10 Agenda Mittwoch, 14. August 2013 PRAXIS DER ZUKUNFT » PATIENTENRECHTEGESETZ BACKUP-KONZEPT Die kleinen Fallstricke der Datensicherung NEU-ISENBURG. Nicht nur aus Be- weisgründen: Gehen der Praxis Daten durch einen Rechner- oder Serverausfall verloren, ist auch die berufliche Existenz des Praxisinhabers bedroht. Zumindest, wenn die Abrechnungsdaten des Quartals noch nicht an die KV gegangen sind. Es braucht also ein tägliches Backup – bzw. eine Sicherung – der EDV-Daten. Doch: „Während ein gutes tägliches Backup-Konzept dafür sorgt, dass aktuell verwendete Daten niemals unrettbar verloren gehen sollen, scheitern genau diese Konzepte bei der Langzeitarchivierung“, sagt Klaus Donhauser Archivierungsexperte bei der CompuGroup Medical. Das liege daran, dass die Systeme bei einem täglichen Backup etwa über 14 Tage jeden Tag die Daten auf unterschiedliche Medien schreiben. „Somit hat man dann 14 Kopien seines Systems, auf das man im Fehlerfall zurückgreifen kann.“ Nur, am 14. Tag werde das erste Band wieder mit den aktuellen Daten überschrieben. Donhauser rät daher, Daten, die einer Aufbewahrungsfrist unterliegen, in bestimmten Abständen auf haltbaren, unveränderlichen Medien zu sichern. „Bestimmte Hersteller bieten hierfür CD- oder DVD-Medien an, die Haltbarkeiten von 100 Jahren und mehr aufweisen und dazu auch noch bezahlbar sind.“ (reh) Patientengesetz: So archivieren Praxen revisionssicher Seit dem 28. Februar ist das Patientenrechtegesetz in Kraft. Seither können sich Ärzte Lücken in ihrer Dokumentation eigentlich nicht mehr leisten. Hilfe bietet ihnen die Praxis-EDV. NEU-ISENBURG. Mit dem Patienten- Schnelle Einsicht für Patienten rechtegesetz haben sich auch die Anforderungen an die ärztliche Dokumentation verschärft. Zwar verlangte die Musterberufsordnung (MBO) den Ärzten schon vorher einen sorgsamen Umgang mit den Patientendaten ab. Dabei knüpfte die Berufsordnung insbesondere an die elektronische Dokumentation die Bedingung, dass die Praxen sicherstellen, dass die sensiblen Daten vor Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßiger Verwendung geschützt sein müssen (Paragraf 10 Abs. 5 MBO). Das Patientenrechtegesetz beschreibt die Pflichten der Ärzte aber noch viel genauer. Vor allem, was die Inhalte der Dokumentation anbelangt. Und: Es ist die Grundlage für Schadenersatzklagen von Patienten. Die MBO verlangt in Paragraf 10 Absatz 1 lediglich, dass Ärzte „über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen“ haben – was den Medizinern einen gewissen Spielraum lässt. Das Patientenrechtegesetz will nun aber, dass auch zu jeder Therapie ihre Wirkungen genau festgehalten werden. Auch etwa Einwilligungen und Aufklärungen sind genau zu dokumentieren. NEU-ISENBURG. Mit dem Patienten- Im Streitfall ist die EDV sicherer rechtegesetz haben die Patienten auch das festgeschriebene Recht, jederzeit ihre Behandlungsdaten einzusehen. Wie die KBV in einem Infoblatt schreibt, sei die „unverzügliche Einsichtnahme“ aber immer im Einklang mit dem Praxisalltag zu sehen und gelte nur für die üblichen Sprechzeiten. Damit sich der bürokratische Aufwand in Grenzen hält, sollte die Praxis-EDV über eine Schnellsuche und geeignete Exportfunktionen – etwa an ein geschlossenes E-Mail-System oder auf Datenträger – verfügen. (eb) Außerdem muss bei jeder Berichtigung oder Änderung sowohl in den Karteikarteneinträgen, also etwa der Anamnese, Befund oder Therapie, als auch in den behandlungsunterstützenden Dokumenten, wie Arztbriefen oder Ultraschallbildern, nachvollziehbar sein, wann diese vorgenommen wurden. Und der ursprüngliche Inhalt muss erkennbar bleiben. Das ist zwar gerade für die elektronische Dokumentation eine Herausforderung. Gleichzeitig kann aber die Technik Ärzte im Streitfall sogar besser als das Papierdokument schützen. WICHTIGE EDV-FUNKTIONEN Eine Kooperation mit CompuGroup Medical Nachträgliche Einträge in die Patientenakte? Die sind nur erlaubt, wenn die Originaldatei einsehbar bleibt. © PRESSMASTER / FOTOLIA.COM ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● So steht es im Gesetz ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Das Patientenrechtegesetz ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Paragrafen 630 a bis h verankert. › Dokumentation der Behandlung, Paragraf 630 f, Absatz 1: „Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.“ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Denn bei Papierdokumenten besteht immer die Gefahr, dass Dokumente unbemerkt ausgetauscht und die Originale vernichtet werden. Das wissen auch die Gerichte. Trotzdem: Bislang galten Dokumente von Ärzten – sofern sie keine Lücken aufwiesen – vor Gericht immer als vertrauenswürdig. Doch welche Technik benötigt die Praxis fürs beweissichere elektronische Dokumentieren? „Eine zertifizierte revisionssichere Archivierungssoftware“, erklärt Klaus Donhauser von der CompuGroup Medical Deutschland AG. Donhauser kennt als Produktmanager für Archivierungssysteme die Feinheiten der Software und die Sorgen der Praxen. „Das eingesetzte System sollte so beschaffen sein, dass der Verdacht, eine elektronische Kopie könnte nachträglich angepasst worden sein, unbegründet ist.“ Damit dies gelingt, sollte das System Prinzip-bedingt gar nicht mehr in der Lage sein, einmal gespeicherte Daten nachträglich zu verändern, rät der Experte. „Dies wird in der EDV mit sogenannten WORM-Konzepten erreicht.“ WORM seien Datencontainer, die das Hinzufügen von Daten erlauben, das nachträgliche Ändern, oder sogar das Löschen von Daten sei aber eben nicht mehr möglich. „Wird irgendwann eine Änderung nötig, wird zum Originaldokument eine neue Version erzeugt und untrennbar mit dem Originaldokument verheiratet.“ So sei jederzeit erkennbar, wann und von wem das Dokument und was geändert wurde. Praxen sollten auf Zertifikate achten Wichtig ist aber auch, dass die einzelnen Praxismitarbeiter in der PraxisEDV mit unterschiedlichen Zugangsdaten und -berechtigungen arbeiten. Und dass der Praxischef darauf achtet, dass sich jeder wirklich nur mit seinen Zugangsdaten anmeldet – und nicht, weil es vielleicht am Empfangstresen einfacher ist, sich an die geöffneten Dateien der Kollegin setzt. In der Regel lässt sich an jedem Rechner mit wenigen Tastengriffen der Benutzer wechseln – ohne dass Programme geschlossen werden müssen. Wobei aus Datenschutzgründen der Zugriff auf nicht genutzte Bildschirme und Rechner ohnehin gesperrt werden sollte. Donhauser empfiehlt, sich von dem jeweiligen Softwarehaus explizit bestätigen zu lassen, dass das Archivierungssystem revisionssicher ist. „Noch besser ist es, die Software hat ein entsprechendes Testat von dritter Stelle, zum Beispiel dem TÜV.“ (reh) Aufklärungslücke macht Komplikation zum Arztfehler Das neue Patientenrechtegesetz verlangt von den Praxen auch beim Thema Aufklärung eine sorgfältige Dokumentation. NEU-ISENBURG. Dass Patienten vor einer Behandlung in der Praxis über deren Wirkung, Erfolgsaussichten und eventuelle Nebenwirkungen aufgeklärt werden, ist zwar eigentlich selbstverständlich. Das Patientenrechtegesetz verlangt von den Praxen aber mehr: Es reicht künftig nicht, nur ein mündliches Gespräch mit dem Patienten zu führen, nach Para- graf 630e Absatz 2 Satz 2 BGB sind dem Patienten auch Abschriften beziehungsweise Kopien von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet, auszuhändigen. Laut der Medizinjuristin und Fachbuchautorin Beate Bahner aus Heidelberg sollten Ärzte sich aber noch ein Sicherheitsnetz einbauen: Die Rechtsanwältin rät, den Patienten einmal unterschreiben zu lassen, dass er aufgeklärt wurde, und sich zusätzlich den Erhalt des Bogens quittieren zu lassen. Das lasse sich durchaus auf einem Bogen unterbringen. Bahner: „Banken machen das etwa auch gerne bei ihren Unterlagen.“ Die Anwältin empfiehlt beispielsweise folgenden Satz einzufügen: „Ich erkläre, eine Abschrift dieses Bogens erhalten zu haben.“ Dabei sollte der Patient eine Kopie eben dieses unterzeichneten Bogens erhalten, das Original könne sich die Praxis dann aber auch einscannen und in der EDV hinterlegen. Doppelte Quittung schützt Warum die doppelte Quittung so wichtig ist? Das liegt an den Dokumentationspflichten, die sich aus Paragraf 630f BGB ergeben. „Wenn die Dokumentation schlampig ist, also Lücken aufweist, dann gilt die Leistung und in diesem Fall die Aufklärung als nicht erbracht“, erklärt die Juristin. Und in Sachen Aufklärung und Dokumentation liege die Beweis- pflicht beim Arzt: Er müsse in einem Rechtsstreit darlegen, dass er seiner Pflicht nachgekommen ist. Gerade hier kann es sehr hilfreich sein, wenn unterzeichnete Aufklärungsbögen gescannt und direkt in der elektronischen Patientenakte hinterlegt werden. In einem Fall, in dem eigentlich kein Behandlungsfehler aufgetreten, es aber zu einer Komplikation gekommen ist, könne die Aufklärungs- beziehungsweise Dokumentationslücke fatale Folgen haben, wie Bahner schildert: Wenn der Aufklärungsbogen in der Dokumentation fehlt, werde das vor Gericht so gewertet, als wenn der Patient über mögliche Komplikationen nicht aufgeklärt worden ist. Sage der Patient später: Hätte ich das gewusst, hätte ich die Behandlung oder den Eingriff nicht gemacht, dann zähle diese Aufklärungslücke wie ein Behandlungsfehler. Allein die Dokumentation in der Software schützt den Arzt jedoch auch nicht. „Die Software muss absolut fälschungssicher sein und Datum und Uhrzeit des Eintrags erkennen lassen.“ Die Uhrzeit sei wichtig, damit die Praxis die zeitnahe Dokumentation nachweisen könne. Bahner: „Zeitnah ist 24 bis 48 Stunden später, nicht vier Wochen später.“ Dabei könnten Eintragungen durchaus ergänzt oder geändert werden. „Sie müssen aber als geändert erkennbar sein.“ (reh)
© Copyright 2024 ExpyDoc