und damit Möglichkeiten für neue Therapieformen zu ermöglichen. Ermöglicht wird der Bau des CSSB durch die finanzielle Unterstützung des Bundes und der Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Höhe von 52 Millionen Euro. Interdisziplinäre Studien wie diese und die aufschlussreichen Ergebnisse, die sie erzielen können, sind auch der Grund, warum führende Experten aus aller Welt im April in Hamburg zusammenkommen. Dann findet dort das erste Internationale Symposium des CSSB mit dem Titel „Systems in Infection Biology“ statt. Die aktuelle Studie wurde vom EMBL und dem Förderprogramm SysteMTb der Europäischen Kommission finanziert. Quelle Ehebauer et al. Characterization of the Mycobacterial Acyl-CoA Carboxylase Holo Complexes reveals their Functional Expansion into Amino Acid Catabolism. PLoS Pathogens, 19. Februar 2015. Kontakt: Angela Michel, EMBL Outreach Officer, Heidelberg, Germany, Tel: +49 6221 387 8443, www.embl.org, [email protected] Melissa Prass, CSSB Public Relations Officer, Hamburg, Deutschland, Tel.: +49 (0)40 8998 3925, [email protected] Über EMBL Das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) ist Europas führendes Grundlagenforschungsinstitut in den Lebenswissenschaften, das sich über öffentliche Forschungsgelder seiner Mitgliedstaaten finanziert. Mehr als 80 unabhängige internationale Forschungsgruppen arbeiten hier interdisziplinär zu Themen des gesamten Spektrums der Molekularbiologie. Die 1800 Mitarbeiter des Instituts arbeiten an fünf Standorten: das Hauptlaboratorium in Heidelberg sowie Außenstellen in Hinxton bei Cambridge (Europäisches Bioinformatik-Institut), Grenoble, Hamburg und Monterotondo bei Rom. Die Kernaufgaben des 1974 als zwischenstaatliche Organisation gegründeten Instituts sind: molekularbiologische Grundlagenforschung; Ausbildung von Studenten, Wissenschaftlern und Gastwissenschaftlern; Serviceleistungen für Wissenschaftler in den Mitgliedstaaten; Entwicklung neuer Instrumente und Methoden für die Forschung sowie aktiver Technologietransfer und die Vernetzung der Biowissenschaften in Europa. Im internationalen Doktorandenprogramm des EMBL forschen rund 200 Studenten. Darüber hinaus fördert das Institut das Institut den Austausch mit der Öffentlichkeit durch Vortragsreihen, Besucherprogramme und aktive Wissenschaftskommunikation. Über CSSB Das CSSB widmet sich der Infektionsbiologie und Medizin unter Anwendung von struktur- und molekularbiologischen Methoden und bildgebenden Verfahren in Verbindung mit systembiologischen Ansätzen. Unser Ziel ist das Enträtseln der zugrunde liegenden Mechanismen wichtiger pathogener Prozesse, um bessere Behandlungsmöglichkeiten gegen bakterielle und virale Krankheitserreger zu finden. Der CSSB ist eine gemeinsame Initiative von neun Forschungspartnern aus Norddeutschland, die drei Universitäten und sechs Forschungseinrichtungen umfasst (Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY), European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Forschungszentrum Jülich (FZJ), Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Heinrich Pette Institute (HPI), Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), Universität Hamburg (UHH), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)). Dabei handelt es sich um ein Konsortium ohne Rechtspersönlichkeit. Alle Partner handeln ausschließlich in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung. Nutzungsbedingungen EMBL Pressemitteilungen, Photos, Grafiken und Videos unterliegen dem EMBL copyright. Sie können für nicht-kommerzielle Nutzung frei reproduziert und verbreitet werden. Wir bitten um Nennung der Autoren und Institution.
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