Solidaris Information - Solidaris Revisions-GmbH

Nutzen stiften – mit Freude für Menschen
J A H R G A N G 20 / A U S G A B E 1 / F E B R U A R 2017
Solidaris Information
Fakten aktuell
3
KZVK-Finanzierungsbeitrag – Ergebnisauswirkung der Rückstellungsbildung in Folgejahren
5
Berücksichtigung der Rückzahlung des KZVK-Sanierungsgeldes im KiTa-Verwendungsnachweis
6
Zuweisungen und Zuschüsse nach BilRUG: Umsatzerlöse oder sonstige betriebliche Erträge?
7
Spezielle BilRUG-Ausweisfragen bei WfbM
8
Bilanzielle Auswirkungen der Neuregelung der Investionsfinanzierung für Krankenhäuser in
Hessen und Berlin
9
Unterschwellenvergabeordnung überraschend in Kraft gesetzt
10
Neue Bewertungsregeln zu Pensionsrückstellungen
11
Reform der Arbeitnehmerüberlassung
12
Höherer Vorsteuerabzug bei Blockheizkraftwerken
13
Internet für alle?
Beratung aktuell
14
Datenschutz und Compliance: Zukunftsbausteine für kirchliche Einrichtungen und Ordensgemeinschaften
16
Chancen und Risiken von Cloud Computing
17
Qualitätssichernde Begleitung von Anwendungsmigrationen
18
Festlegung erster „planungsrelevanter Qualitätsindikatoren“ im Krankenhausbereich
20
Krankenhausstrukturgesetz – Leistungsmengenbegrenzung
21
Psychiatrievergütung 2017
Intern
22Veranstaltungsübersicht
23
Wohlverdienter Ruhestand
23
6. Ordenstag der Solidaris
24
Aktuelle Seminare
Berlin
Erfurt
Freiburg
Hamburg
Köln
München
Münster
Wien (A)
Würzburg
Solidaris Information – 1/2017
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
die Schwestern und Brüder unter Ihnen werden es sicher bestätigen können:
Ordensgemeinschaften werden mit ihrem caritativen Engagement in der Presse
nicht umfänglich wahrgenommen. Entsprechend werden die Anliegen von
Ordens­tätigen nur selten von der Öffentlichkeit aufgegriffen.
Dieser Entwicklung wirkte unsere Unternehmensgruppe von Beginn an entgegen.
Die Solidaris unterstützt seit nunmehr 85 Jahren Einrichtungen des Gesundheitsund Sozialwesens sowie der Freien Wohlfahrtspflege unterschiedlicher Größe und
Rechtsform in allen unternehmerischen Belangen. Einen besonderen Schwerpunkt unserer Arbeit bildet dabei die wirtschaftliche, steuerliche und rechtliche
Dr. Rüdiger Fuchs
Betreuung von Ordensgemeinschaften. Unser Engagement für die Orden geht
jedoch über die klassischen Prüfungs- und Beratungsleistungen hinaus: Um
Ordens­a ngehörigen eine besondere Plattform für den persönlichen und fach­
lichen Austausch zu bieten, wurde im Jahr 2006 in Köln der Ordenstag der
Solidaris ins Leben gerufen.
Inzwischen ist die Veranstaltung im Ordensbereich fest etabliert. Bestärkt durch
die fortlaufend positive Resonanz, nutzen wir den Auftakt der ersten Ausgabe
der Solidaris-Information im neuen Jahr gern dazu, Ordensangehörige zum
6. Ordens­tag der Solidaris am 7./8. März 2017 nach Mainz einzuladen. Unter dem
Motto „Strukturwandel im Orden – heute die richtigen Schritte gehen“ widmen
wir uns am Mittwoch, dem 8. März 2017, vor allem aktuellen wirtschaftlichen und
recht­lichen Themen aus der Praxis von Ordensgemeinschaften. Am Abend des
Vor­tages wird Herr Domdekan Prälat Heinz Heckwolf im Rahmen der Veranstaltung eine Heilige Messe im Hohen Dom St. Martin zu Mainz zelebrieren. Das
aus­f ühr­liche Tages- und Rahmenprogramm sowie weitere organisatorische
Details finden Sie auf S. 23 sowie auf unserer Webseite www.solidaris.de.
Anmeldungen und Presseanfragen richten Sie bitte an Herrn Ivan Panayotov
([email protected], 02203 . 8997-136).
Wir freuen uns schon jetzt, Sie alle in Mainz herzlich willkommen zu heißen!
Doch zunächst hoffe ich, Ihnen mit der heutigen Ausgabe unserer Mandantenzeitschrift eine nutzenstiftende Lektüre zur Verfügung stellen zu können.
Ihr
2
FA K T E N A K T U E L L
KZVK-Finanzierungsbeitrag –
Ergebnisauswirkung der Rückstellungsbildung in Folgejahren
Hierzu ist in der Praxis für eine sachlich stetig definierte
Mitarbeitergruppe deren Anteil an den Ansprüchen aller
Mitarbeiter des bilanzierenden Unternehmens an die KZVK
zu ermitteln. Die dazu erforderlichen Informationen zu den
individuellen Verpflichtungen der KZVK gegenüber den Mitarbeitern stellt die KZVK auf Anfrage in elektronischer Form
Von Stefan Szük und Martin Tölle
zur Verfügung.
Nachdem der Verwaltungsrat der Kirchlichen Zusatzver-
Als Kriterium für die Definition einer Mitarbeitergruppe zur
sorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutsch-
anteiligen Bildung einer Rückstellung können Jahrgänge,
lands (KZVK) beschlossen hat, zur Schließung der beste-
Dienstarten oder andere Abgrenzungskriterien gewählt wer-
henden Deckungslücke im Abrechnungsverband S einen
den. Die Festlegung der relevanten Mitarbeitergruppe hat
Finanzierungsbeitrag zu erheben, wird im Rahmen der
dabei Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung der
Aufstellung der Jahresabschlüsse von an der KZVK be-
Rückstellung, da die einmal festgelegte Gruppe und ihr
teiligten Unternehmen für das Geschäftsjahr 2016 viel-
­Anteil an den Gesamtansprüchen gegenüber der KZVK fort-
fach diskutiert, ob in Ausübung des Wahlrechts nach
geschrieben werden müssen. So wird der Anteil der Ansprü-
Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB eine Rückstellung für die mit-
che einer Mitarbeitergruppe aus älteren Jahrgängen an den
telbare Pensionsverpflichtung aus der Subsidiärhaftung
Gesamtansprüchen grundsätzlich zurückgehen, während
des Dienstgebers aufgrund der Deckungslücke bei der
der Anteil der Ansprüche einer Mitarbeitergruppe aus jün-
KZVK gebildet werden soll (vgl. Solidaris-Information
geren Jahrgängen an den Gesamtansprüchen grundsätz-
4/2016). Im Rahmen der bilanzpolitischen Entscheidun-
lich steigen wird.
gen zum 31. Dezember 2016 sollten aufgrund der Bindungswirkung des Grundsatzes der Ansatz- und Bewer-
Durch Auswahl einer Gruppe von relativ jungen Jahrgängen
tungsstetigkeit für Folgejahre jedoch bereits die
als Mengengerüst wird in unserem Fallbeispiel am 31. De-
Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse der nachfolgen-
zember 2016 aufgrund von Ansprüchen dieser Mitarbeiter-
den Geschäftsjahre in den Blick genommen werden.
gruppe gegenüber der KZVK in Höhe von 7,2 Mio. EUR bei
Nachfolgendes Fallbeispiel veranschaulicht diese Aus-
Gesamtansprüchen aller Mitarbeiter des bilanzierenden
wirkungen.
Unternehmens von insgesamt 20,0 Mio. EUR und damit
eines Anteils von 36,0 % eine Rückstellung in Höhe von rd.
Ermittlung der mittelbaren Pensionsverpflichtung
4 Mio. EUR zum 31. Dezember 2016 gebildet (36 % von
Als Bewertungsmaßstab für die Ermittlung des handels-
11,0 Mio. EUR).
rechtlichen Erfüllungsbetrages der Rückstellung für die
mittelbare Pensionsverpflichtung ist der Barwert aus der
Der Anteil der Gruppe von relativ jungen Jahrgängen an den
Summe der in den nächsten 24 Jahren zu leistenden Finan-
Gesamtansprüchen aller Mitarbeiter des bilanzierenden
zierungsbeiträge sachgerecht (vgl. Szük/Tölle, WPg
Unternehmens soll im Fallbeispiel in den Folgejahren jähr-
23.2016). Ausgehend von einem beispielhaft angenomme-
lich um 0,5 Prozentpunkte steigen. Dieser Anstieg führt
nen jährlichen Finanzierungsbeitrag in Höhe von 700 TEUR
isoliert betrachtet zu einem Anstieg des anteiligen Barwerts
ergibt sich bei einem Abzinsungssatz am 31. Dezember
der zukünftigen Finanzierungsbeiträge zum 31. Dezember
2016 von 4,01 % ein Barwert aus der Summe der Finanzie-
2017 um 84 TEUR.
rungsbeiträge in Höhe von rd. 11,0 Mio. EUR.
Auswirkung der absinkenden Zinskurve auf die zu
Teilweise Passivierung der mittelbaren Pensions­
bildende Rückstellung
verpflichtung
Der Barwert aus der Summe der Finanzierungsbeiträge
Sofern die Verpflichtung nur teilweise passiviert werden soll
wird durch Abzinsung der zukünftig zu leistenden Finanzie-
(vgl. Solidaris-Information 4/2016 sowie Szük/Tölle, WPg
rungsbeiträge gemäß § 253 Abs. 2 HGB mit einem durch-
23.2016), ist der im Rahmen der erstmaligen Rückstellungs-
schnittlichen Zinssatz der vergangenen 10 Jahre bei einer
bildung gewünschte Teilbetrag sachgerecht zu ermitteln.
angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ermittelt. Auf3
Solidaris Information – 1/2017
800
700
600
500
400
300
200
2040
2039
2038
2037
2036
2035
2034
2033
2032
2031
2030
2029
2028
2027
2026
2025
2024
2023
2022
2021
2020
2019
2018
2017
100
Ergebnisbelastung (TEUR) aus der Erhebung des KZVK-Finanzierungsbeitrags zzgl. der Veränderung der Rückstellung für die mittelbare Pensionsverpflichtung
grund des in den vergangenen Jahren gesunkenen Zins­
Zusammenfassung
niveaus ist davon auszugehen, dass der maßgebliche Rech-
Die Ausübung des Wahlrechts nach Art. 28 Abs. 1 S. 2
nungszins als Durchschnittszins der vergangenen 10 Jahre
EGHGB zur teilweisen Bildung der Rückstellung für
in den nächsten Jahren weiter sinken wird. Dies führt iso-
die mittelbare Pensionsverpflichtung aus der Subsi-
liert betrachtet zu einem höheren Barwert. Dadurch kann
diärhaftung bei der KZVK ist zulässig und auf Basis
es gegebenenfalls zu einer notwendigen Rückstellungs­
der bei der KZVK abrufbaren Daten durchführbar. Bei
dotierung trotz Verminderung der Deckungslücke durch
der (anteiligen) Bildung der Rückstellung sollte jedoch
geleistete Finanzierungsbeiträge kommen.
bedacht werden, dass dies zwangsläufig Auswirkung
auf die Entwicklung der Rückstellung in den Folgejah-
Für die Fortschreibung der Rückstellung wird davon ausge-
ren haben wird. Zudem ist zu berücksichtigen, dass
gangen, dass der Abzinsungssatz jährlich um 0,30 % sinkt.
im Fall von Umstrukturierungen in Unternehmen
Bei einem angenommenen erwarteten Rückgang des Rech-
(z. B. aufgrund von (Teil-)Betriebsübertragungen) die
nungszinses von 4,01 % zum 31. Dezember 2016 um
für das Mengengerüst der Rückstellung ausgewähl-
0,30 Prozentpunkte zum 31. Dezember 2017 auf 3,71 %
ten Gruppen unter Umständen eine deutliche Ände-
führt dies im Beispiel zu einem Anstieg des anteiligen Bar-
rung erfahren können.
werts der Finanzierungsbeiträge um 114 TEUR.
Unter Berücksichtigung der erforderlichen Aufzinsung der
Verpflichtung, durch die sich der anteilige Barwert der
­zukünftigen Finanzierungsbeiträge bereits um 118 TEUR
erhöht, ergibt sich im Fallbeispiel, dass sich die anteilige
Rückstellung trotz einer Inanspruchnahme der Rückstellung durch den entsprechenden Anteil am geleisteten
­Finanzierungsbeitrag in 2017 von 256 TEUR (36 % von
700 TEUR) insgesamt um 60 TEUR erhöht:
TEUR
Stand 31.12.2016
4.000
Inanspruchnahme
- 256
Zuführung84
Zinsänderung114
Aufzinsung118
Stand 31.12.2017
4
4.060
Stefan Szük
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-210
[email protected]
Martin Tölle
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-116
[email protected]
Berücksichtigung der Rückzahlung
des KZVK-Sanierungsgeldes im
KiTa-Verwendungsnachweis
seite ganz bestimmten anderen Kriterien vorbehalten sind.
In der Folge erhöht die Angabe des Erstattungsbetrags im
Verwendungsnachweis zunächst die nicht verwendeten
Mittel der KiTa und damit letztlich die KiBiz-Rücklage.
In diesem Zusammenhang wird derzeit diskutiert, ob der
Von Alexander Gottwald und Stefan Szük
durch den Erstattungsbetrag entstehende Überschuss an
nicht zweckentsprechend verwendeten Mitteln durch die
Bereits im vorangegangenen Jahr hatte der Verwaltungs-
Bildung einer Rückstellung für mittelbare Pensionsver-
rat der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verban-
pflichtungen bzw. einer GTK-Rückstellung neutralisiert bzw.
des der Diözesen Deutschlands (im Folgenden: KZVK)
„verwendet“ werden kann. Aufgrund der künftigen Erhebung
beschlossen, das seit 2002 gezahlte sogenannte Sanie-
des Finanzierungsbeitrags durch die KZVK hat diese Lö-
rungsgeld aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs
sung Charme, denn nicht zweckentsprechend verwendete
vom 9. Dezember 2015 – IV ZR 336/14 – an die beteiligten
Mittel können in Nordrhein-Westfalen unter bestimmten
Unternehmen zurückzuerstatten (vgl. Solidaris-Informa-
­Voraussetzungen von den Zuschussgebern zurückgefor-
tion 1/2016 und 2/2016). Betroffene Kindertagesstätten
dert werden. Da nach den Ausfüllhinweisen die Aufwendun-
(im Folgenden: KiTa) sind gehalten, je nach Bundesland
gen der KiTa – spiegelbildlich zu den Erträgen – ebenfalls
und Zeitpunkt die Erstattung des Sanierungsgeldes als
betriebswirtschaftlich zu definieren sind, kommt es unseres
Ertrag im Verwendungsnachweis auszuweisen.
Erachtens in Betracht, die Bildung einer Rückstellung für die
oben definierten Zwecke unter den „sonstigen Personalauf-
In Nordrhein-Westfalen ist hierfür § 20 Abs. 4 Buchst. a) des
wendungen“ im Verwendungsnachweis auszuweisen. Die
Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) maßgeblich, denn entspre-
kompensatorische Bildung einer Rückstellung bietet aus
chend der im KiBiz-Web-Handbuch einsehbaren „Ausfüll-
Sicht der KiTa den Vorteil, dass diese Rückstellung erst
hinweise zum Verwendungsnachweis ab dem KGJ 13/14“
aufgelöst werden darf, wenn der Grund für die Bildung ent-
(im Folgenden: „Ausfüllhinweise“) ist der Erstattungsbetrag
fallen ist; ein sukzessiver Abbau einer Rückstellung für die
Teil der „Einkünfte, die dem Einrichtungsträger im Laufe des
mittelbare Pensionsverpflichtung aus der Subsidiärhaftung
Kindergartenjahres für den Betrieb des Kindergartens zur
gegenüber der KZVK wäre durch die Zahlung der künftigen
Verfügung stehen.“ Neben den Ausfüllhinweisen spricht
Finanzierungsbeiträge zu erwarten. So könnte die Gefahr ei-
auch der Sinn und Zweck des § 20 Abs. 4 KiBiz für die
ner Rückforderung von Mitteln unter Umständen vermieden
Einordnung des Erstattungsbetrags als Ertrag. Er besteht
werden. Die Anerkennung dieser Vorgehensweise durch die
darin, die dem Betrieb der KiTa zugeflossenen Mittel zweck-
Zuschussgeber ist jedoch noch nicht abschließend geklärt,
entsprechend, also im Rahmen des Betriebes der KiTa, zu
weshalb das Risiko von Rückzahlungsbegehren seitens der
verwenden und hierüber – zur Vermeidung von Missbrauch
Zuschussgeber – aber auch individuelle Lösungen – nicht
– den Nachweis zu führen. Andernfalls würde dem Gesetz
ausgeschlossen sind. Wir empfehlen deshalb diesbezüglich
der Regelungsgehalt genommen, sofern ein Betrag als
eine enge Abstimmung mit den Zuschussgebern.
Aufwand deklariert und durch Zuschussgeber refinanziert
würde, im Anschluss an die Rückerstattung aber nicht mehr
dem Zweckverwendungsgebot unterfiele. Gleiches dürfte
für den Zinsanteil aus dem Erstattungsbetrag gelten. Denn
die Ausfüllhinweise formulieren ausdrücklich, dass die Zin-
Alexander Gottwald, EMBA
Rechtsanwalt
Münster
0251 . 48261-155
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sen aus der Anlage der liquiden Mittel der sogenannten
KiBiz-Rücklage ebenfalls der Zweckbindung unterliegen
(§ 20a Abs. 1 KiBiz).
Mangels Alternativen ist der Erstattungsbetrag im KiBiz-
Stefan Szük
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-210
[email protected]
Web in dem Feld „sonstige Erträge“ des Verwendungsnachweises aufzuführen, da die übrigen Kategorien der Ertrags5
Solidaris Information – 1/2017
Zuweisungen und Zuschüsse
nach BilRUG: Umsatzerlöse oder
sonstige betriebliche Erträge?
vorfalls als Umsatzerlös würde im Fall der Zuweisungen
und Zuschüsse die Notwendigkeit einer zeitintensiven
detaillierten Analyse jedes Einzelfalls nach sich ziehen. Dies
kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, zumal sich in
der praktischen Umsetzung zeigt, dass die Einordnungs­
ergebnisse einer solchen aufwendigen Analyse nicht durch-
Von Dr. Christoph Thiesen
weg zu einem zufriedenstellenden Ergebnis für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden
Die mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
Bilds der Ertragslage im Sinne der Generalnorm des § 264
eingeführten Neuerungen der handelsrechtlichen Rech-
Abs. 2 Satz 1 HGB führen.
nungslegung sind erstmals verpflichtend auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015
Sachgerechter ist es daher, den Leistungsaustausch im Fall
­enden. Viele Unternehmen haben sich bereits im Vorfeld
der Zuweisungen und Zuschüsse auf die Beziehung des
ausführlich mit der Bilanzrechtsreform befasst und bera-
Leistungsanbieters und Finanziers zu beziehen. In dieser
ten lassen, um eine reibungslose Umstellung auch hin-
Betrachtung besteht die Leistung in der Schaffung des
sichtlich der Jahresabschlussprüfung gewährleisten zu
­Angebots, die Gegenleistung in der Bereitstellung der dazu
können. Dabei bestehen insbesondere bei karitativ täti-
notwendigen finanziellen Mittel. Auf die Inanspruchnahme
gen Unternehmen regelmäßig Unsicherheiten, ob Zuwei-
des Leistungsangebots durch den begünstigten Dritten
sungen und Zuschüsse im Sinne des HGB Umsatzerlöse
kommt es dann nicht mehr an, um einen Sachverhalt im
darstellen oder sonstige betriebliche Erträge.
Bereich der Zuweisungen und Zuschüsse als Umsatzerlös
im Sinne des § 277 Abs. 1 HGB einzuordnen. Im Ergebnis
Auch im Fall der Zuweisungen und Zuschüssen ist grund-
ist die Mehrzahl der Zuweisungen und Zuschüsse den
sätzlich die definitorische Vorgabe des § 277 Abs. 1 HGB
­Umsatzerlösen zuzuordnen. Nicht unter die Umsatzerlöse
zu beachten. Demnach ist ein Sachverhalt dann als Um-
fallen hingegen weiterhin Zuweisungen und Zuschüsse zur
satzerlös einzuordnen, wenn ein Erlös aus der Erbringung
Finanzierung von Gemeinkostenstellen ohne eine direkte
einer Dienstleistung gegeben ist. Das Vorliegen eines Leis-
oder indirekte Leistungsverpflichtung durch den Empfänger
tungsaustausches ist somit als zentrales Merkmal zur
des Zuschusses.
­Abgrenzung zwischen Umsatzerlösen aus der Erbringung
einer Dienstleistung und sonstigen betrieblichen Erträgen
Praxis-Hinweis
heranzuziehen. Naheliegend ist, zur Auslegung dieses Tat-
In der Folge stellt sich für den Rechnungsleger die
bestandsmerkmals auf den Umsatzsteuer-Anwendungs­
Frage, wie der Ausweis der Zuweisungen und
­
erlass (UStAE) zurückzugreifen. Der UStAE kann aber
Zuschüsse in der Gewinn- und Verlustrechnung
­
­immer nur Indizien zur Einordnung von Geschäftsvorfällen
­umzusetzen ist bzw. wie die Gewinn- und Verlustrech-
gemäß § 277 Abs. 1 HGB geben.
nung bei ­wesentlichen Zuweisungen und Zuschüssen
gegliedert werden kann, um unter Beachtung der
Der Gesetzgeber hat sich bei der Formulierung des § 277
­jeweils geltenden Gliederungsvorschriften den Adres-
Abs. 1 HGB nicht auf die Zuweisungen und Zuschüsse
saten des Abschlusses ein den tatsächlichen Verhält-
­fokussiert. Entsprechend problematisch erweist sich inso-
nissen entsprechendes Bild der Ertragslage zu ver­
weit auch die Anwendung der Legaldefinition. Bei Zuwei-
mitteln. Gerne helfen wir Ihnen bei dieser Frage und
sungen und Zuschüssen fallen i. d. R. der Leistungsemp-
der BilRUG-Umstellung Ihrer Gewinn- und Verlustrech-
fänger und der Finanzier der bereitgestellten Leistung
nung weiter.
auseinander. Zudem wird oftmals ein Leistungsangebot
bezuschusst, ohne dass es auf die Inanspruchnahme
­dieses Angebots ankommt. Eine strenge Auslegung des
§ 277 Abs. 1 HGB und damit die Betrachtung des Leistungsaustausches zwischen ­A nbieter und Empfänger als
notwendiger Bedingung zur Einordnung eines Geschäfts6
Dr. Christoph Thiesen
Wirtschaftsprüfer
Köln
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Spezielle BilRUG-Ausweisfragen
Im Zuge der Umsetzung des BilRUG ist bei Anwendung der
handelsrechtlichen Vorschriften die Gliederung der Gewinn-
bei WfbM
und Verlustrechnug zu überprüfen. Dabei sind wesentliche
branchenspezifische Ertragsposten aus unserer Sicht wie
Von Bonifatius Lata
folgt zu behandeln:
Die sich durch das Bilanzrichtslinie-Umsetzungsgesetz
›› Die Erstattungen für Sozialversicherungsbeiträge der
(BilRUG) ergebende Neudefinition der Umsatzerlöse zieht
behinderten Beschäftigten und die Erstattungen des Ar-
insbesondere für Non-Profit-Organisationen und somit
beitsförderungsgeldes (AFöG) sind keine Umsatzerlöse
auch für Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)
im Sinne des § 277 Abs. 1 HGB n. F. Bei der Neudefinition
bei der Erstellung des Jahresabschlusses spezielle Aus-
der Umsatzerlöse kommt es künftig für die Abgrenzung
weisfragen nach sich.
vor allem darauf an, inwiefern die Umsatzerlöse in einem
Zusammenhang mit einem „Produkt“ oder einer „Dienst-
Durch das BilRUG wurde der § 277 Abs. 1 HGB neu gefasst.
leistung“ des Unternehmens stehen. Die Erbringung einer
Demnach sind Umsatzerlöse „Erlöse aus dem Verkauf und
Dienstleistung setzt das Vorliegen eines Leistungsaus-
der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus
tauschs voraus. Bei den vorliegenden Erlösen handelt es
der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlös­
sich um Zahlungen der zuständigen Leistungsträger, die
schmälerungen, der Umsatzsteuer sowie sonstigen direkt
laut Gesetz dazu verpflichtet sind, den Einrichtungen die
mit dem Umsatz verbundenen Steuern“. Damit entfällt die
entstandenen Aufwendungen zu erstatten. Ein Leistungs-
Begrenzung der Umsatzerlöse auf Erlöse aus der Verwer-
austausch liegt in diesen Fällen nicht vor. Der Ausweis
tung von Erzeugnissen und Waren sowie der Erbringung
erfolgt damit unter den sonstigen betrieblichen Erträgen.
von Dienstleistungen, die jeweils für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit des betreffenden Unternehmens typisch
›› Bei den Fahrtkostenerstattungen für die Beförderung der
sind. Daraus folgt, dass sämtliche Erlöse aus dem Verkauf
Menschen mit Behinderung handelt es sich um ein zu-
und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie
sätzliches Entgelt. Die WfbM organisiert damit den Fahr-
aus der Erbringung von Dienstleistungen Umsatzerlöse dar-
dienst. Hier liegt ein Leistungsaustausch vor, sodass der
stellen.
Ausweis der Erträge als Umsatzerlöse erfolgen muss.
Im Gegensatz zu Krankenhäusern
Aus der Änderung der Umsatzerlösdefinition können sich
Seminar-Tipp
und Pflegeeinrichtungen, für die
auch Veränderungen außerhalb der Posten Umsatzerlöse
Behindertenhilfe – Aktuelle­
sich aus der Krankenhaus-Buch-
und sonstige betriebliche Erträge ergeben. Die Ausweitung
steuerliche und handels-
führungsverordnung
der
der unter den Umsatzerlösen auszuweisenden Erträge kann
rechtliche Entwicklungen
Pflege-Buchführungsverordnung
es erforderlich machen, sonstige betriebliche Aufwendun-
eigenständige
› 18.09.2017 – Berlin
bzw.
Gliederungsvor-
gen in den Posten Materialaufwand umzugliedern. Dem­
› 12.10.2017 – Freiburg
schriften für den Jahresabschluss
zufolge beinhaltet der Materialaufwand bei einer WfbM
› 30.10.2017 – München
ergeben, besteht für WfbM gemäß
insbesondere die Kontenklassen Materialeinsatz, Lebens-
› 07.11.2017 – Köln
§ 12 Abs. 1 WVO lediglich die Ver-
mittel, Wirtschaftsbedarf, Betreuungsaufwand (einschließ-
pflichtung, nach kaufmännischen
lich Fahrtkosten) und Energieaufwand. Der Posten Perso-
Grundsätzen Bücher zu führen und einen Jahresabschluss
nalaufwendungen enthält sowohl die Aufwendungen für
zu erstellen. Zur Erfüllung dieser Pflicht ist es jedoch emp-
die Mitarbeiter als auch für die behinderten Beschäftigten
fehlenswert, die Gliederungsvorschriften der §§ 266 und
einschließlich der Sozialabgaben und AFöG.
275 HGB anzuwenden, zumal eine Überführung in einen
handelsrechtlichen Jahresabschluss bedingt durch die
Rechtsform und Größe des Trägers oftmals ohnehin notwendig ist.
Bonifatius Lata
Steuerberater
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7
Solidaris Information – 1/2017
Bilanzielle Auswirkungen der Neuregelung der Investionsfinanzierung für Krankenhäuser in Hessen
und Berlin
standortbezogen einsetzen. Damit erhalten die Krankenhäuser eine hohe Flexibilität beim Einsatz der Investitionspauschalen. Bei Krankenhausneubauten und Sanierungs- oder Erweiterungsbauten, deren Kosten in Hessen
voraussichtlich das Doppelte der jährlichen Investitions­
pauschale, mindestens aber zehn Millionen Euro übersteigen, ist dennoch vor Beginn der Maßnahme eine Genehmigung durch das zuständige Ministerium einzuholen. In
Von Torsten Hellwig und Jens Thomsen
Berlin gilt für Baumaßnahmen bis zu einer Grenze von fünf
Millionen Euro eine Anzeigepflicht. Ab dieser Grenze sind
Mit Hessen und Berlin haben zwei weitere Bundesländer
die Maßnahmen zusätzlich bei überwiegendem Förder­
ihre Investitionsfinanzierung für Krankenhäuser auf In-
anteil durch die ­zuständigen Behörden zu genehmigen.
vestitionspauschalen umgestellt: Der hessische Landtag
hat am 26. Juni 2014 das „Gesetz zur Änderung des Hes-
Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und
sischen Krankenhausgesetzes 2011“ beschlossen. Kern
Ertragslage
dieses Gesetzes ist eine Umstellung der Investitionsfi-
Mit der Einführung der Baupauschale als Ersatz für die bis-
nanzierung in den Krankenhäusern ab dem Jahr 2016. Der
herige Einzelförderung in NRW begannen die Diskussionen,
Berliner Senat hat am 2. September 2014 das „Erste Ge-
wie die Abbildung im Jahresabschluss der Krankenhäuser
setz zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes vom
vorgenommen werden kann. Hervorzuheben sind insbe-
18. September 2011“ beschlossen, welches zum 1. Juli
sondere größere Maßnahmen, die ein Mehrfaches der In-
2015 in Kraft getreten ist. Ab diesen Zeitpunkten werden
vestitionspauschalen ausmachen, oder Maßnahmen, die
in beiden Bundesländern die bisherige Einzelförderung
über Darlehen finanziert werden. Wird die bisherige Bilan-
und die bisherige Pauschalförderung zu einer Investiti-
zierung über Sonderposten aus Fördermitteln nach dem
onspauschale zusammengeführt.
KHG beibehalten (vgl. § 5 Abs. 3 KHBV), kommt es erst
nach Jahren zu einem Gleichklang von gefördertem Anla-
Durch die Investitionspauschale sollen zukünftig sowohl
gevermögen und Sonderposten. Bis dahin weichen auch
die in § 9 Abs. 1 KHG als auch die in § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 4
die Abschreibungen und die Erträge aus der Auflösung von
und 6 KHG genannten Tatbestände finanziert werden. § 9
Sonderposten nach dem KHG voneinander ab. Der Grund
Abs. 1 KHG umfasst die Errichtung von Krankenhäusern
dafür liegt darin, dass immer nur die jährliche Investitions-
einschließlich der Erstausstattung mit den für den Kranken-
pauschale zur Verfügung steht und ein „Vorgriff“ auf die
hausbetrieb notwendigen Anlagegütern sowie die Wieder-
Fördermittel nachfolgender Jahre nicht bilanziert werden
beschaffung von Anlagegütern mit einer durchschnittlichen
kann. Entsprechend übersteigen in den ersten Jahren die
Nutzungsdauer von mehr als drei Jahren. Die genannten
Abschreibungen die Auflösungen des Sonderpostens; in
Vorschriften in § 9 Abs. 2 KHG betreffen die Nutzung von
späteren Jahren führen periodenfremde Auflösungen des
Anlagegütern, die Anlauf- und Umstellungskosten bei inner-
Sonderpostens zu höheren Erträgen. Bei einer Darlehens-
betrieblichen Änderungen, die Darlehens- und die Eigenmit-
finanzierung verschärft sich dieses Problem, da nun die
telförderung sowie die Umstellung von Krankenhäusern
Fördermittel sowohl für Zinsaufwendungen als auch für
oder Krankenhausabteilungen auf andere Aufgaben.
Darlehenstilgungen eingesetzt werden. Während sich die
Zinsaufwendungen und die Fördermittel ausgleichen, kann
Finanzierung von Kapitaldienstleistungen, Förder­
der Sonderposten nur in Höhe der Darlehenstilgungen ge-
mittel-Pooling und erforderliche Genehmigungen
speist werden. Dies dauert entsprechend länger.
Neu ist, dass aus den jährlichen Investitionspauschalen
auch Zins und Tilgung eines Darlehens, das zur Finan-
Um die beschriebenen Ergebnisverwerfungen zu minimie-
zierung entsprechender Vorhaben aufgenommen wurde,
ren, werden Überlegungen angestellt, die Finanzierung von
bedient werden können. Außerdem können, zumindest in
Abschreibungen als zweckentsprechende Verwendung der
Hessen, Trägergesellschaften mit mehreren Krankenhäu-
Fördermittel anzusehen.
sern die Fördermittel „poolen“ und nach eigenem E
­ rmessen
8
Notwendigkeit einer Anhangangabe
Zu berücksichtigen ist, dass es für die Vermittlung eines
den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes
Unterschwellenvergabeordnung
überraschend in Kraft gesetzt
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage notwendig ist, im
Anhang Angaben zu der vorgenommenen Bilanzierung der
Von Justus Kampp
Investitionspauschale zu machen. Dies gilt erst recht, wenn
möglicherweise laufende Abschreibungen oder die Tilgung
Überraschend hat das zuständige Bundesministerium
von Darlehen als Verwendung angesehen werden und im
für Wirtschaft und Energie am 18. Januar 2017 die Unter-
zweiten Fall die Differenzen zwischen Abschreibung und
schwellenvergabeordnung (UVgO) in Kraft gesetzt. Der Ent-
Tilgung nicht neutralisiert werden.
wurf war erst Ende September 2016 zur Diskussion gestellt
(siehe Solidaris-Information 4/2016) und von zahlreichen
Fazit
Verbänden, auch aus der Sozialwirtschaft und der Wohl-
Der Gesetzgeber hat im Jahr 2009 mit der Verab-
fahrtspflege, heftig kritisiert worden. Die UVgO regelt künf-
schiedung des Krankenhausfinanzierungsreform-
tig die Vergabe im Unterschwellenbereich. Sie löst unter
gesetzes (KHRG) eine Alternative zur bisherigen
­anderem die VOL/A Abschnitt 1 ab und gilt nunmehr für den
Investitionsfinanzierung im Krankenhaus geschaf-
Bund unmittelbar. Da bislang die ­­Unterschwellenver­­gabe
fen. Der seitdem gültige § 10 KHG sieht vor, dass
dem Haushaltsrecht der Länder zugeordnet ist, müssen
die Länder statt Einzel- und Pauschalförderung eine
diese nunmehr die Anwendung der UVgO für verbindlich
fallbezogene, pauschalierte Förderung von Inves-
erklären. Davon ist allerdings, wie schon bei der VOL/A und
titionsmaßnahmen vornehmen können. Dazu hat
der VOB/A, auszugehen.
das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
(InEK) sogenannte Investitionsbewertungsrelatio-
Die auf 54 Paragraphen angewachsene UVgO regelt nun-
nen als Rechengrundlage ermittelt. Der Einsatz der
mehr die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsverträ-
Investitionspauschale führt je nach Verwendung (un-
gen durch öffentliche Auftraggeber oder private, kirchli-
mittelbare Anschaffungskosten, Kapitaldienst oder
che Auftraggeber, die z. B. durch Fördermittelbescheide
Abschreibungen) zu unterschiedlichen Auswirkungen
vergaberechtlich an die UVgO gebunden werden können.
auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Auch
Dabei setzt die UVgO auf eine wesentliche Angleichung des
sind die damit zusammenhängenden Veränderun-
Unterschwellenbereichs an den Oberschwellenbereich. Ihr
gen der entsprechenden betriebswirtschaftlichen
Aufbau ist daher stark an die erst 2016 grundlegend geän-
Kennzahlen des Krankenhaus-Jahresabschlusses
derte Vergabeverordnung (VgV) angelehnt. Praxisrelevant
nicht zu unterschätzen. Insofern empfiehlt es sich,
sind vor allem die Neuregelungen für Zuschlagskriterien
die unterschiedlichen bilanziellen Auswirkungen im
und Nebenangebote sowie der Einstieg in die e-Vergabe.
Vorfeld einer Jahresabschlussprüfung eingehend zu
erörtern.
Heftigst umstritten waren die ursprünglich vorgesehenen
strengeren Vergaberegeln für freiberufliche Leistungen (früher VOF, jetzt VgV). Nunmehr sieht § 50 UVgO für diese
Torsten Hellwig
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-214
Aufträge eine gesonderte Regelung vor, die allerdings ob
ihrer „schwammigen“ Formulierung ohne Vorgabe einer
[email protected]
Insgesamt ist die UVgO ein weiterer wichtiger Reformbaustein im Vergaberecht. Leider wurde erneut die Chance für
Jens Thomsen
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-185
bestimmten Verfahrensart für Diskussionen sorgen dürfte.
einen Primärrechtsschutz vertan.
[email protected]
Justus Kampp
Rechtsanwalt
Freiburg
0761 . 79186-45
[email protected]
9
Solidaris Information – 1/2017
Neue Bewertungsregeln zu
Pensionsrückstellungen
Des Weiteren hat sich der HFA zu den Auswirkungen der
Neuregelungen auf einen gegebenenfalls noch vorhandenen BilMoG-Unterschiedsbetrag geäußert. Ergibt sich aus
der Anwendung der Neuregelungen eine Minderung der
Von Dirk Riesenbeck-Müller
­Altersversorgungsrückstellungen, besteht nach Auffassung
des HFA ein faktisches Wahlrecht: Diese Minderung darf
Der Deutsche Bundestag hat zu Beginn des Jahres 2016
entweder zunächst gegen eventuell noch nach Artikel 67
die Änderung der Bewertungsregeln für Pensionsrück-
Abs. 1 Satz 1 EGHGB ausstehende Zuführungsbeträge aus
stellungen beschlossen. Wesentliche Änderungen sind
der „BilMoG-Umstellung“ verrechnet werden. Eine erfolgs-
insbesondere die Einführung eines zehnjährigen statt
wirksame Auflösung von Altersversorgungsrückstellungen
eines siebenjährigen Jahresdurchschnittszinssatzes
würde dann erst erfolgen, soweit den Auswirkungen aus
für die Abzinsung der Pensionsrückstellungen sowie die
der Änderung des Abzinsungssatzes keine ausstehenden
Einführung einer Ausschüttungssperre für den Unter-
Zuführungsbeträge nach der „BilMoG Umstellung“ mehr
schiedsbetrag (siehe auch die ausführliche Darstellung
gegenüberstehen. Alternativ darf eine gesondert ausge-
in Solidaris-Information 2/2016).
wiesene zusätzliche Zuführung in Höhe der Auflösung
wegen Zinssatzänderung (außerplanmäßige Zuführung
Die gesetzliche Neuregelung ist – bei kalenderjahrglei-
noch ausstehender „BilMoG-Umstellungsbeträge“) und
chem Geschäftsjahr – erstmals auf den Jahresabschluss
eine ebenfalls gesondert ausgewiesene Auflösung wegen
zum 31. Dezember 2016 anzuwenden. Ein Wahlrecht zur
Zinssatzänderung vorgenommen werden (unverrechneter
vorzeitigen Anwendung bestand ausschließlich für Jah-
Ausweis). Für Abschlüsse für Geschäftsjahre, die nach
resabschlüsse zum 31. Dezember 2015. Zu zahlreichen
dem 31.12.2015 beginnen, hat gemäß der neuen BilRUG-
Anwendungsfragen im Zusammenhang mit den neuen
Vorschrift nach Artikel 75 Abs. 5 EGHGB ein gesonderter
Bewertungsregeln hat der Hauptfachausschuss (HFA) des
Ausweis innerhalb der „sonstigen betrieblichen Aufwen-
Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. Stellung
dungen“ zu erfolgen. Beide Vorgehensweisen (verrechne-
genommen. So hat der HFA hinsichtlich des Anwendungs-
ter und unverrechneter Ausweis) stellen sicher, dass keine
bereichs des geänderten Abzinsungssatzes klargestellt,
Rückstellungsbeträge aufgelöst werden, die infolge der
dass nur Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtun-
„gestreckten“ aufwandswirksamen Erfassung des „BilMoG-
gen (Pensionsrückstellungen) nach den Neuregelungen mit
Umstellungsbetrags“ bis zum Abschlussstichtag noch nicht
dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen
in vollem Umfang aufwandswirksam zugeführt wurden.
zehn Geschäftsjahre abgezinst werden. Bei allen übrigen
Rückstellungen bleibt es bei der Abzinsung über sieben
Zu den Anhangsangaben hat der HFA angemerkt, dass der
Jahre. Somit werden Rückstellungen für mit Altersversor-
Unterschiedsbetrag zwischen der Bewertung der Pensions-
gungsverpflichtungen vergleichbaren langfristige Verpflich-
rückstellung mit dem zehnjährigen Jahresdurchschnitts-
tungen, wie etwa Altersteilzeitverpflichtungen, weiterhin
zinssatz und dem siebenjährigen Jahresdurchschnittszins-
nach den bisherigen Regeln mit dem durchschnittlichen
satz zu jedem Abschlussstichtag, d. h. nicht nur im Jahr der
Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre ab-
Umstellung, im Anhang oder – wenn kein Anhang aufge-
gezinst und bewertet. Die gesetzliche Neuregelung betrifft
stellt wird – unter der Bilanz anzugeben ist.
damit ausschließlich die Altersversorgungsverpflichtungen
(Pensionsverpflichtungen).
Hinsichtlich der Ergebnisauswirkungen hat der HFA klar­
gestellt, dass diese aufgrund ihrer Art als Zinssatzänderungseffekt entweder im Finanzergebnis oder im operativen
Ergebnis zu erfassen sind. Die Ausübung dieses Ausweiswahlrechts hat stetig zu erfolgen. Eine Abweichung darf
daher nur in begründeten Ausnahmefällen mit einer entsprechenden Angabe und Erläuterung im Anhang erfolgen.
10
Dirk Riesenbeck-Müller
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-201
[email protected] Reform der Arbeitnehmerüberlassung
Personalgestellungen
Das neue AÜG sieht vor, dass es auf die in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehene Personalgestellung keine Anwendung findet. Hintergrund sind Regelungen
Von Dr. Carolin Kraus
wie in § 4 TVöD: „Werden Aufgaben der Beschäftigten zu
einem Dritten verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers
Ende November 2016 wurde nach abschließender Billi-
bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertrag­
gung durch den Bundesrat die Reform der Leiharbeit auf
lich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbrin­
den Weg gebracht. Das neue Arbeitnehmerüberlassungs-
gen (Personalgestellung).“ Entgegen einem weit verbreiteten
gesetz (AÜG) tritt zum 1. April 2017 in Kraft und wird in
Missverständnis sieht das Gesetz keine vergleichbare Aus-
der Praxis einige Herausforderungen mit sich bringen.
nahme für den sogenannten „Dritten Weg“ kirchlicher Träger
und Einrichtungen vor. Die Ausnahme gilt neben dem Be-
Überlassungshöchstdauer
reich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nur noch
Zukünftig ist die Überlassung von Arbeitnehmern auf
für Überlassungen zwischen juristischen Personen des öf-
18 Monate beschränkt. Einsatzzeiten vor Inkrafttreten der
fentlichen Rechts, die Regelungen der öffentlich-rechtlichen
Reform werden dabei allerdings nicht berücksichtigt, es
Religionsgesellschaften anwenden. AVR-Anwender in der
wird also fiktiv davon ausgegangen, dass die Überlassung
Rechtsform des Privatrechts (z. B. GmbH) unterfallen der
erst mit dem 1. April 2017 beginnt. Überlassungen bis Ende
Ausnahme damit nicht, d. h. das AÜG findet dort auch auf
September 2018 werden damit nicht eingeschränkt. Die
entsprechende Personalgestellungen Anwendung.
Überlassungshöchstdauer bezieht sich außerdem auf den
einzelnen Arbeitnehmer. Es ist damit nicht ausgeschlossen,
Wegfall der Vorratserlaubnis
dass ein Arbeitsplatz nach 18 Monaten mit einem anderen
Die Möglichkeit, durch das Vorhalten einer Arbeitnehmer­
Leiharbeitnehmer besetzt wird.
überlassungserlaubnis (sog. Vorratserlaubnis) die Rechtsfolgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung zu verhin-
Die Tarifvertragsparteien sowie Kirchen und öffentlich-
dern, wird ausgeschlossen. Auf eine Erlaubnis können sich
rechtliche Religionsgemeinschaften können abweichende
die Vertragsparteien nur dann berufen, wenn sie den Ver-
Regelungen treffen (z. B. in AVR Caritas, TVöD, AVR-DD).
trag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung deklariert
Nicht tarifgebundene Unternehmen können gegebenen-
haben. Eine nicht offengelegte Arbeitnehmerüberlassung
falls tariflich vorgesehene Ausnahmen im Rahmen einer
stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Betriebsvereinbarung zur Anwendung bringen. Für Unternehmen ohne Betriebsrat und ohne Tarifbindung bleibt es
Fazit
jedoch bei einer Höchstdauer von maximal 18 Monaten.
Personal wird heutzutage in vielen Bereichen des
Gesundheitswesens und der Sozialwirtschaft mög-
Wird die Überlassungshöchstdauer überschritten, führt
lichst flexibel eingesetzt. Die seit langem angekün-
dies neben einem Bußgeld zur Fiktion eines Arbeitsverhält-
digte AÜG-Reform wird hier erhebliche Auswirkungen
nisses mit dem Entleiher (Einsatzunternehmen). Nur wenn
­haben. Dies gilt insbesondere, als jegliche Fremd­
der eingesetzte Arbeitnehmer dem durch eine sogenannte
personaleinsätze schon seit längerem einer ver-
Festhaltenserklärung widerspricht, scheitert diese Fiktion.
schärften Prüfung durch die zuständigen Behörden
Eine weitere Überlassung ist im Anschluss an eine solche
unterzogen werden.
Erklärung dann aber ausdrücklich ausgeschlossen. In letzter Sekunde wurde im Gesetzgebungsverfahren außerdem
ergänzt, dass die Erklärung des Arbeitnehmers persönlich
bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht werden muss.
Vorab zur Sicherheit unterzeichnete Festhaltenserklärungen der Arbeitnehmer zu Beginn einer Überlassung erlan-
Dr. Carolin Kraus
Rechtsanwältin
Köln
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[email protected]
gen damit keine Wirkung.
11
Solidaris Information – 1/2017
Höherer Vorsteuerabzug bei
Blockheizkraftwerken
Produkte Strom und Wärme nicht miteinander vergleichbar
seien. Sie würden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und Verwertbarkeit unterscheiden und würden auf
verschiedenen Märkten zu stark voneinander abweichen-
Von Michael Haubrich
den Preisen angeboten. Daher hat nach der BFH-Entscheidung eine Aufteilung im Verhältnis der Marktpreise der im
Bei Blockheizkraftwerken (BHKW) ist es aus steuerlicher
Jahr produzierten Strom- und Wärmemenge zu erfolgen.
Sicht wünschenswert, einen möglichst hohen Vorsteu-
Die anderslautende Regelung im UStAE hält der BFH für
erabzug zu erhalten. Dies betrifft nicht nur die Kosten
nicht anwendbar. Er hat auch nicht beanstandet, dass das
der Anschaffung und der Installation des BHKW, sondern
Finanzgericht den Marktpreis der produzierten Wärmemen-
auch die laufenden Kosten, z. B. die Gaskosten.
ge anhand des ortsüblichen Preises für Fernwärme berechnet hat. Im Urteilsfall bestand die Besonderheit, dass ein
In der Regel ist ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich:
Vorsteuerabzug aus der Wärmeproduktion nicht möglich
war, da die Wärme in einem land- und forstwirtschaftlichen
›› Soweit das BHKW Strom produziert, ist ein Vorsteuerab-
Betrieb mit Vorsteuerpauschalierung genutzt wurde. Wir
zug möglich, und zwar unabhängig davon, ob der Strom
halten die Urteilsgrundsätze für entsprechend anwendbar,
ganz oder teilweise selbst verbraucht wird.
wenn die Wärme im umsatzsteuerfreien oder im nicht umsatzsteuerbaren Bereich genutzt wird.
›› Soweit das BHKW Wärme produziert, ist kein Vorsteuerabzug möglich, wenn die Wärme im umsatzsteuerfreien
Diese erfreuliche Entscheidung wird bei vielen BHKW zu
Bereich (z. B. Krankenhaus oder Pflegeheim) oder im
einem höheren Stromanteil und damit zu einem höheren
nicht umsatzsteuerbaren Bereich (z. B. Wohnbereich von
Vorsteuerabzug führen, jedoch widerspricht sie dem derzeit
Ordensangehörigen) genutzt wird.
gültigen UStAE. Die Reaktion der Finanzverwaltung auf das
Urteil sollte abgewartet werden. Die Entscheidung des BFH
Für die Höhe des Vorsteuerabzugs ist folglich die Aufteilung
könnte auch bei BHKW, die bereits in Betrieb sind, nach-
in einen Stromanteil und einen Wärmeanteil entscheidend.
träglich einen höheren Vorsteuerabzug ermöglichen. Es ist
Je höher der Stromanteil, desto höher ist der Vorsteuerab-
zu prüfen, ob die Umsatzsteuerfestsetzung des Jahres der
zug. Die Frage der korrekten Aufteilung auf beide Bereiche
Inbetriebnahme noch änderbar ist. Außerdem müssen die
ist seit Jahren strittig (vgl. Solidaris-Information 4/2015).
notwendigen Daten ermittelt werden, d. h. die produzierten
Mengen und die Marktpreise für Strom und Wärme. Ein
Nach der im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)
­höherer Vorsteuerabzug wäre auch aus den laufenden Kos-
geäußerten Auffassung der Finanzverwaltung hat die Auf-
ten möglich. Preisänderungen bei Strom und Wärme kön-
teilung anhand der betreffenden Mengen zu erfolgen. Damit
nen in den Folgejahren zu Vorsteuerberichtigungen nach
ist allerdings nicht berücksichtigt, dass eine Kilowattstunde
§ 15a UStG führen. Bei BHKW, die ertragsteuerlich keinen
Strom einen höheren Marktwert hat als eine Kilowattstunde
steuerfreien Zweckbetrieb darstellen, hätte eine geänderte
Wärme, weil der Marktpreis für Strom höher ist als der für
Aufteilung auch ertragsteuerliche Folgen. Gerne beraten wir
Wärme. Eine Aufteilung nach den Marktpreisen der im Jahr
Sie bei diesen Fragen.
produzierten Strom- und Wärmemenge würde daher zu
­einem höheren Vorsteuerabzug führen. Das Finanz­gericht
Baden-Württemberg hatte diese Methode mit Urteil vom
7. Juli 2014 für zulässig erklärt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun mit Urteil vom 16. November 2016 – V R 1/15 – die Revision des Finanzamts
zurückgewiesen und die Entscheidung des Finanzgerichts
bestätigt. Der BFH hält die Aufteilung nach der produzierten
Leistung in Kilowattstunde für nicht sachgerecht, weil die
12
Michael Haubrich
Steuerberater
München
089 . 179005-22
[email protected]
Internet für alle?
Internet verfügen müssen. Gleichlautende Regelungen finden sich in den §§ 26 Abs. 4 S. 1, 39 Abs. 3 und 40 WTG-DVO
Von Alexander Gottwald
für anbieterverantwortete Wohngemeinschaften, Hospize
sowie Einrichtungen der Kurzzeitpflege. Diese Verpflichtung
In Ausgabe 4/2016 der Solidaris-Information hatten wir
besteht allerdings nur für Einrichtungen, deren Bau seit dem
im Rahmen unserer Infotainment-Serie die rechtliche
16. Oktober 2014 genehmigt wurde. Ältere Gebäude genie-
Lage des Angebots von öffentlichen und gesicherten
ßen Bestandsschutz, der jedoch erlischt, sobald die Nut-
WLAN-Internetzugängen in Einrichtungen des Gesund-
zung der Einrichtungen zwischenzeitlich aufgegeben oder
heits- und Sozialwesens thematisiert. Neben diesem
ein wesentlicher Um- oder Ersatzbau vorgenommen wurde.
freiwilligen Angebot von Internetzugängen stellt sich die
Frage, ob Bewohnern oder Patienten für die Dauer ihres
Vergleichbare Regelungen haben bislang nur die Bundes-
Aufenthalts in einer Einrichtung nicht sogar ein Recht auf
länder Brandenburg (SQV), Rheinland-Pfalz (LWTGDVO)
einen Internetzugang zusteht.
und Schleswig-Holstein (SbStG-DVO) erlassen. Entsprechend konkrete Verpflichtungen existieren im Bereich der
Das Recht auf einen Internetzugang für jedermann wird
stationären Jugend- und Flüchtlingshilfe nicht, obwohl auch
inzwischen aus dem Grundgesetz (GG) sowie der europäi-
diese Personengruppen zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit
schen Menschenrechtskonvention abgeleitet, da das Inter-
bzw. zur Kommunikation ein grundsätzliches Recht auf In-
net mittlerweile von zentraler Bedeutung für die Lebensfüh-
ternet zusteht. Baden-Württemberg geht jedenfalls mit gu-
rung der Menschen und als eine unentbehrliche technische
tem Beispiel voran und versorgt Flüchtlingsunterkünfte mit
Voraussetzung für die Ausübung von (Grund-)Rechten –
Freifunk (siehe hierzu unseren Beitrag in der oben bereits
insbesondere der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG –
erwähnten Solidaris-Information 4/2016).
anerkannt ist. Als grundlegend hierfür werden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar
Fazit
2008 – 1 BvR 370/07 – und des Bundesgerichtshofs vom
Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe, die
24. Januar 2013 – III ZR 98/12 – sowie eine Resolution der
Neubauten oder wesentliche Umbauten an Bestands-
Parlamentarischen Versammlung des Europarates im Jahr
gebäuden planen, sind gehalten, den Internetzugang
2014 angesehen: Während das Bundesverfassungsgericht
als neuen Mindeststandard in die Zimmer der Nutzer
noch die gestiegene Bedeutung des Internets für das Recht
zu integrieren. Eine solche Entwicklung wird auch in
auf freie Entfaltung der Persönlichkeit hervorhob, sprach
anderen Bereichen – etwa der Jugendhilfe – zu er-
der Bundesgerichtshof einem Anschlussinhaber konkret
warten sein, zumal das Recht auf die Finanzierung
Schadensersatz zu, weil dieser über Monate hinweg seinen
eines Internetzugangs im Rahmen der Grundsiche-
Internetzugang nicht nutzen konnte. Die Resolution der Par-
rung bereits angekommen ist, wie das Bundessozial-
lamentarischen Versammlung rief sogar die Unionsmitglie-
gericht kürzlich im Falle des Umzugs eines Arbeitssu-
der dazu auf, das Recht auf Internetzugang für jedermann
chenden urteilte (10. August 2016, B 14 AS 58/15 R).
sicherzustellen.
Fest steht, dass das Recht auf Internetzugang bzw.
-nutzung immer mehr an Bedeutung gewinnen wird
Zwar besteht nach dem Vorgenannten ein grundsätzlicher
und sich in manchen Bereichen von einem bloßen
Anspruch auf einen Internetzugang, jedoch ist dieser von
Recht auf Abwehr von Störungen hin zu einer Pflicht
einer entsprechenden Infrastruktur abhängig. Im Bereich
zur Bereitstellung von Internetzugängen oder sogar
der Alten- und Behindertenhilfe besteht seit dem Jahr
Endgeräten mausern könnte.
2014 die Verpflichtung der Einrichtungen zur Ausstattung
der Zimmer mit einem Internetzugang, zum Beispiel dem
nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz (WTG).
So sieht § 7 Abs. 4 S. 1 der Verordnung zur Durchführung
des WTG (WTG-DVO) für Einrichtungen mit umfassendem
Leistungsangebot vor, dass die Zimmer der Nutzer über die
Alexander Gottwald, EMBA
Rechtsanwalt
Münster
0251 . 48261-155
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baulich-technischen Voraussetzungen für die Nutzung von
13
Solidaris Information – 1/2017
B E R AT U N G A K T U E L L
Datenschutz und Compliance:
Zukunftsbausteine für kirchliche
Einrichtungen und Ordensgemeinschaften
Verstärkt und verschärft wird diese Entwicklung durch
die zunehmende Digitalisierung sämtlicher Lebens- und
Arbeitsbereiche und Kommunikationswege. Je mehr wir
über ein „digitales Ich“ verfügen, desto bedeutsamer wird
dessen grundrechtlich garantierter Schutz- und Selbst­
bestimmungsbereich (Art. 1 und 2 GG). Gleichzeitig ist die
Verwundbarkeit von Einrichtungen durch Datendiebstahl,
Datenverlust oder gezielter Sabotage („Hacking“) nicht
Von Justus Kampp und Martin Tölle
mehr nur eine abstrakte Bedrohung, sondern Organisationsalltag. Gezielte Hackingangriffe auf kirchliche Einrich-
Compliance und Datenschutz – zwei Schlagworte, die
tungen (Krankenhäuser) gehören hier ebenso dazu wie
ob ihrer Unbestimmtheit und inhaltlichen Weite immer
Datendiebstahl durch (Ex-)Mitarbeiter oder Externe. Die
wieder für Diskussion sorgen. Brauchen wir Compliance
­digitale Transformation macht an den Pforten der kirch-
wirklich? Was ist das eigentlich? Wie sehr ist unser Han-
lichen Einrichtungen nicht halt. Datenschutz und Daten-
deln durch Datenschutz tatsächlich reglementiert? Ist
sicherheit rücken verstärkt in den Fokus der kirchlichen
Datenschutz nicht ein regulatorisches Monster, das für
Selbstorganisation.
die Arbeit von Einrichtungen und Orden nach innen und
außen nicht eher hinderlich ist? Noch mehr Bürokratie
Somit sind Compliance und Datenschutz zwei tragende
und interne Verwaltungsprozesse? Dieser Beitrag soll
Säulen für die künftige Ordens- und Kirchenarbeit.
aufzeigen, wie Compliance und Datenschutz in kirchlichen Einrichtungen als Instrumentarien einer modernen
Kirchlicher Datenschutz im Spannungsfeld der
Führungs- und Organisationskultur begriffen werden
EU-Datenschutzgrundverordnung
können.
Neben den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen bilden
das Kirchenrecht sowie kirchenspezifische Vorschriften, wie
Gesellschaftlicher und technologischer Wandel sind
das kirchliche Arbeitsrecht, den Rechtsrahmen für Kirchen,
Treiber für Compliance und Datenschutz
Orden und deren Einrichtungen. Hierzu zählt auch, mitunter
Compliance und Datenschutz verdanken ihren aktuellen
weniger bekannt und beachtet, der Bereich des kirchlichen
B edeutungszuwachs im Bereich der Kirchen, Ordens­
­
Datenschutzes (im Bereich der katholischen Kirche: Anord-
gemeinschaften und kirchlichen Einrichtungen grundlegen-
nung über den kirchlichen Datenschutz – KDO; im Bereich
den gesellschaftlichen und regulatorischen Entwicklungen.
der evangelischen Kirche: EKD-Datenschutzgesetz – DSG-
Die Anzahl der gesetzlichen und sonstigen Regelungen
EKD). Dieses kirchliche Datenschutzrecht steht in einem
nimmt stetig zu. Die Anforderungen an Führung und Orga-
Spannungsverhältnis zum nationalen und europäischen
nisation werden komplexer. Kirchliche Einrichtungen und
Datenschutzrecht (Bundesdatenschutzgesetz – BDSG,
Ordensgemeinschaften sehen sich darüber hinaus einer
­Datenschutzgesetze der Länder, EU-Datenschutzrichtli-
zunehmend kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt. Vor dem
nie und ab 2018 EU-Datenschutzgrundverordnung – EU-­
Hintergrund von echten oder vermeintlichen Skandalen wird
DSGVO). Es grenzt sich in seinen kirchenspezifischen Re-
die Regelkonformität der Kirchen und Orden im Wissen um
gelungen vom „weltlichen“ Datenschutzrecht ab, während
deren kirchliche Sonderrechte und Traditionen generell in
letzteres gleichwohl für die Gewährung des grundrechtlich
Zweifel gezogen. Den großen Kirchen wird vielfach unter-
geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
schwellig oder explizit mangelnde Transparenz und/oder
den allgemeinen (Mindest-)Schutzrahmen definiert, der
mangelnde Glaubwürdigkeit des eigenen Handelns unter-
auch für das kirchliche Datenschutzrecht gilt.
stellt. Daher sind kirchliche Einrichtungen mehr denn je
aufgefordert, eigenes Handeln nach innen und außen regel-
Die EU-DSGVO, welche ab dem 28. Mai 2018 unmittelbar
konform und nachprüfbar zu gestalten. Hier greift Compli-
geltendes Recht werden wird, hält in Art. 91 am kirchlichen
ance.
Sonderrecht fest. Sie fordert aber, dass der kirchliche
­Datenschutz in „Einklang“ mit der EU-DSGVO stehen muss.
Kurz: Das Datenschutzsonderrecht der Kirchen hat auch
14
künftig grundsätzlich das gleiche Schutzniveau zu garan-
sichtsbehörden. Entsprechend werden auch die kirchenin-
tieren, ohne die verfassungsrechtliche Sonderstellung der
ternen Datenschutzaufsichten „in Einklang“ mit dem neuen
Kirchen zu negieren. Ergänzt wird der kirchliche Daten-
Schutzniveau zu bringen sein. Kirchlichen Einrichtungen sei
schutz durch eine Vielzahl datenschutzrechtlicher Bestim-
daher mit Blick auf die Anpa ssungszeiträume eine früh-
mungen aus dem Sozial- und Gesundheitsdatenschutz.
zeitige strukturelle Neuausrichtung geraten. Wird damit
aus den Themen Datenschutz- und Datensicherheit nicht
Was bedeutet das für kirchliche Einrichtungen und
doch das gefürchtete Verwaltungsmonster? Hierauf lässt
­Ordens­gemeinschaften? Die EU-DSGVO wird zu einer Stär-
sich mit Verweis auf die Unternehmenskultur antworten:
kung des Datenschutzes sowie der Auskunftsrechte und
Je nach deren Ausprägung wird Datenschutz schon heute
-pflichten führen. Der Datenschutz zielt darauf ab, Rechte
als Verhinderungs- oder Optimierungsprozess gelebt. Wer
von Kunden, Patienten und Dritten, aber auch von Mitarbei-
sich intensiv mit der EU-DSGVO und ihrer Genese beschäf-
tern umfassend in allen Bereichen zu sichern und über
tigt, wird erkennen, dass dem künftigen Recht viele Aspekte
technisch-organisatorische, verbindliche Vorgaben (z. B.
eines Qualitätsmanagements eingeschrieben sind. Diese
Informationspflichten, Verfahrensverzeichnisse, Zugriffs-
Lesart gilt es mit Leben zu füllen. Datenschutz sollte im
rechte, Speicherfristen, Datenschutzbeauftragte etc.) intern
Eigeninteresse der Datensicherheit und Integrität ebenso
die Durchführung und Einhaltung der entsprechenden
wenig stiefmütterlich behandelt wie zu einem Hemmnis für
­Regelungen zu garantieren. Hierzu führt die EU-DSGVO
die Organisationsentwicklung überdehnt werden.
neue Instrumentarien und Regularien ein. Die Anforderungen an Transparenz, Informationspflichten und Daten-
Praxis-Hinweis
schutzaufsicht steigen. Gleichzeitig erlaubt die EU-DSGVO
Das kommende Datenschutzrecht verpflichtet heute
in zahlreichen Öffnungsklauseln nationale ergänzende
schon, zahlreiche organisationsinterne Prozesse zu
­Regelungen (z. B. Art. 88 EU-DSGVO i. V. m § 32 BDSG
überprüfen, anzupassen oder neu zu denken. Kurz:
­Arbeitnehmerdatenschutz).
Das kommende Recht stellt auch kirchliche Organisationen auf den Prüfstand. Datenschutz und Compli-
Damit droht das Normgefüge im Datenschutzrecht noch
ance sind tiefgreifende Querschnittsfunktionen. Die
komplexer zu werden. Mit diesem neuen datenschutz-
regulatorische Notwendigkeit zur Anpassung und
rechtlichen Gefüge wird der kirchliche Datenschutz gemäß
Neuausrichtung im Datenschutz bietet die einmalige
Art. 91 EU-DSGVO in Einklang zu bringen sein. Wie groß
Gelegenheit, abgestimmt und passgenau Compli-
der Anpassungsbedarf sein wird, ist heute noch nicht klar
ancestrukturen in den Organisationen aufzubauen.
abzusehen. Der Datenschutz in kirchlichen Einrichtungen
Beide tragenden Säulen sollten gleichzeitig aufge-
wird sich aber zweifellos der EU-DSGVO anpassen müssen,
baut werden, damit die Statik für die Zukunft stimmt.
überstrahlen doch zum Beispiel Gesundheits- und Sozialdatenschutz den Kernbereich des kirchlichen Datenschutzrechts.
Justus Kampp
Rechtsanwalt
Das aufgezeigte Spannungsverhältnis und die technisch-
Freiburg
0761 . 79186-45
gesellschaftliche Dynamik der digitalen Transformation
lassen den Datenschutz zu einem prototypischen Bereich
der guten Unternehmens- und Organisationsführung und
damit zu einem Teil dessen werden, was man gemeinhin
unter Compliance versteht.
[email protected]
Martin Tölle
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-116
[email protected]
Übergangszeitraum zur EU-DSGVO für Compliance
nutzen
Im Zuge der EU-DSGVO werden die Anforderungen an die
Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten ebenso steigen wie die Kontroll- und Nachprüfpflichten durch die Auf15
Solidaris Information – 1/2017
Chancen und Risiken von
Cloud Computing
›› Bei der Community Cloud handelt es sich um eine Art
nichtöffentliche Cloud, bei der sich eine begrenzte Anzahl
von Organisationen eine Cloud teilen. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn gleichartige Anforderungen an
Von Oliver Schikora
die Cloud gestellt werden, zum Beispiel bei datenschutzrechtlichen Anforderungen, deren Einhaltung es einer
Gemäß dem jährlich veröffentlichten Cloud-Monitor, ei-
Gruppe von Krankenhäusern ermöglicht, patientenbezo-
ner Studie der Bitkom Research GmbH, haben im Jahr
gene Daten auch außerhalb der jeweiligen Einrichtungen
2016 bereits mehr als die Hälfte der deutschen Unter-
zu speichern bzw. auf diese zuzugreifen.
nehmen (54 %) Cloud Computing eingesetzt. Beim Cloud
›› Im Fall der hybriden Cloud handelt es sich um einen
Computing handelt es sich um eine spezielle Form des
­Zusammenschluss mehrerer unterschiedlicher Cloud-
IT-Outsourcings, bei der IT-Leistungen wie beispielswei-
Arten, wie bspw. eine kombinierte Nutzung von Private
se Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungssoft-
und Public Cloud-Diensten. Letzteres wird in der Praxis
ware als Service über das Internet bezogen werden.
häufig im Fall von Kapazitätsengpässen angewendet,
wenn die eigenen Ressourcen innerhalb der Private Cloud
Trotz einer nahezu unüberschaubaren Vielzahl von Cloud
nicht ausreichen und daher auf Public Cloud-Dienste aus-
Services, die sich mittlerweile herausgebildet haben, kann
gewichen werden muss.
man diese nach drei Servicemodellen kategorisieren:
Wesentliche Vorteile für die Nutzung von Cloud Services
›› Im Fall von Software-as-a-Service (SaaS) bietet der
ergeben sich neben geringeren Kosten aus einer höheren
Cloud-Anbieter eine Software auf seinen Servern an, die
Flexibilität für die jeweilige Organisation. Diesen Vorteilen
seitens des Empfängers unmittelbar eingesetzt werden
stehen aber auch Risiken gegenüber. Diese werden vielfach
kann. Der Zugriff auf die Software erfolgt in der Regel
dort gesehen, wo die Speicherung von Daten des genutz-
über den Webbrowser des Anwenders. Im Rahmen
ten Services im Vordergrund steht. Neben allgemeinen IT-
­unserer Prüfungstätigkeit treffen wir in diesem Zusam-
Risiken wie zum Beispiel Fehlfunktionen, Angriffen, Ausfäl-
menhang häufig den Fall der Lohn- und Gehaltsabrech-
len oder Bedienfehlern spielen konkrete Gefahren wie eine
nung in ­einem externen Rechenzentrum an.
unüberprüfbare Datenhaltung, mangelhafte Möglichkeiten
›› Beim Servicemodell Platform-as-a-Service (PaaS) wird
zur Kontrolle des Cloud-Anbieters sowie eine unkontrollierte
den Cloud-Nutzern durch einen Anbieter die Möglichkeit
Vervielfältigung und Verteilung von Daten eine große Rolle
gegeben, eigene Programme auf einer Plattform in der
für Unternehmen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass vor
Cloud bereitzustellen. Dieses Modell wird in der Regel von
dem Hintergrund der besonders schützenswerten Sozial­
Web-Entwicklern genutzt.
daten im Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft
›› Bei Infrastructure-as-a-Service (IaaS) werden dem
Cloud-Nutzer Hardware oder Infrastrukturdienste zur
eine größere Zurückhaltung in Bezug auf die Nutzung entsprechender Cloud Services besteht.
Verfügung gestellt. Dabei kann es sich beispielsweise um
Speicherplatz oder zusätzliche Rechenleistung handeln.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung in
allen Geschäftsbereichen und -prozessen wird jedoch mit-
Neben den unterschiedlichen Servicemodellen kann auch
tel- bis langfristig kein Weg am Cloud Computing vorbei
nach der Art der Cloud unterschieden werden:
führen. Entscheidend für einen zielführenden Einsatz von
Cloud Computing ist jedoch die Berücksichtigung einiger
›› Während die Public Cloud die „typische“ Art der Cloud
16
wesentlicher Aspekte in diesem Zusammenhang:
darstellt, in der jeder die angebotenen Services beziehen
›› Erstellung einer Cloud-Strategie,
kann, ist die Private Cloud das genaue Gegenteil dessen.
›› Analyse der existierenden Geschäftsprozesse,
Im Fall der Private Cloud wird diese ausschließlich für
›› Auswahl eines geeigneten Cloud-Anbieters,
eine Organisation bereitgestellt und kann entweder von
›› Vertragsgestaltung und Detailplanung,
der Organisation selbst bzw. von einem Dienstleister, der
›› Umsetzung und Migration und
die Verwaltung übernimmt, betrieben werden.
›› Überwachung der Cloud Services.
›› Nach der Beschaffung der ausgewählten Standardsoft-
Praxis-Hinweis
Aus unserer Sicht lassen sich Cloud Services mittel-
ware wird in der Design- und Customizingphase die
bis langfristig nicht mehr aus dem Unternehmens­
Standardsoftware in die bestehenden Geschäftsprozes-
alltag wegdenken. Die fortschreitende Digitalisierung
se integriert bzw. werden die Geschäftsprozesse an die
beschleunigt diesen Prozess. Gerne sind wir Ihnen in
Erfordernisse der neuen Software angepasst.
allen Phasen der Implementierung behilflich.
›› In der Testphase wird die richtige Umsetzung der Design­
vorgaben durch die programminterne Parametrisierung
Oliver Schikora
Dipl.-Betriebswirt (FH)
Certified Information Systems Auditor (CISA)
Köln
02203 . 8997-228
[email protected]
ätssichernde Begleitung
Qualitätssichernde Begleitung
von Anwendungsmigrationen
und die Wirksamkeit der erforderlichen Anpassungen der
Geschäftsprozesse geprüft.
›› Die Produktivsetzungsphase beinhaltet die Überführung
der Standardsoftware in den Regelbetrieb und die Einbettung in die IT- und Geschäftsprozesse des Unternehmens.
Die Unternehmensleitung ist für die sachgerechte Planung,
Durchführung, Organisation und Überwachung dieser Projekte verantwortlich und muss angemessene Maßnahmen
ergreifen, um den Risiken aus der Projektdurchführung
begegnen zu können. Häufig wird den Softwareanbietern
hier großes Vertrauen entgegengebracht. So bestimmen
diese nicht selten wesentlich das Vorgehen innerhalb des
Von Ingo Kreutz
Projekts. Da es aber durchaus Interessenkonflikte zwischen
Softwareanbieter und Anwender gibt, ergibt sich immer ein
Veränderungen im IT-System, die nicht mehr durch eine
latentes Projektrisiko. Aufgrund der Rechnungslegungs­
kontinuierliche Anpassung des Systems vorgenommen
relevanz von Migrationsprojekten müssen auch diese das
werden können, machen eine Umsetzung im Rahmen
Ordnungsmäßigkeitskriterium der Nachvollziehbarkeit
von IT-Projekten erforderlich. Unter diese Projekte fallen
erfüllen. Dies bedingt aber u. a. hohe Dokumentations­
­sowohl die Einführung von Anwendungssoftware (z. B.
anforderungen, die für die Projektbeteiligten aber oftmals
die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems
als zusätzliche Belastung wahrgenommen und daher gerne
für Eingangsrechnungen) sowie die Ablösung einer
vernachlässigt werden. Inwieweit den Projektrisiken dann
­A nwendung durch eine neue Anwendung (z. B. die Ablö-
tatsächlich begegnet wurde, ist im Nachgang somit nicht
sung der alten Finanzbuchhaltungssoftware). Der zweite
mehr eindeutig nachvollziehbar.
Fall wird auch als Anwendungsmigration bezeichnet.
Praxis-Hinweis
Ein typisches IT-Projekt für die Einführung bzw. die Mig-
Im Rahmen einer projektbegleitenden Prüfung unter-
ration von Anwendungen umfasst die folgenden Projekt-
stützen wir Sie bei der Umsetzung Ihrer Projektziele.
phasen:
Dabei weisen wir frühzeitig auf wesentliche Verstöße
gegen gesetzliche Anforderungen, wesentliche Män-
›› In der Definitionsphase werden die Rahmenbedingungen
gel bei der Projektdurchführung oder Kontrolldefizite
und auf Grundlage einer Geschäftsprozessaufnahme die
hin, damit schon in der laufenden Projektphase Ge-
Funktionen definiert, die durch die neue Software abge-
genmaßnahmen ergriffen werden können. Sprechen
deckt werden sollen (Fachkonzept, Lastenheft, Pflichten-
Sie uns an!
heft).
›› Gegenstand der Analysephase ist die Zusammenstellung
eines Kriterienkatalogs für die Auswahl des Softwareanbieters und das Auswahl- und Entscheidungsverfahren
für eine bestimmte IT-Anwendung.
Ingo Kreutz
Dipl.-Wirtschaftsinformatiker
Certified Information Systems Auditor (CISA)
Certified Information Security Manager (CISM)
Köln
02203 . 8997-217
[email protected]
17
Solidaris Information – 1/2017
Festlegung erster „planungsrelevanter Qualitätsindikatoren“
im Krankenhausbereich
Rechtsgrundlage
Der G-BA hat gemäß § 136c Abs. 1 SGB V den Auftrag,
planungsrelevante Qualitätsindikatoren zu entwickeln und
sie als Empfehlungen an die für die Krankenhausplanung
zuständigen Landesbehörden zu übermitteln. Werden ­diese
Empfehlungen durch die Landesbehörden akzeptiert, erlan-
Von Matthias Strickrodt
gen die Beschlüsse des G-BA Rechtsverbindlichkeit nach
§ 1 Abs. 6 SGB V und werden somit Bestandteil des Kran-
Das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) ist eine der
kenhausplans nach § 6 Abs. 1a KHG.
b edeutendsten Reformen im Krankenhaussektor in
­
Deutschland seit Einführung des DRG-Systems im Jahr
Qualitätsindikatoren
2003. Die Legislative unternimmt damit unter anderem
Bei der erstmaligen Festlegung von planungsrelevanten
den Versuch, unerwünschte Entwicklungen des DRG-
Qualitätsindikatoren (Anzahl 11) durch den G-BA am 15. De-
Systems zu korrigieren, zum Beispiel medizinisch zwei-
zember 2016 – erarbeitet durch das IQTIG – wurden die
felhafte Mengenausweitungen einzudämmen. Gleich­
Leistungsbereiche gynäkologische Operationen, Geburts-
zeitig werden mit dem KHSG aber auch Qualitätsnormen
hilfe und Mammachirurgie berücksichtigt. Die Informatio-
verankert. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten
nen hierfür basieren auf der Datenerhebung im Rahmen der
Neuerungen.
externen stationären Qualitätssicherung (esQS). Die Qualitätssicherung verfolgt das Ziel, die Risiken medizinischer
Organisation
Behandlungen bei maximaler Erhöhung der Wirksamkeit
Der Gesetzgeber setzt im Hinblick auf die Qualitätsanforde-
zu minimieren sowie Anreize zur
rungen im Krankenhausbereich als oberstes Beschluss­
Selbstverbesserung der Leistungs-
Seminar-Tipp
gremium den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein.
erbringer zu schaffen. Das Haupt-
Kranken­häuser im Fokus von
Der G-BA ist ein Gremium der Selbstverwaltung, das sich
problem besteht in der Messung
KV und E­ rmittlungsbehörden
aus fünf Vertretern des Spitzenverbandes der gesetzlichen
der Ergebnisqualität, zum Beispiel
› 30.03.2017 – Freiburg
Krankenversicherung (GKV-SV), fünf Leistungserbringern
in Form vom Komplikations-, Mor-
› 22.06.2017 – Berlin
– davon zwei Mitglieder der Deutschen Krankenhaus­
talitäts-, Wiederaufnahme- oder
› 19.10.2017 – München
gesellschaft (DKG), zwei Mitglieder der Kassenärztlichen
Wundinfektionsraten. Daher greift
Bundesvereinigung (KBV) und einem Mitglied der Kassen-
man auf Qualitätsindikatoren zur Quantifizierung von
zahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) – sowie drei
­Qualitätsanforderungen zurück und gibt Referenzbereiche
­Unparteiischen (einvernehmliche Ernennung durch die Kos-
vor. Die planungsrelevanten Qualitätsindikatoren sollen die
tenträger und Leistungserbringer, andernfalls Ernennung
Länder in die Lage versetzen, beurteilen zu können, ob ein
durch das Bundesministerium für Gesundheit) zusammen-
Krankenhaus in einem Leistungsbereich gute, durchschnitt-
setzt. Der G-BA erfüllt seine durch den Gesetzgeber über-
liche oder unzureichende Qualität aufweist.
tragenen Aufgaben im Wesentlichen dadurch, dass er im
Rahmen seiner zugewiesenen Kompetenzbereiche Richt­
Methodik
linien beschließt oder bereits bestehende novelliert. Der
Die Patientengefährdung ist derzeit das entscheidende
Ausschuss hat wiederum das Institut für Qualitätssiche-
Selektionskriterium für die Beurteilung von planungsrele-
rung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) beauf-
vanten Indikatoren, anhand derer eine unzureichende Qua-
tragt, gemäß der Richtlinie über Maßnahmen der Qualitäts-
lität der Leistungserbringung im Krankenhaus gemessen
sicherung in Krankenhäusern (QSKH-RL) planungsrele­vante
werden soll. Diese Fokussierung auf die Risikominimierung
Qualitätsindikatoren festzulegen. Diese planungsrelevanten
kann aber durchaus einen Anreiz zur Patientenselektion
Qualitätsvorgaben sollen künftig über die Aufnahme und
darstellen. Auch das gewählte Repräsentationsprinzip wirft
den Verbleib von Krankenhäusern im Krankenhausplan
Fragen auf. Eine fallbezogene Repräsentativität soll dann
­gemäß § 6 Abs. 1a KHG entscheiden.
gegeben sein, wenn für eine Krankenhausfachabteilung die
von der esQS erfassten Fälle mindestens 50 % der Sollfälle der Bundesstatistik in dieser Fachabteilung abdecken.
18
Derzeit ist nicht geklärt, was eine Unterschreitung dieser
Praxis-Hinweis
Schwelle bewirkt.
Erstmals soll die Qualität künftig auf die Bemessung
der Vergütung von Krankenhausleistungen durch Zu-
Regelungssystem der „Richtlinie zu planungsrele­
und Abschläge Einfluss nehmen. Die gegenwärtige
vanten Qualitätsindikatoren gemäß § 136 Abs. 1
mengenbasierte Krankenhausplanung wird durch
i. V. m. § 136c Abs. 1 und Abs. 2 SGB V“
Qualitätsmerkmale ergänzt. Grundvoraussetzung
Die Daten zu den beschlossenen planungsrelevanten Qua-
dieser Qualitätsoffensive ist aber, dass die Qualität
litätsindikatoren sind erstmals bis zum 15. Mai 2017 und
justiziabel messbar ist. Hierzu werden durch den
anschließend quartalsweise zu liefern. Bei statistisch auf-
G-BA entsprechende Leistungsindikatoren fest­
fälligen Ergebnissen wird eine Datenvalidierung durch­
gelegt. Zudem bedarf es einer regelmäßigen Über­
geführt. Sofern diese Prüfungen Korrekturen an den Daten
arbeitung der Qualitätsindikatoren und deren Weiter-
zur Folge haben, ist eine Neuberechnung durchzuführen.
entwicklung, damit sich aus den vorhandenen
Bleibt das Krankenhaus weiterhin statistisch auffällig, erhält
Leistungsdaten allgemeingültige Qualitätsstandards
es in einem Stellungnahmeverfahren Gelegenheit zur Be-
ableiten lassen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit ­diese
gründung seines Ergebnisses. Das IQTIG wird nach ab-
qualitätsorientierte Vergütungsbemessung der Kran-
schließender Bewertung der Stellungnahme unter Zuhilfe-
kenhäuser sich mittelfristig umsetzen lässt. Wenn
nahme einer Fachkommission die einrichtungsbezogenen
auch vieles noch unklar ist, empfehlen wir, im Rah-
Auswertungsergebnisse an den G-BA weiterleiten. Dieser
men der Lageberichterstattung hausindividuell auf
wird im Anschluss die Informationen den zuständigen Lan-
die beabsichtigten Neuerungen bei den Qualitäts­
desbehörden und Landesverbänden der Kostenträger zur
indikatoren hinzuweisen, um nach außen eine Sensi-
Verfügung stellen. Die Übermittlung der ersten Jahresaus-
bilisierung für das Thema zu signalisieren.
wertung der einrichtungsbezogenen Ergebnisse vom IQTIG
an den G-BA sowie an die Länder erfolgt zum 1. September
2018. In den folgenden Jahren wird das IQTIG eine Begleit­
evaluation der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren und
eine entsprechende Weiterentwicklung bzw. Anpassung der
Indikatoren vornehmen.
Matthias Strickrodt
Senior-Berater
Köln
02203 . 8997-202
[email protected]
Konsequenzen
Auf Grundlage der G-BA-Vorgaben sind bis zum 30. Juni
2018 die Regelungen für Qualitätszuschläge und -abschläge gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 1a Nr. 4 KHEntgG zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene zu vereinbaren. Die Vertragsparteien nach § 18 KHG sollen vor Ort im
Einzelfall gemäß § 5 Abs. 3a KHEntgG leistungsindividuelle
Zu- und Abschläge festlegen. Sollte eine nicht ausreichende
Leistungsqualität vorliegen, so hat das betroffene Krankenhaus innerhalb eines Jahres die Möglichkeit, abschlagsfrei
diesen Qualitätsmangel abzustellen. Wird der Qualitätsmangel nicht beseitigt, kommt es zu einer rückwirkenden
Abschlagsberücksichtigung für das 1. Jahr des Qualitätsmangels bis höchstens in einer Zeitspanne von insgesamt
drei Jahren. Wird nach Ablauf dieses Zeitraums der Qualitätsmangel nicht behoben, entfällt eine Leistungserstattung durch Teilaufhebung des Feststellungbescheides oder
Streichung der Leistung aus dem Krankenhausplan i. S. v.
§ 8 Abs. 1b KHG.
19
Solidaris Information – 1/2017
Krankenhausstrukturgesetz –
Für zusätzlich vereinbarte Leistungen wird grundsätzlich
drei Jahre lang ein Abschlag (FDA) fällig. Das Klinikum er-
Leistungsmengenbegrenzung
hält somit mindestens drei Jahre lang für die zusätzlich vereinbarte Leistungsmenge nicht den vollen Erlös, sondern
Von Isabel Walther, Torsten Hellwig und Jens Thomsen
lediglich einen Anteil des Erlöses. Die genaue Abschlagshöhe ist derzeitig nicht festgelegt. Der FDA soll so hoch
Am 5. November 2015 hat der Bundestag mit dem
sein, dass nur die variablen Kostenanteile der zusätzlich auf
Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) eine umfassende
Landesebene vereinbarten Leistungen finanziert werden.
Reform der Finanzierung von stationären Leistungen
Der Fixkostendegressionsabschlag darf in den Jahren 2017
verabschiedet. Neben den Maßnahmen zur Leistungs-
und 2018 bei den Verhandlungen auf Landesebene 35 %
mengenbegrenzung greift das KHSG weitere Themen der
und für die Verhandlungen der Vertragsparteien vor Ort (§ 4
Krankenhauslandschaft auf: Umwandlung der Kranken­
Abs. 2b Satz 2 KHEntgG) den erhöhten Abschlag von 50 %
hausstruktur, Verbesserung der Pflegeausstattung sowie
nicht überschreiten.
Erhöhung von Qualität und Transparenz.
Ähnlich wie beim Mehrleistungsabschlag gibt es beim FDA
Die stetige Erhöhung der Leistungsmenge bei stationären
Ausnahmetatbestände: Abschlagsfreie Leistungen (§ 4
Leistungen führt zu steigenden Ausgaben. Zudem wird ar-
Abs. 2b Satz 3 Nrn. 1 a) bis e) KHEntgG) und Leistungen
gumentiert, dass bestimmte Eingriffe aus wirtschaftlichen
mit hälftigem FDA (§ 4 Abs. 2b Satz 3 Nr. 2 KHEntgG). In
und nicht aus medizinischen Gründen durchgeführt wer-
nachfolgender Grafik sind die Ausnahmetatbestände des
den. Der Gesetzgeber hat deshalb mit dem KHSG Maßnah-
FDA dargestellt:
men zur Begrenzung der Leistungsmenge ergriffen.
›› Als erste Maßnahme sollen ausgewählte
medizinische Leistungen bei einem Über-
Kein FDA
schreiten einer maximalen Fallzahl nur
››
››
››
››
››
Leistungen aufgrund der Ausweitung des Versorgungsauftrags (Bettenzahlerhöhung etc.)
Leistungssteigerung in Zentren
DRG mit Sachkostenanteil > 2/3
bestimmte Leistungsbereiche (Frühgeburten, Transplantationen etc.)
bereits abgestufte Preise (BWR)
zu einem reduzierten Preis abgerechnet
werden können. Dadurch werden Gewinne aufgrund abnehmender Grenzkosten
Hälftiger FDA
verhindert.
›› Leistungssteigerungen in DRGs, die nicht mengenanfällig sind (Geburt, Schlaganfall-,
Herzinfarktbehandlung, Bypass-Operationen, Infektionserkrankungen etc.)
›› Leistungssteigerungen aufgrund von Leistungsverlagerungen
›› Die zweite Maßnahme, der sogenannte
Fixkostendegressionsabschlag (FDA)
nach § 10 Abs. 13 KHEntgG, zielt auf zu-
Voller FDA
›› Übrige Leistungen
künftige, von dem Klinikum geplante Leistungs mengensteigerungen ab. Der FDA
betrifft somit die Leistungsmenge, die
20
in einer Budgetverhandlung zusätzlich gegenüber dem
Zunächst wird die Leistungsmenge, bei welcher eine Aus-
Vorjahr vereinbart wird und ersetzt den bisherigen Mehr-
nahmeregelung für den FDA vorliegt, also „kein FDA“ fällig
leistungsabschlag, der für vereinbarte Mehrleistungen ab
wird, identifiziert und aus der Berechnung des FDA ausge-
2017 nicht mehr gültig ist.
schlossen. Sodann werden die verbleibenden Leistungen
›› Die dritte Maßnahme zur Mengenbegrenzung ist der
daraufhin überprüft, ob Tatbestände für einen „hälftigen
Mehrerlösausgleich nach § 4 Abs. 3 KHEntgG. Leistun-
FDA“ vorliegen. Für diese so identifizierte Leistungsmen-
gen, die zusätzlich erbracht, aber vorher nicht in einer
ge werden Minderleistungen und Mehrleistungen saldiert.
Budgetverhandlung vereinbart wurden, werden mit nur
Beispielsweise können Minderleistungen der Geburtshil-
35 % des regulären Erlöses vergütet. Wird das vereinbarte
fe Mehrleistungen bei Bypass-Operationen ausgleichen.
Budget nicht überschritten, so wird kein Ausgleich fällig.
Schließlich wird die noch verbliebende Leistungsmenge
Der Mehrerlösausgleich ist seit mehr als 10 Jahren gültig
betrachtet, für diese Leistungsmenge wird der FDA in vol-
und wird unverändert fortgeführt.
ler Höhe fällig.
Psychiatrievergütung 2017
Fazit
Der Gesetzgeber hat mit dem FDA Mechanismen
eingeführt, um Mengenausweitungen gezielter zu
Von Isabel Walther und Stefan Wich
steuern. Die Höhe und Dauer des FDA wird, wenn kein
Ausnahmetatbestand gilt, Mengenausweitungen ver-
Bereits am 18. Februar 2016 hatte das Bundesminis-
hindern bzw. zumindest begrenzen. Mehrleistungen
terium für Gesundheit angekündigt, die Vergütung für
aufgrund zusätzlich bewilligter Versorgungsaufträge
psychiatrische und psychosomatische Kliniken neu zu
werden grundsätzlich abschlagsfrei gewährt, sodass
strukturieren. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung
die Sicherstellung der klinischen Versorgung nicht
der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische
auf Kosten der Kliniken erfolgt. Die Ausnahmerege-
und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) treten
lung des FDA für Leistungen aus Zentren könnte zu
die geänderten Regelungen am 1. Januar 2017 in Kraft.
einer weiteren Spezialisierung der Kliniken beitragen.
Die Verringerung des FDA bei Leistungsverlagerun-
Die bisher vorgesehene Angleichung der krankenhaus­
gen innerhalb einer Region könnte zum Austausch
individuellen Preise an ein landeseinheitliches Preisniveau
von Leistungsmengen zwischen Kliniken führen.
wird nicht umgesetzt. Damit ist die Konvergenzphase de
Die Halbierung des FDA bei Leistungsausweitungen
facto abgeschafft. Behalten nun die Kliniken ihr Budget bzw.
von Bereichen, die mengenmäßig nicht beeinfluss-
ihre Entgelthöhen? Jein! PEPP ist zwar kein Preissystem
bar sind, sowie der Wegfall des FDA bei DRGs mit
mehr, sondern ein Budgetsystem, dennoch wird ein neuer
hohen Sachkostenanteilen verbessert die Situation
Vergleichswert geschaffen, der zu einer Budgetkonvergenz
gegenüber dem bisherigen Mehrleistungsabschlag.
führen wird, indem er eine Art „Benchmark“ für die Klinik-
Insgesamt führt der FDA ab dem Jahr 2017 zu sehr
preise darstellt.
rechenintensiven Konstrukten. Dies erfordert im
Rahmen der zukünftigen Planungsrechnungen eine
Die Verhandlung über die Leistungsmenge (Day-Mix-Volu-
detaillierte Hochrechnung der Erlöse aus Kranken-
men) bleibt Bestandteil der Budgetverhandlungen. Neu wird
hausleistungen. Regelmäßige Marktanalysen, eine
die Verhandlung über den Preis je Leistungspunkt (klinik­
gute Wachstumsstrategie und regelmäßige Fore-
individueller Basisfallwert) aussehen. Der Gesetzgeber
casts zum Stand der Leistungsmengenerreichung
sieht vor, dass das Institut für das Entgeltsystem im Kran-
werden unentbehrlich für eine erfolgreiche Zukunft.
kenhaus (InEK) die Vertragsparteien unterstützt, indem es
einen sogenannten Klinikvergleich durchführt: Die Krankenhäuser übermitteln an das InEK die Daten zu regionalen und
strukturellen Besonderheiten in der Leistungserbringung,
Isabel Walther
Senior-Beraterin
Köln
02203 . 8997-503
inklusive Zusatzkosten und der Kalkulationsgrundlage zur
[email protected]
tungsvergleich durch und stellt seine Ergebnisse für die
Budgetverhandlung zur Verfügung. Anschließend kann
Torsten Hellwig
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-214
Berechnung der Zusatzkosten. Das InEK führt den Leis-
über den Preis je Leistungspunkt (krankenhausindividueller Basisfallwert), Leistungsmenge und gegebenenfalls
[email protected]
über klinikindividuelle tages-, fall- oder zeitraumbezogene
Entgelte verhandelt und ein Gesamt(erlös)budget bestimmt
Jens Thomsen
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Köln
02203 . 8997-185
werden. Nach Abschluss der Budgetverhandlung wird das
Verhandlungsergebnis u. a. dem InEK übermittelt.
[email protected]
Ein wahrscheinliches Szenario für die Zukunft könnte sich
wie folgt darstellen: Die Kliniken, die unterhalb des Vergleichswertes liegen, haben eine starke Verhandlungsposition. Sie können die Anhebung auf das landeseinheitliche
Niveau (Landesvergleichswert) fordern. Die Krankenkassen
21
Solidaris Information – 1/2017
Datenjahr
Abrechnungssystematik
Erlösauswirkung
2017
2018
2019
2020
PEPP oder
Psych-PV
PEPP
PEPP
PEPP
budgetneutral
budgetneutral
budgetneutral
leistungsbezogener
Vergleich
-
Konzept des leistungsbezogenen Vergleichs
wird vorgestellt
Veröffentlichung der
Vergleichswerte
leistungsbezogener
Vergleich
Umstellung auf PEPP,
Dokumentation
verbessern
hochpreisige
(Betriebs-)Kostenstellen identifizieren,
Controlling vorbereiten
Vorbereitung der
Budgetverhandlung
Datenübermittlung an
das InEK (leistungsbezogener Vergleich),
Budgetverhandlung
Systementwicklung
Handlungsempfehlung
Chronologie: Neustrukturierung der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Kliniken nach PsychVVG
werden dem wenig Argumente entgegenhalten können und
Rahmen sehr wahrscheinlich. Offen bleibt, wie schnell und
müssen eine schrittweise Preisanhebung umsetzen. Eine
gerecht diese „freiwillige Konvergenz“ verlaufen wird.
Klinik, deren bisherige Entgelte durchschnittlich über dem
(Landes-)Vergleichswert lagen, hat eine schwache Ver-
Isabel Walther
Senior-Beraterin
handlungsposition. Die Klinik kann entweder hoffen, dass
der Verhandlungspartner weiterhin bereit ist, höhere Preise
Köln
02203 . 8997-503
zu akzeptieren, oder Sie ist gezwungen, die höheren Preise
[email protected]
zu rechtfertigen. Eine vollständige Rechtfertigung wird eine
schwierige Aufgabe sein und vermutlich nicht dauerhaft ge-
Stefan Wich
Senior-Berater
lingen. Eine schrittweise Absenkung der Preise hin zu dem
Köln
02203 . 8997-512
Vergleichswert ist die Folge. Aufgrund dieser Anreizwirkung
ist eine „freiwillige Konvergenz“ auch ohne gesetzlichen
[email protected]
Veranstaltungsübersicht
Rhein-Main Zukunftskongress
Altenpflegemesse
21. – 22. Februar 2017, Frankfurt-Offenbach a. M.
25. – 27. April 2017, Nürnberg
Sheraton Offenbach Hotel Am Büsing Palais
Messezentrum Nürnberg
Sozialwirtschaftliche Managementtagung
Kongress der Sozialwirtschaft SozKon
15. März 2017, Mainz
27. – 28. April 2017, Magdeburg
Hochschule Mainz
Hotel Maritim
Werkstätten : Messe 2017
Jahrestagung und Mitgliederversammlung
29. März – 1. April 2017, Nürnberg
der Bundes­arbeitsgemeinschaft Integrations­-
Messezentrum Nürnberg
firmen e. V.
29. – 31. Mai 2017, Potsdam
DRG-Forum
23. – 24. März 2017, Berlin
Estrel Hotel
22
Kongresshotel Potsdam am Templiner See
INTERN
Wohlverdienter Ruhestand
Eine Ära geht zu Ende: Nachdem er über ein Vierteljahr-
6. Ordenstag der Solidaris
7./8. März 2017, Erbacher Hof, Mainz
hundert lang als Geschäftsführer die Geschicke der Solidaris maßgeblich mitgeprägt hat, ist Herr Dipl.-Kfm. Rai-
Rahmenprogramm – Dienstag, 7. März 2017
ner Kenntemich zum 1. Februar 2017 in den buchstäblich
15:15 Treffpunkt Erbacher Hof
wohlverdienten Ruhestand getreten.
16:00Führung durch den Hohen Dom St. Martin
zu Mainz und das Bischöfliche Dom- und
Damit findet eine beeindruckende Laufbahn ihren Abschluss, die
vor 38 Jahren ihren Anfang nahm:
Am 1. Februar 1979 begann Herr
Kenntemich nach seinem Studium
­Diözesanmuseum
18:00Heilige Messe im Hohen Dom St. Martin
zu Mainz – Zelebrant Herr Domdekan Prälat
Heinz Heckwolf
19:30 Gemeinsames Abendessen im Erbacher Hof
der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Köln als frischgebacke-
Programm – Mittwoch, 8. März 2017
ner Diplom-Kaufmann mit Prädi-
8:00Empfang mit Kaffee und Imbiss
katsexamen seine Tätigkeit bei der Solidaris. In vielzähligen
im Erbacher Hof
Prüfungs- und Beratungsaufträgen stellte er in den Folge-
9:00Begrüßung durch Herrn Domdekan Prälat
jahren nicht nur seine weitreichenden Fachkenntnisse unter
Heinz Heckwolf und Herrn WP/StB Ralph
Beweis, sondern setzte sich auch in beispielhafter Weise
stets mit herausragendem Engagement und mit Herzblut
für die Belange der von ihm betreuten Mandanten ein.
­Wedekind, ­Solidaris Revisions-GmbH
9:30„Compliance im Orden –
Rahmenbedingungen möglicher Schritte“
Herr WP/StB Martin Tölle,
Am 1. April 1989 wurde Herr Kenntemich zum Geschäfts-
Solidaris Revisions-GmbH
führer der neu gegründeten Solidaris Unternehmensbera-
10:30Kaffeepause
tungs-GmbH bestellt. Trotz der zahlreichen Leitungsauf-
11:00„Notwendiger Strukturwandel und zukunfts-
gaben, die dieses Amt zusätzlich mit sich brachte, baute
trächtiger Neuaufbruch – dargestellt am Bei-
Herr Kenntemich in den folgenden Jahren ein Tätigkeitsfeld
spiel der Ordensgemeinschaft der Schwestern
immer weiter aus, das ihm von Beginn an bei unseren Man-
von der Gött­lichen Vorsehung Deutsche Pro-
danten und weit über diesen Kreis hinaus einen exzellenten
vinz e. V., Münster“
Ruf einbrachte: seine umfassende Vortrags- und Seminartä-
Schwester Paula Bomas, Provinzkoordinatorin
tigkeit, die ihn stets als sowohl fachlich wie auch rhetorisch
12:00 Gemeinsames Mittagessen
versierten und unterhaltsamen Referenten auswies. Im Jahr
13:30Podiumsdiskussion:
2010 übernahm Herr Kenntemich als verantwortlicher Ge-
„Heute die richtigen Schritte gehen“
schäftsführer die Bereiche Marketing und Unternehmens-
15:00Kabarettistische Aspekte und Impulse zum
kommunikation der Solidaris. In dieser Funktion prägte er
zuletzt maßgeblich die im Herbst 2016 umgesetzte Neukonzeption unseres Corporate Designs.
­Leitgedanken – Herr Thomas Klumb
15:45Ausklang der Veranstaltung bei Kaffee
und Kuchen
Mit dem Ausscheiden von Herrn Kenntemich verabschie-
Weitere Informationen und Anmeldung:
den wir uns von einem hochgeschätzten Kollegen, dessen
Solidaris Revisions-GmbH WPG StBG
beispielhafter Einsatz sowohl für die Solidaris als auch für
Frau Inna Reiter
unsere Mandanten die Werte unseres Unternehmens stets
Konrad-Goldmann-Straße 5a
vorbildlich mit Leben gefüllt hat. Wir danken Herrn Kennte-
79100 Freiburg/Breisgau
mich für die vielen Jahre der erfolgreichen Zusammenarbeit
Tel. 0761 . 79186-26 / Fax 0761 . 75835
und wünschen ihm und seiner Familie für die Zukunft alles
[email protected]
erdenklich Gute!
23
AKTUELLE SEMINARE
Datum
Ort
Titel
13.03.2017
Köln
Lizensierung von Software – Grundlagenseminar
16.03.2017
Würzburg
Neues vom Bundesarbeitsgericht
06.04.2017
Freiburg
28.11.2017
Köln
16.03.2017
Berlin
Integrierte Finanzplanung und Berichtswesen in Pflegeeinrichtungen
30.03.2017
Köln
und anderen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens
23.03.2017
München
Architekten und Projektsteuerer als Vertragspartner – Rechtssichere
30.05.2017
Freiburg
Zusammenarbeit mit Architekten, Fachplanern und Projektsteuerern
30.03.2017
Freiburg
Krankenhäuser im Fokus von KV und Staatsanwaltschaft
22.06.2017
Berlin
19.10.2017
München
31.03.2017
Münster
APG DVO – Aktuelle Anforderungen an das Rechnungswesen
09.05.2017
Berlin
ABC des Umsatzsteuer- und Gemeinnützigkeitsrechts
09.05.2017
München
28.05.2017
Köln
30.05.2017
Münster
Teilzeit- und Befristungsrecht mit der dazugehörenden Beteiligung
25.10.2017
München
der MAV
IMPRESSUM
Die Solidaris-Information erscheint quartalsweise für Mandanten und Geschäftspartner
der Solidaris-Unternehmensgruppe.
Herausgeber
Solidaris Unternehmensberatungs-GmbH
Von-der-Wettern-Straße 11
51149 Köln
Geschäftsführung
Dipl.-Kfm. Matthias Hennke
Dipl.-Kfm. Sven Hornbostel
Sitz der Gesellschaft: 51149 Köln,
Registergericht Köln, HRB 52005
Redaktionsleitung
Michael Basangeac, M. A.
Tel. 02203 . 8997-153, Fax 02203 . 8997-197
E-Mail: [email protected]
Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 17. Januar 2017
Auflage: 3.700 Stück
Gestaltung: Groba / Pérez Cantó Kommunikationsdesign, Köln
Druck: Flock Druck, Köln
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