dazu... - Theater Stans

Obwalden/Nidwalden 13
Montag, 6. Februar 2017
Liebesdrama geht unter die Haut
Stans Die Theatergesellschaft bringt dieses Jahr ein anspruchsvolles Liebesdrama auf die Bühne.
Das Stück «Cyrano de Bergerac» ist voller Poesie, tieferGefühle und enthält genau die richtige Prise Humor.
philosophischen Gedanken werden als Filmsequenzen zwischen
der Handlung eingeblendet und
regen das Publikum zum Nachdenken und Schmunzeln an.
Carina Odermatt
[email protected]
Paris zu einer Zeit, die zwischen
dem 17. Jahrhundert und heute
schwankt: Das Volk trifft sich im
Theater, um sich von Poesie und
einem Degenkampf unterhalten
zu lassen. Denn Cyrano de Bergerac (unverschämt gespielt vom
wortgewandten Urban Riechsteiner), begnadeter Dichter und
gefürchteter «Schlägler», nimmt
es mit jedem auf. Vor kurzem in
der Stadt angekommen, ist auch
der junge Baron Christian de Neuvillette (Lukas Tschümperlin
mimt den Unbegabten treffend)
anwesend. Der Schönling hat nur
Augen für Roxane (Lou Rosset
überzeugt mit ihrem Charme),
Bergeracs Cousine, die zu allem
Übel mit dem schleimigen Grafen
de Guiche (authentisch verkörpert von Albert Müller) vom Balkon aus das Spektakel verfolgt.
Moderne Umsetzung
gelingt vollauf
Baron ist kein Meister im
Liebesbriefeschreiben
Cyrano de Bergerac gehört zu
jenen Charakteren, die der Zuschauer zuerst wegen ihrer Arroganz verabscheut und dann im
Verlauf des Stücks lieben lernt.
Hinter der hässlichen Maske mit
der grossen Nase versteckt sich
ein hoffnungsloser Romantiker.
Bergerac ist, wie man bald erfährt, unsterblich in seine Cousine Roxane verliebt, die ihrerseits jedoch von Christian de
Neuvillettes Schönheit verzaubert ist. «Wer solch einen Haarschnitt hat, ist kultiviert»,
schwärmt sie. Trotzdem verlangt
Krieg: Cyrano de Bergerac (Urban Riechsteiner) beschützt seine Cousine Roxane (Lou Rosset).
die anspruchsvolle Dame weitere
Beweise, dass Neuvillette ihrer
Liebe würdig ist: Er soll ihr Liebesbriefe schreiben. Eine Aufgabe, die den dümmlichen Baron
zutiefst überfordert. Bergerac,
der sich aufgrund seiner riesigen
Nase nicht wagt, Roxane seine
Liebe zu gestehen, bietet an, die
Briefe für den Baron zu schreiben. So nimmt eine verworrene
Liebesgeschichte ihren Lauf, die
einen nächtlichen Besuch, eine
kurzfristige Hochzeit und eine
kriegerische Auseinandersetzung
miteinschliesst. Im Fokus steht
dabei die Frage: Was macht denn
nun die wahre Liebe aus?
«Cyrano de Bergerac» ist
kein leicht verdaulicher Stoff. Das
Stück fordert den Zuschauer mit
schnellen Schlagabtauschen, kluger Poesie und facettenreicher
Inszenierung, wie die Premiere
vom Samstagabend zeigte. «Präzision ist mir sehr wichtig, beson-
Bild: Emanuel Wallimann/PD (Stans, 29. Januar 2017)
ders in diesem Stück, in dem ein
hohes Tempo herrscht», erzählt
Regisseurin Bettina Dieterle. Das
Stück von Edmond Rostand wird
seit 1897 auf Bühnen der ganzen
Welt gespielt und erzählt die fesselnde Geschichte von Savinien
de Cyrano, der im 17. Jahrhundert
tatsächlich gelebt hat. Das Publikum wird aufgefordert, sich mit
dem wohl beliebtesten Thema
der Kunst auseinanderzusetzen:
der Liebe.
Ein Thema, das schon oft in Büchern, auf Bildschirmen und
Bühnen diskutiert wurde. Doch
für Bettina Dieterle ist das kein
Hindernis: «Ich habe keine Angst
vor der Liebe, denn etwas Grösseres gibt es nicht.» So hat sie sich
nicht damit begnügt, dem Zuschauer bloss eine spannende
Geschichte aufzutischen. Sie hat
mit den Schauspielern viel über
die Liebe diskutiert und sie Texte
darüber schreiben lassen. Diese
Die Musik unter der Leitung von
Christof Stöckli macht das Stück
ebenfalls zum Genuss. Mit Perkussionsinstrumenten schafft er
zusammen mit seinen Schülern
in gefühlvollen Momenten und in
kriegerischen Zeiten die richtige
Stimmung. Das Bühnenbild besteht vorwiegend aus einer Holzkonstruktion, die laut Bühnenbildner David Leuthold zugleich
Kampfarena und Bergeracs innerliches Gefängnis verkörpert.
Aufgewertet wird die Szenerie
von einem beeindruckenden
Kronleuchter, der in Handarbeit
hergestellt worden ist. Durch Vorhänge werden verschiedene Räume geschaffen, hinter denen sich
auch ab und an ein packender
Schattenkampf abspielt.
«Cyrano de Bergerac» begeistert durch spannende Wortgefechte, tolle Leistungen der Darsteller
und träfen Witz. Die moderne
Umsetzung des anspruchsvollen
Stücks ist dem Stanser Theater
hervorragend gelungen.
Hinweis
18 weitere Aufführungen bis 8. April im Theater an der Mürg. Vorverkauf unter www.theaterstans.ch
oder jeweils Donnerstag und Freitag zwischen 16.30 und 18.30 Uhr
telefonisch auf 041 610 19 36 oder
vor Ort an der Mürgstrasse 6.
In der Kulturszene herrscht Bedauern – und Unverständnis
Giswil Mit dem Schliessen der Restaurantküche in der Giswiler «Krone» ist der Niedergang der Kulturbeiz besiegelt.
Eine Ära geht zu Ende. Ein Hoffnungsschimmer: Artothek und Kulturprogramm werden in die «Krone» Sarnen zügeln.
Mit «Hier sind Kunst und Kultur
zu Hause» wirbt die Website des
Hotel-Restaurants Krone, Giswil,
noch immer. Als Beispiele werden Kunstausstellungen und die
Artothek Obwalden aufgeführt.
Zum Thema «Kulturelle Anlässe» ist zu lesen: «werden für
2017 geplant». Doch daraus wird
nichts. Das Hotel macht die Küche dicht und entlässt vier Mitarbeiter mit insgesamt 340 Stellenprozent (siehe Ausgabe vom
31. Januar).
Paula Halter hatte gerade
dieser Tage angefragt, ob das
Frauenzmorgä des Frauenforums
im November in der «Krone»
stattfinden könne. «Das Frauenzmorgä ist ein Traditionsanlass
und wird seit Jahren in der
‹Krone› durchgeführt.» Darauf
angesprochen, sagt Kiritkumar
Kotadia aus dem Verwaltungsrat
der Hotel Krone AG gegenüber
unserer Zeitung: «Im Moment ist
es zu früh, um das Frühstück
im November zu planen.» Der
58-jährige Luzerner mit indischen
Wurzeln stellt aber in Aussicht:
«Grundsätzlich könnte man sich
schon zusammensetzen und eine
Offerte berechnen.» Paula Halter
ist darüber nicht begeistert: «Ein
Catering kommt für uns nicht in
Frage, da finden wir einen anderen Ort», ist sie überzeugt.
Der Fondueanlass «Fäden
ziehen» des Frauenforums für
Das «Alphüttli» der «Krone» Giswil steht auch fürs beliebte «Fäden
ziehen» nicht mehr zur Verfügung. Bild: Marion Wannemacher (1. Februar 2016)
Kantonsrätinnen, Landfrauen
und Mitglieder des Frauenbundes werde sicher auch nicht mehr
im «Alphüttli» stattfinden, fährt
Kotadia fort. Es tue ihm leid, aber
er müsse diesen Schlussstrich
ziehen. «Ich kann nicht Monat
für Monat Verluste schreiben.»
Es werde keine kulturellen Veranstaltungen mehr in der «Krone» geben, da es kein A-la-carteEssen mehr gibt, bestätigt Kiritkumar Kotida und bedauert
diesen Entschied.
Auf Facebook fallen die Kommentare zum Ende des Restaurantsbetriebs bitter aus. Auch Joe
Meier, Musiker, Musiklehrer und
Besitzer des Giswiler Musikfachgeschäfts, ist enttäuscht: «An der
‹Krone› hängt viel Obwaldner
Kulturgeschichte. Der Treffpunkt
für Kulturschaffende verschiedener Metiers, der von der Familie
Kuster über viele Jahre aufgebaut
wurde, wird einfach abgeschnitten. Unverständlich, dass der Besitzer diesen Wert nicht erkennt
und langfristig investiert.»
Die Suppe wird nun nicht
mehr ausgelöffelt
Der letzte Kulturanlass, der in
der «Krone» stattfand, war die
Veranstaltung «Vo Gschicht zu
Gschicht» im November. «Ich
habe da schon gesagt, dass es das
letzte Mal sein wird», sagt Veranstalter Geri Dillier auf Anfrage.
Jedes Mal seit dem Verkauf der
«Krone» aus den Händen der
früheren Besitzer sei die Durchführung des Anlasses unsicher
gewesen: «Es gab immer andere
Ansprechpersonen, ich habe es
dann schriftlich gemacht», erzählt Dillier. Für ihn war «Vo
Gschicht zu Gschicht», das aus
einer Hommage an den verstorbenen Autor und Obwaldner Sagenforscher Hanspeter Niederberger aus Giswil wuchs und 16
Mal stattfand, an den Ort «Krone» gebunden. Traditionell gab
es Suppe und stellten verschiedene Autoren ihre Geschichten vor.
Geri Dillier ist nicht nur traurig,
dass es die beliebten Lesungen
nicht mehr geben wird. «Einen
wichtigen Kulturort, der in den
vergangenen 20 Jahren gewachsen ist, gibt es nun nicht mehr.
Das ist eine Verarmung und eine
Reduktion.»
Einer, der sich seit vielen Jahren für das Kulturprogramm in
der «Krone» eingesetzt hat, ist
Hansjörg Zurgilgen aus Sarnen.
Er betreute zuerst mit Christine
Birvé und in den vergangenen
zwei Jahren mit Kathrin Müller
die Kultur in der Giswiler Beiz. Im
Sommer gab es als Open Air die
«Einen wichtigen
Kulturort, der in
den vergangenen
20 Jahren gewachsen
ist, gibt es nun
nicht mehr.»
Geri Dillier
Veranstalter «Vo Gschicht zu
Gschicht» in der «Krone»
Konzertreihe, in der Kulturbeiz
die Kleinkunstprogramme. «Die
‹Krone› hatte unter den Künstlern einen guten Namen», weiss
Szenekenner Zurgilgen. Hochkarätige Künstler traten hier auf:
Blues Max mit Richi Köchli, Michael Elsener, Nina Dimitri mit
Silvana Gargiolo, Philipp Fankhauser, Ivo oder El Ritschi. «Und
auch das Personal war einmalig
und stand dahinter», sagt er. Eine
Weile nach dem Verkauf hätten
sich die Veranstaltungen halten
können, nachdem aber die Geschäftsleitung in Giswil nicht
mehr klar geregelt war, sei die Si-
tuation zu unsicher geworden:
«Die Sommer- und Herbstveranstaltungen 2016 mussten wir absagen.» Zurgilgen bedauert den
Niedergang der Kulturbeiz vor allem der Atmosphäre wegen: «Die
‹Krone› hatte ein einmaliges Cachet.» Andere Kulturlokale in der
Umgebung versuchten dies heute zu imitieren, hält er fest.
Durch den überraschenden
Entscheid, die Küche zu schliessen, ist auch Hansjörg Zurgilgen
vor vollendete Tatsachen gestellt
worden. «Die Artothek muss in
Kürze raus.» Bis 19. Februar muss
er die Werke von 34 Zentralschweizer Künstlern zügeln.
Von der «Krone» Giswil
in die «Krone» Sarnen
Der neue Ausstellungsort für die
Kunstwerke wird voraussichtlich
die «Krone» in Sarnen sein. Die
Details der Präsentation der Artothek werden noch mit den Besitzern und dem Kunsttreff 13
besprochen. «Auch das Kulturprogramm wird ab Herbst 2017
im Eventkeller Freeheit in der
‹Krone› in Sarnen aufleben, dort
zeigt man sich begeistert», freut
sich Zurgilgen. Die technischen
Voraussetzungen seien dort sicher besser.
Marion Wannemacher
marion.wannemacher@
obwaldnerzeitung.ch