- Museum Frieder Burda

PRESSEINFORMATION
Museum Frieder Burda I Salon Berlin
DECONSTRUCTING BORDERS
Sigmar Polke / Alicja Kwade
(Ausstellung vom 4. Februar – 6. Mai 2017)
Migration und Mobilität prägen die Realität des alltäglichen Lebens, gleichzeitig
beherrschen topografische, nationale und ethnische Grenzen, vor allem aber der
Kampf um sie, ihre Erhaltung oder ihre Überwindung, die täglichen Nachrichten.
Parallel zur großen Schau SIGMAR POLKE. ALCHEMIE UND ARABESKE im Museum
Frieder Burda, Baden-Baden, vereint der Salon Berlin in der Ausstellung
DECONSTRUCTING BORDERS ausgewählte Werke Sigmar Polkes aus verschiedenen
Jahrzehnten mit einer skulpturalen Arbeit der Berliner Künstlerin Alicja Kwade. Auf
ganz unterschiedliche Weise thematisieren beide Künstler kritisch das Phänomen
territorialer Grenzziehung.
Den Ausgangspunkt des von Patricia Kamp kuratierten Projektes bildet Sigmar Polkes
fluoreszierendes Gemälde Amerikanisch-Mexikanische Grenze, das 1984 entstand. In
der von ihm seit den 1960er Jahren eingesetzten Rastertechnik transformiert Polke ein
Zeitungsbild von illegalen mexikanischen Migranten, die versuchen, den Metallzaun in
Richtung USA zu überwinden, in eine flirrende Komposition. Während die neongelbe Farbe
wie giftige Säure wirkt, durchschneiden Rasterpunkte und das Gittermuster des Zaunes die
Bildebenen. Polkes Gemälde erscheint angesichts der aktuellen Pläne des neuen USPräsidenten Donald Trump, eine Mauer entlang der 3141 Kilometer langen Südwestgrenze
der USA zu Mexiko zu errichten, beinahe prophetisch. Zugleich verzichtet Polke auf die
emotionale Aufladung des Themas. Mit seiner ironischen Vermischung von Politik und Pop
hält er Distanz und hinterfragt stattdessen die Wirkung medialer Bilder und die Haltung des
Betrachters.
Während Sigmar Polke (1941-2010) in seiner Malerei sichtbare Grenzen und
Abgrenzungen zersetzt, materialisieren sich in dem Werk von Alicja Kwade (*1979)
unsichtbare Grenzen. Ihre Skulptur Reality Zones (2016) besteht aus Metallringen, die den
Grenzlinien der globalen Zeitzonen nachempfunden sind. Die Ringe wiederum sind von
Westen nach Osten miteinander verbunden und fallen wie eine fragile Kette zu Boden. Die
Standardisierung von Zeit dient der Vereinfachung von grundlegenden Abläufen in Handel,
Recht, Verkehr und Kommunikation, die die globale Gesellschaft zusammenhalten. Schaut
man jedoch genauer hin, sind auf Kwades Zeitzonenringen immer wieder Einbuchtungen
und Winkel zu erkennen, die Ländergrenzen markieren. Zeit ist also auch eine Frage der
Geopolitik. Mit ihrer poetisch- politischen Arbeit dekonstruiert Kwade die Realität und
hinterfragt die Berechtigung dieser Konventionen.
Mit der Moderne beginnt eine Ära ungeheurer Entgrenzung und Beschleunigung von
Mobilität, Produktion, Handel und Kommunikation. Scheinbar mühelos überquert man
heute Grenzen und Zeitzonen. Doch bereits in der Postmoderne prophezeite Paul Virilio ein
paradoxes Endstadium dieser Entwicklung: den "rasenden Stillstand". Durch die digitale
Kommunikation, bei der Bilder in Echtzeit übertragen werden, droht der Mensch in
Regression zu verfallen. Reglos starrt er auf den flimmernden Bildschirm, der es ihm
Museum Frieder Burda I Salon Berlin · Auguststraße 11-13 · 10117 Berlin
Telefon +49 (0) 30 240 47404 · www.museum-frieder-burda.de
ermöglicht, simultan jederzeit und überall „dabei“ zu sein. Doch letztendlich führt dies zu
einer „geschichtslosen Augenblicklichkeit“, zu einem komaähnlichen Zustand, den der
französische Philosoph als „mediale Ghettoisierung“ kennzeichnet. Vom Computer oder
Smartphone verfolgt man die Aktivitäten seiner Freunde in sozialen Netzwerken, RealityShows, die neuesten US-Serien ebenso wie Kriege, Flüchtlingsströme, den Zerfall und die
Neuordnung politischer Systeme.
„In unseren „postfaktischen“ Zeiten, in denen der Ruf nach Abschottung und
Ausgrenzung global lauter wird, versteht sich DECONSTRUCTING BORDERS als
Anstoß, innere und äußere, sichtbare und unsichtbare Grenzen zu überdenken.“ So Patricia
Kamp über die Ausstellung. Polkes Gemälde Interieur (1966), auf dem sich die
repräsentativen Stilmöbel in Rasterpunkten zersetzen, ist ein Angriff auf die bürgerliche
Selbstgefälligkeit. Seine zu Schlieren zerlaufenden „Hütten“ (1999) wirken wie der kühle
Abgesang auf die Idee von geschützten Rückzugsorten, ebenso wie die „Eisberge“, die auch
für soziale, ökologische oder emotionale Aggregatzustände stehen könnten, die
dahinschmelzen, sich auflösen. Die manipulierten Fotokopien signalisieren, dass wir uns mit
beidem auseinandersetzen müssen: der Ideologie von Medienbildern und dem Ende unserer
so lange als selbstverständlich betrachteten Komfortzonen.
Informationen und Fotomaterial:
www.museum-frieder-burda.de unter „PRESSE / Login“.
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Öffnungszeiten Salon Berlin
Donnerstag bis Samstag 12 - 18 Uhr
Parallel dazu im Museum Frieder Burda:
SIGMAR POLKE. ALCHEMIE UND ARABESKE
11. Februar – 21. Mai 2017
Pressekontakt:
Kathrin Luz
+49 (0)171 3102472
[email protected]
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