1 AG Feldherpetologie und Artenschutz Einheimische Reptilien und Amphibien Nördlicher Kammmolch Admin · Donnerstag den 5. September 2013 Artensteckbrief cristatus) Nördlicher Kammmolch (Triturus Art: Triturus cristatus, Kammmolch Nördlicher Nördlicher N ö r d l i c h e rKammmolch (TriturusKammmolch (Triturus cristatus), Weibchencristatus), Männchen in Wassertracht, NSGin Wassertracht, NSG Unterart(en): „Windknollen“, Jena,„Windknollen“, Jena, Triturus cristatus cristatus Thüringen, Thüringen, D e u t s c h l a n d , M a iD e u t s c h l a n d , M a i Fauna-Flora Habitatrichtlinie: 1991, Foto: Andreas1991, Foto: Andreas FFH-Richtlinie (Anhang II und IV) Nöllert Nöllert Rote Liste Status: RL Deutschland (2009): Vorwarnliste RL BB (2004): gefährdet RL BE (2004): gefährdet RL BW (1999): stark gefährdet RL BY (2003): stark gefährdet RL HE (2010): Vorwarnliste RL HH (2004): gefährdet RL MV (1992): stark gefährdet RL NI (1994): gefährdet RL NW (2011): gefährdet RL RP (1996): stark gefährdet RL SH (2003): Vorwarnliste RL SL (2008): gefährdet RL SN (1999): stark gefährdet RL ST (2004): gefährdet RL TH (2011): gefährdet Copyright © 2017 AG Feldherpetologie und Artenschutz -1/7- 24.04.2017 2 Beschreibung: Nördlicher Kammmolch (Triturus Der Nördliche Kammmolch (Triturus cristatus) ist mit 11 bis 14cristatus), Männchen cm, in Ausnahmefällen bis 20 cm Gesamtlänge, der mit Abstandin Wassertracht, NSG größte heimische Wassermolch. Der Name rührt von dem„Windknollen“, Jena, auffälligen Kamm auf dem Rücken der paarungsbereitenT h ü r i n g e n , Männchen in Wassertracht. Die Rückenseite ist eherD e u t s c h l a n d , M a i unscheinbar schwarz bis dunkelbraun gefärbt und zeigt1991, Foto: Andreas schwarze Flecken, wohingegen sich die Bauchseite deutlichNöllert durch ihre auffällig leuchtend gelbe bis orangerote Färbung und ein schwarzes Fleckenmuster abhebt. Jeder Kammmolch besitzt ein individuell ausgebildetes Fleckenmuster der Bauchseite, welches bei Fang-Wiederfangstudien eine verlässliche Erkennung von adulten Individuen innerhalb einer Population ermöglicht. Gesamtverbreitung: Triturus cristatus ist von der Bretagne und den Britischen Inseln (exklusive Irlands) über Mitteleuropa und den Süden Skandinaviens bis nach Westrussland verbreitet. Die südliche Verbreitungsgrenze der Art verläuft entlang einer Linie von Westfrankreich über das Zentralmassiv nördlich des Alpen-Hauptkamms durch die Schweiz und Österreich bis auf den nördlichen Balkan. Auf der Iberischen Halbinsel fehlt die Art. Italien hingegen wird vom Italienischen Kammmolch (Triturus carnifex; häufig auch als Alpen-Kammmolch bezeichnet) besiedelt (siehe auch Wissenswertes). Nördlich dringt der Nördliche Kammmolch nicht über den 64. Breitengrad vor. V e r b r e i t u n g s k a r t eVerbreitung national: nördlicher Der naturräumlichen Gliederung Deutschlands entsprechend ist Kammmolch – der Nördliche Kammmolch als eine Art des Flach- und Triturus cristatus Hügellandes vor allem in den Ebenen und Niederungen weit (Laurenti, 1768) verbreitet, während in den Mittelgebirgen nur einzelne, isolierte Vorkommen bekannt sind. In der Atlantischen Biogeografischen Region ist die Art weit verbreitet, wird jedoch in der Geest selten und fehlt in der Marsch. In der Kontinentalen Biogeografischen Region werden vor allem die Tiefebenen entlang von Flussläufen besiedelt. In den Mittelgebirgen (z.B. Hunsrück, Taunus, Rhön, Odenwald, Schwarzwald, Schwäbische Alb, Spessart, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald) ist der Nördliche Kammmolch hingegen von Natur aus selten oder fehlt. Die Alpine Biogegrafische Region wird von der Art nicht besiedelt. Die Alpen bleiben mit Ausnahme einzelner Talöffnungen fundfrei. Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen Copyright © 2017 AG Feldherpetologie und Artenschutz -2/7- 24.04.2017 3 Reptilien und Amphibien. Lebensräume: Nördlicher Nördlicher Kammmolch (Triturus Kammmolch (Triturus Da der Nördliche Kammmolch die größte cristatus). cristatus). Im Teichtal Bindung (längste aquatische Phase) aller Fortpflanzungsgewäss südwestlich von heimischen Molche an sein er „Schmölener Hainrode siedelt eine Laichgewässer besitzt, kommt dem Brack“ im NSG der aquatischen Lebensraum der Art eine „Binnendünen“ bei individuenreichsten besondere Rolle zu. Gute Klein Schmölen. Populationen der Art Kammmolchgewässer im Flach- und Mecklenburgin Thüringen. Hügelland sind sonnig, pflanzenreich, Vorpommern, Thüringen, relativ groß und tief, vor Deutschland, Deutschland, Düngereinträgen geschützt, stehend und 25.05.2012, Foto: 02.08.2011, Foto: fischfrei. Auch wenn die Gewässer im Andreas Nöllert Andreas Nöllert Offenland liegen, müssen in näherer Umgebung geeignete Landlebensräume wie Laub- und Mischwälder mit einer ausgeprägten Krautschicht und einem hohen Totholzanteil vorhanden sein. Als weitere wichtige Komponente für die Wanderung zwischen Land- und Wasserhabitat sind Hecken und Feldgehölze als lineare Strukturen zu nennen. Kammmolche verstecken sich während der terrestrischen Phase tagsüber häufig unter Astwerk, Holzstapeln, Wurzelhöhlungen und Steinen sowie in Kleinsäugergängen, um eine Austrocknung bei unvorteilhafter Witterung zu vermeiden. Entlang der großen Flussauen haben Abgrabungen wie Kies- und Tongruben sowie Steinbrüche eine große Bedeutung als Sekundärlebensräume. Wissenswertes: Nördlicher Kammmolch (Triturus In den 1970er Jahren wurden Kammmolche im cristatus), FangBerchtesgadener Land entdeckt, die Merkmale zeigten, die Wiederfang nicht eindeutig Triturus cristatus zuzuordnen waren. Männchen M28, Anschließende morphologische Untersuchungen ermittelten Münster Choerde, einige Hybridpopulationen zwischen dem Nördlichem und dem April und Mai 2008, Italienischem Kammmolch, sodass der Italienische Kammmolch Foto: Ulrich Schulte Copyright © 2017 AG Feldherpetologie und Artenschutz -3/7- 24.04.2017 4 vorübergehend als weitere heimische Amphibienart betrachtet wurde. Neuere genetische Analysen zeigen jedoch, dass die früheren Hybridpopulationen stark rückläufig sind und aktuell nur noch eine Population Merkmale von T. carnifex zeigt. Allerdings konnten diese Untersuchungen auch bestätigen, dass es eine natürliche Hybridzone zwischen beiden Arten in der Region Salzburg gibt, die sich bis in das Berchtesgadener Land nach Bayern zieht. Interessanterweise konnte eine klinale Verteilung von reinen T. cristatus im Nordwesten in Bayern über Hybride im Zentrum der Kontaktzone bis hin zu reinen T. carnifex im Südwesten in Österreich beschrieben werden, die sich auf nur 40 km Länge erstreckt. Im Landkreis Erding wurde eine T. carnifex-Population 1990/1991 ausgesetzt, die ihren Ursprung an der kroatischen Adriaküste hat. Gefährdung & Schutz: Unter den heimischen Molcharten ist der Nördliche Kammmolch die seltenste und anspruchsvollste Art und daher von besonderem naturschutzfachlichen Interesse. So wird er in der FFH-Richtlinie als streng zu schützende Tierart der Anhänge II und IV aufgeführt und gilt in zahlreichen Bundesländern als „stark gefährdet“, bzw. „gefährdet“. Die Gefährdung der Art ist vor allem auf das Verschwinden von Kleingewässern aus der Landschaft zurückzuführen. Zusammenfassend lassen sich vor allem folgende Gefährdungsursachen formulieren: ● ● ● ● ● ● Verlust oder Entwertung ehemaliger Laichgewässer durch Fischbesatz, Verfüllung, wasserbauliche Maßnahmen sowie Bebauungen Verlust von Landlebensräumen durch Ausräumung der Landschaft und Intensivierung der Landwirtschaft Beseitigung von Überschwemmungsflächen in Auenbereichen und großflächige Grundwasserabsenkung Erhöhung der Nährstoff- und Schadstoffeinträge in Laichgewässer durch Intensivierung der Landwirtschaft Fragmentierung von Lebensräumen und Ausbreitungskorridoren durch anhaltenden Straßen- und Siedlungsbau (Zunehmende Isolation von Vorkommen) Straßentod Folgende Schutzziele und Pflegemaßnahmen sind geeignet um den Nördlichen Kammmolch dauerhaft zu schützen: ● ● ● ● ● Erhalt und Neuanlage von besonnten fischfreien Laichgewässern mit ausgeprägter Uferund Unterwasservegetation, die temporär (mind. alle 3-5 Jahre) trockenfallen sollten; ist das nicht möglich, sollten ablassbare Gewässer angelegt werden Förderung von Feuchtgrünlandkomplexen Förderung und Neuanlage von linearen Landschaftselementen (Hecken und Feldgehölze) Pflege- und Entwicklungskonzepte für Abbaugebiete Erhaltung und Entwicklung dynamischer Auenbereiche und großflächiger Feuchtgebiete Copyright © 2017 AG Feldherpetologie und Artenschutz -4/7- 24.04.2017 5 ● ● ● Reduzierung von Nährstoff- und Schadstoffeinträgen in Laichgewässer durch eine Ausweisung von Pufferzonen in der Landwirtschaft Entfernen von Fischen aus Laichgewässern durch Ablassen oder Abpumpen des Wassers (durch Elektrobefischung kann in größeren Gewässern immer nur ein Teil der Fische entfernt werden) Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen (z.B. stationäre Amphibienschutzanlagen, Amphibienzäune, Geschwindigkeitsbegrenzung, Straßensperrungen) Literatur: Arntzen, J.W. 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