Hauptausgabe - Migros

6 | MM5, 30.1.2017 | MENSCHEN
Wie haben
Sie Ihre Stelle
gefunden?
www.migmag.ch/
umfrage
Umfrage
Letzte Woche haben
wir gefragt:
Arbeitsmarkt
Hier stecken die
«versteckten» Jobs
Das Jobangebot auf Suchplattformen täuscht: Viele Stellen werden
intern oder über informelle Kanäle besetzt. Der Stellenmarkt-Experte
Urs Klarer kennt die Hintergründe und sagt, wie man Jobs findet.
Text: Ralf Kaminski, Andrea Freiermuth
Was machen Sie
in den Ferien mit Ihrem
Haustier?
16% Ich plane nur
Reisen, auf die ich das
Tier gut mitnehmen
kann.
66% Ich organisiere
jemanden, der täglich
nach ihm sieht.
17% Ich bringe es in
ein Ferientierheim.
2% Ich fahre nur kurz
weg und stelle einen
Essvorrat bereit.
Zahlen und Fakten
53%
aller offenen Stellen
werden auf den
Jobsuchportalen
ausgeschrieben.
aller offenen Stellen
werden lediglich auf
den Firmenwebsites
ausgeschrieben.
3,5%
betrug die Arbeitslosen­
quote in der Schweiz
Ende Dezember 2016.
Das entspricht
159 372 beim RAV ge­
meldeten Arbeitslosen.
Anfang 2016 lag die
Quote bei 3,6 Prozent.
Quellen: Stellenmarkt­Monitor
Schweiz, Seco
Wer eine neue Stelle finden möchte, sollte sich nicht nur auf Suchplattformen umsehen, sondern auch auf Firmenwebsites.
E
nde 2016 schlug der Jobvermittler Metapage
Alarm: Eine Studie habe
ergeben, dass zwei von drei
Stellen in der Schweiz nie öffentlich ausgeschrieben würden: «In
der Schweiz existiert ein versteckter Stellenmarkt: Es sind deutlich
mehr Stellen offen, als es auf Jobplattformen den Anschein hat.»
Diese Jobs würden jedoch nur auf
den Firmenwebsites publiziert.
Die Gründe dafür seien die
enormen Kosten, der grosse
Aufwand und die bescheidene
Sichtbarkeit, wenn man sie auf den
Plattformen ausschreibe. Die Studie listet bekannte Grossfirmen
auf, die die meisten ihrer Stellen
nur auf der eigenen Website ausschreiben, darunter Novartis
(94 %), UBS (88 %) und ABB (84 %).
Der Stellenmarkt-Monitor
Schweiz an der Universität Zürich
kommt zu einem anderen Ergebnis: Laut einer repräsentativen
Umfrage in Schweizer Unternehmen werden mindestens
50 Prozent aller offenen Stellen
auf Jobportalen ausgeschrieben
und bloss knapp 20 Prozent nur
auf der Firmenwebsite. Von einem
«versteckten Stellenmarkt» könne
man nicht sprechen, da die Stellen
auf der Firmensite ja grundsätzlich
frei zugänglich seien. Zudem
würden auch solche Inserate von
diversen Seiten gescannt und über
entsprechende Portale quasi
zweitpubliziert.
Allerdings stellt der Stellenmarkt-Monitor auch fest, dass
19 bis 28 Prozent aller offenen
Stellen «intern oder auf informellen Wegen» besetzt werden. MM
Weitere Informationen:
http://blog.markenjobs.ch
www.stellenmarktmonitor.uzh.ch
Bilder: Keystone, zVg (Bildmontage); zVg,
19%
MENSCHEN | MM5, 30.1.2017 | 7
Strassenumfrage
Urs Klarer
«Man muss sich klar werden,
was man will und was man zu
bieten hat»
Eine Studie ist kürzlich zum Schluss
gekommen, dass viele offene Stellen
in der Schweiz gar nicht offiziell
ausgeschrieben werden, und spricht
von einem «versteckten Stellenmarkt». Gibt es so was tatsächlich?
Nicht wirklich, zumindest nicht in
diesem Sinn. Stellenangebote auf
einer Unternehmenswebsite sind
aus unserer Sicht durchaus eine
Form von öffentlicher Ausschrei­
bung. Zwar gibt es Stellen, die ohne
Ausschreibung besetzt werden, aber
interne oder informelle Besetzungen
sind nichts Neues. Die Frage ist,
wie sinnvoll es für beide Seiten wäre,
eine grosse Ausschreibung durch­
zuführen, wenn es bereits geeignete
Kandidaten gibt.
Offenbar werden sogar mehr Stellen
ausgeschrieben als früher.
Ja, insgesamt hat sich die Anzahl
nicht ausgeschriebener Jobs ver­
ringert, auch wegen des Internets.
Ausserdem sind viele Stellen so
anspruchsvoll geworden, dass die
Unternehmen in einem weiteren
Radius suchen, um geeignete Be­
werber zu finden. Die Suchintensität
bei hochspezialisierten Jobs ist in
der Regel viel grösser.
Aber auch Sie sagen, dass bis zu
28 Prozent aller Stellen intern oder
informell besetzt werden. Das ist
nicht gerade wenig.
Schon, aber meiner Ansicht nach ist
das kein Skandal. Für Firmen können interne Besetzungen sinnvoll
sein, denn so geht ihnen das Knowhow im Betrieb nicht verloren, das
die Mitarbeitenden erworben haben.
Auch informelle Besetzungen spielen
eine Rolle, in jüngerer Zeit auch über
die sozialen Netzwerke.
Knapp ein Fünftel aller Stellen
wird nur auf den Firmenwebsites
ausgeschrieben. Weshalb?
Das hat den Effekt, dass vor allem
diejenigen die Anzeige sehen, die
sich für das Unternehmen und seine
Arbeit interessieren oder sowieso
damit zu tun haben, etwa Zulieferer
oder Kunden. Je nach Art der Stelle
gibt es durchaus Chancen, gute
Bewerbungen zu erhalten – und
falls nicht, besteht noch immer die
Möglichkeit einer weitergehenden
Ausschreibung. So kann die Firma
zunächst mal Insertionskosten, die
Anzahl Dossiers und den Bearbei­
tungsaufwand tief halten.
Welches Vorgehen raten Sie einem
Stellensuchenden, damit er möglichst alle offenen Stellen findet?
Alle zu finden, sollte vielleicht gar
nicht das Ziel sein, sondern vor allem
passende. Ich bin kein Berater für
Stellensuchende. Aber ich denke,
man muss sich auch klar werden, was
man will und was man zu bieten hat.
Reichen die Qualifikationen? Muss
man sich vielleicht erst noch weiter­
bilden? Natürlich sollte man auch
das persönliche Netzwerk nutzen, da­
durch kommt man unter Umständen
zu Informationen, bevor die Stellen
öffentlich ausgeschrieben werden.
Wie wichtig sind Jobnetzwerke
wie Xing und LinkedIn?
Wir gehen davon aus, dass es in den
sozialen Netzwerken immer noch
eher darum geht, gefunden zu wer­
den, als selbst zu suchen. Jobvermitt­
ler bearbeiten auf diesen Plattformen
intensiv die Bereiche mit grosser
Personalnachfrage, zum Beispiel
Pflege oder technische Spezialisten.
Was raten Sie Bewerbern, die
«zu alt» sind, zu wenig Arbeitserfahrung oder einen Migrationshintergrund haben?
Dazu könnten die Beratungsstellen
für Stellensuchende sicher mehr
sagen. Anhand der Daten des
Stellenmarkt­Monitors wissen wir,
dass die Anforderungen in fast allen
Bereichen gestiegen und zum Teil
sehr hoch sind. Auch hier kann also
Weiterbildung hilfreich sein. Ich
denke, dass es wichtig ist, flexibel
zu sein, auch bei den Ansprüchen.
Aber selbst dann kann es schwierig
werden. Manchmal braucht es auch
einfach ein bisschen Glück. MM
Wie haben Sie Ihren
aktuellen Job gefunden?
Urs Klarer (49) ist
wissenschaftlicher
Mitarbeiter beim
StellenmarktMonitor Schweiz
am Soziologischen
Institut der Universität Zürich.
Michael Schmid (23), Bauarbeiter,
Schüpfheim LU «Ich habe im Be-
kanntenkreis erzählt, dass ich etwas
Neues suche. Bald darauf hat mich
mein heutiger Chef angerufen, der
ein Kollege eines Kollegen ist.»
Daniela Ancona (16), Hotelfachfrau, Liestal BL «Ich habe eine
Lehrstelle in der Region Basel gesucht
und einfach mal bei vier Hotels
angerufen. Schnuppern konnte ich
später in zwei Betrieben.»
Beat Pfister (48), Gastromitarbeiter, Basel «Ich erzählte einem frühe-
ren Arbeitskollegen, dass ich mit
meinem Job nicht ganz glücklich sei.
So habe ich von einer offenen Stelle
in seinem Unternehmen erfahren.»