Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste Wissenschaftliche Sitzungen 1. Halbjahr 2017 3 Wissenschaftliche Klassensitzungen und Akademieveranstaltungen für alle Klassen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im 1. Halbjahr 2017 Die Akademie ist eine Vereinigung führender Forscher des Landes und die Heimat von zurzeit 14 wissenschaftlichen Forschungsvorhaben. In der Akademie pflegen die Mitglieder wie in den weiteren sieben deutschen Landesakademien den wissenschaftlichen Gedankenaustausch untereinander sowie mit Vertretern von Politik und Gesellschaft und unterhalten enge Kontakte zu anderen wissenschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland. Die Nordrhein-Westfälische Akademie ist in drei wissenschaftliche Klassen, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, und eine Klasse der Künste gegliedert. In ihnen findet das eigentliche wissenschaftliche und diskursive Leben der Akademie statt. Die regelmäßigen nichtöffentlichen Klassensitzungen bieten die Gelegenheit zur Diskussion wissenschaftlicher Forschungsergebnisse oder künstlerischer Fragestellungen, in ihnen werden für die akademieeigenen Schriftenreihen vorgesehene Publikationen vorgelegt. Die Vielfalt der vertretenen Fachrichtungen bietet die Gewähr für disziplinenübergreifenden Gedankenaustausch und interdisziplinäres Arbeiten. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste 4 5 Übersicht 1| 2017 JK Dienstag, 17.01.2017 um 18.00 Uhr (auf Einladung) Konzert zum Neuen Jahr Aufnahme der neuen Mitglieder des Jungen Kollegs G Mittwoch, 08.02.2017 um 15.00 Uhr Die Welt als Kulisse. Übertreibungen in Richtung Wahrheit Prof.’ in Dr. Käte Meyer-Drawe, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 NM Mittwoch, 15.02.2017 um 15.30 Uhr Organische Elektronik Prof. Dr. Klaus Meerholz, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Wie passen sich Pflanzen an lebensfeindliche Umweltbedingungen an? Prof.’ in Dr. Ute Krämer, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 A Donnerstag, 16.02.17 um 15.00 Uhr / 19.00 Uhr Symposium „Kunst und Öffentlichkeit – Über das sich wandelnde Verhältnis von öffentlichen Räumen” und die abendliche Ausstellungseröffnung „Mischa Kuball | public preposition – Materialsammlung“ Die Ausstellung läuft vom 17.02.17 bis zum 31.03.17, montags – donnerstags von 12–17 Uhr IW Mittwoch, 22.02.2017 um 15.30 Uhr Leviathan – Zum Gewaltmonopol des Staates – Die ökonomische Perspektive Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Carbonbeton – Eigenschaften und Chancen eines neuen Werkstoffs Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach, Dresden . . . . . . . . . . . . . . 18 A Montag, 06.03.2017 um 16.00 Uhr Wahrnehmung von Risiken – ein interdisziplinärer Dialog Symposium der Arbeitsgruppe Risiko des Jungen Kollegs G Mittwoch, 08.03.2017 um 14.30 Uhr Gesetze und Gesetzgeber in der politischen Kommunikation des klassischen Athen PD Dr. Christoph Michels, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Historia docet? Die Rechtsgeschichte als Lehrmeisterin der juristischen Methodendebatten im 20. Jahrhundert Prof. Dr. Hans-Peter Haferkamp, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 NM Mittwoch, 15.03.2017 um 15.30 Uhr Gute wissenschaftliche Praxis in Medizin und Biowissenschaften – Probleme und Lösungswege Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Das Schicksal der Antimaterie in der Entwicklung des Universums: Von der physikalischen Grundlagenforschung zu medizinischen Anwendungen Prof. Dr. Achim Stahl, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 6 7 A Donnerstag, 23.03.2017 um 15.00 Uhr 500 Jahre Reformation Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Prof. Dr. Werner Besch, Bonn; Prof. Dr. Albrecht Beutel, Münster; Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Bonn; Prof. Dr. Volker Reinhardt, Fribourg Einführung und Moderation: Prof. Dr. Gerrit Walther, Wuppertal G Mittwoch, 05.04.2017 um 15.00 Uhr Aktuelle Themen der Postcolonial Studies: Siedlerkolonialismus und Globalisierung Prof.’ in Dr. Barbara Schmidt-Haberkamp, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 NM Mittwoch, 26.04.2017 um 15.30 Uhr Design und Synthese kleiner Wirkstoff-Moleküle mit programmierter biologischer Funktion Prof. Dr. Hans-Günther Schmalz, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Schwarze Löcher – Beobachtungen eines „unsichtbaren“ Phänomens Priv.-Doz.’ in Dr. Silke Britzen, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 IW Donnerstag, 27.04.2017 um 15.30 Uhr Zur Zukunftsfähigkeit des Öffentlichen Verkehrs Prof.’ in Dr.-Ing. Ulrike Reutter, Wuppertal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 A Mittwoch, 10.05.2017 um 17.00 Uhr (auf Einladung) Jahresfeier der Akademie – Aufnahme der neuen Mitglieder Festvortrag von Prof. Dr. Rudolf Schieffer, Bonn G Mittwoch, 07.06.2017 um 14.30 Uhr Für eine freie Entscheidung über den eigenen Tod – zum Verbot der Suizidbeihilfe Jun.-Prof.’ in Dr. Elisa Hoven, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Ist der Tod ein Übel? Philosophische Reflexionen der radikalen Endlichkeit menschlichen Personseins Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Quante, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IW Dienstag, 13.06.2017 um 12.30 Uhr Themenklassensitzung Daten: Wem gehören sie, wer nutzt sie, wer speichert sie? . . . . . . . . . . . 36 Vortragende: Prof. Dr. Dr. hc. Joachim von Braun, Bonn Prof. em. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E.h. Dietrich Hartmann, Bochum (angefragt) Prof. Dr. Justus Haucap, Düsseldorf Prof.' in Dr. Katharina Morik, Dortmund Dr. Alexander Scheuch, Münster (Junges Kolleg) Potenziale der Sharing Economy für den urbanen Personenverkehr Prof. Dr. Justus Haucap, Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 8 9 NM Mittwoch, 21.06.2017 um 15.30 Uhr Die Frage nach dem Lebensalter – Rechtsmedizinische Forschung zum Thema Lebensaltersschätzung Prof.’ in Dr. med. Stefanie Ritz-Timme, Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Legende / Erläuterungen A = Akademieveranstaltung für alle Klassen G = Klasse für Geisteswissenschaften Wie resistiv schaltende Materialien neue Wege in der Informationsverarbeitung eröffnen Dr. Martin Salinga, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 NM = Klasse für Naturwissenschaften und Medizin IW = Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften Die Neurobiologie und Neuropathologie des episodischen Gedächtnisses Jun.-Prof. Dr. Armin Zlomuzica, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 K = Klasse der Künste JK = Junges Kolleg ÖV = Öffentliche Veranstaltung Weitere Informationen zu den Klassensitzungen sind zeitnah im Internet zu finden. Bitte beachten Sie bei den genannten öffentlichen Terminen die Einladungen und hierbei eventuelle Terminänderungen. Weitere Terminhinweise finden Sie unter www.awk.nrw.de. Die Klassensitzungen sind grundsätzlich nur für die Mitglieder der Akademie, des Jungen Kollegs und der Stiftung der Freunde und Förderer der Akademie sowie für geladene Gäste zugänglich. 10 11 Wissenschaftliche Sitzungen 1 | 2017 G Mittwoch, 08.02.2017 um 15.00 Uhr, 576. Sitzung Die Welt als Kulisse. Übertreibungen in Richtung Wahrheit Prof.’ in Dr. Käte Meyer-Drawe, Bochum „Warum sieht der Mensch die Dinge nicht?“, fragt Nietzsche und antwortet sich selbst: „Er steht selber im Wege: er verdeckt die Dinge.“ In Anlehnung daran könnte man heute fragen: „Warum sieht der Mensch nicht, dass er seine Welt zerstört?“ und antworten „Immer noch steht der Mensch selbst im Wege. Hinzu kommen die Bilder, sie verdecken die Wirklichkeit.“ Als sinnbildlich für dieses Weltverhältnis könnte zurzeit das Selfie betrachtet werden, das fotografierte Selbstbildnis von Menschen vor dem Hintergrund berühmter Bauwerke und Menschen. Aber auch die begehrte Datenbrille, mit deren Hilfe man in die virtuelle Welt eintauchen kann, ist von emblematischer Bedeutung. Bilder gaukeln eine unmittelbare Begegnung mit dem Original vor. Unter der Hand verstärken sie aber eine gewisse Abgerissenheit von der Welt, eine Abstraktion, die uns als unbeteiligten Zuschauer konstituiert und vielleicht daran hindert, uns unsere destruktive Haltung „ins Gefühl zu bringen“ (Georg Misch). Gleichsam mit einem Kamerablick beziehen wir als Beobachter gegenüber der Welt Stellung und haben nicht an ihr teil. Wir sind dabei, uns unsere Welt als ein Konstrukt zurecht zu legen. Die Bilder lassen uns das Gewicht der Welt nicht spüren. „Was [dabei] auf dem Spiel steht, ist die menschliche Erfahrungsfähigkeit überhaupt.“ (Dietmar Kamper). Die in Aussicht gestellten Überlegungen werden sich diesem Weltentzug oder Weltverzicht widmen. Dabei verrät der Untertitel das Verfahren, das zur Anwendung kommen soll, nämlich die Übertreibung. Mit dicken Pinselstrichen sollen Trends und Tendenzen markiert und zur Diskussion gestellt werden. 12 Prof.’ in Dr. Käte Meyer-Drawe studierte von 1968 bis 1971 an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe, Bielefeld und legte dort 1973 ihr 2. Staatsexamen für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in den Fächern Mathematik, Physik und Chemie ab und wurde 1977 zur Dr. päd. promoviert. Dort war sie bis 1979 wissenschaftliche Assistentin im Fachbereich I. Ab Oktober 1979 wechselte sie zum Institut für Pädagogik der Ruhr-Universität Bochum, wo sie 1983 die Venia Legendi für das Fach Pädagogik erhielt. 1984 wurde sie zur Professorin auf Zeit in Bochum berufen und erhielt 1987 die Berufung zur Professorin an der Ruhr-Universität Bochum mit dem Arbeitsschwerpunkt Allgemeine Pädagogik. Seit 1994 ist sie Mitglied des Beirates der Gesellschaft für phänomenologische Forschung, wo sie von 2000 bis 2015 Vizepräsidentin war. Seit 2005 ist sie Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Eugen-FinkGesamtausgabe und seit 2008 im Beirat der Reihe Pädagogik und Philosophie. Seit 2009 ist sie im Beirat des Walgenfeld-Archivs an der Universität Freiburg. Im September 2014 trat sie in den Ruhestand. Käte Meyer-Drawe ist seit 2015 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. NM Mittwoch, 15.02.2017 um 15.30 Uhr, 581. Sitzung Vortrag 1 Organische Elektronik Prof. Dr. Klaus Meerholz, Köln Details zum Vortrag standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Prof. Dr. Klaus Meerholz wurde in Bielefeld geboren. Er studierte von 1982 bis 1985 an der Universität Bielefeld, wo er das Vordiplom für Chemie ablegte. Von 1985 bis 1987 studierte er weiter an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo er sein Diplom in Chemie ablegte. 1992 wurde er in Freiburg promoviert. 1991 war Klaus Meerholz kurz im Centre d’Energie Atomique de Grenoble, Frankreich, bevor er von 1991 bis 1993 im Materialforschungszentrum der Universität Freiburg arbeitete. 13 Ebenfalls in 1993 hatte er einen Postdoc-Aufenthalt an der State University of New York und bis 1985 war er Research Assistent im Optical Sciences Center der Universität of Arizona. Von 1995 bis 1998 war er Assistent-Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) München im Fachbereich Chemie. 1998 wurde er in München habilitiert und erhielt ebenfalls 1998 in München eine C3-Professur für Physikalische Chemie. Von 1999 bis 2002 war er Privatdozent im Fachbereich Physikalische Chemie der LMU München und seit 2002 ist er Professor und Lehrstuhlinhaber im Fach Fachbereich Physikalische Chemie der Universität zu Köln. Nach verschiedenen unterschiedlichen Aufgaben ist er seit 2009 Managing-Director im Center of Organic Elektronic Cologne (COeC) gGmbH und seit 2011 Director des Center of Organic Production Technology COPT in NRW e.V. Klaus Meerholz hat eine Vielzahl von Auszeichnungen erhalten, unter anderem 2010 den Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalens und 2015 den Max-Delbrück-Preis der Universität zu Köln. Vortrag 2 Wie passen sich Pflanzen an lebensfeindliche Umweltbedingungen an? Prof.’ in Dr. Ute Krämer, Bochum Pflanzen können sich widrigen Umweltbedingungen nicht durch Fortbewegung entziehen. Trotzdem – oder gerade deswegen – kommen selbst an den unwirtlichsten Standorten Pflanzen vor und zeigen so eine bemerkenswerte Vielfalt und Spannbreite von Merkmalsausprägungen. Die Arbeitsgruppe von Professor Ute Krämer untersucht die funktionelle Diversität in Pflanzen mit dem Ziel, die zugrundeliegenden genetischen Unterschiede und deren Wirkungsweisen aufzuklären. Hierfür kombinieren wir ökologische, evolutionäre, genomische, molekulargenetische und physiologische Forschungsansätze. Modellhaft stehen bei unseren Arbeiten die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und so genannten Schwermetallen im Zentrum. In allen Lebewesen nehmen einige Schwermetalle, beispielsweise Zink oder Kupfer, aufgrund ihrer besonders wirkungsvollen chemischen Eigenschaften lebenswichtige Nährstofffunktionen 14 wahr. Schon in geringem Überschuss jedoch sind diese Metalle, ebenso wie chemisch ähnliche nicht-essenzielle Schwermetalle, wie Cadmium, Blei oder Quecksilber, lebensbedrohlich. Anthropogene Veränderungen haben innerhalb von evolutionär kurzer Zeit zu einem hohen Anstieg der Umweltbelastung mit diesen Metallen geführt. Als Untersuchungsobjekte für unsere Arbeiten dienen Erntepflanzen, die Modellpflanze der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) und vorrangig ihre nahe Verwandte, die Haller’sche Schaumkresse (Arabidopsis halleri). Bemerkenswerterweise reichern Blätter von A. halleri Zink, Cadmium und Blei an in Konzentrationen, die mehrere Größenordnungen oberhalb der Konzentrationen in normalen Pflanzen liegen. Für diese Schwermetall-Hyperakkumulation ist eine stark erhöhte Schwermetalltoleranz erforderlich. Darüber hinaus ist A. halleri Teil der besonderen Vegetation von hoch spezialisierten Pflanzen auf giftigen Schwermetall-verseuchten Böden. Der Vortrag wird im Zusammenhang wesentliche biologische Fragen diskutieren und Anwendungsperspektiven aufzeigen. Prof.’ in Dr. Ute Krämer studierte nach dem Abitur 1989 in Alfeld (Leine) Biochemie an der Leibniz Universität Hannover mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. 1992 wechselte sie mit einem Cecil Rhodes Scholarship an die University of Oxford/Magdalen College und schloss ihr Studium 1996 mit einem D.Phil. am Department of Plant Sciences ab. Es erfolgten Forschungsaufenthalte an der Rutgers University (NATO Fellowship) und der University of California San Diego. 1998 kam sie als Wissenschaftliche Assistentin an die Universität Bielefeld und wechselte im Jahr 2000 mit dem „BioFutur 2000“-Preis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie als Leiterin einer unabhängig finanzierten Nachwuchsgruppe. Während eines HeisenbergStipendiums am BioQuant-Forschungszentrum der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ab 2007 erhielt sie Rufe auf W3 Professuren an den Universitäten in Halle, Aachen und Bochum. Seit 2009 ist sie Leiterin des Lehrstuhls für Pflanzenphysiologie der Ruhr-Universität Bochum. Sie hat 69 Artikel in internationalen Zeitschriften publiziert, u. a. in Nature als Erst- und korrespondierende Autorin (insgesamt durchschnittlich 97 Zitationen pro Artikel; H-Faktor 35). In den Jahren 2014, 2015 und 2016 wird sie bei Thomson Reuters als Highly Cited Researcher auf dem Gebiet Plant & Animal Science geführt. Seit 2011 ist sie Koordinatorin des Schwerpunktprogramms 1529 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (ADAPTOMICS: Evolutionary plant solutions to 15 ecological challenges – molecular mechanisms underlying adaptive traits in the Brassicaceae s.l.). Nach Tätigkeit im Board of Advisors der Zeitschrift New Phytologist (2000-2010) ist sie seit 2014 Associate Editor bei Plant Cell & Environment und seit 2015 Reviewing Editor bei The Plant Cell. Sie arbeitet als internationales Mitglied im North American Arabidopsis Steering Committee (NAASC). IW Mittwoch, 22.02.2017 um 15.30 Uhr, 106. Sitzung Vortrag 1 Leviathan – Zum Gewaltmonopol des Staates – Die ökonomische Perspektive Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker, Bonn Der Leviathan des Thomas Hobbes (1651) ist bis heute aktuell. Die abendländische Moderne, die auf dem von Hobbes propagierten Gewaltmonopol des Staates aufbaute, hat sich noch immer nicht überall durchgesetzt. Viele Länder leiden unter dem Bürgerkrieg (dem „Behemoth“ in der Hobbesschen Metaphorik). Die Erfolge des modernen Staates und der modernen Gesellschaft für das Leben und den Lebensstandard des Bürgers sind in der ökonomischen Wissenschaft detailliert dokumentiert worden. Aber die Schattenseiten der Moderne veranlassen die Bürger immer wieder zur Regression in frühere Zustände. Die letzten Wahlen in den USA sind hier nur ein Beispiel unter vielen. Zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen Freiheit und der Demokratie gehört damit zwingend ihr ständiger, ununterbrochener Wohlstandserfolg. Dem haben sich alle politischen Strömungen anzupassen. Hieraus ergeben sich Imperative auch für die Verfassungen der Staaten. An den Beispielen der Euro-Krise und des wieder erstarkenden Handels-Protektionismus kann dies deutlich gemacht werden. Die enorm hohen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands verärgern die anderen Euro-Staaten und tragen damit zur Destabilisierung des Euro bei. Den Brexit hätte es vermutlich nicht gegeben, wenn Deutschland eine ausgeglichene Leistungsbilanz gehabt 16 hätte. Der Trumpsche Protektionismus hätte am 8. November 2016 nicht gewonnen, wenn es nicht die enorm hohen Leistungsbilanzüberschüsse Chinas gegeben hätte. Gerade die Hauptgewinner aus der Globalisierung wie Deutschland und China tun handelspolitisch zu wenig dafür, dem Widerstand gegen die Globalisierung zu begegnen. Die deutsche Schuldenbremse, die Mitverursacherin der hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse ist, ist inkompatibel mit einer produktiven internationalen Zusammenarbeit zum Zweck der Aufrechterhaltung eines wohlstands- und friedensfördernden freien Welthandels. Sie sollte daher abgeschafft werden und durch eine Leistungsbilanzbremse ersetzt werden. Diese Überlegungen sind nur ein Beispiel dafür, dass dem Staat als Folge des großen Wohlstandserfolges andersartige Funktionen zufließen, die dazu dienen, diesen Wohlstandserfolg zu stabilisieren und auszubauen. Die vor uns stehende Welle der „Digitalisierung“ macht ein neues Durchdenken der Rollen von Staat und Markt erforderlich. Die heutigen Wirtschaftsordnungen sind nicht geeignet, den Menschen die Angst davor zu nehmen, dass es nicht mehr genügend Jobs geben wird. Wer die Marktwirtschaft mit ihren enormen Wohlstandswirkungen erhalten will, muss die Wirtschaftsordnung so umbauen, dass das Ziel der Vollbeschäftigung glaubhaft bleibt. Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker studierte von 1957 bis 1961 an den Universitäten von Zürich, Göttingen, Hamburg, Freiburg und Basel Ökonomie und Sozialwissenschaften. 1961 wurde er zum Dr. phil. an der Universität Basel im Bereich Ökonomie promoviert. Von 1962 bis 1964 war er als Postdoc Fellow beim MIT und der Universität Cambridge. Von 1964 bis 1965 war er Forscher am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. 1965 erhielt er einen Ruf auf eine Professur für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Heidelberg, die er mit einer Unterbrechung von 1968 bis 1970 als Professor für Wirtschaftswissenschaften am MIT bis 1972 innehatte. Von 1972 bis 1974 war er Professor für Mathematische Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bielefeld und wechselte dann von 1974 bis 1981 auf eine Professur für Wirtschaftswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn. Von 1982 bis 1986 war er Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bern und von 1986 bis 2003 Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität zu Köln. 2003 emeritierte er und ist seit 2004 Senior-Research-Fellow am Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter. 17 Carl Christian von Weizsäcker ist seit 1996 ordentliches Mitglied der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 2 Carbonbeton – Eigenschaften und Chancen eines neuen Werkstoffs Das neue Material Carbonbeton bietet dieses Potenzial! Ist das Bauen so zukunftsfähig? Der Werkstoff verspricht, als zukunftsträchtige Alternative zu Stahlbeton gleichzeitig große Energiemengen im gesamten Lebenszyklus einzusparen. Durch mattenartige Bewehrungsstrukturen (textile Gelege) und zukünftig auch durch stabförmige Carbonbewehrungen können mit Carbonbeton bereits heute einige Stahlbetonanwendungen im Neubaubereich sinnvoll, zum Vorteil von Ressourcen- und Energieeffizienz substituiert werden. Zudem können sanierungsbedürftige Massivbauwerke durch Verstärkungsschichten aus Carbonbeton nachhaltig instandgesetzt und dadurch deren Nutzungsdauer erhöht werden. Praktische Anwendung findet Carbonbeton zur Instandsetzung und Verstärkung, beispielsweise bei Deckenplatten aus Stahlbeton, Zuckersilos oder schalenförmigen Dächern. Vergleichbare Verstärkungen sollen außerdem bei Brücken, Tunneln, Betonmasten oder Park- und Tiefgaragen eingesetzt werden, da Carbonbeton neben seiner hohen Tragfähigkeit ein dichtes Gefüge aufweist und das Rissbild durch kleinere Rissabstände und damit geringere Rissbreiten gekennzeichnet ist. Damit wird die Dauerhaftigkeit der Bauwerke signifikant erhöht. Beton ist das weltweit am häufigsten verwendete Material und – bezogen auf die Gesamtmasse der weltweit produzierten Güter – sogar der am zweithäufigsten verwendete Stoff nach Wasser. Für die Betonherstellung wurden im Jahr 2014 ca. 4,2 Milliarden Tonnen Zement, ca. 28 Milliarden Tonnen Gesteinskörnung und ca. 2,8 Milliarden Tonnen Wasser verwendet. Hinzu kommen die hohen CO2-Emissionen. Allein die Herstellung von Zement ist für ca. 6,5 % des gesamten Kohlendioxidausstoßes verantwortlich. Das entspricht etwa der dreifachen Menge an Kohlendioxid, die durch die globale Luftfahrt emittiert wird. Bezogen auf das Gewicht und die Leistungsfähigkeit ist Beton dennoch ein energieeffizienter Baustoff, wenn er als Verbundwerkstoff Stahlbeton verwendet wird; problematisch sind dagegen die großen Mengen, die weltweit verbaut werden. Darüber hinaus ist die Lebensdauer von Stahlbeton begrenzt, Prof. Dr. Dr. Manfred Curbach, Jahrgang 1956, studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität (TU) Dortmund und war nach seinem Abschluss 1982 bis 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Eibl an den Universitäten Dortmund und Karlsruhe (TH). Hier untersuchte er vor allem die Festigkeitssteigerung von Beton bei hohen Belastungsgeschwindigkeiten und wurde hierzu 1987 promoviert. Von 1988 bis 1994 war er Projektleiter im Ingenieurbüro Köhler+Seitz, Nürnberg. 1994 wurde er an die Technische Universität Dresden berufen und ist seitdem Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für Massivbau. In der Grundlagenforschung erforscht Manfred Curbach das Betontragverhalten vorrangig zu drei Schwerpunkten: Beton unter mehraxialer Beanspruchung, Beton unter hochdynamischer Beanspruchung und textil- bzw. carbonbewehrter Beton. Gerade der letztgenannte Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach, Dresden Der Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigem Handeln wird heute in vielen Bereichen eine große Bedeutung beigemessen, soll sie doch Wohlstand und Sicherheit für die Gesellschaft auch in Zukunft ermöglichen. Dass die Zahl der Weltbevölkerung stetig ansteigt, ist heute ein allgemein bekannter Fakt. Ebenso, dass damit viele (neue) Herausforderungen auf die gesamte Menschheit zukommen. Darunter zählt nicht nur der Trend der Urbanisierung, der sich immer stärker fortsetzen wird, sondern auch die Erhöhung des Lebensstandards, wodurch auch der weltweite Bedarf an energetischen und nichtenergetischen Ressourcen weiter zunehmen wird. Von diesen Ressourcen wird etwa die Hälfte im Bauwesen verwendet. 18 denn der Stahl im Beton kann korrodieren und dadurch das gesamte Bauwerk zerstören. Ein enormer Instandsetzungs- und Kostenaufwand sind die Folge. Auf der Suche nach einer Alternative müssen nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte berücksichtigt, sondern u. a. auch politische, technische, bauphysikalische, logistische sowie ästhetische Bedingungen erfüllt werden. 19 Schwerpunkt wurde im Rahmen des 1999–2011 geförderten Sonderforschungsbereichs 528 „Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung“, dessen Sprecher Manfred Curbach war, intensiv erforscht. Aus den anfänglichen Untersuchungen zu Textilbeton heraus wurde der heute verwendete Carbonbeton entwickelt. Seit 2013 wird die Untersuchung von Carbonbeton im Rahmen des Konsortiums „C³ - Carbon Concrete Composite“, dessen Sprecher Manfred Curbach ist, vom BMBF gefördert. Seit 1999 ist Manfred Curbach Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift Betonund Stahlbetonbau, von 2003 bis 2008 war er Vorstandsvorsitzender der VDI-Gesellschaft Bautechnik. Manfred Curbach ist Mitglied des Vorstands und des Forschungsbeirates des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb). 2011 wurde Manfred Curbach die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Kaiserslautern u. a. für seine herausragenden wissenschaftlichen Erfolge im konstruktiven Ingenieurbau verliehen. Seit 2013 ist er Fachkollegiat der DFG. 2013 wurde er in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina aufgenommen, 2016 wurde er in die Sächsische Akademie der Wissenschaften gewählt. G Mittwoch, 08.03.2017 um 14.30 Uhr, 577. Sitzung Vortrag 1 Gesetze und Gesetzgeber in der politischen Kommunikation des klassischen Athen PD Dr. Christoph Michels, Aachen (Junges Kolleg) In der direkten Demokratie Athens im 5. und 4. Jh. v. Chr. gab es keine Parteien, kein gewähltes Parlament und keine Regierung, sondern die Entscheidungen wurden in öffentlicher Kommunikation direkt in der Volksversammlung getroffen, zu der alle erwachsenen, männlichen Vollbürger Zugang hatten. Auch die Geschworenengerichtshöfe waren nicht mit Berufsrichtern besetzt, sondern wurden von Laien gebildet. Den vor diesen Institutionen gehaltenen Reden athenischer ‚Politiker‘ kommt für die Analyse der politischen Kommunikation 20 dieser Polis zentrale Bedeutung zu, denn nur durch eine Überzeugung bzw. Überredung der jeweiligen Versammlungsteilnehmer konnten die jeweiligen politischen Ziele durchgesetzt, bzw. ein Prozess gewonnen werden. Die hier vorgebrachten Argumente und eingesetzten Bezüge dürfen als Reflex der Erwartungen, d. h. auch der Normen und Werte, der Versammlungsteilnehmer interpretiert werden. Der Vortrag nimmt zwei Aspekte der Kommunikation vor Ekklesia und Heliaia in den Blick, den argumentativen Einsatz einerseits von Gesetzen (bzw. dem ‚Nomos‘ an sich) und andererseits der Erinnerung an Personen, an die man sich als Urheber von Gesetzgebung und ‚Verfassung‘ bzw. generell als nachahmenswerte Politiker (wie etwa Solon und Kleisthenes) erinnerte. Für eine Beurteilung des Stellenwertes dieser Bezüge gilt es dabei die Rahmenbedingungen der damaligen Debattenkultur zu berücksichtigen, die fast an das momentan in aller Munde befindliche ‚post-faktische Zeitalter‘ erinnern. Die ‚Verführung‘ durch Rede, d.h. mitunter die bewusste Falschdarstellung, gehörte zur Theorie der Rhetorik, während Sachlichkeit wenig zählte, da sie nicht das überzeugende Kriterium in einem politischen oder rechtlichen Streit war. Das Thema berührt zudem das für die Stadt Athen in dieser Zeit prägende Spannungsfeld von Oralität und Schriftlichkeit, indem im 4. Jh. zunehmend auf schriftliche Dokumente verwiesen wurde, denen man als Argument in der Rede bislang misstraut hatte. PD Dr. Christoph Michels studierte ab 1997 Geschichte mit Schwerpunkt Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum (Magister Artium 2003 mit einer publizierten Arbeit zum Pergamonaltar). Im Rahmen des von der DFG geförderten Internationalen Graduiertenkollegs „Politische Kommunikation von der Antike bis ins 20. Jahrhundert“ wurde er in einem cotutelle-Verfahren an den Universitäten Innsbruck und Frankfurt/Main promoviert. Seine Dissertation behandelte dabei die Rahmenbedingungen von Kulturkontakten im hellenistischen Osten anhand dreier Fallbeispiele, den von indigenen Königen beherrschten kleinasiatischen Reichen Bithynien, Pontos und Kappadokien. 2008 war er als Post-Doc in einem Teilprojekt des Internationalen Kollegs „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa“ an der Ruhr-Universität Bochum angestellt, das sich mit Veränderungen im west-phönizischen ‚Pantheon‘ unter dem Einfluss der Kulturkontakte mit Griechen und Etruskern sowie der 21 Vorherrschaft Karthagos (im 6.–4. Jh.) auseinandersetzte. Seit 2009 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte des Historischen Instituts der RWTH Aachen. Im Sommersemester 2016 hat er sich hier mit einer Arbeit zum Verhältnis von Regierungspraxis und Herrschafts-repräsentation des römischen Princeps Antoninus Pius (138–161 n.Chr.) habilitiert. Anhand der von der jüngeren Forschung vernachlässigten Herrschaft des Pius werden dabei die kommunikativen Mechanismen des Prinzipats untersucht, die in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt durch transepochale Vergleiche wesentlich erhellt worden sind. Sein nächstes Projekt wird sich der Spätklassik widmen. Geplant ist eine Untersuchung der Relevanz der Ressource ‚Wissen‘ in der athenischen Demokratie auf Basis ihrer Instrumentalisierung durch die Rhetoren des 4. Jh. Christoph Michels ist seit 2014 Mitglied des Jungen Kollegs der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Prof. Dr. Hans-Peter Haferkamp studierte bis 1995 Rechtswissenschaften an den Universitäten Tübingen, München und Bayreuth. An der HumboldtUniversität zu Berlin wurde er 1994 promoviert. 2002 erhielt er dort auch die venia legendi für Bürgerliches Recht, Deutsche Rechtsgeschichte und Methodenlehre. Seit 2003 ist er Direktor des Instituts für Neuere Privatrechtsgeschichte, Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte der Universität zu Köln. Er ist unter anderem Mitherausgeber der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte und Mitglied des Fachkollegiums Rechtswissenschaft der DFG. Seine Forschungsschwerpunkte sind Neuere Privatrechtsgeschichte, Rechtswissenschaftsgeschichte und Rechtszeitgeschichte. Vortrag 2 Hans-Peter Haferkamp ist seit 2014 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Historia docet? Die Rechtsgeschichte als Lehrmeisterin der juristischen Methodendebatten im 20. Jahrhundert Prof. Dr. Hans-Peter Haferkamp, Köln Das 20. Jahrhundert war in Deutschland, stärker als in Resteuropa, geprägt von Debatten um die richtige juristische Methode. Dies hing u. a. damit zusammen, dass die Systemwechsel des 20. Jahrhunderts die großen Kodifikationen zunächst oft unverändert ließen. So galt etwa das 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch im 2. Kaiserreich, in Weimar, während des Nationalsozialismus, in der Bundesrepublik und in der DDR bis 1976. Die juristische Methodendebatte drehte sich daher um die Frage, wie man dem Richter hinreichend Spielraum für eine Anpassung des Gesetzes an veränderte Kontexte einräumen konnte, ohne die Gesetzesbindung aufzugeben. Legitimierend wirkten dabei historische Argumente. 22 Die Methodenlehre gab sich als lernend und fand eine oft erstaunlich übereinstimmende Teleologie in der Geschichte. Der Vortrag untersucht Auswirkungen dieses Lernens aus der Rechtsgeschichte für die juristische Methodenlehre u. a. am Beispiel des Umgangs mit der DDR nach 1989. NM Mittwoch, 15.03.2017 um 15.30 Uhr, 582. Sitzung Vortrag 1 Gute wissenschaftliche Praxis in Medizin und Biowissenschaften – Probleme und Lösungswege Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß, Aachen Seit einigen Jahren steht das Themenfeld „Gute Wissenschaftliche Praxis (GWP)“ bzw. „Wissenschaftliches Fehlverhalten“ verstärkt im Fokus der Öffentlichkeit. Hintergrund waren bzw. sind mehrere Plagiatsvorwürfe gegenüber z.T. sehr bekannten Personen, wobei mehrheitlich Dissertationen betroffen waren. Die besagte Entwicklung bedroht in sehr grundsätzlicher Weise das 23 Ansehen der Wissenschaft und führt dementsprechend zu einem zunehmenden Rechtfertigungsdruck der Universitäten und Hochschulen. Dies gilt auch – und insbesondere – für die Medizin und die Biowissenschaften, zumal das Promotions- und Habilitationsaufkommen, aber auch der Publikationsdruck in den betreffenden Disziplinen besonders hoch sind. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Vortrag aus medizin- und wissenschaftsethischer Sicht mit aktuellen Problemen im Kontext der „Guten Wissenschaftlichen Praxis“. Er geht aus von der öffentlichen Diskussion um wissenschaftliches Fehlverhalten und definiert die maßgeblichen – de facto uneinheitlich verwendeten – Termini technici (z. B. Textplagiat, Übersetzungsplagiat, Zitationsplagiat, Ideenpl agiat, Imitationsplagiat, Selbstplagiat). Er nimmt sodann die spezifischen Kritikpunkte der DFG an der biomedizinischen Forschungspraxis in den Blick, gibt einen differenzierten Überblick über (internationale, nationale, universitäre und fakultäre) GWP-Richtlinien und -Orientierungshilfen und diskutiert nachfolgend mögliche qualitätssichernde Maßnahmen bzw. Lösungsansätze (Berufung von Ombudsmännern bzw. universitärer Kommissionen zum Themenfeld, Einsatz von Plagiatssoftware, Etablierung der Kumulativen Promotion, Einführung von obligaten Promovendenschulungen in „Guter Wissenschaftlicher Praxis“, von schriftlichen Betreuungsvereinbarungen bzw. eidesstattlichen Erklärungen, Einstellung hauptamtlicher „Promotionskoordinatoren“, Implementierung von GWP-Lehrmodulen in die medizinische Ausbildung etc.) und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Am Ende der Betrachtung steht ein kurzgefasstes Resümee. 24 Von 1990 bis 1996 arbeitete er als Zahnarzt im Universitätszahnklinikum Ulm. Nach Abschluss seiner Habilitation in Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (1998/99) und der Beendigung des Medizinstudiums (2000) arbeitete Dominik Groß parallel als Privatdozent in Würzburg und Ulm sowie als Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis in Stuttgart (2000-2005). Die Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde gehört bereits seit 1990 zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Vortrag 2 Das Schicksal der Antimaterie in der Entwicklung des Universums: Von der physikalischen Grundlagenforschung zu medizinischen Anwendungen Prof. Dr. Achim Stahl, Aachen Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß ist Professor für Medizinethik und Medizingeschichte. Er arbeitet seit 2005 als geschäftsführender Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen und ist Inhaber des gleichnamigen Lehrstuhls. Seit 2008 leitet er das Klinische Ethik-Komitee des Universitätsklinikums Aachen und seit 2010 den Arbeitskreis Ethik der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Nach unserem heutigen Verständnis entstand das Universum vor ca. 14 Milliarden Jahren mit dem Urknall, aus dem die Materie, aus der unsere heutige Welt besteht, aber auch eine identische Menge an Antimaterie hervorging. Wie diese Antimaterie im Laufe der Entwicklung des Universums verschwunden ist, gehört zu den größten offenen Fragen der Kosmologie. Mit Experimenten auf der Erde versuchen wir das Verhalten der Antimaterie zu verstehen und Unterschiede zwischen Materie und Antimaterie zu finden, die das Verschwinden der Antimaterie erklären könnten. Dabei entwickeln wir Methoden und Technologien, die Anwendungen weit über die physikalische Grundlagenforschung hinaus besitzen. Beispielhaft möchte ich aufzeigen, wie man von dieser Grundlagenforschung zu Anwendungen in der Strahlentherapie von Krebs kommt. Dominik Groß absolvierte universitäre Ausbildungen in Zahnmedizin (1989 zahnärztliche Prüfung, 1991 Dr. med. dent. in Homburg), in Geschichte, Philosophie und Archäologie (1990 Magister Artium, 1993 Dr. phil. in Saarbrücken) und in Humanmedizin (2000 ärztliche Prüfung, 2001 Dr. med. in Ulm). Prof. Dr. Achim Stahl ist Professor für Experimentalphysik an der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, Leiter des III. Physikalischen Institutes B und Direktor der Sektion FAME der JARA Jülich Aachen Research Alliance. Er hat in Tübingen Physik studiert, an der Universität 25 Heidelberg 1993 mit einer Arbeit aus dem Bereich der Elementarteilchenphysik promoviert und ist über die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und eine Stelle als Leitender Wissenschaftler am HGF-Institut DESY (Zeuthen bei Berlin) nach Aachen gekommen. Dazwischen lagen teilweise mehrjährige Forschungsaufenthalte am europäischen Forschungszentrum für Teilchenphysik CERN bei Genf, am Stanford Linear Accelerator Center in den USA und an der University of Victoria in Kanada. Heute arbeitet er am LHC-Projekt am CERN, wo seine Gruppe 2012 das Higgs-Teilchen entdeckte, an mehreren Projekten der Neutrinophysik in Japan, China und Frankreich, an einem Projekt zur Antimaterie am Forschungszentrum Jülich (HGF) und Spin-Offs in die Strahlentherapie. G Mittwoch, 05.04.2017 um 15.00 Uhr, 578.Sitzung Aktuelle Themen der Postcolonial Studies: Siedlerkolonialismus und Globalisierung Prof.’ in Dr. Barbara Schmidt-Haberkamp, Bonn Postcolonial Studies beschäftigen sich im weitesten Sinne mit der Geschichte des Kolonialismus und dessen Fortwirken in der Gegenwart. Einen Teilbereich der Postcolonial Studies bilden die neuen englischsprachigen Literaturen und Kulturen, die im Gefolge der Kolonialisierung weiter Teile der Welt durch das britische Imperium zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entstanden. Ein Vermächtnis des Britischen Empire ist die Entwicklung des Englischen als lingua franca; im Ergebnis gibt es englischsprachige Literaturen und Kulturen heute nicht nur in Großbritannien und den USA, sondern auch in Australien, Kanada und Neuseeland, in der Karibik sowie in Südasien und einigen Ländern Afrikas. Am Beispiel zweier aktueller Themen gibt der Vortrag einen Einblick in das Arbeitsfeld: die seit den 1990er Jahren entbrannte Diskussion um die fortgesetzte Problematik des Siedlerkolonialismus, wie sie in den sogenannten australischen „sorry novels“ reflektiert ist, sowie die derzeitige Diskussion um Globalisierung und Ungleichheit am Beispiel zeitgenössischer englischsprachiger Literatur aus Indien und Pakistan, hier Aravind Adigas preisgekrönter Roman The White Tiger (2008) und Mohsin Hamids Roman How to Get Filthy Rich in Rising Asia (2013). 26 Prof.’ in Dr. Barbara Schmidt-Haberkamp ist seit 2004 Universitätsprofessorin für anglistische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn. Von 1977–1984 studierte sie die Fächer Anglistik, Germanistik, Sport und Erziehungswissenschaften an den Universitäten Gent/ Belgien und Münster, legte 1984 das Erstes Staatsexamen ab und promovierte 1989 mit einer Arbeit über australische Literaturkritik. Von 1989–1996 war sie Wissenschaftliche Assistentin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 1996–1998 Habilitationsstipendiatin der DFG, und habilitierte sich 1999 mit einer Arbeit zum Zusammenhang von Ethik und Ästhetik bei Shaftesbury. Bis zur Berufung an die Universität Bonn vertrat sie Lehrstühle an den Universitäten Leipzig und Münster. 2004–2008 war sie Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ), 2013–2016 Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Australienstudien (GASt). Für die DGEJ organisierte sie die Jahrestagung 2008 zum Thema „Europa und die Türkei im 18. Jahrhundert“, für die Gesellschaft für Anglophone Postkoloniale Studien (GAPS) bereitet sie die Jahrestagung 2017 zum Thema „Representing Poverty and Precarity in a Postcolonial World“ vor. Barbara Schmidt-Haberkamp ist seit 2014 ordentliches Mitglied der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. NM Mittwoch, 26.04.2017 um 15.30 Uhr, 583. Sitzung Vortrag 1 Design und Synthese kleiner WirkstoffMoleküle mit programmierter biologischer Funktion Prof. Dr. Hans-Günther Schmalz, Köln Im Zuge der enormen methodischen Fortschritte in den molekularen Lebenswissenschaften ist unser Wissen über funktionale biochemische Zusammenhänge in den letzten Jahren schier explodiert. Eine große Herausforderung besteht nun allerdings darin, aus diesem Wissen neuartige Konzepte zur 27 28 Entwicklung von Arzneistoffen abzuleiten – insbesondere zur Behandlung von Krankheiten, die sich medikamentös derzeit nicht oder nur unzureichend behandeln lassen. In diesem Kontext gilt unser Interesse dem Design und der synthetischen Bereitstellung „kleiner organischer Verbindungen“ (Small molecules), deren vorprogrammierte biologische Funktion dann in Kooperation mit Partnern aus dem biomedizinischen Bereich untersucht wird. Dies soll an zwei Beispielen aufgezeigt werden. Vortrag 2 Das erste vorzustellende Projekt betrifft die Entwicklung von Wirkstoffen zur Modulation krankheitsrelevanter Protein-Protein-Wechselwirkungen, die bislang als unzugänglich („un-druggable“) galten. Hier ist gelungen, auf Basis detaillierter strukturbiologischer Informationen maßgeschneiderte Moleküle herzustellen, die mit hoher Spezifität und Affinität an Proteindomainen binden, die auf die Erkennung prolinreicher Segmente spezialisiert sind. Als proof-ofprinciple entwickelten wir einen nicht-peptidischen Inhibitor der Ena/VASPEVH1-Domaine, der die Migration und Chemotaxis (Invasion bzw. Metastatisierung) von hoch invasiven Brustkrebszellen zu bremsen vermag. Im Rahmen eines zweiten Projektes entwickelten wir Moleküle, die in der Lage sind, das wichtige biologische Signalmolekül Kohlenmonoxid (CO) intrazellulär freizusetzen, und zwar nach gezielter enzymatischer Aktivierung. Bei diesen „ETCORMs“ handelt es sich um oxy-substituierte Dien-Fe(CO)3-Komplexe, deren Potential als entzündungshemmende, cytopro-tektive und antibiotische Wirkstoffe derzeit intensiv untersucht wird. Schwarze Löcher gehören zu den spannendsten Phänomenen der Astronomie: Massen, die so dicht gepackt sind, dass nichts entweichen kann – nicht einmal Licht. Supermassive Schwarze Löcher vermuten die Astronomen in den Zentren der meisten leuchtkräftigen Galaxien. Diese Schwarzen Löcher weisen Massen im Bereich von Millionen bis Milliarden Sonnenmassen auf. In vielfältigen astronomischen Beobachtungen kann ihre enorme Wirkung auf die galaktische Umgebung – und darüber hinaus – untersucht werden. Ich werde in meinem Vortrag hochauflösende Radiobeobachtungen dieser Phänomene zeigen. Prof. Dr. Hans-Günter Schmalz hat von 1976 bis 1983 Chemie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main studiert, wo er 1985 promoviert wurde. Von 1986 bis 1988 war er Postdoc an der Princeton-Universität USA. 1993 habilitierte er sich wieder an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Von 1994 bis 1999 war er Professor für Organische Chemie an der Technischen Universität Berlin. Seit 1999 ist er Professor für Organische Chemie an der Universität zu Köln. Seit 1986 ist er Mitglied der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Von 2008 bis 2011 war er Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Seit 2002 ist er Mitglied des Fachkollegiums Chemie der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Im September 2015 gelang erstmals die Messung von Gravitationswellen eines verschmelzenden Systems zweier (stellarer) Schwarzer Löcher durch die LIGOund VIRGO-Kollaboration. In meinem Vortrag berichte ich über die Möglichkeiten, durch Beobachtungen das dunkle Phänomen Schwarzes Loch zu enträtseln. Schwarze Löcher – Beobachtungen eines „unsichtbaren“ Phänomens Priv.-Doz.‘in Dr. Silke Britzen, Bonn Zurzeit arbeitet ein internationales Wissenschaftler-Team daran, die Photonensphäre um den Ereignishorizont des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße mit bislang unerreichter Genauigkeit abzubilden. Das Max-PlanckInstitut für Radioastronomie ist an diesem Projekt federführend beteiligt und ich werde über den aktuellen Stand berichten. Priv.-Doz.‘in Dr. Silke Britzen studierte Physik und Astronomie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und führte ihr Diplom und ihre Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn durch. Danach führte ein Forschungsaufenthalt der EU sie an das Astronomische Institut in den Niederlanden (1997–2000 Astron Dwingeloo). Mit einem Habilitandenstipendium der Claussen-Simon Stiftung habilitierte sie sich im Fach Astronomie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Jahr 2004. 29 Seit Oktober 2003 arbeitet sie am Max-Planck-Institut für Radioastronomie Bonn und erforscht Jets und Schwarze Löcher in fernen aktiven Galaxien. IW Donnerstag, 27.04.2017 um 15.30 Uhr, 107. Sitzung Vortrag 1 Zur Zukunftsfähigkeit des Öffentlichen Verkehrs zum Mobilitätsmanagement und neuen Mobilitätsdienstleistungen. Im Jahr 2011 wechselte sie zur Technischen Universität Kaiserslautern und hatte dort von 2012 bis 2015 als Leiterin des Instituts für Mobilität und Verkehr (imove) die Professur für Verkehrswesen inne. Seit 2015 leitet sie das Lehr- und Forschungsgebiet für Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement am Fachzentrum Verkehr der Bergischen Universität Wuppertal. Dort bearbeitet sie mit ihrem Team drei Forschungsschwerpunkte: Grundlagen zum Verständnis von ökonomischen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungsprozessen im öffentlichen Verkehr, neue Aufgabenfelder, Anwendungsbereiche und Kooperationen für den öffentlichen Verkehr sowie Mobilitätsmanagement als wichtige dritte Säule neben infrastrukturellen und technischen Handlungsansätzen. Prof.’ in Dr.-Ing. Ulrike Reutter, Wuppertal Angesichts von Megatrends wie dem Klimawandel, Ressourcenknappheiten und dem sozialen und demografischen Wandel bei gleichzeitig knappen öffentlichen Kassen stellt die zukunftsfähige Gestaltung von Mobilität und Verkehr in den nächsten Jahrzehnten eine große Herausforderung dar. Hierbei spielen die öffentlichen Verkehrssysteme hinsichtlich ihrer Effizienz und Umweltverträglichkeit, ihrer Raumstruktur prägenden Wirkungen, ihrer Bedeutung für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung und ihres Innovationspotenzials eine zentrale Rolle. Um dieser Rolle gerecht zu werden, müssen sie zukunftsorientiert weiterentwickelt werden und dabei mit Blick auf ihre Finanzierung langfristig Bestand haben. Gleichzeitig sollte der öffentliche Verkehr technische Innovationen und gesellschaftliche Trends aufnehmen und für sich nutzen. Dabei gewinnen das kommunale und betriebliche Mobilitätsmanagement immer mehr an Bedeutung. Der Vortrag stellt dazu aktuelle Forschungsarbeiten vor. Prof.’ in Dr.-Ing. Ulrike Reutter hat Anfang der 1980er Jahre in Dortmund Raumplanung studiert und ihr Studium als Diplom-Ingenieurin abgeschlossen. Nach einer kurzen Anstellung am Forschungsschwerpunkt Stadterneuerung der Hochschule der Künste in Berlin hat sie fast 25 Jahre am Institut für Landesund Stadtentwicklungsforschung in Dortmund als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und dort seit dem Jahr 2008 das Forschungsfeld Mobilität geleitet. Während dieser Zeit forschte sie unter anderem über das autofreie Leben und autofreie Stadtquartiere, worüber sie 1995 zur Doktor-Ingenieurin promovierte, zum Zusammenhang von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie 30 Ulrike Reutter berät das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bei der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020, sie ist Mitglied in der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), Leibniz-Forum für Raumwissenschaften, in der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und Sprecherin des Wissenschaftlichen Beirats des VCD Verkehrsclubs Deutschland. Vortrag 2 Potenziale der Sharing Economy für den urbanen Personenverkehr Prof. Dr. Justus Haucap, Düsseldorf Während in vielen Staaten neue Mobilitätsanbieter wie Uber, Lyft etc. bestehenden Taxi-Unternehmen Konkurrenz machen, sind die neuen Taxi-Dienste in Deutschland weitgehend untersagt. Der Vortrag beleuchtet die volkswirtschaftlichen Potenziale der neuen Ride-Sharing –Dienste sowie den (de-)regulatorischen Handlungsbedarf, der sich ergibt, um neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen, jedoch zugleich sinnvolle Schutzmechanismen für Passagiere beizubehalten. 31 Prof. Dr. Justus Haucap, geb. 1969 in Quakenbrück (Niedersachsen), ist Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf. Von 2006 bis 2014 war er zudem Mitglied der Monopolkommission der deutschen Bundesregierung, davon vier Jahre als Vorsitzender (2008–2012). Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Saarbrücken und Ann Arbor (Michigan, USA) und anschließender Promotion an der Universität des Saarlandes folgten berufliche Stationen an der University of California (Berkeley, USA), der New Zealand Treasury in Wellington (Neuseeland) und der Universität der Bundeswehr in Hamburg, wo sich Justus Haucap 2003 auch habilitierte. Vor seinem Ruf an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (dort seit 8/2009) hatte er Lehrstühle an der Ruhr-Universität Bochum (2003–2007) und der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (2007–2009) inne. Justus Haucap leitet die Arbeitsgruppe Wettbewerb im Verein für Sozialpolitik, er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundesnetzagentur, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Mitglied im Kronberger Kreis (dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Marktwirtschaft) sowie in zahlreichen weiteren wissenschaftlichen Beiräten. Er ist federführender Herausgeber des List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie Mitherausgeber von Wirtschaft und Wettbewerb und Mitglied im Editorial Board von Telecommunications Policy, dem Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaft, sowie sechs weiteren wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Wettbewerbsökonomie sowie der Regulierung infrastrukturbasierter Industrien wie Telekommunikation, Elektrizität und Verkehr. Justus Haucap ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und seit 2014 Mitglied der Nordrhein- Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. 32 G Mittwoch, 07.06.2017 um 14.30 Uhr, 579. Sitzung Vortrag 1 Für eine freie Entscheidung über den eigenen Tod – zum Verbot der Suizidbeihilfe Jun.-Prof.' in Dr. Elisa Hoven, Köln (Junges Kolleg) Details zum Vortrag standen zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Jun.-Prof.' in Dr. Elisa Hoven ist 1982 geboren und Rechtswissenschaftlerin am Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln. Sie beschäftigt sich im Rahmen ihres Habilitationsvorhabens mit Fragen der Auslandsbestechung. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin und der Universität Nijmegen. Im Zusammenhang mit ihrer völkerstrafrechtlichen Dissertation war sie als Gastwissenschaftlerin an der Universität Cambridge und der Universität Berkeley tätig und hat am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und am Khmer Rouge Tribunal in Kambodscha mitgearbeitet. Ihre Promotionsarbeit wurde mit dem Ernst Reuter Preis der Freien Universität Berlin ausgezeichnet. Nach dem Referendariat in Berlin hat sie ein empirisches Forschungsprojekt zu Fragen der Opferbeteiligung an internationalen Strafverfahren geleitet und hierzu mit einer interdisziplinären Forschungsgruppe an der Universität Harvard zusammengearbeitet. Die Publikation ihrer Studie wurde mit dem Journal of International Criminal Justice Prize 2015 ausgezeichnet. Elisa Hoven ist seit 2015 Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein-Westfälschen Akademie der Wissenschaften und der Künste. 33 Vortrag 2 Ist der Tod ein Übel? Philosophische Reflexionen der radikalen Endlichkeit menschlichen Personseins Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Quante, Münster Die Frage, ob der Tod des Menschen für die Person, um deren Tod es geht, ein Übel darstellt oder überhaupt darstellen kann, hat die Philosophie von ihren Anfängen an bis die Gegenwart hinein beschäftigt. Ein Ziel dieser philosophischen Reflexionen hat immer auch darin bestanden zu prüfen, welche Einstellung Menschen zur Tatsache, dass ihre Existenz mit dem Tod beendet sein wird, vernünftigerweise haben sollten. In systematischer Perspektive, die dem Vortrag zugrunde liegt, geht es dabei zuerst einmal um die Klärung zentraler Begriffe wie etwa den des Übels, aber auch darum, die Frage nach der Bedeutung des Sterbens von der des je eigenen Todes klar zu unterscheiden. Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Quante studierte von 1982 bis 1989 die Fächer Deutsch und Philosophie und legte 1989 an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster das Staatsexamen ab. 1992 wurde er in Münster im Fach Philosophie promoviert. Von 1993 bis 1995 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem DFG-Forschungsprojekt und hatte ein Habilitandenstudium der DFG. Von 1996 bis 2001 war er wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der WWU Münster, wo er 2001 im Fachbereich Geschichte/ Philosophie habilitierte. Von 2001 bis 2004 war er Hochschuldozent am Philosophischen Seminar der WWU Münster. Außerdem hatte er für das Wintersemester 2003/2004 die Vertretung einer Professur für Praktische Philosophie an der Universität Duisburg-Essen, wo er 2004 zum Professor für Praktische Philosophie berufen wurde. Seit 2005 ist er Professor für Praktische Philosophie und Philosophie der Neuzeit und Gegenwart an der Universität zu Köln; seit 2009 ist er Professor für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Michael Quante ist seit 2016 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Darüber hinaus erlaubt die Erörterung der Titelfrage auch, grundlegende Merkmale menschlichen Personseins in den Blick zu bekommen. Hierzu gehören die zeitliche Gerichtetheit unserer Existenz, aber auch die Endlichkeit menschlichen Lebens. Letztere wird derzeit in den Debatten um radikale Lebensverlängerung, die als technische Option am Horizont steht, kontrovers diskutiert. Aber auch die soziale Verfasstheit der personalen Lebensform des Menschen gerät in der philosophischen Debatte um die Bedeutung des Todes in den Blick. Vor allem im Kontext der Existenzphilosophie ist darum gestritten worden, ob der Tod eine Wesensstruktur unserer Existenz darstellt, die uns radikal vereinzelt, oder ob wir auch hier noch Teil einer sozialen Gemeinschaft sind oder zumindest sein könnten. Das Ziel dieses Vortrags ist es, den Zusammenhang von Endlichkeit, Zeitlichkeit und menschlichem Personsein anhand der Leitfrage, ob der Tod ein Übel darstellt, philosophisch zu explizieren. 34 35 IW Dienstag, 13.06.2017 um 12.30 Uhr, 108. Themens. Themenbezogene Klassensitzung Daten: Wem gehören sie, wer nutzt sie, wer speichert sie? Daten gibt es überall und sie werden zu vielen unterschiedlichen Zwecken gesammelt, gespeichert und genutzt. Die staatlichen Daten über Bürger sind seit der Volkszählung vom 9. Mai 2011 europaweit standardisiert und führen Melderegister, Daten der Bundesagentur für Arbeit mit Gebäude- und Wohnungszählung sowie einige Befragungen zusammen. Das Interesse an diesen sorgfältig erhobenen Daten bezieht sich auf die Statistik, die für staatliche Planungen nötig ist, nicht auf einzelne Personen. Demgegenüber sind die Daten der Geheimdienste und der Polizei auf einzelne Personen bezogen. Auch Videoüberwachung soll die Kriminalität eindämmen und ihre Verfolgung erleichtern. Umstritten ist die Vorratsdatenspeicherung, die wahllos beispielsweise alle Telefon- und E-Mail-Verbindungen speichert. Hier geben die Datenschutzrichtlinie und die Charta der Digitalen Grundrechte der EU¹ klare Einschränkungen des Speicherns und Gebrauchs vor. Der weit größere Teil an Daten wird nicht geplant für einen bestimmten Zweck erhoben, sondern entsteht bei der Verfolgung eines anderen Zweckes. Am 22.12.2016 hatte das Internet mindestens 46 Milliarden von Google indexierte und 16 Milliarden von bing indexierte Seiten². Diese immense Datensammlung wird für wissenschaftliche Untersuchungen (z. B. Grammatikentwicklung und maschinelle Übersetzung) genutzt. Die öffentlich zugängliche Fachliteratur mit Verweisstrukturen unterstützt das wissenschaftliche Arbeiten. personalisierter Werbung werden kostenlose Internetdienste finanziert. Es bleibt aber nicht bei der Werbung, auch der Einkauf wird über das Internet getätigt und lässt dabei eine Fülle an Daten entstehen. Empfehlungssysteme nutzen diese Daten für gezielte Werbung, Marketingstrategen analysieren, welche Kampagnen Erfolg zeigen und Ökonomen können den Markt anhand detaillierter Daten untersuchen. Schließlich zeichnen Maschinen (Autos, Produktionsanlagen, Stahlwerke) ihre Einstellungen und Sensordaten auf. Oft sind dies noch Datenfriedhöfe. Teilweise werden unter dem Schlagwort Industrie 4.0 einfach bessere Maschine-zuMaschine Kommunikation oder bessere Bedienstationen der horizontalen Vernetzung in der Produktion verstanden. Es gibt aber auch schon Ansätze der vertikalen Optimierung von Prozessen in der Produktion. So kann anhand der Daten die Qualität des Produktes frühzeitig prognostiziert werden. Ressourcen werden einerseits dadurch gespart, dass die Produktion abgebrochen und weitere Wertschöpfungsschritte nicht mehr unternommen werden, wenn die gewünschte Qualität der Produkte nicht mehr erreichbar scheint. Andererseits können Prozessparameter verändert werden, um Ressourcen (Energie, Material) zu sparen. Während die gängigen Modelle auf allgemeinen physikalischen Gesetzen basieren, können datengestützte Modelle ganz spezielle Eigenschaften von Prozessen aufzeigen, die zusätzlich ausgenutzt werden können. Das Thema „Daten“ betrifft viele Disziplinen und ist breit gefächert. Hier wird zunächst einmal die Diskussion begonnen mit Beiträgen zu juristischen, ökonomischen und Informatik-Aspekten. ¹ https://www.datenschutz-grundverordnung.eu/wp-content/uploads/2016/05/CELEX_32016R0679_DE_TXT.pdf ' https://digitalcharta.eu ² Die Minimalschätzung von 4,74 Milliarden Seiten ergibt sich aus der Schätzung von bing und der geschätzten Überlappung von bing und Google Indizes http://www.worldwidewebsize.com Die große Teilmenge an Daten, die aus sozialen Netzwerken stammen, werden für soziologische Untersuchungen wissenschaftlich und für Wahlkämpfe oder Werbestrategien absichtsvoll genutzt. Oft spricht man vom „human sensor“. Längst werden auch App-Nutzungen in ähnlicher Weise genutzt. Ganze Wirtschaftszweige arbeiten an Speicher- und Analysealgorithmen, die personalisiert Werbung aussuchen bzw. Werbung für Nutzergruppen personalisieren. Mit 36 37 Vortrag 1 Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim von Braun, Bonn Themenbereich: Wirtschaftlicher und ökonomischer Wandel Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim von Braun ist Direktor am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn. 1975 erhielt er das Diplom zum Diplom-Ingenieur der Agrarwissenschaften an der Universität Bonn und 1978 promovierte er zum Dr. scagr. (Agrarökonomie) an der Universität Göttingen. 1983 habilitierte er ebenfalls in Göttingen und erhielt die Venia Legendi im Bereich Agrarökonomie. Von 1990 bis 1993 war er Direktor der Food Consumption and Nutrition Policy Division am International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, D.C., USA. Von 1993 bis 1997 war er Professor für Ernährungswirtschaft, Ernährungspolitik und Welternährungsfragen sowie Direktor des Instituts für Ernährungswissenschaften und Verbrauchslehre der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel. Von 1997 bis 2002 war er Direktor am Zentrum für Entwicklungsforschung und Leiter der Abteilung „Wirtschaftlicher und Technologischer Wandel“. Von 2002 bis 2009 war er Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFPRI), Washington. 2009 ist er an seine Position als Direktor im Zentrum für Entwicklungsforschung Bonn und Leiter der Abteilung „Wirtschaftlicher und Technologischer Wandel“ zurückgekehrt. Seit 2012 ist er Mitglied der Pontificia Academica Scientiarum. der Ruhr-Universität Bochum (RUB), dem Institut für Tragwerkslehre und Modellstatistik der TU Berlin sowie am Lehrstuhl für Tragkonstruktionen an der TU Dortmund. 1974 wurde er an der TU Berlin / TU Dortmund im Bereich Bauingenieurwesen / Strukturoptimierung promoviert. Bis 1978 war er Oberingenieur am Lehrstuhl für Tragwerkkonstruktionen der TU Dortmund und habilitierte sich 1978 an der TU Dortmund im Fach Bauingenieurwesen / Technische Optimierung, Baumechanik. Bis 1982 war er Privatdozent und Oberingenieur an der TU Dortmund, wo er 1982 eine Professur für Baumechanik und Tragwerkoptimierung erhielt. 1883/1984 war er zudem Visiting Professor an der University of California, Berkeley, Structural Mechanic and Structural Engineering. 1987 erhielt er die Professur für Systemmechanik und Angewandte Informatik und ab 1990 die Professur für Ingenieurinformatik und Bauwesen an der RUB. 2012 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Bauhaus Universität Weimar. Im selben Jahr wurde er emeritiert. Dietrich Hartmann ist seit 1995 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 3 Prof. Dr. Justus Haucap, Düsseldorf Themenbereich: Ökonomie Joachim von Braun ist seit 1999 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 2 Prof. em. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E.h. Dietrich Hartmann Themenbereich: Ingenieurinformatik Prof. em. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E.h. Dietrich Hartmann hat 1970 sein Diplom als Bauingenieur mit Schwerpunkt Mechanik/Konstruktiver Ingenieurbau abgelegt. Bis 1974 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mechanik 38 Prof. Dr. Justus Haucap, geb. 1969 in Quakenbrück (Niedersachsen), ist Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf. Von 2006 bis 2014 war er zudem Mitglied der Monopolkommission der deutschen Bundesregierung, davon vier Jahre als Vorsitzender (2008–2012). Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Saarbrücken und Ann Arbor (Michigan, USA) und anschließender Promotion an der Universität des Saarlandes folgten berufliche Stationen an der University of California (Berkeley, USA), der New Zealand Treasury in Wellington (Neuseeland) und der Universität der Bundeswehr in Hamburg, wo sich Justus Haucap 2003 auch habilitierte. 39 Vor seinem Ruf an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (dort seit 8/2009) hatte er Lehrstühle an der Ruhr-Universität Bochum (2003–2007) und der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (2007–2009) inne. Justus Haucap leitet die Arbeitsgruppe Wettbewerb im Verein für Sozialpolitik, er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundesnetzagentur, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Mitglied im Kronberger Kreis (dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Marktwirtschaft) sowie in zahlreichen weiteren wissenschaftlichen Beiräten. Er ist federführender Herausgeber des List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie Mitherausgeber von Wirtschaft und Wettbewerb und Mitglied im Editorial Board von Telecommunications Policy, dem Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaft, sowie sechs weiteren wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Wettbewerbsökonomie sowie der Regulierung infrastrukturbasierter Industrien wie Telekommunikation, Elektrizität und Verkehr. Justus Haucap ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und seit 2014 Mitglied der Nordrhein- Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 4 Prof. Dr. Katharina Morik, Dortmund Themenbereich: Informatik Prof. Dr. Katharina Morik wurde 1981 im Fach „Künstliche Intelligenz“ an der Universität Hamburg promoviert. Von 1982 bis 1985 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „HAMburger Anwendungsorientiertes natürlich sprachliches System“ an der Forschungsstelle für Informationswissenschaft und Künstliche Intelligenz der Universität Hamburg. Von 1985 bis 1988 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin, Fachbereich Informatik, Leiterin des Berliner Teils im Verbundprojekt „Lerner“. 1988 habilitierte sie 40 sich an der TU Berlin im Fach Informatik. Von 1989 bis 1991 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung; Aufbau einer Arbeitsgruppe zu maschinellem Lernen und Projektleiterin des GMD-Anteils im europäischen Projekt „Machine Learning Toolbox“. Seit 1991 ist sie Professorin (C 4) an der TU Dortmund am Fachbereich Informatik, Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz. Katharina Morik ist seit 2014 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 5 Dr. Alexander Scheuch, Münster (Junges Kolleg) Themenbereich: Jura Dr. Alexander Scheuch (Jahrgang 1985) studierte von 2005 bis 2010 in Münster als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes Rechtswissenschaften. Parallel durchlief er eine zweijährige englischsprachige Ausbildung im Common Law. In seiner 2013 abgeschlossenen Dissertationsschrift, die mit dem HarryWestermann-Preis der Münsteraner Rechtswissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet wurde, befasste er sich mit den Auswirkungen der vermeintlichen Mitgliedschaft in Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Zwischen 2013 und 2015 absolvierte er das Referendariat in Bonn, Köln, Düsseldorf und London. Seit Oktober 2015 ist er Habilitand am Institut für Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Saenger) in Münster. Dort wirkt er auch im interdisziplinären Risk & Compliance Research Center mit. Ferner ist er Gründungsmitglied und früherer Bundesvorsitzender der Initiative Weitblick, die Bildungsprojekte fördert und Studierende aller Fachrichtungen für soziale Verantwortung sensibilisieren möchte. Alexander Scheuch ist seit 2017 Mitglied des Jungen Kollegs der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. 41 NM Mittwoch, 21.06.2017 um 15.30 Uhr, 584. Sitzung Vortrag 1 Die Frage nach dem Lebensalter – Rechtsmedizinische Forschung zum Thema Lebensaltersschätzung Prof.’ in Dr. med. Stefanie Ritz-Timme, Düsseldorf Das deutsche Rechtssystem stellt in einer Vielzahl von Regelwerken auf das Erreichen eines bestimmten Lebensalters ab. Beispiele sind die Strafmündigkeit junger Straftäter, der Bezug von Altersrente oder die Bewertung pornographischen Materials als „Kinderpornographie“. Zudem spielt das Lebensalter eine wichtige Rolle bei der Identifikation unbekannter Verstorbener und damit bei der Aufklärung von Tötungsdelikten. Die Schätzung des Lebensalters ist eine Herausforderung, weil der Alternsprozess komplex ist und durch viele Faktoren beeinflusst wird, was große Differenzen zwischen biologischem und chronologischem Lebensalter bedingen kann. Morphologische Verfahren zur Altersschätzung liefern in der Altersspanne von Wachstum und Entwicklung, also bis etwa zum 20. Lebensjahr, meist ausreichend gute Ergebnisse. Allerdings können bei Lebenden aus rechtlichen und ethischen Gründen nicht alle Verfahren in jeder Situation eingesetzt werden. Im Erwachsenenalter sind die Ergebnisse morphologischer Verfahren meist enttäuschend. Neue Möglichkeiten eröffnen „molekulare Verfahren“ zur Lebensaltersschätzung. Der menschliche Körper besitzt Moleküle, die altersabhängige Veränderungen zeigen. Dazu gehören langlebige Eiweiße, in denen es u.a. zu einer Akkumulation von D-Asparaginsäure kommen kann. Die daraus abgeleitete Methode zur Lebensaltersschätzung ist eines der präzisesten Verfahren zur Altersschätzung im Erwachsenenalter überhaupt. Nachteil des Verfahrens ist seine begrenzte Anwendbarkeit an Lebenden. Diesbezüglich gibt ein weiterer molekularer 42 Ansatz Anlass zu Hoffnung, in dessen Fokus die Frage der Nutzbarkeit der DNA-Methylierung zur Altersschätzung steht. Forschung zum Thema Lebensaltersschätzung war noch nie so wichtig wie heute – in Zeiten globaler Migration und Flucht, in denen viele Menschen in Europa tatsächlich oder angeblich nicht wissen, wie alt sie sind. Das Ergebnis der Schätzung ihres Alters ist oft weichenstellend für ihren weiteren Lebensweg. Prof.’ in Dr. med. Stefanie Ritz-Timme; nach einem Studium der Humanmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen (1981–1988) bildete sie sich zur Ärztin für Rechtsmedizin weiter (Institut für Rechtsmedizin der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel, Institut für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Forensischpsychiatrische Abteilung der Fachklinik Neustadt). 1996 erhielt sie die Anerkennung als Ärztin für Rechtsmedizin. 1990 promovierte sie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit einer Arbeit zum Thema „Probleme der postmortalen Diagnostik von Digoxin-Intoxikationen“. 1998 erhielt sie nach Habilitation die Venia Legendi für das Fach Rechtsmedizin (Thema der Habilitationsschrift: „Nutzbarkeit der in-vivo-Razemisierung von Asparaginsäure zur Lebensaltersbestimmung“). Seit 2004 hat sie den Lehrstuhl für Rechtsmedizin an der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf (HHU) inne und ist Direktorin des Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Düsseldorf. An der Medizinischen Fakultät der HHU ist sie seit 2007 Studiendekanin, seit 2009 Sprecherin des wissenschaftlichen Beirats des SelmaMeyerMED-Mentoringprogramms der HHU und seit 2013 Projektleiterin des Mentoringprogramms A2 für Studierende der Human- und Zahnmedizin der Medizinischen Fakultät der HHU. Seit 2004 ist sie Mitglied des Vorstandes, seit 2014 erste Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, 2001 wurde sie mit dem KonradHändel-Stiftungspreis für Rechtsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin ausgezeichnet, 2009 mit dem Lehrpreis und 2012 mit der Universitätsmedaille der HHU. 43 Vortrag 2 Wie resistiv schaltende Materialien neue Wege in der Informationsverarbeitung eröffnen Dr. Martin Salinga, Aachen (Junges Kolleg) Nach jahrzehntelanger Perfektionierung von Computern mit herkömmlicher Architektur ist heute klar, dass mit der bisher verwendeten Logik niemals die Effizienz biologischer neuronaler Netze erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel der Forschung an neuromorpher Hardware, nicht erst beim Programmieren von Software sondern bereits beim Design künstlicher Elektronik zur Informationsverarbeitung dem Beispiel der Natur zu folgen. Wie die entsprechenden fundamentalen Bauelemente idealerweise beschaffen sein müssen und welche Materialien aufgrund ihrer intrinsischen Eigenschaften zur Realisierung dieser Komponenten besonders geeignet sind, ist Inhalt aktueller Forschung. Resistiv schaltende Materialien wie Phasenwechselmaterialien, deren Anwendung in elektronischen Datenspeichern der nächsten Generation bereits Marktreife erreicht hat, könnten darüber hinaus auch die Basis einer neuen Technologie zur neuromorphen Informationsverarbeitung bilden. Eine Analyse der für diese Materialklasse charakteristischen Schaltkinetik bildet die Grundlage zur Diskussion ihres Anwendungspotentials im Bereich neuromorpher Elektronik. Dr. Martin Salinga, Jahrgang 1979, forscht und lehrt als akademischer Oberrat am Institut für Physik neuer Materialien der RWTH Aachen. Nach insgesamt zweijährigen Forschungsaufenthalten an der Harvard University und dem IBM Almaden Research Center im Silicon Valley kehrte er Ende 2006 an seine alma mater, die RWTH Aachen, zurück. Hier setzte er seine Studien über die Schalteigenschaften von Phasenwechselmaterialien fort und trat im Anschluss an seine Promotion im Sommer 2008 eine permanente Stelle als Gruppenleiter an. Seit Juli 2011 ist er Teilprojektleiter im Sonderforschungsbereich “Nanoswitches” und als dessen Geschäftsführer auch Mitglied der Lenkungsgruppe. Gemeinsam mit seinem Team erforscht er die Dynamik resistiv schaltender 44 Materialien und ihre Anwendungsmöglichkeiten in neuartiger Elektronik. Seit 2013 arbeitet Dr. Salinga in leitender Funktion in einer von der Europäischen Kommission geförderten Partnerschaft mit dem IBM Zurich Research Laboratory in der Schweiz zusammen. Als Grantee des European Research Council richtet er seine Studien aktuell besonders auf die Informationsverarbeitung mittels neuromorpher Hardware aus. Martin Salinga ist seit 2016 Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Vortrag 3 Die Neurobiologie und Neuropathologie des episodischen Gedächtnisses Jun.-Prof. Dr. Armin Zlomuzica, Bochum (Junges Kolleg) Details zum Vortrag standen zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Jun.-Prof. Dr. rer. nat. Armin Zlomuzica hat an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Psychologie studiert und 2005 mit dem Diplom abgeschlossen. 2005 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Experimentelle Psychologie der Heinrich-Heine-Universität, wo er 2009 promoviert wurde. Von 2007 bis 2014 war er Psychotherapeut in Ausbildung an der Rheinischen Akademie für Psychotherapie und Verhaltensmedizin Krefeld. 2009 bis 2010 machte er eine praktische Ausbildung als psychologischer Psychotherapeut an der Psychotherapeutischen Institutsambulanz Düsseldorf und 2011 bis 2013 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2014 ist er Juniorprofessor für Clinical and Behavioral Neurosciences an der RuhrUniversität Bochum. Armin Zlomuzica ist seit 2016 Mitglied des Jungen Kollegs der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. 45 Impressum Herausgeber Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste Palmenstraße 16 40217 Düsseldorf Tel. 0211 61734-0 Fax 0211 61734-500 [email protected] www.awk.nrw.de Redaktionsschluss: 20. Dezember 2016. Aktuelle Informationen zu nachträglichen Programmänderungen finden Sie im Internet unter www.awk.nrw.de. Redaktion Esther Polito, Birgit Haneklaus, Bernhard Scharfenberger Gestaltung Atelier für Mediengestaltung www.afm-koeln.de Bildnachweis Andreas Endermann Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. 46 Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste Palmenstraße 16 • 40217 Düsseldorf Tel. 0211 61734-0 • Fax 0211 61734-500 [email protected] • www.awk.nrw.de
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