Predigt Matthäus 14 Auf Kurs. Und manchmal ganz gezielt in diese oder jene Richtung. „Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen Der Mast hat das Zeichen des Gekreuzigten. und vor ihm ans andere Ufer zu fahren.“ Des Auferstandenen. Fahrt schon ein Mal los. Die Mannschaft ist an Bord. Ich komme nach. Zwar die Hälfte unter Deck. Macht mal. Wissen vielleicht gar nicht, dass sie noch an Bord sind. Ich habe euch schließlich ausgerüstet. Die anderen haben alle Hände voll zu tun: Ihr wisst, wie ihr beten sollt. Steuern. Ich habe euch gesagt, was ich von euch erwarte. Aussicht halten. Und ihr seid ja auch nicht allein. Das Deck schrubben. Ihr seid meine Jünger. Die Vorräte in der Kombüse einteilen. Meine Anhänger. Ihr habt das nötige Handwerkszeug. „Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Ein Boot. Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.“ Eine schöne Kirche. Alles ist gegen uns: Eine Gemeinde. Die Menschen. … Das Gewissen. Eine Gemeinde ist manchmal wie ein Boot. Der Zweifel. Unterwegs. Alles wird schwierig. Gegen den Wind. fröhliche“. Den Gegenwind. Falk studierte Literaturwissenschaft, bricht das Studium aber Keine Chance. ab. Besonders nachts nicht. Versucht sich als Schriftsteller – er hat eine kräftige Sprache Da schleichen Gedanken und Gespräche herum. und spielt mit Wort und Witz. Quälen. Er schreibt zunächst für eine Satirezeitschrift. Und halten vom Einschlafen ab. Sein Leben aber verläuft beinahe wie das von Hiob. Das Wasser geht bis zum Hals. Von seinen zehn Kindern sterben sechs. Die Wellen des Lebens werfen alles hin und her. Lebenslang schlägt er sich damit herum. Zähne zusammen beißen. Zwischendurch steht er auch beruflich vor dem Nichts, und in Rudern. der zweiten Lebenshälfte befällt ihn eine schreckliche, Mit aller Kraft. unheilbare Hautkrankheit. Manchmal hilft das. Der Mann beschönigt sein Lebensschicksal nicht. Doch nicht lange. Immer wieder spricht Verzweiflung aus seinen Schriften. Schon steht die nächste Welle an. Und doch verfällt er nicht in Depressionen. Und der Gegenwind bläst eiskalt ins Gesicht. Vielmehr legt er eine Verwegenheit und ein Vertrauen an den Tag, vor dem man fassungslos steht: Im Jahr 1768 wird Johannes Falk geboren. Hier eine Kostprobe: „Es gibt nur zwei Hauptdinge in der Welt, Er wächst an der Küste auf. In Danzig. das andere sind nur Unterabteilungen davon“, sagt er. Die zwei Bekannt geworden ist er vor allem durch das Lied „O du Hauptdinge sind: „Gott und Dreck. Man muss sich für eines von beiden entscheiden.“ Da verlieren manche den sicheren Boden unter den Füßen. Er entscheidet sich. Bisher Verdrängtes kommt hoch. Zusammen mit seiner Frau gründet er ein sogenanntes Die kleinen Unwetter und die riesigen Stürme. Vagabundeninstitut, in das er mehr als 300 verwaiste Jungen Auf ein Mal wird es wackelig. aufnimmt. Das Haus ist zwar abbezahlt Manche von ihnen betrügen und bestehlen ihn. Aber die Kinder sind ausgezogen. Manche bescheren ihm Krätze und Flöhe. Wohnen weit weg. Aber er gibt keinen auf. Die Ehe versteht sich von selbst. Steht einer vor seiner Tür, streckt er die Hand aus. Ohne viel zu reden. Unverdrossen. Und das tut weh. In der Lebensmitte. „Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging Da wird es wackelig. auf dem Meer.“ Und da kann auch was zerbrechen. Die vierte Nachtwache ist besonders. Aber auch wieder neu zusammengesetzt werden. Vier. Da in der vierten Nachtwache. Eine der besonderen Zahlen in der Bibel. Vier. Vier. Vierzig. Die besondere Zahl in der Bibel. Immer bedeutet sie die Mitte von etwas. Denn sie steht auch für Hilfe. Vierzig ist ja auch die Lebensmitte. Gott greift ein. Und vielleicht auch ein Bild für die Krise der Lebensmitte. Die vierte Nachtwache. Die Lebensmitte. Aber das ist alles egal. Auch eine Zeit der Wandlung. Losgehen. Gott verwandelt uns. Zu Jesus hin. Unsere Erwartungen. Einen Schritt vor den anderen. Unser Blick ändert sich. Wie ein Wasserläufer! Er richtet sich weg von uns. Hin zu Jesus. Auf dem See Genezareth, dem Meer vor Danzig, im Leben Aus den dunklen Wellen heraus erscheint er. selbst kann unversehens Sturm losbrechen. Geht auf uns zu. Petrus wusste das. Wie ein Gespenst. Der Liederdichter Johannes Falk wusste das. Kaum zu glauben. Wir wissen das. Und er sagt: Aber mitten im Sturm ist eine Kraft, die noch stärker ist. „Fürchtet euch nicht. Ich bin es.“ Die Erscheinung, die Petrus auf dem See begegnet: das ist der Vertraute Worte. Auferstandene! Und im selben Moment überfällt uns der Mut. Der Blick auf Christus trägt uns mitten in der Unsicherheit Wie Petrus. unseres Lebens. Andere halten sich noch zitternd an der Reling fest. Geht der Blick jedoch nach unten, In der Mitte ihres Lebens. nach rechts, Und sie schütteln vielleicht die Köpfe. nach links, Denn: Wer ist schon so wahnsinnig?! fixiert er die Probleme und die immer hohen Wogen, Die Hand der Eltern umschließt den Arm des Kindes ganz. wird der Blick abgelenkt. Es ist gar nicht wichtig, ob das Kind in dem Moment sich Von dem der da ist und der hilft. selber festhalten kann. Dann werden wir – wie Petrus – wieder unbeholfen. Die Eltern halten es. Eingeschüchtert durch die Umstände – Wind und Wellen. Auch Jesus bewahrt uns vor dem Ertrinken. Obwohl wir uns vornahmen, das Unmögliche zu schaffen. Mit eben diesem Sicherheitsgriff. Verloren der Wagemut. Kleingläubig. Und das laute: „Ja, mit Gottes Hilfe“. Und ohne eigene Kraft. Petrus sinkt. Und wir mir ihm. Oder mit schon ausgeschöpfter Kraft. Oder mit viel Kraft, aber ohne Boden unter den Füßen. „Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn.“ Jesus hält uns. Christus streckt die Hand aus. Und vielleicht ist die Frage von Jesus: Und bewahrt, die in Furcht sind, vor dem Untergang. „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ Die ausgestreckte Hand ist im Dunkel der Nacht kaum auch nur rhetorisch gemeint. erkennbar. Das heißt, Jesus kennt ja die Antwort. Aber sie greift zu. Wir sind halt Menschen und wir scheitern. Und hält ganz fest. Und wir sind schwach. Wer schon ein Mal ein Baby gebadet hat, kennt den typischen Im Vertrauen in uns selbst und in Gott. Sicherheits-griff, der vor dem Untergehen im Badewasser Wir wissen das. rettet. Und Jesus weiß es auch. Deshalb der Sicherheitsgriff. Wo geht es lang?... Sicherheitshalber. HERR, ich überlasse dir das Steuer. Und kann auf dem Deck hüpfen, obwohl es schwankt. „Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich.“ Du bist ja mit drinnen. Gemeinsam mit Jesus in einem Boot. In mir. In meinen Nächten auf rauer See. Im selben Boot sitzen. Und in den hässlichen Gegenwinden. Manche Beichtstühle von früher sind in Anlehnung an ein Boot Dein Segel ist die Liebe. entstanden. Und der Heilig Geist der Mast.... Im Zwickauer Dom kann man das noch sehen. Wenn Jesus in meinem Boot sitzt, dann werde ich ruhig. Der Seelsorger – der Priester damals – sitzt mit dem Menschen, Meine kurze Sicht wird weit. der beichtet, sprichwörtlich im selben Boot. Meine Ohnmacht wird stark. Wenn Jesus nun mit in das Boot steigt, Und mein Leben hat irgendwann Ankunft im Hafen. in das Boot unseres Lebens, dann sind wir nicht mehr von uns Bei Gott. selbst eingeengt. Zu uns selbst kommen wir nur, wenn wir Gott in uns Und der Friede Gottes, der alle äußeren und inneren Stürme in hineinnehmen. uns zur Ruhe bringt, bewahre unsere Herzen und Sinne in In einem Boot sitzen. Christus Jesus. Mit Jesus. Mit ihm die aufkommenden Stürme bereden. Welche Segel sollen gesetzt werden? Amen.
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