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+++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++
01.2017
Jahrgang 70 / 01.01.17
ISSN 0340-9031 / www.wpg.de
Fachlicher Beirat
WP StB RA Dr. Hans-Peter Aicher
WP StB Prof. Dr. Frank Beine
RA Dr. Andreas C. Hoffmann, LL.M.
WP StB Karl Petersen
WP StB Dr. Stefan Schmidt
WP StB Prof. Dr. Peter Wollmert
IMPULS
Gute Compliance –
gut für den
Börsenkurs
Prof. Dr. Thorsten Grenz
»
1
RECHNUNGSLEGUNG
Beurteilung der signifikanten Verschlechterung
der Kreditqualität nach IFRS 9
Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und
Dr. Manuel Hita Hochgesand
»5
FINANCIAL SERVICES
Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen
im dritten Quartal 2016
Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer
und Sabine Schmid
» 15
Wie ist die europäische Bankenabgabe
zu berechnen?
Prof. Dr. Knut Henkel, Prof. Dr. Wilhelm Schneider
und Isabel Tüns
» 22
MANAGEMENT & BERATUNG
Bankenaufsichtsrat: quo vadis?
Gerd Häusler
» 30
Datenschutz und Datensicherheit im Cloud
Computing
Michael Adelmeyer, Dr. Marc Walterbusch,
Julian Lang und Prof. Dr. Frank Teuteberg
» 35
STEUERN & RECHT
Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz
Jana Jocksch und Dr. Uwe Schlegel
» 45
Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?
Thomas Kollruss
» 50
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INHALT
IMPULS
Gute Compliance – gut für den Börsenkurs
Prof. Dr. Thorsten Grenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
»1
ASSURANCE
KOMPAKT
Neue Allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schneider zum Präsidenten von Accountancy Europe berufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IDW zur Strategie des PIOB 2017 bis 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aus ausländischen Fachzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
»2
»2
»2
»3
RECHNUNGSLEGUNG
KOMPAKT
Aus der Arbeit des IASB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
»4
ANALYSE
Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9 –
Voraussetzungen für die Verwendung von Ratings und Lifetime-PD
Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und Dr. Manuel Hita Hochgesand . . . . . . . . . . . . . . . .
»5
FINANCIAL SERVICES
KOMPAKT
Novelle der Institutsvergütungsverordnung tritt voraussichtlich erst
im März 2017 in Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einigung über Erleichterungen beim EU-Prospektrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 13
» 13
» 14
ANALYSE
Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016
Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer und Sabine Schmid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 22
Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?
Prof. Dr. Knut Henkel, Prof. Dr. Wilhelm Schneider und Isabel Tüns . . . . . . . . . . . . . . .
» 22
MANAGEMENT & BERATUNG
KOMPAKT
Prüfungsausschuss und IFRS 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Transparente Aufsichtsratstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 29
» 29
ANALYSE
Bankenaufsichtsrat: quo vadis?
Gerd Häusler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 30
Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing – Ein Framework zur
Beurteilung von Cloud-Services
Michael Adelmeyer, Dr. Marc Walterbusch, Julian Lang und
Prof. Dr. Frank Teuteberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 35
| 01.2017 | I
STEUERN & RECHT
KOMPAKT
Verschwiegenheit des Wirtschaftsprüfers: Umsetzung des neuen
EU-Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 43
» 44
ANALYSE
Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz
Jana Jocksch und Dr. Uwe Schlegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 45
Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin
europarechtswidrig?
Thomas Kollruss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
» 50
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II | 01.2017 |
IMPULS
Gute Compliance –
gut für den Börsenkurs
Von Prof. Dr. Thorsten Grenz
Compliance-Management-Systeme (CMS) sol-
stand verlassen. Ein gutes CMS bewährt sich
len die Einhaltung von Gesetzen, Regeln und
dann, wenn Non-Compliance zu befürchten
Richtlinien und damit regelkonformes Ver-
oder schon eingetreten ist. Nun kommt es
halten des Unternehmens sicherstellen, um
entscheidend darauf an, vorbereitet zu sein.
durch rechtskonformes Verhalten negative
Entweder kann dann mit Hilfe des CMS ein
Folgen für das Unternehmen weitestgehend
vermeintliches Fehlverhalten souverän „mit
zu reduzieren.
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden; das Unternehmen ist dadurch in der Lage, das „Gerücht“
„Negative Folgen“: Dabei denkt man sofort
an drohende Strafzahlungen, die auf ein Un-
» Prof. Dr. Thorsten Grenz
deutlich zu dementieren, bevor es sich ver-
ternehmen zukommen können – als Buße
Präsident der Financial
Experts Association e.V.
selbständigt – und dem Kapitalmarkt so Si-
Honorarprofessor an
der Christian-AlbrechtsUniversität zu Kiel
schafft durch frühzeitiges Erkennen eines
für die Bestechung von Geschäftspartnern,
die Ausnutzung von Insiderwissen, kartellrechtliche Verstöße, den Missbrauch und
Schlendrian von und mit Kundendaten –,
cherheit geben. Oder aber das CMS verProblems wertvolle Zeit und erhält das Unternehmen aktionsfähig: Ein wirksames CMS
und spekuliert über ihre Höhe. Ganz und gar nicht speku-
fördert Risiken zu Tage, bevor diese öffentlich werden.
lativ, sondern real und schwerwiegend ist der Schaden
Der Zeitgewinn ermöglicht dem Unternehmen, die Lage
für die Aktionäre. Es ist mittlerweile empirisch gut belegt,
zu klären und sodann mit einer vollständigen und lö-
dass Compliance-Verstöße Gift sind für den Aktienkurs:
sungsorientierten Information an die Öffentlichkeit zu ge-
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Aktionäre mit
hen. Das ist heute leider nicht die Realität. Nicht immer,
einem Vermögensverlust von regelmäßig gut fünf Prozent
aber doch häufig werden Unternehmen von Compliance-
dabei sind. Wohlgemerkt: das ist nur der Durchschnitt –
Themen scheinbar völlig überrascht; daraufhin kommu-
es kann für die Aktionäre noch viel schlimmer kommen:
nizieren sie nur defensiv mit Sprechblasen der Art „man
So löste der Diesel-Betrug durch VW am ersten Handels-
prüfe“ und „werde bei der Aufklärung vollständig koope-
tag nach Bekanntwerden einen Kurssturz der Aktie um
rieren“ – oder sie schweigen gleich ganz. Das Manage-
22 Prozent aus: es wurden zwölf Milliarden Euro Aktio-
ment gibt damit das Ruder aus der Hand – Spekulationen
närsvermögen vernichtet! Empirisch ist nicht nur belegt,
schießen unkontrollierbar ins Kraut, das Unternehmen
dass Compliance-Verstöße Aktionärsvermögen schmä-
wird zum Getriebenen, verliert Börsenwert und liefert
lern, sondern auch, wann der Aktienkurs wohl reagieren
vielleicht sogar ungewollt Ansatzpunkte für Ansprüche
wird: Kurse geben bei Bekanntwerden des Verstoßes
gegen Unternehmen und Management.
deutlich nach. Im weiteren Verlauf geschieht dann – meistens, nicht immer – wenig und auch die endgültige Fest-
Ein gutes CMS trägt dazu bei, eine derartige Situation zu
legung einer Strafe wirkt kaum auf den Aktienkurs.
vermeiden. Schwache Compliance kostet Börsenkurs: Studien belegen, dass die Bewertung von Unternehmen in
Was bedeutet das für ein CMS? Was muss ein CMS leisten,
Ländern mit hoher Korruption geringer ist. Was heute
um zum Schutz des Aktionärsvermögens beizutragen? Im
schon für Länder gilt, wird künftig auch Bewertungs-
Idealfall verhindert das CMS Non-Compliance – aber es
unterschiede zwischen Unternehmen ausmachen: Gute
wäre geradezu naiv, wollte man sich auf diesen Idealzu-
Compliance ist gut für den Börsenkurs!
» DOC-ID: W1007438
| 01.2017 | 1
Assurance
KOMPAKT
AAB
Neue Allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer
Die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (AAB) vom 01.01.
2002 wurden unter Mitwirkung des Fachausschusses Recht (FAR) des IDW inhaltlich angepasst und haben nunmehr den
Rechtsstand 01.01.2017. Die neuen AAB berücksichtigen verschiedene Gesetzesänderungen. Zudem wurden bestehende
Regelungen überarbeitet, etwa jene zur Haftung (Nr. 9 AAB), die neu strukturiert und in der u. a. klargestellt wurde, dass
die Haftungshöchstsumme bei mehreren Anspruchstellern für alle Ansprüche insgesamt gilt.
Zugleich wurde eine englische Übersetzung der AAB veröffentlicht. Anders als die bisherige englische Fassung enthält
die aktuelle Übersetzung nicht mehr den Hinweis, dass die deutsche Fassung die einzig maßgebliche Version ist.
» DOC-ID: W1007495
AUS FEE WIRD ACCOUNTANCY EUROPE
Schneider zum Präsidenten von Accountancy Europe berufen
WP StB Prof. Dr. W. Edelfried Schneider wurde am 07.12.
langjähriger Partner der mittelständischen Wirtschafts-
2016 im Rahmen der Mitgliederversammlung von Ac-
prüfungsgesellschaft Dr. Dienst & Partner. Dem FEE Board
countancy Europe (vormals Fédération des Experts comp-
gehörte Schneider seit Oktober 2013 an. » DOC-ID: W1007496
tables Européens – FEE) zu deren Präsidenten berufen.
Accountancy Europe ist als Nachfolgeorganisation von
FEE die europäische Dachorganisation des Wirtschaftsprüferberufs (IDW als Gründungsmitglied). Schneider ist
gegenwärtig in der IDW Arbeitsgruppe Trendwatch tätig,
Mehr zum Thema » IDW Presseinformation 13/2016 vom
07.12.2016 (www.idw.de); zur Gründung von Accountancy
Europe siehe deren Pressemitteilung vom 07.12.2016 unter
www.accountancyeurope.eu.
gehörte mehrere Jahre dem IDW Vorstand an und war
vier Jahre Vorsitzer des IDW Verwaltungsrates. Er ist
STANDARDSETZUNG
IDW zur Strategie des PIOB 2017 bis 2019
In seiner Stellungnahme zu den strategischen Überlegungen des Public Interest Oversight Body (PIOB) bis zum Jahr 2019
wirft das IDW die Frage auf, ob der PIOB mit der Konsultation nicht seine Kompetenzen überschreitet. Der PIOB beaufsichtigt die Aktivitäten von IAASB (hinsichtlich Auditing- und Assurance-Leistungen), IESBA (Berufsethik) und IAESB
(Aus- und Fortbildung), also der drei Standardsetzer, die unter dem Dach der IFAC agieren. Vertreter des PIOB nehmen
regelmäßig an den Sitzungen der Boards teil und stellen sicher, dass jeder Board bei der Standardsetzung das festgelegte
Verfahren (due process) einhält. Die Aufsichtsrolle des PIOB war in einer Vereinbarung zwischen der IFAC und deren
Überwachungsgremium (Monitoring Board) zusammen mit anderen Maßnahmen eingeführt worden, um den internationalen Standards, die die Standardsetzer mit Blick auf eine weltweite Anwendung entwickeln, eine größere Glaubwürdigkeit zu verleihen.
2 | 01.2017 |
Da die Strategie des PIOB erst im Jahr 2013 überarbeitet worden ist, gibt das IDW zu bedenken, dass die derzeitige öffentstellt – und dies obwohl vielfältige Maßnahmen bereits berücksichtigen, dass beispielsweise der IAASB dem Allgemeinwohl in vorbildlicher Weise dient.
Das IDW merkt an, dass zahlreiche der vom PIOB aufgeworfenen Fragen erkennen lassen, dass er einen Bedarf dafür
wahrnimmt, eine breitere Gruppe von Stakeholdern an der Erarbeitung von Standards zu beteiligen. Dies wird jedoch
nicht durch konkrete Anhaltspunkte belegt. Da alle Stakeholder gleichermaßen die Möglichkeit haben, Kandidaten als
Board-Mitglieder vorzuschlagen, könnte das Unterbleiben derartiger Vorschläge auf ein gewisses Desinteresse hindeuten. Das IDW hebt hervor, wie wichtig es ist, dass die Standardsetzer (Boards) die erforderliche fachliche Expertise
besitzen, um hochwertige und international anwendbare Standards zu entwickeln.
» DOC-ID: W1007497
Mehr zum Thema » Eingabe des IDW vom 23.11.2016 (www.idw.de).
AUS AUSLÄNDISCHEN FACHZEITSCHRIFTEN
Bank Directors’ Perceptions of Expanded Auditor‘s Reports
Die Finanz- und Wirtschaftskrise haben erneut den Ruf
nach zusätzlichen regulatorischen Maßnahmen zur
Sicherstellung der Finanzstabilität laut werden lassen. Da
Abschlussprüfer mit ihren externen, unabhängigen und
fachlich fundierten Bestätigungs- und Prüfungsleistungen wesentlich zur Finanzstabilität beitragen, haben sowohl Regulatoren als auch Standardsetzer neue Regeln
zur Erweiterung des Bestätigungsvermerks vorgelegt. Auf
diese Weise sollen der Informationswert des Bestätigungsvermerks erhöht und Informationsasymmetrien
zwischen Abschlusserstellern und -adressaten abgebaut
werden. Boolaky/Quick haben sich mit den potentiellen
Auswirkungen von Erweiterungen des Bestätigungsvermerks, vor allem der Bereitstellung zusätzlicher Informationen über die Prüfungssicherheit, Wesentlichkeitsschwellen und bedeutende Sachverhalte der Prüfung, auf
die Einschätzungen von Bankdirektoren hinsichtlich der
Qualität des Abschlusses, der Prüfung und des Bestätigungsvermerks sowie hinsichtlich ihrer Kreditentscheidungen beschäftigt. Hierfür haben sie ein 2 x 2 x 2-Experiment mit 105 deutschen Bankdirektoren durchgeführt.
Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Veröf-
fentlichung von Informationen über die Prüfungssicherheit positiv auf die wahrgenommene Qualität des Abschlusses, der Prüfung und des Bestätigungsvermerks
auswirkt, sodass die Wahrscheinlichkeit der Kreditgewährung steigt. Demgegenüber konnten sie für Angaben
zu bedeutenden Sachverhalten und zur Wesentlichkeitsschwelle keine signifikanten Auswirkungen erkennen.
Festzustellen war allerdings ein Zusammenhang zwischen Wesentlichkeitsschwellen und Prüfungssicherheit.
In den Fällen, in denen Angaben zur Wesentlichkeit im
Bestätigungsvermerk gemacht wurden, wird der positive
Effekt der Veröffentlichung der Prüfungssicherheit abgeschwächt. Boolaky/Quick schließen daraus, dass es für
Regulatoren und Standardsetzer ratsam wäre, die Auswirkungen und Interdependenzen zusätzlicher Informationen im Bestätigungsvermerk sorgfältig abzuwägen,
bevor Entscheidungen zu dessen Erweiterung getroffen
werden. » Annette G. Köhler
Boolaky, Pran Krishansing / Quick, Reiner: International Journal
of Auditing, July 2016 – S. 158 – 174
| 01.2017 | 3
ASSURANCE
liche Konsultation ohne Not die Beständigkeit der Standardsetzungsaktivitäten in den Augen der Öffentlichkeit in Frage
Rechnungslegung
KOMPAKT
INTERNATIONALE RECHNUNGSLEGUNG
Aus der Arbeit des IASB
Aktuelle Veröffentlichungen des IASB betreffen
AIP 2014–2016
» die Interpretation IFRIC 22 zu IAS 21,
» eine Änderung von IAS 40 und
» den Sammel-Änderungsstandard Annual
Durch die Annual Improvements to IFRSs (AIP 2014–2016)
Improvements to IFRSs (2014–2016).
werden drei internationale Rechnungslegungsstandards
geändert:
» Redaktionelle Änderungen an IFRS 1; demnach werden
kurzfristige Befreiungen von der Anwendung be-
IFRS Interpretation 22
IFRIC 22 adressiert eine Anwendungsfrage zu IAS 21 im
Zusammenhang mit Vorauszahlungen in Fremdwäh-
stimmter Regelungen der IFRS für Erstanwender, die
durch Zeitablauf nicht mehr relevant sind, gestrichen.
» Für den Anwendungsbereich von IFRS 12 wird präzi-
rung. Die Interpretation stellt klar, welcher Wechselkurs
siert, dass die Angabevorschriften auch für Anteile an
bei der erstmaligen Erfassung eines solchen Geschäfts-
Tochterunternehmen, gemeinsamen Vereinbarungen,
vorfalls in der funktionalen Währung eines Unterneh-
assoziierten Unternehmen und nicht konsolidierten
mens zu verwenden ist, wenn das Unternehmen Voraus-
strukturierten Einheiten, die als zur Veräußerung
zahlungen auf die der Transaktion zugrunde liegenden
gehalten klassifiziert (oder in einer entsprechend
Vermögenswerte, Aufwendungen oder Erträge leistet
klassifizierten Veräußerungsgruppe enthalten) sind
oder erhält. Eine Pflicht zur Anwendung von IFRIC 22 be-
sowie für aufgegebene Geschäftsbereiche im Sinne von
steht ab 01.01.2018; eine freiwillige vorzeitige Anwendung ist zulässig.
IFRS 5 gelten.
» In IAS 28.18 wird klargestellt, dass das Wahlrecht von
Wagniskapital-Gesellschaften, Investmentfonds und
IAS 40
ähnlichen Unternehmen, ihre Anteile an assoziierten
IAS 40 regelt die Bilanzierung von als Finanzinvestition
Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen erfolgs-
gehaltenen Immobilien, die sich noch im Bau oder in der
wirksam zum beizulegenden Zeitwert (fair value
Entwicklung befinden. Klargestellt wird in IAS 40.57, ob
through profit or loss) zu bewerten, separat für jedes
und ab welchem Zeitpunkt ein Vermögenswert in den
einzelne Investment ausgeübt werden darf. Weitere
bzw. aus dem Bestand einer als Finanzinvestition gehal-
Erläuterungen sind auch für das Wahlrecht gemäß
tenen Immobilie wechselt. Hintergrund sind bislang un-
IAS 28.36 ergänzt worden.
geregelte Praxisfälle, in denen sich eine Immobilie in der
Die Änderung von IFRS 12 ist ab 01.01.2017, die beiden an-
Entwicklung befindet und es in dieser Phase zu einer
deren Änderungen sind ab 01.01.2018 anzuwenden.
Änderung der Verwendungsabsicht kommt. Eine Über-
» DOC-ID: W1007498
tragung soll demnach nur dann erfolgen, wenn die Nutzungsänderung nachweisbar ist. Ferner stellt der IASB explizit klar, dass die in IAS 40.57 genannten Indizien für
das Vorliegen einer Nutzungsänderung nur beispielhaft
und insoweit nicht abschließend sind. Eine Pflicht zur Anwendung dieser Änderung besteht ab 01.01.2018; eine
freiwillige vorzeitige Anwendung ist zulässig.
4 | 01.2017 |
Mehr zum Thema
» IASB vom 08.12.2016 (www.ifrs.org).
» Schreiber, „IASB schlägt Änderungen an vier Standards vor –
Jährlicher Verbesserungsprozess (Zyklus 2014–2016) und
begrenzte Änderungen von IAS 40“, WPg 2016, S. 143.
Keywords:
IFRS 9
Expected-Loss-Modell
Stufenzuordnung
Lifetime-PD
ANALYSE
Beurteilung der signifikanten
Verschlechterung der Kreditqualität
nach IFRS 9
Voraussetzungen für die Verwendung von Ratings und Lifetime-PD
Von Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und Dr. Manuel Hita Hochgesand1
Eine zentrale Herausforderung bei der Umsetzung einer IFRS-konformen Stufenzuordnung ist die Auswahl
geeigneter Beurteilungskriterien. In den derzeitigen Umsetzungsprojekten zeichnet sich dafür vor allem die
Verwendung von kumulierten Ausfallwahrscheinlichkeiten (Lifetime-PD) und Ratings ab. Während Ratings ein
vertrautes Maß zur Beurteilung der Kreditqualität sind, handelt es sich bei Lifetime-PD – zumindest im
bilanziellen Kontext – um eine Neuerung. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag herausgearbeitet,
welche methodischen Unterschiede zwischen Lifetime-PD und Ratings bestehen und unter welchen Voraussetzungen diese als Beurteilungskriterien für eine signifikante Verschlechterung der Kreditqualität verwendet
werden können.
1 Einleitung
nanzinstrumente – unabhängig von ihrem initialen Kre-
Die deutlichsten Veränderungen von IFRS 9 gegenüber
ditrisiko – zunächst der Stufe 1 zugeordnet. Damit ist die
den bestehenden Regelungen in IAS 39 resultieren aus
erfolgswirksame Erfassung einer Wertminderung in
der neuen Wertminderungsmethode, die das derzeit an-
Höhe des 12-Monats-Expected-Credit-Loss verbunden. In
zuwendende Incurred Loss Model durch einen Expected-
den Folgeperioden ist für das jeweilige Finanzinstrument
Loss-Ansatz ablöst. In Abhängigkeit von der Veränderung
bei der Stufenzuordnung anhand geeigneter Kriterien zu
der Kreditqualität sollen Wertminderungen früher antizi-
beurteilen, ob eine signifikante Verschlechterung der Kre-
piert werden, nicht zuletzt, um damit dem im Zuge der Fi-
ditqualität im Vergleich zum Zugangszeitpunkt vorliegt.
nanzmarktkrise aufgekommenen Kritikpunkt einer ver-
Dies begründet die Zuordnung des Finanzinstruments zur
späteten Erfassung von Wertminderungen auf Basis des
Stufe 2, so dass ein Lifetime Expected Credit Loss als Risi-
Incurred Loss Model zu begegnen.
kovorsorge zu erfassen ist. Die Zuordnung zur Stufe 2 soll
– der Zielsetzung des neuen Expected-Loss-Ansatzes ent-
Zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes eines Finanzin-
sprechend – bereits (deutlich) vor dem Eintritt eines Ver-
struments werden nach IFRS 9 grundsätzlich sämtliche Fi-
lustereignisses (Stufe 3) erfolgen. Während die Stufen 1
l1 Der Beitrag stellt die persönliche Meinung der Verfasser dar.
| 01.2017 | 5
RECHNUNGSLEGUNG
Rating
» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9
und 3 weitestgehend der Portfolio- und Einzelwertberich-
Beurteilungsobjekt
tigung nach IAS 39 entsprechen, stellt die Stufe 2 eine
Für die Festlegung des Beurteilungsobjekts ist maßgeb-
Neuerung dar, die die wesentliche Änderung der Bilanz-
lich, auf welcher Ebene das Ausfallrisiko3 zum Zugangs-
und Erfolgswirkung im Vergleich zum Incurred Loss Mo-
zeitpunkt bestimmt werden kann. Nach IFRS 9.5.5.3 ist
del begründet.
es erforderlich, eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos zunächst auf Ebene des einzelnen Finanzinstru-
Die mit Ermessensspielräumen behaftete Beurteilung ei-
ments zu identifizieren und zu beurteilen. Das relevante
ner signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität ist
Beurteilungsobjekt ist somit grundsätzlich das einzelne
demnach von zentraler Bedeutung für die Ergebniswir-
Finanzinstrument, so dass unterschiedliche Finanzin-
kung des neuen Wertminderungsmodells. Festzulegen ist
strumente eines Schuldners jeweils getrennt voneinan-
u. a., anhand welcher Beurteilungskriterien der Übergang
der zu beurteilen sind. Eine gemeinsame Beurteilung
von Stufe 1 nach Stufe 2 erfolgen soll. Als Beurteilungskri-
verschiedener
Finanzinstrumente
eines
Schuldners
terium ist grundsätzlich das über die erwartete Restlaufzeit bestehende Ausfallrisiko (Lifetime-PD2) heranzuziehen. IFRS 9 räumt dem Bilanzierenden aber auch die
Möglichkeit ein, das über die nächsten zwölf Monate bestehende Ausfallrisiko (12-Monats-PD), das üblicherweise
mit Ratings abgebildet wird, zu verwenden. Die Motivation zur Nutzung von Ratings lässt sich vor allem damit
begründen, dass diese ein vertrautes Maß zur Abbildung
Ratingveränderungen und die
daraus resultierende Stufenzuordnung lassen sich einfacher
gegenüber internen und externen
Adressaten kommunizieren.
der Kreditqualität darstellen. Dementsprechend können
Ratingveränderungen und die daraus resultierende Stufenzuordnung einfacher gegenüber internen und exter-
kann jedoch erfolgen, wenn dieses Vorgehen zum glei-
nen Adressaten kommuniziert werden.
chen Ergebnis wie eine Beurteilung auf Transaktionsebene führt. Hierbei handelt es sich um ein bedingtes
Vor diesem Hintergrund soll in diesem Beitrag herausge-
Wahlrecht, das einen entsprechenden Nachweis erfor-
arbeitet werden, welche Anwendungsvoraussetzungen
dert. Die gleiche Beurteilung einer signifikanten Ver-
für die Verwendung von Lifetime-PD und Ratings als Kri-
schlechterung der Kreditqualität auf Schuldner- und
terium für die Beurteilung einer signifikanten Verschlech-
Transaktionsebene ergibt sich für den Fall, dass die Fi-
terung der Kreditqualität bestehen.
nanzinstrumente des Schuldners ein ähnliches Ausfallrisiko zum Zugangszeitpunkt aufweisen (IFRS 9.IE43 – 47
2 IFRS-9-Anforderungen an die Stufenzuordnung
i. V. mit IFRS 9.BC5.168). Zudem kann eine gemeinsame
Die Abgrenzung zwischen Stufe 1 und Stufe 2 des Wert-
Beurteilung unterschiedlicher Finanzinstrumente eines
minderungsmodells und damit die konkrete Art der Beur-
Portfolios erfolgen, wenn diese über homogene Kredit-
teilung einer signifikanten Verschlechterung der Kredit-
risikoeigenschaften – und hierbei vor allem über ein
qualität wird von IFRS 9 nicht explizit vorgegeben; sie
ähnliches Ausfallrisiko zum Zugangszeitpunkt – verfü-
liegt daher grundsätzlich im Ermessen des Bilanzierenden
gen (IFRS 9.IE40 – 42).4
(IFRS 9.5.5.12). In diesem Zusammenhang ist festzulegen,
» für welches Beurteilungsobjekt eine signifikante Ver-
Beurteilungskriterium
schlechterung der Kreditqualität zu untersuchen ist,
Als Beurteilungskriterium für die signifikante Verschlech-
» welches Beurteilungskriterium hierfür genutzt werden
terung der Kreditqualität ist nach IFRS 9.5.5.9 an jedem
soll und
» welches Ausmaß eine signifikante Verschlechterung
der Kreditqualität begründet (Signifikanzschwelle).
Bilanzstichtag die Veränderung des über die erwartete
Restlaufzeit bestehenden Ausfallrisikos seit der erstmaligen Erfassung heranzuziehen. Bezogen auf einen Kredit-
2 Für eine detaillierte Beschreibung der Lifetime-PD siehe Abschn. 3.1 (PD bezeichnet die probability/probabilities of default). 3 Die Begriffe Ausfallrisiko und Kreditqualität
l
l
werden hier synonym verwendet. Der von IFRS 9 verwendete Begriff „Kreditrisiko“ ist irreführend, da er impliziert, dass die Veränderung erwarteter (Kredit-)Verluste für die Stufenzuordnung maßgeblich sei. IFRS 9.5.5.9 hebt jedoch ausdrücklich hervor, dass die Veränderung des Ausfallrisikos und nicht die Veränderung erwarteter (Kredit-)Verluste für die
Signifikanzbeurteilung heranzuziehen ist. Dabei dürfen Sicherheiten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie einen Einfluss auf das Ausfallrisiko haben. 4 Die Nutzung der
Portfolioebene, auf der umfassendere Kreditrisikoinformationen bestehen, kann auch in Situationen erforderlich sein, in denen der Bilanzierende auf Transaktionsebene nicht über
ausreichende Informationen zur Signifikanzbeurteilung verfügt (IFRS 9.B5.5.1 i. V. mit IFRS 9.B5.5.3).
l
6 | 01.2017 |
risikoparameter-basierten Ansatz bedeutet diese Anforde-
Festlegung der Signifikanzschwelle erforderlich sein
rung, dass die Lifetime-PD zum jeweiligen Stichtag mit
(IFRS 9.B5.5.9). Als geeignete Bezugsgröße für die Signifi-
der Lifetime-PD zum Zugangszeitpunkt zu vergleichen ist.
kanzbeurteilung kann dabei die ursprüngliche Erwartung
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich die Veränderung
der Entwicklung des Ausfallrisikos dienen. Hierdurch
der Lifetime-PD aus zwei Effekten zusammensetzt:
wird dem Grundgedanken des IASB Rechnung getragen,
» einem bonitätsinduzierten Effekt und
» einem zeitinduzierten Effekt.
dass die Erwartung der Entwicklung des Ausfallrisikos in
Während der bonitätsinduzierte Effekt auf die „originäre“
halten ist (IFRS 9.BC.5.173). Im Vergleich zur tatsächlichen
Veränderung des Kreditrisikos zurückzuführen ist, ba-
Entwicklung des Ausfallrisikos erfolgt anhand der festge-
siert der zeitinduzierte Effekt auf dem Voranschreiten
legten Signifikanzschwelle schließlich die Beurteilung ei-
der Laufzeit, das zu einer Verringerung der Lifetime-PD
ner signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität
aufgrund der verkürzten Restlaufzeit des jeweiligen Fi-
und damit die Abgrenzung zwischen den Stufen 1 und 2
nanzinstruments führt. Da sich das Beurteilungskriterium
des Wertminderungsmodells.
zum Übergang in Stufe 2 jedoch ausschließlich auf die
Veränderung des „originären“ Ausfallrisikos bezieht, ist
3 Beurteilungskriterien für die Stufenzuordnung
der zeitinduzierte Effekt entsprechend zu neutralisieren
Die Beurteilung der Kreditqualität umfasst eine ganz-
(IFRS 9.B5.5.10 f.).
heitliche Analyse, die sich je nach Datenverfügbarkeit,
Finanzinstrument und Art des Unternehmens unter-
IFRS 9 sieht grundsätzlich auch die Veränderung der
scheidet (IFRS 9.B5.5.16 i. V. mit IFRS 9.BC5.157). Nach
12-Monats-PD als geeignete Approximation für die Verän-
IFRS 9.B5.5.18 können dabei quantitative und qualita-
derung der Lifetime-PD bei der Beurteilung der signifi-
tive Informationen verwendet werden, die für die Stu-
kanten Verschlechterung des Kreditrisikos an, es sei
fenzuordnung nicht zwangsläufig in statistischen Model-
denn, die zu berücksichtigenden Umstände erfordern
len oder Ratingverfahren verarbeitet werden müssen.
eine Mehrjahres-Betrachtung. Dies gilt für den Fall, dass
Eine nicht abschließende Liste von Informationen, die für
sich das Ausfallverhalten von Schuldnern nicht auf einen
die Stufenzuordnung relevant sein können, enthält
bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Laufzeit konzen-
IFRS 9.B5.5.17. Der Bilanzierende muss abwägen, welche
triert (IFRS 9.B5.5.13). IFRS 9.B5.5.14(a) bis (c) nennt die
Informationen in diesem Zusammenhang geeignet sind.
folgenden möglichen Umstände, in denen die Verwen-
Unabhängig von den verwendeten Informationen ist die
dung der 12-Monats-PD nicht angemessen ist:
widerlegbare Vermutung einer signifikanten Verschlech-
(a) die mit dem Finanzinstrument zusammenhängenden
terung der Kreditqualität ab 30 Verzugstagen als backstop
wesentlichen Zahlungsverpflichtungen werden erst
zu berücksichtigen (IFRS 9.5.5.11 i. V. mit IFRS 9.BC5.193).
nach Ablauf der nächsten zwölf Monate fällig;
(b) es treten Änderungen der relevanten makro-
Beurteilungskriterien für die Stufenzuordnung lassen
ökonomischen oder sonstigen kreditbezogenen
sich daher wie folgt kategorisieren:
Faktoren ein, die in der 12-Monats-PD nicht
» quantitative Kriterien (z. B. Lifetime-PD, 12-Monats-PD,
angemessen berücksichtigt werden;
(c) Änderungen kreditbezogener Faktoren wirken sich
erst nach mehr als zwölf Monaten (verstärkt) auf das
Kreditrisiko des Finanzinstruments aus.
Ratings),
» qualitative Kriterien (z. B. Watchlist, Marktindikatoren)
und
» Backstop-Kriterien (z. B. 30 Verzugstage).
Während mit quantitativen Kriterien die Beurteilung auf
Signifikanzschwelle
Basis eines Vergleichs numerischer Größen erfolgt, wer-
Zur Bestimmung des Ausmaßes, ab dem eine signifikante
den mit qualitativen und Backstop-Kriterien (absolute)
Verschlechterung der Kreditqualität vorliegt, gibt IFRS 9
Zustände für die Beurteilung verwendet. Als quantitative
keine Signifikanzschwelle vor, so dass eine entsprechen-
Kriterien werden überwiegend Lifetime-PD und Ratings
de Definition dem Bilanzierenden obliegt. Für verschie-
genutzt, die im Folgenden zunächst methodisch voneinan-
dene Finanzinstrumente können somit unterschiedliche
der abgegrenzt werden, um darauf aufbauend die An-
Ansätze angewendet werden (IFRS 9.B5.5.12 i. V. mit
wendungsvoraussetzungen für die Stufenzuordnung her-
IFRS 9.BC5.171). Je nach Höhe des ursprünglichen Ausfall-
auszuarbeiten. Die Notwendigkeit zur Berücksichtigung
risikos zum Zugangszeitpunkt kann eine differenzierte
zusätzlicher qualitativer Kriterien hängt davon ab, ob
| 01.2017 | 7
RECHNUNGSLEGUNG
den ursprünglich kontrahierten Kreditkonditionen ent-
» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9
und inwieweit diese bereits in den quantitativen Kriterien
Mit den auf Basis historischer Informationen modellier-
berücksichtigt sind.
ten Ratingverfahren lassen sich dann bei der Ratingvergabe aktuelle und zukunftsgerichtete Informationen über
3.1 Methodische Grundlagen
die Risikotreiber zu einem (vorläufigen) Rating verdich-
In der Kreditrisikomodellierung wird das Ausfallrisiko
ten. Dieses auf statistischen Zusammenhängen basieren-
über einen bestimmten Zeitraum durch die PD beschrie-
de Rating wird anschließend oftmals um Einschätzungen
ben. Zur Beurteilung der Bonität bzw. Kreditwürdigkeit
des jeweiligen Kreditanalysten zur Bonitätssituation des
von Transaktionen oder Schuldnern verwenden Finanz-
Schuldners zu einem endgültigen Rating angepasst. Im
institute Ratingverfahren, durch die sich eine Aussage
Rahmen der von IFRS 9 geforderten Point-in-Time-Orien-
über die PD innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums (in
tierung von Ratingverfahren5 sollten auf diese Weise
der Regel ein Jahr) treffen lässt. Bei der Entwicklung von
sämtliche ausfallrisikorelevanten Informationen als (qua-
Ratingverfahren wird auf Basis historischer Beobachtun-
litative oder quantitative) Modellvariablen Berücksich-
gen für unterschiedliche qualitative und quantitative In-
tigung finden, um erwartete Ausfallereignisse möglichst
formationen überprüft, ob diese einen Erklärungsgehalt
genau zu schätzen.
für das Ausfallrisiko aufweisen. Die als ausfallrisikorelevant identifizierten Informationen fließen als Risiko-
Während die Erstellung von Ratings und die damit zu-
treiber in das Ratingverfahren ein. Im nächsten Schritt
sammenhängende Schätzung von 12-Monats-PD in der
werden Ratingklassen als Intervalle definiert, denen – je
Kreditrisikomodellierung bereits etabliert sind, stellen
nach Ausmaß des Ausfallrisikos – PD im Rahmen der
Lifetime-PD – zumindest im bilanziellen Kontext – eine
Kalibrierung zugeordnet werden. Die aus Ratingverfahren
Neuerung dar. Zur Ermittlung von Lifetime-PD existieren
resultierenden Ratingeinstufungen korrespondieren daher
grundsätzlich verschiedene Verfahren, die sich im Hin-
jeweils mit einer bestimmten 12-Monats-PD. Diese stellt im
blick auf ihren Umsetzungsaufwand und ihre Prognose-
Regelfall die mittlere PD eines PD-Intervalls dar, das der je-
güte unterscheiden. Eine in der Praxis häufig verwendete
weiligen Ratingklasse zugeordnet wurde. Der Zusammen-
Methode zur Ermittlung von Lifetime-PD stellen Migra-
hang zwischen Ratingklasse, mittlerer PD und PD-Intervall
tionsmatrizen dar.
wird über die sogenannte Masterskala abgebildet.
Übersicht 1 zeigt eine idealtypische Masterskala für ein
Ratingverfahren mit den Ratingklassen I bis IX.
Migrationsmatrizen
Migrationsmatrizen bilden das Migrationsverhalten
von Schuldnern ab, d. h. die Wahrscheinlichkeit über
einen bestimmten Zeitraum in derselben Ratingklas-
Ratingklasse
PDUntergrenze
Mittlere PD
PDObergrenze
I
0,00 %
0,13 %
0,20 %
migrieren. Die empirische Ermittlung von Migra-
II
0,20 %
0,25 %
0,40 %
tionsmatrizen erfolgt durch Beobachtung des histo-
III
0,40 %
0,50 %
0,70 %
IV
0,70 %
1,00 %
1,40 %
V
1,40 %
2,00 %
2,90 %
VI
2,90 %
4,00 %
5,80 %
Folgeperiode t+1 abgetragen. Die Default-Spalte der
VII
5,80 %
8,00 %
10,60 %
Matrix repräsentiert Migrationen in den Ausfall.
VIII
10,60 %
16,00 %
19,10 %
IX
19,10 %
32,00 %
100,00 %
Default
100,00 %
100,00 %
100,00 %
Übersicht 1 » Masterskala eines Ratingverfahrens
l5 Vgl. Bosse, WPg 2015, S. 720.
8 | 01.2017 |
se zu verbleiben oder in eine andere Ratingklasse zu
rischen Migrationsverhaltens von Schuldnern über
einen bestimmten Zeitraum. In den Zeilen einer Migrationsmatrix werden die ursprünglichen Ratings
der Periode t und in den Spalten die Ratings der
Übersicht 2 zeigt eine idealtypische, konjunkturneutrale
Ein-Jahres-Migrationsmatrix für die Ratingklassen I bis IX
und den Default-Zustand.
Ursprungsrating in t
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
Default
I
92,00 %
4,00 %
2,00 %
1,00 %
0,50 %
0,25 %
0,10 %
0,02 %
0,00 %
0,13 %
II
3,00 %
85,00 %
5,85 %
2,50 %
1,00 %
1,25 %
0,50 %
0,35 %
0,30 %
0,25 %
III
1,00 %
6,00 %
82,00 %
5,00 %
2,50 %
1,75 %
0,75 %
0,40 %
0,10 %
0,50 %
IV
0,50 %
1,25 %
7,00 %
80,00 %
6,00 %
3,00 %
1,00 %
0,20 %
0,05 %
1,00 %
V
0,25 %
2,00 %
4,00 %
6,00 %
75,00 %
5,00 %
3,00 %
1,75 %
1,00 %
2,00 %
VI
0,00 %
0,25 %
0,75 %
3,50 %
6,50 %
60,00 %
10,00 %
9,25 %
5,75 %
4,00 %
VII
0,00 %
0,13 %
0,25 %
1,12 %
3,50 %
7,00 %
55,00 %
15,00 %
10,00 %
8,00 %
VIII
0,00 %
0,00 %
0,10 %
0,25 %
1,65 %
4,00 %
8,00 %
50,00 %
20,00 %
16,00 %
IX
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,25 %
1,25 %
3,50 %
6,00 %
12,00 %
45,00 %
32,00 %
Default
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
100,00 %
Übersicht 2 » Konjunkturneutrale Ein-Jahres-Migrationsmatrix
Periode
Ursprungsrating in t
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
I
0,13 %
0,30 %
0,55 %
0,90 %
1,36 %
1,93 %
2,61 %
3,40 %
4,31 %
5,31 %
II
0,25 %
0,78 %
1,58 %
2,62 %
3,87 %
5,29 %
6,87 %
8,56 %
10,35 %
12,22 %
III
0,50 %
1,25 %
2,30 %
3,64 %
5,23 %
7,02 %
8,99 %
11,08 %
13,26 %
15,51 %
IV
1,00 %
2,21 %
3,73 %
5,59 %
7,74 %
10,12 %
12,66 %
15,31 %
18,01 %
20,73 %
V
2,00 %
4,63 %
7,79 %
11,32 %
15,04 %
18,82 %
22,54 %
26,15 %
29,60 %
32,87 %
VI
4,00 %
10,69 %
18,34 %
25,95 %
33,01 %
39,32 %
44,85 %
49,65 %
53,81 %
57,40 %
VII
8,00 %
18,36 %
28,62 %
37,79 %
45,62 %
52,17 %
57,61 %
62,14 %
65,91 %
69,08 %
VIII
16,00 %
31,24 %
43,39 %
52,72 %
59,90 %
65,50 %
69,93 %
73,50 %
76,41 %
78,80 %
IX
32,00 %
48,97 %
59,32 %
66,37 %
71,52 %
75,47 %
78,59 %
81,10 %
83,14 %
84,84 %
Default
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
Übersicht 3 » Konjunkturneutrale PD-Profile je Ratingklasse
Die Ermittlung von Lifetime-PD kann dabei über die t-ma-
PD, die das gesamte Ausfallrisiko aus heutiger Sicht über
lige Multiplikation der Ein-Jahres-Migrationsmatrix mit
einen mehrjährigen Zeitraum abbilden.
sich selbst erfolgen. Aus der daraus resultierenden t-Jahres-Migrationsmatrix können die entsprechenden Life-
Für Zwecke einer IFRS-9-konformen Modellierung ist
time-PD jeweils in der Default-Spalte abgelesen werden.
sicherzustellen, dass die PD-Profile zukunftsgerichte-
Auf diese Weise lässt sich schließlich ein sogenanntes
te, makroökonomische Informationen berücksichtigen
PD-Profil erzeugen, das die periodenspezifischen Life-
(IFRS 9.5.5.17(c)). Die Integration dieser Informationen
time-PD enthält und somit das über die Laufzeit erwartete
kann unter Verwendung von Migrationsmatrizen entwe-
Ausfallrisiko darstellt.
der direkt oder indirekt erfolgen:
» Bei der direkten Methode werden zukunftsgerichtete,
So führt die Multiplikation der idealtypischen Migrations-
makroökonomische Informationen berücksichtigt,
matrix zu den in Übersicht 3 dargestellten konjunktur-
indem – je nach erwarteter Konjunkturlage –
neutralen PD-Profilen je Ratingklasse über einen Zeit-
spezifische Migrationsmatrizen miteinander
raum von zehn Perioden. Die PD-Profile zeigen Lifetime-
multipliziert werden.6
l6 Vgl. Bosse, WPg 2015, S. 728 ff.
| 01.2017 | 9
RECHNUNGSLEGUNG
Rating in t+1
» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9
Periode
Ursprungsrating in t
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
I
0,13 %
0,33 %
0,62 %
1,02 %
1,48 %
2,04 %
2,72 %
3,52 %
4,42 %
5,42 %
II
0,25 %
0,86 %
1,78 %
2,97 %
4,21 %
5,63 %
7,20 %
8,89 %
10,68 %
12,54 %
III
0,50 %
1,37 %
2,57 %
4,10 %
5,68 %
7,47 %
9,43 %
11,51 %
13,68 %
15,91 %
IV
1,00 %
2,39 %
4,14 %
6,27 %
8,40 %
10,76 %
13,29 %
15,92 %
18,60 %
21,30 %
V
2,00 %
5,02 %
8,64 %
12,66 %
16,33 %
20,05 %
23,72 %
27,27 %
30,67 %
33,88 %
VI
4,00 %
11,69 %
20,40 %
28,93 %
35,70 %
41,75 %
47,06 %
51,67 %
55,66 %
59,11 %
VII
8,00 %
19,92 %
31,49 %
41,61 %
48,96 %
55,11 %
60,22 %
64,46 %
68,00 %
70,98 %
VIII
16,00 %
33,52 %
47,04 %
57,08 %
63,59 %
68,67 %
72,70 %
75,94 %
78,58 %
80,76 %
IX
32,00 %
51,51 %
62,83 %
70,23 %
74,79 %
78,29 %
81,05 %
83,27 %
85,08 %
86,58 %
Default
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
100,00 %
Übersicht 4 » Konjunkturabhängige PD-Profile
mit einem Skalierungsfaktor,
der die Veränderung der
100,00%
Lifetime-PD in Abhängigkeit
Kumulierte Ausfallwahrscheinlichkeit
90,00%
von makroökonomischen
80,00%
Erwartungen abbildet,
70,00%
periodenspezifisch nach oben
oder unten anpassen.
60,00%
Die hieraus resultierenden kon-
50,00%
junkturabhängigen PD-Profile zei40,00%
gen Übersicht 4 und Übersicht 5.7, 8
30,00%
3.2 Anwendungsvoraussetzungen
20,00%
10,00%
Das IASB trifft die Annahme, dass
0,00%
1
2
3
4
5
6
7
Periode
8
9
10
die Veränderung des Ausfallrisikos über die nächsten zwölf Monate generell eine geeignete Approxi-
Übersicht 5 » Konjunkturabhängige PD-Profile
mation für die Veränderung des
Ausfallrisikos über die erwartete
Restlaufzeit darstellen sollte, so
» Demgegenüber liegt der hier betrachteten indirekten
dass sich das Ausfallrisiko über die nächsten zwölf Mona-
Methode eine Migrationsmatrix zugrunde, die auf Basis
te als Beurteilungskriterium für die Stufenzuordnung eig-
einer konjunkturübergreifenden Datenhistorie ermittelt
net (IFRS 9.B5.5.13 i. V. mit IFRS 9.BC5.178). In Bezug auf
wurde, so dass die Multiplikation einer solchen Matrix
die Nutzbarkeit der 12-Monats-PD bzw. der korrespon-
zu PD-Profilen führt, die die Konjunkturerwartungen
dierenden Ratingeinstufung als Beurteilungskriterium
gegebenenfalls nicht vollständig berücksichtigen.
stellt sich die Frage, ob und inwieweit überprüft bzw.
Je nach erwarteter Konjunkturlage lassen sich an-
nachgewiesen werden muss, dass die Ratingveränderung
schließend die einzelnen Lifetime-PD des PD-Profils
eine angemessene Approximation für die Veränderung
7 Die Kurven stellen von oben nach unten die PD-Profile zu den Ratings IX bis I dar. 8 Für eine konkrete Methode zur Anpassung des PD-Profils mit Skalierungsfaktoren vgl.
l
l
Bosse/Stege/Hita Hochgesand in einer der nächsten Ausgaben der WPg. In diesem Fall wurde für die Perioden 2 bis 4 jeweils ein Skalierungsfaktor i. H. von 15 % verwendet.
10 | 01.2017 |
3. Erwägung, ob beobachtete Änderungen der
darstellt. Die Notwendigkeit für einen entsprechenden
Determinanten darauf hindeuten, dass die
Nachweis ist im Vergleich zu den ursprünglichen Rege-
Veränderung des Ausfallrisikos über zwölf Monate
lungen des Exposure Draft (ED/2013/3.B11) in IFRS 9 zwar
als Approximation für die Veränderung des Ausfall-
nicht mehr explizit enthalten. Um sicherzustellen, dass
risikos über die erwartete Restlaufzeit nicht weiter
die in IFRS 9.B5.5.14 dargestellten Umstände nicht vorlie-
angemessen sein könnte.
gen – so dass die Verwendung einer Ratingveränderung
Für den Fall, dass die Überprüfung zeigt, dass die Appro-
unangemessen wäre –, bedarf es dennoch eines ent-
ximation nicht weiter geeignet ist, muss der Bilanzierende
sprechenden Nachweises.
einen alternativen Ansatz bestimmen, der die Veränderung des Ausfallrisikos über die erwartete Laufzeit bei
Auch die IFRS Transition Resource Group for Impairment
der Signifikanzbeurteilung angemessen berücksichtigt.
of Financial Instruments (ITG) hat sich im September
2015 mit dieser Thematik auseinander gesetzt.9 In diesem
Mit einem (fortlaufenden) Nachweis soll sichergestellt
Zusammenhang wird erwartet, dass der Bilanzierende
werden, dass die wesentlichen Risikotreiber, die über die
erwartete Restlaufzeit bestehen, auch
über die Betrachtung des 12-Monats-
Bilanzierende sollten prüfen, ob der mit dem Nachweis zur Eignung von Ratings verbundene Aufwand
nicht vom Nutzen (deutlich) kompensiert wird.
Horizonts angemessen berücksichtigt
werden. Anderenfalls könnten eine
signifikante
Verschlechterung
der
Kreditqualität zu spät festgestellt und
damit Wertminderungen – entgegen
der Zielsetzung des Expected-Loss-
für den Nachweis der Angemessenheit der Approxima-
Ansatzes – zu spät erfasst werden. In diesem Kontext
tion eine robuste Analyse durchführt, wobei deren Um-
wäre ein numerischer Vergleich der Veränderung der
fang grundsätzlich vom zu betrachtenden Finanzinstru-
12-Monats-PD mit der Veränderung der Lifetime-PD als
ment abhängt. Demnach reicht in manchen Fällen eine
Nachweis für eine geeignete Approximation nicht ziel-
qualitative Analyse aus, wohingegen in weniger eindeuti-
führend, da hierdurch keine eindeutige Aussage über die
gen Fällen eine zusätzliche quantitative Analyse notwen-
Berücksichtigung von Risikotreibern auf Ein- und Mehr-
dig sein könnte.
jahressicht getroffen werden kann. Für den Fall, dass die
Veränderung der Lifetime-PD numerisch der Verände-
Ein möglicher Ansatz zur fortlaufenden Überprüfung der
rung der 12-Monats-PD entsprechen sollte, könnte dies
Angemessenheit der Approximation kann nach Ansicht
vielmehr auch darauf hindeuten, dass wesentliche Ri-
der ITG wie folgt ausgestaltet sein:10
sikotreiber nicht in der 12-Monats-Sicht berücksichtigt
1. Identifikation der wesentlichen Determinanten, die
werden. Dies liegt darin begründet, dass Lifetime-PD – un-
einen Einfluss auf die Angemessenheit der Nutzung
abhängig von der ursprünglichen Kreditqualität – ab ei-
der Veränderung des Ausfallrisikos über zwölf Monate
ner bestimmten Zeit gegen 100 % konvergieren, so dass
als Approximation für die Veränderung des Ausfall-
mit längeren Restlaufzeiten grundsätzlich geringere Ver-
risikos über die erwartete Restlaufzeit haben könnten;
änderungen der Lifetime-PD einhergehen. Die Verände-
2. Beobachtung der identifizierten Determinanten
rung der Lifetime-PD konvergiert daher mit zunehmen-
im Rahmen einer fortlaufenden qualitativen
der Restlaufzeit gegen 0.11 Unter der Annahme, dass
Überwachung;
sämtliche relevanten Risikotreiber in der 12-Monats-
9 ITG, Agenda Paper 2, 16.09.2015, S. 1–14 (www.ifrs.org; Abruf: 10.11.2015). 10 ITG, Meeting Summary, 16.09.2015, S. 5 (www.ifrs.org; Abruf: 10.11.2015). 11 Um dem Effekt
l
l
l
der Restlaufzeit auf die Veränderung der Lifetime-PD zu begegnen, sind – unter Verwendung von Lifetime-PD als Beurteilungskriterium – gegebenenfalls restlaufzeitabhängige
Signifikanzschwellen zu definieren. Anderenfalls besteht das Risiko, dass eine signifikante Verschlechterung der Kreditqualität erst ab Unterschreitung einer bestimmten Restlaufzeit
festgestellt werden kann, so dass Geschäfte nur aufgrund einer längeren Restlaufzeit nicht der Stufe 2 zugeordnet werden. Informationen, die über die Bonität eines Schuldners zum
Bilanzstichtag vorliegen, würden bei einer Betrachtung von Lifetime-PD also mit zunehmender Restlaufzeit verschleiert und für die Stufenzuordnung insoweit nicht angemessen
berücksichtigt. Dies widerspricht dem Ziel, Wertminderungen frühzeitig zu erfassen.
| 01.2017 | 11
RECHNUNGSLEGUNG
der Lifetime-PD im Rahmen der Signifikanzbeurteilung
» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9
Sicht berücksichtigt sind, muss sich die Veränderung der
Die 12-Monats-PD bzw. das damit korrespondierende Ra-
Lifetime-PD mit zunehmender Restlaufzeit verringern.
ting ist hingegen ein gängiges und allseits bekanntes Maß
Gleichen sich die Veränderung der 12-Monats-PD und die
zur Abbildung der Kreditqualität von Transaktionen oder
Veränderung der Lifetime-PD, würde dies dazu im Wi-
Schuldnern. Insoweit sind Veränderungen von Ratings
derspruch stehen und vielmehr darauf hindeuten, dass
und die daraus resultierende Stufenzuordnung transpa-
sich Risikotreiber erst nach dem 12-Monats-Horizont
renter; sie lassen sich sowohl gegenüber internen als auch
auswirken. Dies begründet nach IFRS 9.B5.5.14 einen
gegenüber externen Adressaten deutlich einfacher kom-
möglichen Umstand, bei dem die Verwendung der 12-Mo-
munizieren als Veränderungen von Lifetime-PD. Darüber
nats-PD für die Stufenzuordnung nicht angemessen ist.
hinaus ist die Ermittlung von Ratings im Vergleich zur Ermittlung von Lifetime-PD mit einer geringeren Unsicher-
Vor diesem Hintergrund ist die numerische Approxima-
heit verbunden, so dass Ratings als Beurteilungskriterium
tion kein geeigneter Nachweis für die Verwendung der
für die signifikante Verschlechterung der Kreditqualität
12-Monats-PD als Beurteilungskriterium für die Stufenzu-
ein verlässlicheres Maß darstellen können. Vor diesem
ordnung. Stattdessen ist zu zeigen, dass mit der Verände-
Hintergrund sollte der Bilanzierende prüfen, ob der mit
rung der Ratingeinstufung und der dazu korrespondie-
dem Nachweis zur Eignung von Ratings als Beurteilungs-
renden Veränderung der 12-Monats-PD die wesentlichen
kriterium verbundene Aufwand nicht vom skizzierten
Risikotreiber berücksichtigt werden, die zur Veränderung
Nutzen (deutlich) kompensiert wird.
» DOC-ID: W1007472
der Lifetime-PD führen. Dies ist sichergestellt, wenn die
Veränderung der Ratingeinstufung über die gesamte
Laufzeit die wesentliche Determinante für die Gesamtveränderung der Lifetime-PD darstellt. Auf diese Weise lässt
sich eine eindeutige Aussage über die konsistente Berücksichtigung von Risikotreibern auf Ein- und Mehrjahressicht treffen und damit eine geeignete Approximation i. S.
von IFRS 9.B5.5.13 f. nachweisen.
4 Kritische Würdigung und Ausblick
» Dr. Michael Bosse
Senior Manager im Bereich
Financial Accounting Advisory
Services, Ernst & Young GmbH WPG,
Hannover
Die Möglichkeit zur Verwendung von Ratings als Beurteilungskriterium für die signifikante Verschlechterung der
Kreditqualität setzt die Erbringung eines geeigneten
Nachweises voraus. Es ist zu zeigen, dass Ratingveränderungen eine angemessene Approximation für die Veränderung der Lifetime-PD im Rahmen der Stufenzuordnung
darstellen. Dies kann mit einem gewissen Aufwand verbunden sein.12 Demgegenüber werden unter Verwendung
von Lifetime-PD als Beurteilungskriterium für die Stufenzuordnung die IFRS-9-Anforderungen direkt erfüllt, ohne
» Nikolas Stege
Senior Consultant im Bereich
Financial Accounting Advisory
Services, Ernst & Young GmbH WPG,
Hannover
dass ein darüber hinausgehender Nachweis zur grundsätzlichen Eignung der Lifetime-PD erforderlich wäre.
Neben der eingeschränkten Validierbarkeit sowie den
Herausforderungen bei der Operationalisierung (z. B. die
retrospektive Bestimmung der Lifetime-PD im Erstanwendungszeitpunkt) ist vor allem die Tatsache, dass Lifetime-PD wenig intuitiv und damit schwierig zu kommunizieren sind, ein zentraler Nachteil der Verwendung von
Lifetime-PD als Beurteilungskriterium.
l
» Dr. Manuel Hita Hochgesand
Manager im Bereich Financial
Accounting Advisory Services,
Ernst & Young GmbH WPG,
Frankfurt am Main
12 Vgl. dazu in einer der nächsten Ausgaben der WPg Bosse/Stege/Hita Hochgesand. Vor allem die quantitative Überprüfung, dass makroökonomische Prognosen, die über den vom
Rating abgedeckten 12-Monats-Horizont hinausgehen, einen untergeordneten Einfluss auf die Stufenzuordnung haben, kann eine prozessuale und operationelle Herausforderung sein.
12 | 01.2017 |
Financial Services
KOMPAKT
BANKENAUFSICHT
Novelle der Institutsvergütungsverordnung tritt voraussichtlich erst im März 2017 in Kraft
Die Änderungsverordnung zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) wird voraussichtlich erst Anfang März
ins Bundesgesetzblatt eingestellt werden (dazu auch Weber/Grauer/Schmid, WPg 2017, S. 15 (in dieser Ausgabe)).
Verworfene Änderungen
Hintergrund der Verzögerung ist, dass mit Blick auf die Überarbeitung der europäischen Eigenmittelrichtlinie (Capital
Requirements Directive IV – CRD IV) und nach Auswertung der Stellungnahmen zur Konsultation zwei ursprünglich vorgesehene Änderungen nun doch nicht realisiert werden sollen. Stattdessen wird zunächst die weitere Entwicklung bei
den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben abgewartet.
So soll die Risikoträger-Identifizierungspflicht nun nicht mehr auf alle Institute erweitert werden, wie noch in § 3 Abs. 2
des Konsultationsentwurfs vorgesehen. Außerdem sind nachgeordnete Institute, die bereits unter die sektorspezifischen
Vergütungsvorschriften der Richtlinie über die Verwalter alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) oder der Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-V-Richtlinie) fallen, nicht in den Geltungsbereich der Gruppen-Vergütungsstrategie einzubeziehen, wie es nach § 27 des Konsultationsentwurfs zunächst geplant
war.
» DOC-ID: W1007499
Mehr zum Thema » BaFin vom 12.12.2016 (www.bafin.de).
KAPITALMARKTUNION
Einigung über Erleichterungen beim EU-Prospektrecht
Die EU-Kommission will kleineren und mittelgroßen Un-
zierungsvolumina ebenso wie Crowdfunding-Projekte bis
ternehmen bei der Ausgabe von Aktien oder Schuldtiteln
zu einer Höhe von 1 Mio. Euro grundsätzlich von der
den Zugang zu Finanzierungsquellen erleichtern. Dazu
Prospektpflicht zu befreien. Die EU-Mitgliedstaaten kön-
hat sie sich mit den EU-Mitgliedstaaten und dem Europä-
nen aber höhere Schwellenwerte festlegen, um weitere
ischen Parlament auf ein neues Prospektrecht verständigt.
Wachstumsanreize zu setzen. Zwingend vorgeschrieben
Dem vorausgegangen war ein Vorschlag der Kommission
sein wird ein Prospekt erst ab einem Finanzierungsvolu-
vom November 2015 (dazu WPg 2015, S. 1299). Gegen-
men von 8 Mio. Euro (bislang 5 Mio. Euro). Zudem wird
stand der Einigung sind Regelungen, die bei einem öffent-
ein neuer Wachstumsprospekt eingeführt, der auch Inves-
lichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulas-
toren in ihrer Entscheidungsfindung unterstützen soll.
sung zum Handel zu beachten sind. Ziel ist es, Hindernisse
bei der Finanzierung vor allem von kleineren Unterneh-
Auch bei der Finanzierung über Unternehmensanleihen
men zu beseitigen. Die Einigung sieht vor, kleinere Finan-
soll es Erleichterungen geben: um den Markt liquider zu
| 01.2017 | 13
FINANCIAL SERVICES
2017 und nicht – wie ursprünglich geplant – Anfang des Jahres in Kraft treten. Dazu wird die BaFin in Kürze einen neuen
Entwurf der InstitutsVergV-Novelle veröffentlichen. Die Änderungsverordnung soll dann im Februar 2017 erlassen und
machen, soll die Mindestgröße von (nominal) 100.000
pekten sollen elektronische Formate die Regel werden
Euro entfallen. Unternehmen, die den Kapitalmarkt regel-
und die europäische Wertpapieraufsicht ESMA als ein-
mäßig in Anspruch nehmen, sollen schließlich von deut-
heitliches (Online-)Portal für alle EU-Prospekte fungieren.
lich schnelleren Genehmigungsdauern – fünf statt bislang
EU-Parlament und Ministerrat müssen der Einigung for-
zehn Tage – profitieren. Erleichterungen sind auch für Se-
mal noch zustimmen.
» DOC-ID: W1007500
kundärmärkte bei Unternehmensanleihen vorgesehen.
Schließlich sollen die Prospektzusammenfassungen verkürzt werden und in einer leichter verständlichen Sprache verfasst werden. Anstelle von papierbasierten Pros-
Mehr zum Thema » Pressemitteilung IP/16/4324 der
EU-Kommission vom 08.12.2016 (http://europa.eu).
REZENSION
Optionen, Derivate und strukturierte Produkte
Wer für die Anwendung in der Praxis Literatur zu Derivaten und strukturierten Produkten sucht, läuft oft Gefahr, auf
ein Werk zu stoßen, dessen Aussagen eher unspezifisch und allgemein sind oder dessen Lektüre wegen einer Anhäufung
von mathematischen Formeln und Graphen schwer verdaulich ist.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund muss die 2. Auflage von Riegers Buch als empfehlenswert bezeichnet werden.
Dem Autor gelingt es, ein Gleichgewicht zu finden zwischen prägnanten Textpassagen und den in Zusammenhang
mit der Materie unverzichtbaren, aber trotzdem auch für Nicht-Mathematiker durchaus verständlich aufbereiteten
Herleitungen der Konstruktion der Produkte.
Für den Praktiker besonders hilfreich sind die Kapitel, in denen die grundlegenden Trading- und Hedging-Strategien
sowie die unterschiedlichen Arten von Produkten beschrieben und analysiert werden, ausgehend vom einfachsten Fall
eines „plain vanilla“-Instruments bis hin zur Beschreibung komplexerer strukturierter Produkte (z. B. Barrier Range
Reverse Convertibles). Die Eigenschaften der beschriebenen Produkte werden durch Abbildung der Payoff-Strukturen
sowie – im Fall strukturierter Produkte – zusätzlich anhand von Risikomatrizen gut veranschaulicht, auf denen die
Renditechance, Maximalverlust und Verlustwahrscheinlichkeit abgetragen werden.
Auch eine Beschreibung und Unterteilung der für die unterschiedlichen Produkttypen relevanten weltweiten Märkte,
deren Volumen und Besonderheiten fehlen nicht. Dabei wird der deutschsprachige Raum detaillierter betrachtet und
auch die Grundzüge der dortigen Besteuerung verständlich dargestellt.
Seinen Untertitel „Ein Praxisbuch“ trägt Riegers Werk also zu Recht; es empfiehlt sich gleichermaßen zur Lektüre wie
auch als Nachschlagewerk für Leser, die mit Derivaten und strukturierten Produkten in ihrer praktischen Tätigkeit in
Berührung kommen. » Adrian Geisel
» Rieger, Marc Oliver: Optionen, Derivate und strukturierte Produkte – Ein Praxisbuch, 2. Aufl. – Stuttgart : Schäffer-Poeschel, 2016. –
384 S. – € 59,95
14 | 01.2017 |
Keywords:
Kapitalmarkt
Verbraucherschutz
Verbriefung
IRB-Ansatz
Sanierung
ANALYSE
Regulierung des Finanzsektors
FINANCIAL SERVICES
Entwicklungen im dritten Quartal 2016
Von Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer und Sabine Schmid
Im folgenden Beitrag werden ausgewählte aufsichtsrechtliche Papiere des dritten Quartals 2016
vorgestellt. Die EBA hat ihre Arbeiten zum überarbeiteten Internal Rating Based Approach
(IRB-Ansatz), in dessen Zusammenhang mit weitreichenden Auswirkungen für die Institute gerechnet wird, abgeschlossen. Auf deutscher Ebene sorgt der zweite Referentenentwurf des Gesetzes zur
Novellierung von Finanzmarktvorschriften für Handlungsbedarf, ebenso die Institutsvergütungsverordnung der BaFin sowie eine Veröffentlichung zum speziellen Retail-Geschäft der EBA.
1 Einleitung
gegriffen und kompakt erläutert. Auch wenn das
Jeden Monat sind Institute mit einer Vielzahl von
dritte Quartal 2016 aufgrund der Sommermonate
Veröffentlichungen zur Regulierung des Finanz-
etwas ruhiger in Bezug auf die internationalen,
sektors sowohl auf internationaler wie auch auf
europäischen und deutschen Veröffentlichungen
europäischer und deutscher Ebene konfrontiert.
verlief, hat der Basler Ausschuss für Bankenauf-
Im Quartalsabstand werden in dieser Zeitschrift
sicht (BCBS) seine Konsultationen zu den Verbrie-
die wichtigsten Publikationen der zurückliegen-
fungen abgeschlossen und einen endgültigen
den Monate zusammengefasst dargestellt, und
Standard veröffentlicht, der auch die einfachen,
zwar unterteilt nach
transparenten und vergleichbaren Verbriefungen
»
»
»
»
umfasst.
prudentieller Regulierung,
Kapitalmarktregulierung,
Bankenstrukturreform und
Auf europäischer Ebene wurden von der Euro-
Verbraucherschutz und Compliance.1
pean Banking Authority (EBA) mehrere wichtige
In zusammenfassenden Übersichten zu jedem der
endgültige Papiere im Zusammenhang mit dem
vier Bereiche wird dargestellt, wie stark die Auto-
Internal Rating Based Approach (IRB-Ansatz) ver-
ren die Veränderung des Handlungsbedarfs in be-
öffentlicht. Zudem wurden diverse finale Papiere
stimmten Themenfeldern zum jetzigen Zeitpunkt
im Zusammenhang mit der Bemessung und Be-
im Vergleich zum Vorquartal einschätzen.
grenzung von Großkrediten, der Sanierung und
Abwicklung von Banken sowie der Vergütungs-
Im Folgenden werden ausgewählte Veröffentli-
politik und -praxis im Zusammenhang mit dem
chungen der Monate Juli bis September 2016 auf-
Retail-Banking veröffentlicht.
l1 Zu den Entwicklungen im zweiten Quartal 2016 vgl. Weber/Grauer/Schmid, WPg 2016, S. 916.
| 01.2017 | 15
» Regulierung des Finanzsektors
Die
Bundesanstalt
für
Finanzdienstleistungsaufsicht
Die Änderungen im Rahmenwerk betreffen in erster Linie
(BaFin) hat Konsultationen zur Überarbeitung der Ins-
die folgenden Themen:
titutsvergütungsverordnung
» Hierarchie der Ansätze: Anwendung hängt primär von
(InstitutsVergV)
und
zu
Mindestanforderungen an die Gestaltung von Sanie-
den zugrunde liegenden Assets und den verfügbaren
rungsplänen (MaSan) vorgelegt. Auch wurde der Ent-
Informationen ab (SEC-IRBA, SEC-ERBA und SEC-SA);3
wurf einer Allgemeinverfügung zum Verbot des Ver-
» Erhöhung der Risikosensitivität: Reduzierung der
Abhängigkeit von externen Ratings und Pflicht zur
Einführung interner Risikobewertungen;
» STC-Verbriefungen: Einbindung der Vorgaben zur
Veröffentlichung des finalen
Verbriefungsrahmenwerks
mit integrierten Vorgaben für
STC-Verbriefungen.
Berechnung der Eigenmittelanforderungen, mit
tendenziell begünstigten Eigenmittelanforderungen.
Das Verbriefungsrahmenwerk ist bis zum 01.01.2018 für
international tätige Institute verpflichtend in nationales
Recht umzusetzen. Bei Einführung auf EU-Ebene kann
es zu Abweichungen im Vergleich zum Rahmenwerk
des BCBS kommen. Diese dürften aber wohl gering blei-
triebs von Bonitätsanleihen an Privatpersonen ver-
ben, wobei eine Einführung für alle Institute wahr-
öffentlicht. Auf deutscher Ebene wurde zudem zur
scheinlich ist.
Schließung der Regelungslücke im Zusammenhang mit
Derivate-Nettingvereinbarungen ein Gesetzentwurf vor-
2.2 Internal Rating Based Approach (IRB-Ansatz)
gestellt. Zudem wurde der Entwurf eines Zweiten Fi-
Die EBA hat ihren finalen technischen Regulierungsstan-
nanzmarktförderungsgesetzes vorgestellt.
dard (Regulatory Technical Standard – RTS) zur einheitlichen Bewertung der Einhaltung der Mindestanforde-
Über die hier ausgewählten Themen hinaus gab es auf al-
rungen an die Nutzung des IRB-Ansatzes4 am 21.07.2016
len Ebenen noch eine Vielzahl weiterer Veröffentlichun-
veröffentlicht, der nun formal angenommen werden
gen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.
muss. Der RTS löst die bisherigen Leitlinien des Committee of European Banking Supervisors (CEBS) aus dem
2 Prudentielle Regulierung
2.1 Endgültiges Verbriefungsrahmenwerk
Jahr 20065 ab und ist nach Veröffentlichung im EU-Amts-
Der BCBS hat am 11.07.2016 den endgültigen Standard
Mindeststandards für die Bewertung durch die Auf-
des überarbeiteten Verbriefungsrahmenwerks veröffent-
sichtsbehörden, z. B. hinsichtlich der Mindestanforde-
licht . Die Neugestaltung steht im Zusammenhang mit der
rungen bei
Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für Banken,
» der erstmaligen Umsetzung des IRB-Ansatzes bzw. der
2
um eine Harmonisierung des Regelwerks mit der Behebung von Schwächen in den bestehenden Messansätzen
zu erreichen. Das Verbriefungsrahmenwerk integriert
auch die nach einer separaten Konsultation beschlossenen Vorgaben für die einfachen, transparenten und
blatt anzuwenden. Der RTS enthält eine Definition der
Umsetzung im Rahmen des sog. Partial Use,
» der Vornahme wesentlicher Änderungen im Rahmen
des genutzten IRB-Ansatzes,
» einer Rückkehr auf weniger anspruchsvolle Ansätze
und
vergleichbaren Verbriefungen, die unter dem Stichwort
» laufender Überprüfung des genutzten IRB-Ansatzes,
STC-Verbriefungen bekannt sind (simple, transparent,
wobei die Überprüfungen in der Intensität variieren
comparable). Die Vorgaben für diese Verbriefungen ba-
können.
sieren auf den im Juli 2015 vom BCBS und der Internatio-
Zudem enthält der Standard eine Definition weiterer An-
nal Organization of Securities Commissions (IOSCO) ver-
forderungen, vor allem zu
öffentlichten Kriterien für einfache, transparente und
» der Gewährleistung der Unabhängigkeit der Validie-
vergleichbare Verbriefungen.
rungsfunktion von der Kreditrisikoüberwachung,
2 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016). 3 SEC-IRBA: Securitisation Internal Ratings-Based Approach der Securities and Exchange Commission; SEC-ERBA: Securitisation External
l
l
Ratings-Based Approach; SEC-SA: Securitisation Standardised Approach. 4 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 5 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).
l
l
16 | 01.2017 |
» eigenen Schätzungen der Verlustquote bei Ausfall (Loss
Taggleich mit der Leitlinie wurde der endgültige Entwurf
given default – LGD), die auf einer durchschnittlichen
eines RTS über die Bedingungen zur Festlegung der We-
Zahl von Ausfällen basieren soll, sowie
sentlichkeitsschwelle für die Ermittlung der überfälligen
» der getrennten Berechnung der Differenz zwischen
Kreditforderungen unter Berücksichtigung absoluter und
dem erwarteten Verlust (Probability of default – PD)
relativer Komponenten für die Wesentlichkeitsschwelle
und den Kreditrisikoanpassungen auf aggregierter
veröffentlicht. Dieser RTS steht im Zusammenhang mit
Basis für das ausgefallene und das nicht ausgefallene
der oben beschriebenen Leitlinie zur Definition des
Portfolio.
Schuldnerausfalls nach Art. 178 CRR und enthält im
Wesentlichen folgende Änderungen im Vergleich zur
Am 28.09.2016 hat die EBA ihre endgültige Leitlinie zur
vorangegangenen Konsultation:
Ausfalldefinition unter Geltung der Capital Requirements
» Vorgabe der Festlegung der Höhe der Wesentlich-
Regulation (CRR)6 veröffentlicht. Diese Leitlinie basiert
keitsschwelle durch die zuständigen Aufsichts-
auf dem Konsultationspapier
behörden für alle Institute
vom September 20157 und auf
in ihrer Jurisdiktion: im
ten Quantitative Impact Study
(QIS) , deren Ergebnisse am
8
selben Tag veröffentlicht wurden. Die Leitlinie enthält eine
Überarbeitung der Ausfallde-
Finale Leitlinie mit der
überarbeiteten
Ausfalldefinition für
KSA und IRB-Ansatz
veröffentlicht.
RTS wird diese Wesentlichkeitsschwelle mit 1 %
angegeben, von der die
nationalen Aufsichtsbehörden in begründeten
Fällen abweichen können;
» keine Einbeziehung zu-
finition sowohl für den Kreditrisikostandardansatz (KSA)
gesagter Linien als außer-
wie für den IRB-Ansatz unter Berücksichtigung diverser
bilanzielle Positionen bei Berechnung der Wesentlich-
Kriterien wie
keit mehr.
» Ausfallzeitraum,
» Indikatoren zur Identifizierung einer drohenden
Zahlungsunfähigkeit,
» Bedingungen zur Rückkehr in den Status „nicht
ausgefallen“ sowie
» spezifische Aspekte im Zusammenhang mit RetailForderungen.
2.3 Bemessung und Begrenzung von Großkrediten
Im Zusammenhang mit der Bemessung und Begrenzung
von Großkreditengagements hat die EBA am 26.07.2016
einen Entwurf für eine Leitlinie über das Verfahren
zur Ermittlung der Gruppe verbundener Kunden (GvK)
bei Großkrediten gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 39 CRR9 ver-
Hintergrund ist die Harmonisierung der Ausfalldefinition
öffentlicht, die die bisherige Leitlinie des CEBS aus
innerhalb der EU. Die Änderungen sollen grundsätzlich zu
dem Jahr 2009 ablösen soll. Wesentliche Inhalte des
keinen höheren Anforderungen in Bezug auf die Eigenan-
Entwurfs sind:
forderungen führen, wobei die konkreten Auswirkungen in-
» die Vorgabe von Kriterien für die Bildung von GvK
stitutsindividuell verschieden sein können. So ist mit erheb-
nach dem Kontrollprinzip (z. B. der Nutzung von
lichem prozessualen Aufwand bei der Umsetzung der neuen
Konzernabschlüssen, Indikatoren für die Beurteilung
Ausfalldefinition zu rechnen – vor allem beim Einsatz von
einer möglichen Kontrollverbindung) und aufgrund
internen Ratingsystemen im IRB-Ansatz, aber auch bei der
wirtschaftlicher Abhängigkeit (Darstellung von
Anpassung der Ausfall- und Verlustdatenbanken. Auch werden institutsspezifisch teils deutliche Auswirkungen auf die
Beispielsituationen);
» die Darstellung eines alternativen Ansatzes zur
Unterlegung des Kreditrisikos mit Eigenmitteln erwartet.
Beurteilung bestehender GvK mit Unternehmen, die
Die Leitlinie ist ab dem 01.01.2021 anzuwenden, wobei die
direkt von einer Zentralregierung (oder regionalen/
EBA eine frühzeitige Umsetzung der Vorgaben durch die In-
lokalen Gebietskörperschaften) kontrolliert werden
stitute befürwortet.
oder im Zusammenhang mit einer solchen stehen;
6 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 7 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 8 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 9 Vgl. www.eba.europa.eu
l
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(Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 26.10.2016.
| 01.2017 | 17
FINANCIAL SERVICES
der von der EBA durchgeführ-
» Regulierung des Finanzsektors
» die Klarstellung zur Bildung von einer bzw. von zwei
getrennten GvK, wenn ein Kontrollverhältnis und wirt-
3 Kapitalmarktregulierung
3.1 Derivate-Nettingvereinbarungen
schaftliche Abhängigkeit vorliegen;
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
» Anforderungen an Kontroll- und Überwachungs-
schutz (BMJV) hat am 14.09.2016 das Dritte Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung (InsO) als Entwurf publi-
prozesse zur Identifikation von GvK.
In diesem Entwurf werden die Neuerungen im Bereich
ziert.10 Die Änderungen stehen direkt im Zusammenhang
der Großkredite, die sich auf internationaler Ebene
mit dem BGH-Urteil vom 09.06.2016 zu den Derivate-Net-
ergeben haben, ebenso berücksichtigt wie die aktu-
tingvereinbarungen. Die daraufhin erlassene Allgemein-
ellen Entwicklungen im Bereich der Regulierung von
verfügung zu Nettingvereinbarungen gilt nur noch bis
Schattenbanken.
Ende 2016, weshalb Änderungen an der Insolvenzordnung zur Klarstellung der Insolvenzfestigkeit von Liquidationsnettingklauseln notwendig wurden.11
2.4 Handlungsbedarf
Im Bereich der prudentiellen Regulierung hat sich der
Handlungsbedarf im Themenfeld „Eigenmittel“ im Ver-
Im Gesetzentwurf wird § 104 InsO so formuliert, dass
gleich zum zweiten Quartal 2016 weiter erhöht. Dies be-
Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen mög-
ruht vor allem auf der Veröffentlichung der Papiere im
lich sind, wenn diese mit dem Grundgedanken von § 104
Zusammenhang mit der Ausfalldefinition und der künfti-
InsO vereinbar sind. Mit der Neufassung werden die
gen Behandlung von Verbriefungen, die Auswirkungen
mit dem BGH-Urteil entstandenen Rechtsunsicherheiten
auf die Eigenmittelbelastung der Institute haben werden.
beseitigt.
Weiterhin als hoch wird der Handlungsbedarf im Bereich Reporting und Risikomanagement & Governance
3.2 Handlungsbedarf
aufgrund der Anforderungen an die Risikodatenaggrega-
Aufgrund der aktuellen Veröffentlichungen im Bereich
tion beurteilt, auch wenn in dem vergangenen Quartal
der Kapitalmarktregulierung haben sich nach unserer
keine neuen wesentlichen Veröffentlichungen gemacht
Einschätzung keine Veränderungen beim Handlungsbe-
wurden, da dies für viele Institute eine hohe Herausfor-
darf im Vergleich zu den vergangenen Monaten ergeben.
derung darstellt. Auch im Bereich Liquidität und Levera-
Die Veröffentlichungen betrafen überwiegend schon be-
ge Ratio wurden zuletzt keine wichtigen Veröffentlichun-
kannte Themen. Vor allem im Zusammenhang mit der
gen getätigt, so dass sich keine Veränderung hinsichtlich
Marktinfrastruktur und Handelsaktivitäten verbleibt der
des derzeit anstehenden Handlungsbedarfs ergeben hat
Handlungsbedarf der Institute aufgrund der weiter vor-
(vgl. Übersicht 1).
anschreitenden Konkretisierungen der European Market
Infrastructure Regulation (EMIR) und der überarbeiteten Zahlungdienstleisterichtlinie (Payment Services Directive 2 – PSD 2) hoch.(vgl. Übersicht 2).
Leverage Ratio
Kapitalmarktregulierung
Prudentielle Regulierung
Eigenkapital
Liquidität
Reporting
Risikomanagement & Governance
Risk Data
Gering
Hoch
Schattenbanken
Weitere Teilnehmer am Finanzmarkt
Hoch
Handlungsbedarf
Übersicht 2 » Handlungsbedarf im Bereich „Kapitalmarktregulierung“
10 Vgl. www.bmjv.de (Abruf: 09.11.2016). 11 Vgl. dazu etwa Weigel/Wolsiffer, WPg 2016, S. 1287.
l
l
18 | 01.2017 |
Marktinfrastruktur und Handelsaktivitäten
Gering
Handlungsbedarf
Übersicht 1 » Handlungsbedarf im Bereich „Prudentielle Regulierung“
Investmentvermögen
4 Bankenstrukturreform
4.1 Sanierung und Abwicklung
Ab dem 01.01.2017 wird für bestimmte unbesicherte,
Zum Thema „Abwicklungsplanung“ veröffentlichte die
tuten eine gesonderte Rangklasse innerhalb der Insol-
EU-Kommission am 06.07.2016 im Amtsblatt der EU einen
venzforderungen nach § 38 InsO geschaffen. Institute
nicht nachrangige Verbindlichkeiten von CRR-Kreditinsti-
müssen ggf. prüfen, welche Verbindlichkeiten darunter fallen.
Anforderungen an Sanierungs- und Abwicklungspläne werden weiter konkretisiert.
Ein Entwurf für ein überarbeitetes
Rundschreiben der Mindestanforderungen an die Gestaltung von Sanie-
nung (MaSan-Verordnung) wurde am 08.07.2016 von
Technical Standard – ITS), der die Verfahren, Standardfor-
der BaFin vorgestellt. Die bisherigen MaSan sollen an
mulare und Dokumentvorlagen hinsichtlich der Anforde-
die EU-Verordnung zu Sanierungsplänen angepasst und
rung und Bereitstellung von entsprechenden Informatio-
um vereinfachte Anforderungen für kleinere Institute
nen regelt12. Dieser ist bei der Erstellung von Abwick-
erweitert werden. Der Entwurf enthält zudem ein Kon-
lungsplänen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen
zept für BaFin-Merkblätter und kann insoweit bereits
durch die Abwicklungsbehörden zu berücksichtigen.
als guter Indikator verwendet werden. Der Entwurf
Durchführungsstandard
wurde
Im Amtsblatt der EU wurde zudem am 08.07.2016 eine
mittlerweile
dem
Bundesfinanzministerium
(BMF) übermittelt.
Delegierte Verordnung mit konkretisierenden Anforderungen an Sanierungs- und Abwicklungspläne13 veröffentlicht, die endgültige Vorgaben zu folgenden The-
4.2 Voranschreitende Harmonisierung der nationalen
Ermessensspielräume
men enthält:
Im Zuge der Harmonisierung der nationalen Ermessens-
» Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und
spielräume wurde am 10.08.2016 von der Europäischen
Gruppenabwicklungsplänen,
Zentralbank (EZB) die endgültige Ergänzung des Leit-
» Mindestkriterien, anhand derer die zuständige
fadens zur Harmonisierung von Optionen und Ermes-
Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne
sensspielräumen in der Bankenaufsicht veröffentlicht.15
zu bewerten hat,
Das Dokument befasst sich mit acht Optionen sowie Er-
» Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle
messensspielräumen und entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Konsultation vom Mai 2016.
Unterstützung,
» Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter,
» vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und
4.3 Handlungsbedarf
Im Zusammenhang mit der Bankenabwicklung sowie im
Umwandlungsbefugnissen,
» Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und
Bereich des einheitlichen Aufsichtsmechanismus wur-
Aussetzungsbekanntmachungen sowie
den im dritten Quartal 2016 einige bereits bekannte
» konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien.
bzw. diskutierte Papiere finalisiert und veröffentlicht.
Basis hierfür sind der Vorschlag der Kommission vom
Dadurch haben sich aber nach unserer Einschätzung
23.03.2016 und die entsprechenden RTS der EBA.
keine Auswirkungen auf den Handlungsbedarf ergeben,
der vor allem im Zusammenhang mit dem einheitlichen
Die BaFin hat am 05.08.2016 eine Auslegungshilfe zur in-
Aufsichtsmechanismus hoch verbleibt (vgl. Übersicht 3).
solvenzrechtlichen Einordnung bestimmter Verbindlich-
Auch im Bereich der Bankenabwicklung ist weiterhin
keiten von CRR-Instituten veröffentlicht, in der Unklarhei-
ein hoher Handlungsbedarf vor allem bei den Instituten,
ten hinsichtlich der Einstufung strukturierter Schuldtitel
die bislang keinen Sanierungsplan aufgestellt haben, im
bzw. Geldmarktinstrumente und der Verbesserung der
Zusammenhang mit der Aufstellung eines solchen Plans
Abwicklungsfähigkeit von Instituten beseitigt werden.
zu erkennen. Dahingegend sind andere Bereiche, z. B.
14
12 Vgl. http://eur-lex.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 13 ABl. EU Nr. L 184 vom 08.07.2016, S. 1 (http://eur-lex.europa.eu; Abruf: 09.11.2016). 14 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016).
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15 Vgl. https://www.bankingsupervision.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).
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| 01.2017 | 19
FINANCIAL SERVICES
rungsplänen in Form einer Verord(Implementing
technischen
» Regulierung des Finanzsektors
die Einlagensicherung, derzeit nicht im Fokus der Auf-
sichtigt, so dass es im Vergleich zum vorherigen Entwurf
sicht, woraus sich nur ein geringer Handlungsbedarf der
vor allem zu folgenden Abweichungen kommt:
Institute ergibt.
» besondere Anforderungen an die Genehmigung und
Überwachung der Vergütungspolitik;
» Klarstellung über die vorzuhaltenden Informationen
zur Vergütung;
Bankenstrukturreform
Abschlussprüferreform
» Klarstellung, dass auch bei Übertragung der
Bankenabwicklung
Ausarbeitung und bei der Überwachung der Einhaltung
der Vergütungsvorgaben die Verantwortung hierfür
Einheitlicher Aufsichtsmechanismus
beim Vorstand verbleibt;
» Einbindung eines eventuell einzurichtenden
Einlagensicherung
Vergütungskomitees.
Trennbankenregelung
Gering
Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der endgülti-
Hoch
gen Leitlinie wird die Umsetzung der Vorgaben um ein
Handlungsbedarf
Jahr auf den 13.01.2018 (zuvor: 03.01.2017) verschoben.
Übersicht 3 » Handlungsbedarf im Bereich „Bankenstrukturreform“
5.2 Verbot des Vertriebs von Bonitätsanleihen
an Privatpersonen
5 Verbraucherschutz und Compliance
5.1 Vergütung
Die BaFin hat am 28.07.2016 eine Anhörung zu einer All-
Die BaFin hat am 10.08.2016 die Änderung der Instituts-
gemeinverfügung über ein Verbot der Vermarktung, des
VergV
17
Vertriebs und des Verkaufs von Bonitätsanleihen bzw.
zur Konsultation gestellt. Diese enthält auch eine Novellie-
Credit Linked Notes an Privatkunden vor dem Hinter-
rung der Auslegungshilfe. Die Änderungsvorschläge füh-
grund des Verbraucherschutzes auf der Grundlage von
ren im Wesentlichen zu folgenden Änderungen:
§ 31 a Abs. 3 WpHG veröffentlicht.19 Die Anordnung rich-
» Klassifizierung aller Vergütungsarten entweder als fixe
tet sich sowohl an Emittenten als auch an Unternehmen
16
auf der Basis der EBA-Leitlinie EBA/GL/2015/22
oder variable Vergütungen;
und Personen, die Bonitätsanleihen an Privatkunden ver-
» Ausweitung der Pflicht zur Identifikation von Risiko-
markten, vertreiben oder verkaufen.
trägern auf alle CRR-Institute;
» Einführung einer Möglichkeit zum zeitlich begrenzten
Eine vorherige Analyse der BaFin ergab einen teils
Rückgriff auf bereits ausgezahlte variable Vergütungen
gezielten Absatz entsprechender Instrumente an Kun-
unter bestimmten Voraussetzungen;
den, denen eine ausreichende Erfahrung mit solch
» Zulässigkeit von Vergütungsmodellen ohne variable
komplexen Produkte fehlte (bzw. eine entsprechende
Vergütung;
Aufklärung darüber).
» Erfüllung der Offenlegungspflicht nach Art. 450 CRR
von allen CRR-Instituten;
5.3 Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz
» besondere Anforderungen an die Auszahlung der
Der Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Novel-
variablen Vergütung für bedeutende Institute;
lierung von Finanzmarktvorschriften auf der Basis euro-
» Gruppen-Risikoträger: Anforderungen zur Vergütung
päischer Rechtsakte wurde am 30.09.2016 vom BMF ver-
auf Gruppenebene gelten zusätzlich zu den bestehen-
öffentlicht20. Durch dieses Gesetz sollen
den Anforderungen auf Einzelinstitutsebene.
» die MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU) bzw. die MiFIR
Am 28.09.2016 hat die EBA die endgültige Leitlinie über
die angemessene Vergütungspolitik und -praxis im Hinblick auf den Verkauf und die Bereitstellung von RetailBanking-Produkten und -Dienstleistungen veröffentlicht.
18
Die Anmerkungen aus der Konsultation wurden berück-
(Verordnung (EU) Nr. 600/2014)21,
» die SFT-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 2015/2365)22
und
» die Benchmark-Verordnung (Verordnung (EU)
Nr. 2016/1011)
16 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 12.09.2016. 17 Vgl. Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 18 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.
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2016). 19 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 02.09.2016. 20 Vgl. www.bundesfinanzministerium.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am
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28.10.2016. 21 MiFID: Markets in Financial Instruments Directive; MiFIR: Markets in Financial Instruments Regulation. 22 SFT: Securities Financing Transaction.
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20 | 01.2017 |
im deutschen Recht verankert werden. Dazu wird das
6.2 Ausblick auf CRR II
WpHG vollständig restrukturiert; ferner werden An-
Aufgrund der Weiterentwicklungen der letzten Jahre auf
passungen im KWG, BörsG, VAG, KAGB und in der
der internationalen und europäischen Ebene wird derzeit
WpDVerOV vorgenommen. Wesentliche Abweichungen
über eine Weiterentwicklung der CRR und eine Überar-
zu den europäischen Regelungen sind nicht ersichtlich.
beitung der aktuellen Kapitaladäquanzrichtinie (CRD IV)
5.4 Handlungsbedarf
aufgegriffen werden sollen, sind u. a. die Integration des
Durch die Publikationen zur Vergütung und die Konsulta-
Standards zur Total Loss-Absorption Capacity (TLAC) des
tion zum Verbot des Vertriebs von Bonitätsanleihen an
Financial Stability Boards (FSB) aus dem Jahr 2015,24 die
Privatpersonen hat sich der (ohnehin bereits aufgrund
Festlegung einer verbindlichen Leverage Ratio (LR) und
der Umsetzung von MiFID II erhöhte) Handlungsbedarf
Net Stable Funding Ratio (NSFR) sowie die Behandlung
im Bereich des Verbraucherschutzes nach unserer Ein-
von Marktrisiken gemäß dem Basler Standard25. Des Wei-
schätzung in den letzten Monaten im Zusammenhang mit
teren werden die Eigenmittelanforderungen in mehreren
den Themen zum Verbraucherschutz weiter erhöht. Der
Bereichen und die Anforderungen an Großkredite26 über-
Handlungsbedarf in den anderen Themenfeldern ver-
arbeitet, was auch zu Anpassungen bei den Melde- und
bleibt im mittleren bzw. geringen Bereich (vgl. Über-
Offenlegungsanforderungen führen wird.
sicht 4), da sich hier in den letzten Monaten keine wesent-
» DOC-ID: W1007473
Verbraucherschutz und Compliance
lichen Neuerungen ergeben haben.
Compliance
Datenschutz
Geldwäsche
Reporting
Verbraucherschutz
Gering
» Dr. Max Weber
Hoch
Partner EMEIA/
Financial Services,
Ernst & Young GmbH
WPG, Stuttgart
Handlungsbedarf
Übersicht 4 » Handlungsbedarf im Bereich „Verbraucherschutz und
Compliance“
6 Weitere Themen und Ausblick
6.1 Überprüfung der Q&A zum Single Rulebook
Am 05.08.2016 wurden die Ergebnisse der Überprüfung
der Single Rulebook Q&A auf der Homepage der EBA veröffentlicht. Diese geben einen Überblick über mögliche
Fehler, Inkonsistenzen und grundlegende Themen im
Zusammenhang mit der CRR und der CRD (Capital Requirements Directive).23 Eine Liste der aktuellen Calls for
Advice liegt bei. Die EBA möchte die Ergebnisse für die
Diskussionen mit der EU-Kommission nutzen. Eine Zeitplanung wurde zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch
nicht genannt.
» Dr. Thomas Grauer
Senior Manager EMEIA/
Financial Services,
Ernst & Young GmbH
WPG, Stuttgart
» Sabine Schmid
Managerin EMEIA/
Financial Services,
Ernst & Young GmbH
WPG, Stuttgart
23 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016). 24 Vgl. www.fsb.org (Abruf: 09.11.2016). 25 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016). 26 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016).
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FINANCIAL SERVICES
diskutiert. Themengebiete, die in diesem Zusammenhang
Keywords:
Europäische Bankenabgabe
BRRD
SRM
Kreditinstitut
RestrukturierungsfondsVerordnung
ANALYSE
Wie ist die europäische
Bankenabgabe zu berechnen?
Von Prof. Dr. Knut Henkel, StB Prof. Dr. Wilhelm Schneider und Isabel Tüns, B.Sc.1
Der einheitliche EU-Abwicklungsfonds SRF finanziert in Schieflage geratene europäische
Kreditinstitute. Er refinanziert sich über die europäische Bankenabgabe, deren Erhebung und
Berechnung u. a. die Bankenabwicklungsrichtlinie und die SRM-Verordnung zugrunde liegen.
Die Berechnungslogik der europäischen Bankenabgabe unterscheidet sich (stark) von der
Berechnungssystematik der deutschen Bankenabgabe und ist insgesamt deutlich komplexer
geworden. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neue Berechnungssystematik der europäischen Bankenabgabe.
1 Einleitung
Ein System zur Finanzierung von in Schieflage ge-
Ende April 2016 ergingen erstmals die Bescheide
ratenen Banken war in Deutschland bereits im
für die neue europäische Bankenabgabe, die be-
Jahr 2011 mit der deutschen Bankenabgabe einge-
reits Ende Mai 2016 von den Kreditinstituten zu
führt worden5. Im Jahr 2015 wurde es von einem
zahlen war. Zuvor war Anfang 2016 der entspre-
EU-weit geltenden System abgelöst, das in zwei
chende einheitliche Abwicklungsfonds (Single
Stufen etabliert wurde. Die erste Stufe gilt seit
Resolution Fund – SRF) errichtet worden2. Ziel
dem Beitragsjahr 2015 für alle Banken, die in ei-
dieses Fonds ist die Finanzierung von Banken,
nem Mitgliedstaat der EU zugelassen sind. Rechts-
die in Schieflage geraten sind. Die Refinanzie-
grundlage dafür ist die Richtlinie 2014/59/EU6
rung des SRF erfolgt durch die europäische Ban-
(Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD).
kenabgabe, der u. a. alle Kreditinstitute unterlie-
Diese wurde durch das BRRD-Umsetzungsgesetz7
gen, die in den Anwendungsbereich der Capital
in deutsches Recht übernommen und führte mit
Requirements Regulation3 (CRR) fallen (sog. CRR-
ihrem Art. 3 u. a. zu Änderungen im Restrukturie-
Kreditinstitute ).
rungsfondsgesetz (RStruktFG n. F.). Ergänzend
4
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1 Für die Durchsicht des Beitrags danken die Autoren Dipl.-Kfm. Andreas Erbe, Dipl.-Kfm. Christian Küthe, RA Thomas Lorenz, B.Sc. Martin Minkov und.
Dipl.-Volksw. Roland Becher. 2 Der Fonds wird von der Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board – SRB) mit Sitz in Brüssel verwaltet. Die Erhebung der
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europäischen Bankenabgabe für den SRB erfolgt in Deutschland durch die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) mit Sitz in Frankfurt/M.
3 Verordnung (EU) Nr. 575/2013, ABl. EU Nr. L 176 vom 26.06.2013, S. 1. 4 Beitragspflicht besteht darüber hinaus für CRR-Wertpapierfirmen (sowohl unter
konsolidierter Aufsicht als auch unter Einzelaufsicht) und für Unionszweigstellen. 5 Vgl. u. a. Göbel/Henkel/Lantzius-Beninga, WPg 2012, S. 27. 6 ABl. EU
Nr. L 173 vom 15.05.2014, S. 190. 7 BGBl. I vom 18.12.2041, S. 2091 ff.
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dazu sind die Delegierte Verordnung (EU) 2015/638 und
2 Überblick über die Berechnungssystematik
die Restrukturierungsfonds-Verordnung9 in der neuen
Die Bankenabgabe ist grundsätzlich von jedem „Un-
Fassung (RStruktFV n. F.) zu beachten.
ternehmen zu zahlen, dessen Tätigkeit darin besteht,
Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rech-
Institute können ex ante
nicht mehr selbst – wie bei der
deutschen Bankenabgabe –
den zu erwartenden Bankenabgabebetrag ermitteln.
nung zu gewähren“ (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR). Diese beitragspflichtigen Kreditinstitute werden im Folgenden
als „Banken“ bzw. als „CRR-Institute“ bezeichnet. Die
Beitragspflicht für die europäische Bankenabgabe beginnt – ebenso wie bei der deutschen Bankenabgabe –
in dem Jahr, in dem eine Erlaubnis der Aufsichtsbehörde i. S. von § 32 KWG vorliegt. Die Beitragspflicht
bringung von Finanzdienstleistungen aufgehoben oder
für alle Banken, die in einem Mitgliedstaat zugelassen
zurückgegeben wird16. Eine anteilige Rückerstattung
sind, dessen Währung der Euro ist. Für diese Banken gel-
des Beitrags für die unterjährige Rückgabe der Erlaub-
ten zusätzlich die Rechtsvorschriften der Verordnung
nis besteht nicht. Allerdings müssen Banken, die die
(EU) 806/201410 (Single Resolution Mechanism – SRM-Ver-
Erlaubnis unterjährig erhalten, nur einen anteiligen
ordnung), die von der Durchführungsverordnung (EU)
Beitrag zahlen17.
2015/81 ergänzt wird. Durch das Abwicklungsmechanis11
musgesetz12 wurde das RStruktFG n. F. an die SRM-Verord-
Der Jahresbeitrag zum einheitlichen Abwicklungsfonds
nung angepasst. Das Gesetz zu dem Übereinkommen über
wird grundsätzlich aus dem Verhältnis der risikoadjus-
die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Ab-
tierten Bemessungsgrundlage des einzelnen CRR-Insti-
wicklungsfonds
bezieht sich auf die Beiträge ab dem
tuts zur Summe der risikoadjustierten Bemessungs-
Jahr 2015 und regelt die Übertragung der national erhobe-
grundlagen aller beitragspflichtigen Institute multipli-
nen Beiträge auf den europäischen Fonds.
ziert mit der Zielgröße (dazu Kap. 3) berechnet (vgl.
13
nachstehende Formel). Wegen dieses relativen MechaGegenstand der folgenden Ausführungen ist die Darstel-
nismus‘ kann ein einzelnes Institut ex ante nicht mehr
lung der Beitragserhebung für das Jahr 201614 für eine
selbst – wie bei der deutschen Bankenabgabe – den zu er-
klassische deutsche Geschäftsbank, also ein sog. CRR-Kre-
wartenden Bankenabgabebetrag der künftigen Periode
ditinstitut. Die Besonderheiten für CRR-Wertpapierfirmen
ermitteln, da es ex ante keine Kenntnis vom Nenner der
sind demnach genauso wenig Bestandteil dieses Beitrags
risikoadjustierten Bemessungsgrundlage aller beitrags-
wie die Besonderheiten für zentrale Gegenparteien, Zen-
pflichtigen Institute hat.
tralverwahrer oder Hypothekenkreditinstitute. Die Meldung der
Bankenabgabe erfolgt in elektronischer Form an die FMSA15. Auf
Bankenabgabe l = Zielgröße Â
das konkrete Meldeverfahren zur
Bankenabgabe und auf ihre Bilanzierung wird an dieser Stelle nicht
Bemessungsgrundlage I Â RisikofaktorI
™ Bemessungsgrundlagen  Risikofaktor n
I = Beitragspflichtiges Institut
n = Alle beitragspflichtigen Institute
eingegangen.
8 ABl. EU Nr. L 11 vom 21.10.2014, S. 14. Die Delegierte Verordnung 2015/63 wurde von der Kommission mit Datum vom 14.12.2015 berichtigt (http://ec.europa.eu; Abruf: 29.09.
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2016). 9 BGBl. I vom 22.07.2015, S. 1268. 10 ABl. EU Nr. L 225 vom 15.07.2014, S. 1. 11 ABl. EU Nr. L 15 vom 19.12.2014, S. 1. 12 Abwicklungsmechanismusgesetz vom 02.11.2015
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(www.bundesfinanzministerium.de; Abruf: 29.09.2016). 13 Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 2014 über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwickl
lungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge, BGBl. II vom 22.12.2014, S. 1298. 14 Im Vergleich zur deutschen Bankenabgabe ist das Ermittlungsverfahren für die
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europäische Bankenabgabe erheblich komplexer. Zudem kann die von der Behörde ermittelte europäische Bankenabgabe von den Instituten nur noch begrenzt nachvollzogen
werden und ist daher zum Teil als „black box“ zu sehen. Selbst der SRB ist bei der Berechnung der Bankenabgabe 2016 ein Fehler unterlaufen, so dass europaweit für alle relevanten
Banken die Bankenabgabebescheide 2016 neu berechnet werden mussten; vgl. o.V., Börsenzeitung vom 26.05.2016, S. 3, und www.fmsa.de (Abruf: 29.09.2016). 15 Für Details zur
FMSA siehe www.fmsa.de (Abruf: 29.09.2016). 16 Vgl. § 2 RStruktFG n. F. 17 Vgl. Art. 12 Delegierte Verordnung 2015/63.
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| 01.2017 | 23
FINANCIAL SERVICES
endet in dem Jahr, in dem die Erlaubnis über die ErDie zweite Stufe gilt ab dem Beitragsjahr 2016 zusätzlich
» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?
Im Jahr 2015 erfolgte die Berechnung einheitlich für alle
von 1.602 Mrd. € die Basis für die Ermittlung der BRRD-
Mitgliedstaaten der EU auf nationaler Ebene nach den
Zielgröße. Auch hier sollen 1,05 % (Stand 2016) der aggre-
Vorgaben der BRRD. Sowohl der Ermittlung der Zielgröße
gierten gedeckten Einlagen erhoben werden, also 16,821
als auch der Summe der
Mrd. €. Dieser Betrag soll
risikoadjustierten
ebenfalls über einen Zeit-
Bemes-
sungsgrundlage liegen alle
in Deutschland zugelassenen Banken zugrunde.
Ab dem Jahr 2016 setzt sich
die
Bankenabgabe
aus
zwei Teilen zusammen: Ein
Ab dem Jahr 2016 setzt sich die
Bankenabgabe aus zwei Teilen
zusammen: ein Teil berechnet sich
auf der nationalen Ebene (BRRD)
und der andere Teil auf der Ebene
der Euro-Mitgliedstaaten (SRM).
raum von acht Jahren angespart werden, so dass
das BRRD-Zielvolumen für
2016 bei 2,103 Mrd. € liegt.
Zieht
man
von
diesem
Betrag den von den kleineren Instituten über Pau-
Teil berechnet sich – wie
schalbeiträge zu erbringen-
bereits im Vorjahr – auf na-
den BRRD-Bankenabgabe-
tionaler Ebene. Der andere Teil ergibt sich auf der Basis
beitrag i. H. von 33 Mio. € ab, ergibt sich auf nationaler
aller beitragspflichtigen Institute, die in einem Euro-Mit-
Ebene ein – wiederum für die weitere Berechnung rele-
gliedstaat zugelassen sind (und somit auf europäischer
vantes – BRRD-Zielvolumen 2016 i. H. von 2,070 Mrd. €21.
Ebene nach den Vorgaben der SRM-Verordnung). Die Berechnung der jährlich von einem CRR-Institut eines Euro-
SRM-Regime
Mitgliedstaats zu zahlenden Bankenabgabe erfolgt zu-
Im SRM-Regime stellen die aggregierten gedeckten Ein-
nächst prozentual auf der Basis sowohl der nationalen
lagen aller Euro-Banken i. H. von 5.339 Mrd. € die Aus-
BRRD-Zielgröße als auch der SRM-Zielgröße. Im Jahr 2016
gangsgröße der Berechnung der SRM-Zielgröße dar.
beträgt das BRRD-Gewicht 60 % und das Gewicht des SRB
Hiervon sollen über die Bankenabgabe insgesamt 1,05 %
40 %. Diese Gewichtung wird sukzessive bis zu einer SRM-
eingesammelt werden, also 56,061 Mrd. €. Dieser Betrag
Gewichtung von 100 % im Jahr 2023 verschoben18.
soll über einen Zeitraum von acht Jahren angespart
werden, so dass das SRM-Zielvolumen für 2016 bei
3 Zielgröße
7,008 Mrd. € liegt. Zieht man von diesem Betrag den von
Ziel der EU im Jahr 2015 war es, bis zum 31.12.2023
den kleineren Instituten über Pauschalbeiträge zu er-
(BRRD) bzw. bis zum 31.12.2024 (SRM) mindestens 1 % der
bringenden Bankenabgabebeitrag i. H. von 118 Mio. € ab,
gedeckten Einlagen aller jeweiligen beitragspflichtigen
ergibt sich auf europäischer Ebene ein – auch für die wei-
Kreditinstitute durch die Erhebung der europäischen Ban-
tere Berechnung relevantes – SRM-Zielvolumen 2016 i. H.
kenabgabe anzusparen19. Um dieses Ziel bis zum Ende der
von 6,889 Mrd. €22. Der hiervon auf deutsche Institute
Aufbauphase zu erreichen, hat der SRB beschlossen, im
entfallende nationale SRM-Betrag beträgt 1,731 Mrd. €.
Beitragszeitraum 2016 ein Achtel von 1,05 % der gedeckten Einlagen zu erheben. Ferner wird ein Achtel des vom
4 Bemessungsgrundlage
jeweiligen Institut gezahlten Jahresbeitrags 2015 (sofern
Die Bemessungsgrundlage wird aus dem jährlichen
er auf den SRF übertragen wurde, was für Deutschland
Grundbeitrag (Bilanzsumme ohne Eigenmittel und ohne
zutrifft) auf den im Jahr 2016 fälligen Jahresbeitrag ange-
durch andere Sicherungssysteme gedeckte Einlagen) kor-
rechnet20. Die beiden für die Berechnung der Bankenab-
rigiert um die Anpassung der Verbindlichkeiten aus Deri-
gabe 2016 relevante BRRD- bzw. SRM-Zielgrößen werden
vaten und abzüglich gruppeninterner Verbindlichkeiten
im Folgenden einzeln erläutert.
innerhalb eines Konzerns oder innerhalb eines institutsbezogenen Sicherungssystems errechnet (vgl. Über-
BRRD-Regime
sicht 1)23. Soweit relevant, werden zudem institutsbe-
Im BRRD-Regime bilden die aggregierten gedeckten Einla-
zogene Abzüge berücksichtigt, z. B. Verbindlichkeiten im
gen aller relevanten nationalen (deutschen) Institute i. H.
Zusammenhang mit Clearing-Tätigkeiten, mit Tätigkeiten
18 Vgl. Art. 8 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81. 19 Vgl. Art. 69 SRM-Verordnung. 20 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016). 21 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016).
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22 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016). 23 Vgl. Art. 5 Delegierte Verordnung 2015/63.
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24 | 01.2017 |
eines Zentralverwahrers oder mit der Verwaltung von
75 % des Buchwerts der Verbindlichkeiten aus Deriva-
Kundengeldern. Diese institutsbezogenen Abzüge wer-
ten bzw. 100 % des aufsichtsrechtlichen Werts berück-
den an dieser Stelle nicht weiter vertieft.
sichtigt.
Die gruppeninternen Verbind-
Bilanz–
summe
Eigenmittel
–
InstitutsGruppeninterne
Gedeckte – Derivative
–
– bezogene
Verbindlichkeiten
Einlagen + Anpassung
Abzüge
lichkeiten
Verbindlichkeiten
gegenüber
anderen relevanten Kreditinstituten
Jährlicher Grundbeitrag
vor Anpassung der Verbindlichkeiten
aus Derivaten
berücksichtigen
desselben
Konzerns.
Relevant sind die Konzerninstitute, die ebenfalls der europäischen Bankenabgabe unterliegen. Dabei sind gruppenin-
Übersicht 1 » Berechnung der Bemessungsgrundlage
terne
Verbindlichkeiten
aus
höheren Wert aus Buchwert (75 %) und aufsichtsrecht-
kenabgabe 2016 erfolgt auf der Basis der Meldungen zum
lichem Wert anzugeben28.
Stichtag 31.12.2014 .
24
5 Risikofaktor
Die Bilanzsumme setzt sich aus der Summe der Verbind-
Der Risikofaktor setzt sich aus vier Risikofeldern zusam-
lichkeiten (u. a. Einlagen) und der bilanziellen Eigenkapi-
men, die die Systemrelevanz des Instituts widerspiegeln
talposten zusammen. Die Eigenmittel ergeben sich als
(vgl. Übersicht 2). Jedes Risikofeld besteht wiederum aus
Summe aus Kernkapital und Ergänzungskapital. Diese
mehreren Risikoindikatoren. Durch die Systematik der
Größen wurden bereits für die aufsichtsrechtlichen
Berechnung des Risikofaktors ergibt sich ein Wert zwi-
CoRep-Meldungen25 ermittelt. Die gedeckten Einlagen um-
schen 0,8 bei risikoarmen Banken und 1,5 bei Banken mit
fassen die vom Einlagensicherungssystem gedeckten Ein-
einem hohen Risiko29.
lagen i. H. von 100.000 € pro Anleger26.
Im Rahmen der derivativen Anpassung werden die
A. Risiko-Exponierung (50%)
i.
Verbindlichkeiten aus Derivaten betrachtet. Dabei ist es
Mindestanforderungen an Eigenmittel
und berücksichtigungsfähige
Verbindlichkeiten (MREL)
unerheblich, in welchem Bilanzposten die Derivate
ii.
enthalten sind (also z. B. in den Handelspassiva, den
iii. Harte Kernkapitalquote
Rückstellungen oder den Zinsabgrenzungen). Ebenso
wie bilanzielle sind auch außerbilanzielle Derivateverbindlichkeiten zu berücksichtigen27. Für die Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage wird der HGBBuchwert aus derivativen Verbindlichkeiten dem aufsichtsrechtlichen Wert unter Berücksichtigung der Verschuldungsquote gegenübergestellt. Bei der Ermittlung
der Bemessungsgrundlage wird der höhere Wert aus
l
B. Stabilität und Diversifizierung der
Finanzquellen (20%)
i.
Strukturelle Liquiditätsquote (NSFR)
ii.
Liquiditätsdeckungsquote (LCR)
Verschuldungsquote
iv. Gesamtrisiko-Exponierung
C. Relevanz eines Instituts für die
Stabilität des Finanzsystems oder
der Wirtschaft (10%)
Anteile der Interbankendarlehen
und -einlagen des Instituts an den
gesamten Interbankendarlehen
und -einlagen in der EU
D. Zusätzliche Risikoindikatoren (20%)
i.
Handelsaktivitäten, außerbilanzielle
Risiken und Derivate, Komplexität und
Abwicklungsfähigkeit
ii.
Mitgliedschaft in einem
institutsbezogenen Sicherungssystem
iii. Finanzielle Unterstützung aus
öffentlichen Mitteln
Übersicht 2 » Zusammensetzung des Risikofaktors
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24 Vgl. Art. 14 Delegierte Verordnung 2015/63. 25 CoRep steht für Common Reporting und bezeichnet eine Meldung, die die Banken an die Europäische Bankenaufsicht übermitteln
müssen; sie enthält Meldungen u. a. über Liquidität, Eigenmittel und Verschuldungsquote, um die Risiken der Banken zu überwachen. 26 Vgl. Art. 3 Nr. 6 Durchführungsverordnung
(EU) 2015/81. 27 Für die derivative Anpassung ist der Ausweis nicht relevant. Neben der Ermittlung der für die Bankenabgabe relevanten gruppeninternen Verbindlichkeiten ist die
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Ermittlung der Höhe der abziehbaren Derivate-Verbindlichkeiten einer von zwei komplexen Themenbereichen bei der Ermittlung der Bemessungsrundlage. Für ein anschauliches
Beispiel vgl. SRB, 2016 contributions to the SRF – Additional guidance for the industry vom 19.11.2015 (https://esurfi-banque.banque-france.fr; Abruf: 29.09.2016), S. 91. 28 Für ein
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anschauliches Beispiel zur Ermittlung des relevanten Betrags gruppeninterner Verbindlichkeiten vgl. SRB, a.a.O. (Fn. 27), S. 22 ff. 29 Bei der Bankenabgabe 2016 hatten mehr als 80 %
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der Institute einen Risikofaktor zwischen 1,0 und 1,3; vgl. SRB, 2016 Contributions to the SRF vom 06.07.2016 (http://srb.europa.eu; Abruf: 29.09.2016), S. 9.
| 01.2017 | 25
FINANCIAL SERVICES
Derivaten wiederum mit dem
Die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Ban-
» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?
Die Daten für die Berechnung des Risikofaktors basieren
Harte Kernkapitalquote
größtenteils auf dem Zahlenmaterial, das von den Banken
Für die Ermittlung der harten Kernkapitalquote werden
bereits für aufsichtsrechtliche Zwecke ermittelt und ge-
z. B. beim sog. Standardansatz die Forderungen aus dem
meldet wird30.
Kreditgeschäft und andere Posten der Aktivseite mit einem Risikofaktor bewertet. Dieser liegt
bei 100 % für risikoanfällige Posten, bei
50 % für Posten mit mittlerem Risiko,
Der Risikofaktor setzt sich aus vier Risikofeldern
zusammen, die die Systemrelevanz des Instituts
widerspiegeln. Er liegt zwischen 0,8 (risikoarm) und
1,5 (risikoreich).
bei 20 % für Posten mit mittlerem bis
niedrigem Risiko und bei 0 % für Posten
mit einem niedrigen Risiko36. Hier ist –
wie bei der Verschuldungsquote – der
Wert aus der Meldung für das vierte
Quartal zum 31.12.2014 zu überneh-
Die Risikofelder sind unterschiedlich gewichtet31. So flie-
men. Die harte Kernkapitalquote i. S. von Art. 92 Abs. 2
ßen das Risikofeld A grundsätzlich mit 50 %, die Risiko-
Buchstabe a CRR wird ermittelt, indem das harte Kernka-
felder B und D jeweils mit 20 % und das Risikofeld C mit
pital durch den Gesamtrisikobetrag dividiert wird.
10 % in den Risikofaktor ein .
32
Gesamtrisiko-Exponierung
Die heller hinterlegten Risikofelder B und C werden für
Die Gesamtrisiko-Exponierung ergibt sich aus dem Ge-
das Beitragsjahr 2016 allerdings genauso wenig abgefragt
samtrisikobetrag, der bereits für die harte Kernkapital-
wie im Risikofeld A der Indikator für die „Mindestanfor-
quote ermittelt wurde, dividiert durch die Summe der
derungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige
Verbindlichkeiten. Die Risikofelder B und C werden nicht
Verbindlichkeiten“ (Minimum requirement for own funds
für die Bankenabgabe 2016 berechnet37.
and eligible liabilities – MREL) oder im Risikofeld D der
Indikator für die „Komplexität und Abwicklungsfähig-
Handelsaktivitäten
keit“. Da diese Risikofelder somit von der Meldung 2016
Für die Ermittlung der Handelsaktivitäten ist der Risiko-
ausgenommen werden, sind in diesem Jahr die „verblei-
positionsbetrag für das Marktrisiko auf börsengehandelte
benden“ Risikofelder A mit 71,43 % (50/70) und D mit
Schuldtitel oder Eigenkapital maßgeblich. Dies stellt das
28,57 % (20/70) zu gewichten33.
Positionsrisiko der Eigenmittelanforderungen für die
Handelsbuchtätigkeiten dar38. Dieser Wert wäre mit 12,5
Verschuldungsquote
zu multiplizieren39. Der Wert kann aus jedoch auch direkt
Die für den Risikofaktor maßgebliche Verschuldungsquote
– bereits um den genannten Faktor vervielfältigt – der
i. S. von Art. 429 CRR wird anders ermittelt als die Ver-
aufsichtsrechtlichen Meldung entnommen werden. Für
schuldungsquote, mit der Derivate zu bewerten sind. Die
die Ermittlung der Indikatoren wird er durch die Gesamt-
für die Ermittlung des Risikofaktors relevante Verschul-
risiko-Exponierung, die harte Kernkapitalquote und die
dungsquote ergibt sich als Division des Kernkapitals
Summe der Vermögenswerte dividiert.
34
durch die Summe der risikobewerteten Aktiva und außerbilanziellen Posten, die bei der Berechnung des Kernkapi-
Außerbilanzieller Nennbetrag
tals nicht abgezogen wurden35. Der Wert kann aus der auf-
Der außerbilanzielle Nennbetrag ergibt sich durch Division
sichtsrechtlichen Meldung übernommen werden.
des Nennbetrags der außerbilanziellen Posten, der mit den
30 Die Rechtsgrundlage für die Berechnung des Risikofaktors ergibt sich aus Anhang I Schritte 1 bis 6 Delegierte Verordnung 2015/63. 31 Während der Durchschnittswert pro
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Risikofeld mithilfe des arithmetischen Mittels über die jeweiligen Risikoindikatoren eines Risikofelds ermittelt wird, erfolgt die Durchschnittswertermittlung über die Risikofelder
hinweg (zur Ermittlung des finalen Risikofaktors) anhand des geometrischen Mittels. Die Verwendung des geometrischen Mittels hat – im Vergleich zur Verwendung des arithmetischen Mittels – zur Folge, dass relativ hohe bzw. relativ niedrige Werte der Grundgesamtheit den Mittelwert weniger stark beeinflussen. Allerdings fällt der für die Ermittlung der
Bankenabgabe anzuwendende Risikofaktor – bei Anwendung des geometrischen Mittels – überproportional hoch aus, wenn etwa Risikofeld A überproportional risikoarm ist (und
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das Kreditinstitut daher über ein gutes Rating verfügt). 32 Im Bankenabgabebescheid 2016 sind die hier mit den Buchstaben A bis D gekennzeichneten Risikofelder mit den
römischen Zahlen I bis IV bezeichnet. 33 Vgl. S. 11 der Anlage zu den Bankenabgabebescheiden 2016 34 Vgl. Art. 25 CRR. 35 Vgl. Art. 429 CRR. 36 Vgl. Art. 111 ff. CRR. Für sog.
IRB-Institute (Internal-Rating-Based-Ansatz) kommen andere Vorgaben der CRR zur Anwendung. 37 Vgl. Anhang I Schritt 1 Delegierte Verordnung 2015/63. 38 Vgl. Art. 92 Abs. 3
Buchstabe b Nr. i CRR. 39 Vgl. Art. 92 Abs. 4 Buchstabe b i. V. mit Abs. 3 Buchstabe b CRR.
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26 | 01.2017 |
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überarbeiteten Standardsätzen des Baseler Ausschusses
gabe war diese nur insoweit zu zahlen, als sie nicht mehr
für Bankenaufsicht ermittelt wird und – wie bei den Han-
als 20 % des Jahresüberschusses des jeweiligen Geschäfts-
delsaktivitäten – der Gesamtrisiko-Exponierung, der harten
jahrs ausmachte. Der die Zumutbarkeitsgrenze überstei-
Kernkapitalquote und der Summe der Vermögenswerte.
gende Teil der Bankenabgabe wurde auf folgende Geschäftsjahre vorgetragen44.
Derivate
Die Kennziffer für die Derivate setzt sich aus drei Quo-
7 Unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung
tienten zusammen. Den Zähler bildet jeweils die sog. deri-
Die Regelungen der neuen europäischen Bankenabgabe
vative Gesamtrisikoposition. Die dafür relevanten Werte
räumen die Möglichkeit ein, einen Teil des Beitrags als
können der CoRep-Meldung entnommen werden und
sog. „unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung“ zu leisten45.
setzen sich aus der Addition der Derivate zum Markt-
Gemäß Art. 70 Abs. 3 SRM-Verordnung können auf Antrag
wert, dem Zuschlag aus der Marktbewertungsmethode
bis zu 30 % des Jahresbeitrags zum einheitlichen Abwicklungsfonds durch Sicherheiten mit niedrigem Risiko abgesichert werden. Diese müssen frei verfügbar und dürfen
nicht mit Rechten Dritter belastet sein. Für das Beitragsjahr 2016 legte der SRB fest, max. 15 % als unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung zu akzeptieren46. Um in den
Genuss dieser unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung
zu kommen, muss das Institut zunächst einen „Unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungs- und Besicherungsvertrag für Finanzsicherheiten (Vertrag)“ mit der Abwicklungsbehörde abschließen.
und der Ursprungsrisikomethode zusammen40. Die in
Im Jahr 2015 war die FMSA die Abwicklungsbehörde. Die-
den Werten enthaltenen Derivate, die über eine zentrale
se übertrug die ihr aus dem Vertrag erwachsenen Rechte
Gegenpartei abgewickelt werden, bleiben für die Ermitt-
und Pflichten zum 01.01.2016 auf den SRB. Im Vertrag ist
lung des Risikoindikators „Derivate“ außer Ansatz. Die
festgelegt, dass die Sicherheit auf Barmittel limitiert ist47.
Nenner der Quotienten bilden wieder die Gesamtrisiko-
Somit haben die Institute auch die finanziellen Mittel in
Exponierung, die harte Kernkapitalquote und die Summe
Höhe der unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung auf
der Vermögenswerte .
ein separates Konto des SRB zu überweisen. Wenn der
41
Fonds an einer Abwicklungsmaßnahme beteiligt ist, wer-
6 Begrenzung des Jahresbeitrags
den alle oder ein Teil der unwiderruflichen Zahlungsver-
Einen Freibetrag (wie bei der deutschen Bankenabgabe)
pflichtungen abgerufen48. Fällt ein Institut nicht mehr in
gibt es nicht mehr. Dafür zahlen kleinere Banken mit ei-
den Geltungsbereich der SRM-Verordnung, werden die
nem geringen Risikofaktor und einer Bilanzsumme, die
unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen des Instituts
weniger als 1 Mrd. € beträgt – stufenweise in Abhängig-
aufgehoben und die Sicherheit, durch die die Zahlungs-
keit vom jährlichen Grundbeitrag (Bilanzsumme ohne Ei-
pflichten abgesichert sind, wird zurückgegeben49. Der ur-
genmittel und ohne gedeckte Einlagen) – pauschal zwi-
sprüngliche Vertrag hatte kein Enddatum und konnte nur
schen 1.000 € und 50.000 €42. Der jährliche Grundbeitrag
durch gemeinsame Vereinbarung der Vertragsparteien
darf dafür höchstens 300 Mio. € betragen .
gekündigt werden. Der neue Vertrag 2016 enthält hinge-
43
gen Regelungen zur Kündigung50. Demnach ist der VerEbenso wenig sieht die europäische Bankenabgabe eine
trag mit 14-tägiger Frist kündbar; bis fünf Tage vor Ablauf
Zumutbarkeitsgrenze vor. Nach der deutschen Bankenab-
der Frist muss der Betrag der unwiderruflichen Zahlungs-
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40 Vgl. CoRep-Meldebogen C 45.00, Zeilen 030, 040 und 050. 41 Die derivative Gesamtrisikoposition ist einer der – gem. Art. 6 Abs. 5 ff. Delegierte Verordnung 2015/63 – „von der
Abwicklungsbehörde zu bestimmenden zusätzlichen Risikoindikatoren“, der im Bankenabgabemeldeformular 2016 weiter konkretisiert wird; vgl. FMSA, Deutsche Version SRB-Meldebogen vom 12.01.2016 (www.fmsa.de; Abruf: 20.05.2016), S. 12. 42 Vgl. Art. 10 Delegierte Verordnung 2015/63. 43 Vgl. Art. 10 Abs. 6 Delegierte Verordnung 2015/63. 44 Bezüglich
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der Höhe der verfallenden Nacherhebungsbeiträge beim Wechsel auf das Regime der europäischen Bankenabgabe vgl. etwa www.linksfraktion.de (Abruf: 29.09.2016). 45 Vgl. § 12 a
Abs. 2 RStruktFV n. F. 46 Vgl. SRB, Single Resolution Fund, Mai 2016 (https://srb.europa.eu; Abruf: 29.09.2016), S. 12. 47 Vgl. Nr. 2 „Sicherheiten“ des Vertrags. 48 Vgl. Art. 7 Abs. 2
Durchführungsverordnung (EU) 2015/81. 49 Vgl. Art. 7 Abs. 3 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81. 50 Vgl. Nr. 11.3 und 11.4 des Vertrags zur unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung.
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| 01.2017 | 27
FINANCIAL SERVICES
Eine Zumutbarkeitsgrenze – wie bei
der deutschen Bankenabgabe – gibt es
nicht mehr. Ein Teil der europäischen
Bankenabgabe kann durch eine GuVneutrale „unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung“ erbracht werden.
» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?
verpflichtung dann gezahlt werden, woraufhin der Aus-
dings besteht nun die Möglichkeit, einen Teil der Beitrags-
schuss die Sicherheit zurückgibt.
leistungen zunächst GuV-neutral im Rahmen einer barbesicherten sog. unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung
Zudem ist die geleistete Barsicherheit zu verzinsen. Maß-
zu leisten53.
geblich ist der Referenzzinssatz der EZB für täglich fällige
Einlagenfazilitäten. Am 16.03.2016 wurde dieser Zinssatz
Auch das Beispiel der europäischen Bankenabgabe zeigt,
auf –0,40 % gesenkt ; demnach muss das leistende Institut
dass Handels- und Aufsichtsrecht immer mehr verwoben
Zinsen für eine gegebene Sicherheit zahlen.
werden. Insgesamt fallen die Aufwendungen für die euro-
51
päische Bankenabgabe im Vergleich zur deutschen Ban-
8 Zusammenfassung
kenabgabe deutlich höher aus. Zu beachten ist ferner,
Nachdem in Deutschland bereits im Jahr 2011 eine Ban-
dass neben den Änderungen bei der europäischen Ban-
kenabgabe eingeführt worden war, wurde diese im Jahr
kenabgabe sich auch das Regime der europäischen Ein-
2015 von der europäischen Bankenabgabe abgelöst. De-
lagensicherung geändert hat.
» DOC-ID: W1007401
ren Einführung erfolgte in zwei Schritten: im Jahr 2015
zunächst gemäß der Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD
und ab dem Jahr 2016 zusätzlich im Sinne der SRB-Richtlinie. Nach dieser zweijährigen Umbruchphase wird die
Berechnung (und Bilanzierung) der Bankenabgabe im
Rahmen der Aufbauphase des Ziel-Fondsvolumens für die
nächsten acht Jahre stabil bleiben52.
» Prof. Dr. Knut Henkel
Die Berechnungslogik der europäischen Bankenabgabe
Inhaber des Lehrstuhls für
Bilanzielles Rechnungswesen
und Betriebliche Steuerlehre,
Hochschule Emden/Leer, Emden
unterscheidet sich (stark) von jener der deutschen Bankenabgabe und ist insgesamt deutlich komplexer.
Neben – wie schon bislang – bestimmten, vor allem passiven HGB-Buchwerten wird nun eine Vielzahl von Risikoindikatoren – vor allem aus den CoRep-Meldungen –
im Rahmen der europäischen Bankenabgabemeldung
abgefordert.
» Prof. Dr. Wilhelm Schneider
Durch einen relativen Berechnungsmechanismus wird
Inhaber des Lehrstuhls für externes
Rechnungswesen und Steuern,
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,
Rheinbach
bei der europäischen Bankenabgabe nun sichergestellt,
dass ein bestimmtes vorgegebenes Zielvolumen an Bankenabgaben auch tatsächlich eingenommen wird. Anders
als bei der deutschen Bankenabgabe können die Institute
bei der europäischen Bankenabgabe – aufgrund des relativen Mechanismus in der Berechnungsformel und der
für Außenstehenden nicht nachvollziehbaren Zuordnung
zu den Risikoklassen – nun nicht mehr genau antizipieren, wie hoch die Bankenabgabe für sie im laufenden Geschäftsjahr sein wird.
» Isabel Tüns
Neu ist auch, dass es für die zu zahlende europäische Ban-
Absolventin der Hochschule
Bonn-Rhein-Sieg, Sankt Augustin
kenabgabe keine Zumutbarkeitsgrenze mehr gibt. Aller-
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51 Vgl. für den EZB-Zinssatz 2016 (Stand: 27.05.2016) www.ecb.europa.eu (Abruf: 29.09.2016). 52 Allerdings wird sich das Jahr 2017 planmäßig die Gewichtung des SRB-Anteils an
der Bankenabgabe von 40 % (2016) auf 60 % (2017) erhöhen und der BRRD-Anteil entsprechend sinken; vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b) Durchführungsverordnung (EU) 2015/81.
53 Bezüglich der Bilanzierung der Bankenabgabe vgl. IDW, Bericht über die 261. Sitzung des BFA am 23.06.2015 (im Mitgliederbereich der IDW Website www.idw.de).
28 | 01.2017 |
Management & Beratung
KOMPAKT
ERLÖSERFASSUNG
Prüfungsausschuss und IFRS 15
Das Zentrum für Prüfungsqualität (Center for Audit
IFRS 15 wurde von der EU-Kommission in europäisches
Quality – CAQ) des US-amerikanischen AICPA unterstützt
Recht übernommen (Endorsement) und im Amtsblatt der
Prüfungsausschüsse dabei, sich auf IFRS 15, den neuen
EU vom 29.10.2016 veröffentlicht (WPg 2016, S. 1225). Die
Standard zur Erlöserfassung, vorzubereiten. Konkret geht
Änderungen sind in der EU spätestens für Geschäftsjahre
es darum, im Gespräch mit der Unternehmensleitung und
anzuwenden, die am oder nach dem 01.01.2018 beginnen.
dem Abschlussprüfer den Stand der Umsetzungs- und Im-
» DOC-ID: W1007501
plementierungsarbeiten zu verstehen und zu beurteilen.
Entsprechend gliedert sich das Papier in vier Teile:
» IFRS 15 als neuen Erlöserfassungsstandard verstehen;
» Beurteilung der unternehmensseitig erstellten
Auswirkungsanalyse;
» Beurteilung des Projektplans für die Implementierung
von IFRS 15;
Mehr zum Thema
» CAQ vom 15.12.2016 (http://thecaq.org).
» Anlässlich der Veröffentlichung von IFRS 15 im Überblick
Pellens, WPg 17/2014, S. I; ausführlich Wüstemann/Wüstemann, WPg 2014, S. 929; zuletzt Heintges/Erber, WPg 2016,
S. 1067.
» weitere Umsetzungsüberlegungen.
CORPORATE GOVERNANCE
Eine aktuelle Aufsichtsratsstudie zeigt, dass aussagekräfti-
Ausschlaggebend für diese Platzierung sind zehn Auf-
ge Anforderungsprofile der Gremien, ausführliche Lebens-
sichtsratssitzungen pro Jahr, sechs aktive Fachausschüsse
läufe der Aufsichtsratskandidaten, eine Begründung, wa-
sowie ein zweitägiger Strategieworkshop. Zudem vermit-
rum eine Person zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschla-
telt ein aussagekräftiger Aufsichtsratsbericht umfang-
gen wird, und ausführliche Aufsichtsratsberichte immer
reiche Angaben zu den Aufsichtsratsmitgliedern. Mit ei-
mehr zum Standard einer transparenten Berichterstattung
nem Ausländeranteil von 33 % und einem Frauenanteil
an die Aktionäre gehören. Die Studie misst auf der Basis
von 42 % zeichnet sich das Gremium ferner durch eine
öffentlich verfügbarer Informationen die Qualität der Auf-
große Diversität aus.
» DOC-ID: W1007502
sichtsratsarbeit in den DAX- und MDAX-Unternehmen in
den vier Themenfeldern Arbeitsweise des Aufsichtsrats,
persönliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder, Diversität in der Zusammensetzung des Gremiums sowie Transparenz über die Aufsichtsratsbesetzung und -tätigkeit.
Benchmark Deutsche Börse
Mehr zum Thema
» Pressemitteilung diep – Deutsches Institut für Effizienzprüfung vom 03.12.2016 (www.diep-institut.de).
» Gentz, „Kodexänderungsvorschläge 2017“, WPg 2016, S. 1329.
» Pikó, „Entwicklungen der Aufsichtsratstätigkeit in den Jahren
2016/2017“, WPg 2016, S. 1383.
Mit einem Aufsichtsrats-Score von 82,4 % führt der Aufsichtsrat der Deutschen Börse das aktuelle Ranking an.
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MANAGEMENT
& BERATUNG
Transparente Aufsichtsratstätigkeit
Keywords:
Kreditinstitut
Aufsichtsrat
Corporate Governance
Bankenaufsicht
SREP
ANALYSE
Bankenaufsichtsrat:
quo vadis?
Von Gerd Häusler
Die Ansprüche und die Anforderungen an Aufsichtsräte sind in den vergangenen
Jahren gestiegen. Das gilt vor allem für Bankenaufsichtsräte. Das Pflichtenheft
eines Aufsichtsratsvorsitzenden eines größeren Kreditinstituts nähert sich immer
mehr an das eines „Chairman“ eines internationalen Hauses an. Dabei zeichnet
sich ab, dass die Qualität von Aufsichtsräten bei Kreditinstituten in der Zukunft
eher ab- als zunehmen wird, sofern die jetzigen Rahmenbedingungen im Sinne eines
„risk reward profile“ sich weiter verschlechtern.
1 Einleitung
wie sie für den Bankensektor im Kredit-
Es dürfte inzwischen als Binsenweisheit
wesengesetz (KWG) neu geschrieben wur-
gelten, dass nach deutschem Aktienrecht
den. Hier haben weitreichende Novellie-
gebildete Aufsichtsräte heute anders ar-
rungen des KWG der Arbeit von Aufsichts-
beiten als z. B. vor zwei Jahrzehnten oder
räten zumindest in Teilen eine veränderte
mehr, auch wenn die Rechtslage gemäß
Rechtsgrundlage gegeben.
Aktiengesetz formal weitgehend unverändert geblieben ist. Der Zeitaufwand ist
Die Gründe für die skizzierten Verände-
größer, die Intensität der Diskussion hö-
rungen sind vielfältig, seien sie eher juris-
her, die Zahl der Ausschüsse gestiegen,
tischer Natur wie im Finanzsektor, sei es
die Qualität der Arbeit – auch wenn diese
der Einfluss institutioneller Investoren
sich nur schwer messen lässt – geht im
vor allem aus dem angelsächsischen Wirt-
Großen und Ganzen mehr in die Tiefe.
schaftskreis oder aber auch schlicht die
Zu diesen Veränderungen gehört dann
fiduziarischen Treuepflichten betrifft.
„Selbsteinsicht“ der Betroffenen, was ihre
konsequenterweise auch eine geringere
Zahl von Mandaten pro Person, entweder
30 | 01.2017 |
aus „Selbstdisziplin“ oder aber aufgrund
2 Engmaschige Verantwortung des
Aufsichtsrats
von soft laws wie dem Deutschen Corpo-
Veränderungen in der Arbeitsweise eines
rate Governance Kodex sowie insbeson-
Aufsichtsrats, insbesondere hinsichtlich
dere branchenspezifischen Vorschriften,
seiner Verantwortung für das Wohl des
Unternehmens, werden nirgendwo so deutlich wie im
Hieraus ergeben sich bedauerlicherweise zuweilen un-
Bankensektor, dort vor allem in dem Segment, das der un-
scharfe Verantwortlichkeiten und Reibungspotentiale
mittelbaren Aufsicht durch die EZB unterliegt.
zwischen den Gremien eines Kreditinstituts. Eine herausgehobene Rolle spielt dabei der Informationsfluss zwi-
Das KWG weist dem Aufsichtsrat inzwischen eine Reihe
schen den Sitzungen des Aufsichtsrats, sein Umfang und
von Aufgaben zu, die es in dieser konkreten Ausprägung
seine Frequenz.
in der Vergangenheit so nicht gab. Dabei geht der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisor Mecha-
Welches Maß an Bringschuld besteht für den Vorstand ei-
nism – SSM) als das System der Bankenaufsicht in Europa
ner Gesellschaft, damit der Aufsichtsrat, zumindest sein
unter dem Dach der EZB in seiner Verwaltungspraxis
noch weit über das KWG hinaus. Die wichtigsten Beispiele
für diese neue Kultur einer hohen „Gesamtverantwortung
des Aufsichtsrats“ seien hier skizziert:
So soll eigentlich der Risikoausschuss u. a. neben der
Überwachung der Gesamtrisikostrategie des Unternehmens und deren Umsetzung durch die obere Leitungs-
Es wäre zu begrüßen, wenn der
Gesetzgeber das ältere und
allgemeinere deutsche Aktienrecht
der aktuelleren Verwaltungspraxis
im Aufsichtsrecht anpassen würde.
ebene auch eine Überwachung der Konditionen im Kundengeschäft sicherstellen. Zu den Aufgaben des Prüfungsausschusses
gehören
neben
der Überwachung
des
Rechnungslegungsprozesses auch die der Wirksamkeit
Vorsitzender, ausreichend im Nachrichtenfluss verankert
ist, um seinen Pflichten nachkommen zu können?
des Risikomanagementsystems sowie die Überwachung
der Durchführung der Abschlussprüfung. Insbesondere
Persönlich würde ich es nach wie vor begrüßen, wenn
die Aufgaben des Vergütungskontrollausschusses sind
der Gesetzgeber eine Bereitschaft zeigte, das ältere und
von hohem granularem Ausmaß. Hierzu gehört u. a. die
allgemeinere deutsche Aktienrecht zu modifizieren und
Überwachung der angemessenen Gestaltung der Vergü-
der tatsächlichen Aufsichtspraxis anzupassen.
des Vergütungskontrollausschusses wird in der Instituts-
Der derzeitige Meinungsbildungsprozess geht allerdings
vergütungsverordnung weiter konkretisiert. Im Ergebnis
nicht in diese Richtung; Bankenaufseher z. B. betrachten
steht ein sehr komplexer Verzielungs- und Backtesting-
– unter Hinweis auf die juristischen Grundsätze „lex
Prozess in Bezug auf die Vergütung der Geschäftsleitung,
specialis“ oder „lex posterior derogat lege generale“ – die
der in der Praxis schwer handhabbar und in jedem Falle
Angelegenheit als „entschieden“. Der zuweilen von dem
– aufgrund der noch granulareren Verwaltungspraxis der
einen oder anderen Aufsichtsrat einer Bank gemachte
Bankenaufsicht – sehr zeitaufwendig ist.
Versuch, einem vertieften Gespräch mit der Aufsicht auszuweichen mit dem Hinweis, der Aufsichtsrat sei ja nicht
Angesichts eines ausgefeilten Kanons an Sanktionen wird
Teil der Bank und somit bestehe auch keine Gesprächs-
es sich kein Kreditinstitut leisten wollen, die Wünsche der
pflicht mit der Aufsicht, wurde von dieser natürlich im
Aufsicht zu ignorieren.
Keime erstickt. Nur, eine klarstellende Novellierung des
Gesellschaftsrechts würde nicht nur dem Aufsichtsrat sei-
Inzwischen nähert sich das Pflichtenheft eines Aufsichts-
ne gestiegene Verantwortung verdeutlichen, sondern
ratsvorsitzenden eines größeren Kreditinstituts immer
auch dem Vorstand dessen korrelierende Pflicht zu einer
mehr an das eines „Chairman“ an, wie wir dies aus dem
kontinuierlichen Berichterstattung in vergleichsweise
UK oder z. B. der Schweiz kennen.
hoher Granularität.
3 Novellierung des Gesellschaftsrechts?
Der Hinweis, das deutsche System entwickle sich faktisch
Offensichtlich steht diese Entwicklung in einem deutli-
in Richtung des schweizerischen Verwaltungsratssystems,
chen Spannungsfeld zum deutschen Gesellschaftsrecht,
mag zwar eine zutreffende Beschreibung eines aufsichtli-
das dem Aufsichtsrat eher limitierte Aufgaben und Ver-
chen Zielbildes sein, beschränkt sich dann aber auf die
antwortung zuweist.
Teilkomponente „Verantwortung“, ohne aber andere Fa-
| 01.2017 | 31
MANAGEMENT
& BERATUNG
tungssysteme der Geschäftsleiter. Dieser Aufgabenbereich
» Bankenaufsichtsrat: quo vadis?
cetten der Spielregeln zwischen den Gremien einer Bank
Regeln gegossen hat, widmet sie sich verstärkt „qualitati-
aufzugreifen. Diese – zumindest formalen – Lücken er-
ven Fragen“, also „soft factors“ wie der Corporate Gover-
staunen umso mehr, als sonst der Gesetz- und Verord-
nance, aber auch Themen wie „Kultur des Hauses“ oder
nungsgeber im Bereich der Bankenaufsicht in puncto
strengeren Anforderungen an die Beurteilung von „fit
and proper“ von Mitgliedern der Gremien
eines Kreditinstituts. Zu diesem Zweck
Banken erhalten eine Art Gesamtnote von
der Aufsicht. Hierin fließen auch Qualität und
Abläufe im Aufsichtsrat mit ein.
hielt der Aufsichtsarm der EZB im Juni
2016 eine ganztägige Konferenz ab, um
die Spitzen der Kreditinstitute über seine
Vorstellungen und Anforderungen zu informieren. Natürlich sind alle diese Fragen noch „work in progress“ und werden
Lückenlosigkeit von Regelungen sich selbst hohe Stan-
sich erst über Jahre hinweg final entwickeln können.
dards setzt. Klare Spielregeln erleichtern ein friktions-
Hinzu kommt, dass die EZB zwar durchaus konkrete Vor-
loses Zusammenwirken aller Beteiligten zum Wohle des
stellungen hat, was die Anforderungen an die Qualität
Unternehmens.
von Aufsichtsräten betrifft, aber derzeit kaum an den bestehenden nationalen Vorschriften eines Staates vorbei-
4 SREP: neue Aufsichtspraxis der EZB
kommt, die an dieser Stelle noch immer das letzte Wort
Nun könnte man meinen, dass solche Fragestellungen
haben.
von Corporate Governance bzw. Fragen nach der Zusammensetzung und Qualität von Aufsichtsräten letztlich
6 Checks and balances
nicht so bedeutend seien, als dass man sich darüber allzu
Es ist an dieser Stelle wichtig, sich immer wieder die
lange den Kopf zerbrechen müsste. Immerhin gibt es
Grundphilosophie der Aufsicht zu Fragen der Corporate
auch in anderen Sektoren Fragestellungen, die von insti-
Governance vor Augen zu führen: Eine entscheidende
tutionellen Investoren beobachtet bzw. teils auch offen
Lektion aus der großen Finanzmarktkrise des vergange-
kritisiert werden, ohne dass der Gesetzgeber jedes Mal
nen Jahrzehnts war die bittere Erkenntnis, dass in einer
einschreitet.
Reihe von Kreditinstituten, die in schwere Turbulenzen
An dieser Stelle gilt es deshalb darauf hinzuweisen, dass
zwischen den Gremien der Bank bzw. den Wirtschafts-
die neue Aufsichtspraxis der EZB den Kreditinstituten seit
prüfern, aber auch der Aufsicht, nicht wirklich funktio-
kurzem individualisierte „Beurteilungen“ auf der Basis
niert hatte. In zahlreichen Fällen erwiesen sich Aufsichts-
des sogenannten aufsichtlichen Überprüfungs- und Be-
räte den fachlichen Fragen, die für Wohl und Wehe eines
wertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation
Hauses entscheidend waren, weder qualitativ noch vom
geraten waren, das System von „checks and balances“
Process – SREP) zuweist. Ähnlich einem System von Schul-
Zeiteinsatz her gewachsen. An dieser Stelle sei aber der
noten erhalten Banken gewissermaßen eine Gesamtnote,
Vollständigkeit halber auch deutlich angemerkt, dass es
die unter anderem auch maßgeblich die individuelle
noch viele andere, eher noch bedeutendere Gründe jen-
Höhe der Eigenkapitalanforderungen an das jeweilige
seits der hier diskutierten Fragen für die seinerzeitige
Kreditinstitut bestimmt. Sozusagen als eine Teilnote die-
desaströse Entwicklung mancher Kreditinstitute gab.
ses SREP werden in einer seiner Säulen die Handhabung
von Corporate Governance, aber auch die Qualität und
Nunmehr sollen mehrstufige „lines of defense“ sowie ein
die Abläufe im Aufsichtsrat einer Bank bewertet und ge-
ausgeklügeltes System von „checks and balances“ zwi-
gebenenfalls auch beanstandet. In besonderen Fällen
schen dem Management eines Hauses sowie dem Auf-
kann die Aufsicht sogar individuelle Zuschläge zu den
sichtsrat, den Wirtschaftsprüfern, aber auch einer nun-
Anforderungen an das Eigenkapital verhängen.
mehr nachhaltig „aufgerüsteten“ Bankenaufsicht dafür
sorgen, dass sich vergangene Krisen nicht so leicht wie-
5 EZB: Anforderungen an die Qualität
von Aufsichtsräten
derholen können. Der Aufsichtsrat soll in der Lage und
Nachdem die Bankenaufsicht nunmehr die harten An-
wirklich effektiv zu kontrollieren und dieses überdies
forderungen an Kapital bzw. Liquidität weitgehend in
auch zu beraten. Insoweit lässt sich seine Rolle in gewis-
32 | 01.2017 |
aber auch willens sein, das Management eines Hauses
ser Weise mit denen von Wirtschaftsprüfern und der Ban-
Aus diesem Grund und um den gestiegenen Erwartungen
kenaufsicht vergleichen. Die Zusammenarbeit ist noch en-
bzw. Anforderungen an den Aufsichtsrat bzw. vor allem
ger geworden, der Wirtschaftsprüfer ist letztlich verlän-
an dessen Vorsitzenden sowie den Vorsitzenden seiner
gerter Arm des Aufsichtsrats und wird von diesem be-
wichtigsten Ausschüsse genügen zu können, gehen Kre-
stellt. Idealerweise verfolgt der Aufsichtsrat parallele
ditinstitute vermehrt dazu über, auch zwischen den Sit-
Interessen zu denen der Bankenaufsicht. Die Bankenauf-
zungen den Aufsichtsrat bzw. die Vorsitzenden wichtiger
sicht nimmt nicht nur an ausgewählten Sitzungen von
Ausschüsse mit schriftlichen Unterlagen zu versorgen.
Aufsichtsräten teil, was in Deutschland allerdings kein
Hier stellt sich letztlich die Frage einer schriftlich fixier-
Novum ist, sondern spricht auch regelmäßig mit einzel-
ten Informationsordnung, gleichgültig ob nun in ausge-
nen Mitgliedern des Aufsichts-
feilter Form oder nur in gro-
rats, insbesondere mit seinem
ben Umrissen.
Vorsitzenden sowie den Vorsitzenden von Prüfungs- und
Risikoausschuss.
7 Informationsfluss
An dieser Stelle gilt es allerdings auf zwei wichtige Unter-
Der erweiterte Pflichtenkatalog gepaart mit
begrenzten Rechten und
traditioneller Entlohnung
führt zu einer sich
abzeichnenden Unwucht.
Das
Thema
„Informations-
fluss“ gehört zu den zentralen
Fragen, die es bei großen und
komplexen Instituten zu regeln gilt. Wer A sagt, d. h. wer
verlangt,
dass
Aufsichtsräte
schiede zwischen dem Auf-
über eine Einschätzung der
sichtsrat einerseits sowie dem
Lage im Allgemeinen, aber
Wirtschaftsprüfer bzw. der Aufsicht andererseits hinzu-
auch vermehrt im Detail verfügen, der muss auch B sagen
weisen. Letztere können – und tun dies auch – sich prak-
und dafür sorgen, dass der notwendige Strom an Informa-
tisch durch die „gesamte Firma fragen“, d. h. sie können
tionen funktioniert; dies kann vernünftigerweise nur in
und dürfen ihre Fragestellungen an praktisch alle Fach-
schriftlicher Form geschehen.
sein können. Natürlich werden beide „Institutionen“ über
8 Verhältnis von Risiko und Vergütung
ihre Tätigkeit dem Vorstand – typischerweise CEO und/
Ein weiterer Unterschied zwischen Mitgliedern eines Auf-
oder CFO – berichten, aber ihre Erkenntnisse beruhen in
sichtsrats bei Kreditinstituten einerseits und Wirtschafts-
der Regel auf dem Originalton der Fachleute, also der di-
prüfern andererseits – gilt mutatis mutandis auch für
rekten Interaktion, wenn auch natürlich versehen mit
Angehörige der Bankenaufsicht – ist die Abgeltung des
Einwertungen des Vorstands. Die Bankenaufsicht wieder-
Aufwands, mit dem die Beteiligten ihren Aufgaben nach-
um führt nunmehr – im Gegensatz zu früheren Sonder-
gehen. Während Wirtschaftsprüfer direkt oder mittelbar
prüfungen nach § 44 KWG – routinemäßig sogenannte
nach der „Quantität“ ihrer Arbeit vergütet werden, gilt
„on site inspections“ durch, die zuweilen bis auf Sach-
dies bei Aufsichtsräten nicht, vielleicht nur noch nicht.
bearbeiterebene „tieftauchen“ und sich nicht auf Gesprä-
Länder, die stärker kapitalmarktorientiert sind – dazu ge-
che mit dem Vorstand beschränken.
hört im Übrigen auch die Schweiz –, weisen an dieser Stelle eine andere Historie auf.
Der Aufsichtsrat ist beim Informationsfluss klassischerweise auf die Informationen im Verlaufe von Sitzungen
Wenngleich hier immer der Generalverdacht aufscheinen
seitens des Vorstands angewiesen, die naturgemäß nicht
mag, pro domo zu sprechen, bleibt doch festzuhalten,
dasselbe Maß an Granularität aufweisen können. Auch
dass der „Stundensatz“ von Aufsichtsräten – insbesondere
regelmäßige Gespräche zwischen dem Aufsichtsratsvor-
der der am meisten belasteten Mitglieder – deutlich gefal-
sitzenden und dem Vorstandsvorsitzenden vermögen in
len ist, seitdem sich der Aufgaben- und Verantwortungs-
der Regel nicht, den Wissensvorsprung von Wirtschafts-
katalog teils drastisch ausgeweitet hat. Dies wird u. a.
prüfern und neuerdings auch der Aufsicht auszugleichen.
auch dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber die Zahl der
Dies gilt vor allem für Sonderthemen, die die Aufsicht
zulässigen Aufsichtsratsmandate streng beschnitten hat,
neuerdings forciert, IT- bzw. Geschäftsmodellprüfung
die eine Person innehaben darf. Gleichzeitig muss sich
seien hier stellvertretend genannt. Daran ändern direkte
heute jeder Aufsichtsrat – jedenfalls bei Kreditinstituten –
Kontakte mit Revision und Compliance nur bedingt etwas.
darüber im Klaren sein, dass Haftungsfragen viel mehr
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MANAGEMENT
& BERATUNG
ebenen adressieren, die für eine Beantwortung hilfreich
» Bankenaufsichtsrat: quo vadis?
im Kreuzfeuer der medialen Aufmerksamkeit stehen als
und Back Office nicht zu groß werden darf. Dies soll u. a.
früher. Auch wenn in der Regel eine adäquate Absiche-
erreichen, dass auch die Kontrollfunktionen so besetzt
rung in Form einer D&O-Versicherung besteht und Fälle
werden können, dass diese dem Front Office „intellek-
einer erfolgreichen strafrechtlichen Verfolgung nicht be-
tuell das Wasser reichen“ können. Dies verteuert zwar
kannt sind, so bleibt durchaus die Erkenntnis, dass nicht
die „Plattformkosten“ für die Herstellung von Bank-
nur Vorstände, sondern auch Aufsichtsräte mit einer Er-
dienstleistungen teils drastisch und wirft die Frage auf,
wartungshaltung in der Öffentlichkeit leben müssen, wo-
ob es nicht größerer Einheiten bedarf, um wieder zu ei-
nach geschäftliche Fehlentwicklungen – ungeachtet der
ner Kostendegression zu kommen. Im Ergebnis besteht
Gründe hierfür – auch auf persönlicher Ebene „gesühnt“
aber weitgehend Einigkeit, dass ein System ausgefeilter
werden sollen.
Kontrollen aus den übergeordneten Gründen unumgänglich ist, wenn wir es mit den Lektionen aus der Finanz-
Diese mediale, auf Personen zentrierte Aufmerksamkeit
marktkrise ernst meinen.
macht es zudem leichter, Mitglieder von Gremien durch –
ungerechtfertigte – Strafanzeigen unter Druck zu setzen,
Die eine markante Ausnahme ist in vielen Fällen noch im-
gegebenenfalls auch mit dem Ziel, Zahlungen abzupres-
mer der Aufsichtsrat einer Bank, der an dieser Stelle im
sen. Jedenfalls werden künftig auch Mitglieder von Auf-
Übrigen immer noch den strengen Anforderungen der
sichtsräten mit der „medialen Prangerwirkung“ von soge-
Aufsicht in puncto Qualität („Fit-and-proper-Test“) nur be-
nannter Investigationsrecherche leben müssen.
grenzt unterliegt. Hier betont die Aufsicht der EZB, dass
dieses Thema weitgehend von nationalem Recht besetzt
Alles in allem sollten Aufsichtsratsmitglieder von Kredit-
ist, das historisch gewachsene „Erbhöfe“ kennt. Der Er-
instituten eine Portion an „commitment“ mitbringen,
satz für Aufwand und Einsatz, inklusive Fortbildung, ist
wenn sie eine solche Funktion annehmen. Die faktische
in manchen Fällen – jedenfalls auf Stundenbasis gerech-
Generalüberholung des Pflichtenkatalogs von Aufsichts-
net – deutlich gesunken. Nur, so viel können wir schon
räten von Kreditinstituten, dem aber nach wie vor ein Ge-
heute erahnen, so wird die Qualität von Aufsichtsräten
sellschaftsrecht gegenüber steht, das eher das klassische
bei Kreditinstituten in der Zukunft eher ab- als zuneh-
Modell von begrenzten Rechten bei traditioneller Entloh-
men, sofern die jetzigen Rahmenbedingungen im Sinne
nung widerspiegelt, führt m. E. zu einer sich abzeichnen-
eines „risk reward profile“ sich weiter verschlechtern.
den Unwucht, die sich erst in den nächsten Jahren voll
Die Zahl der aus Gemeinwohlgedanken motivierbaren
und ganz zeigen wird.
Kandidaten für ein solches Gremium dürfte auf die Dauer
nicht ausreichen, um zu einer adäquaten Besetzung von
Schließlich hat aber auch der Präsident der BaFin, Felix
Hufeld, vor einigen Monaten bei einer öffentlichen
Aufsichtsräten von Kreditinstituten zu kommen.
» DOC-ID: W1007449
Podiumsdiskussion in Berlin festgehalten, dass eine
top-professionelle Tätigkeit auch angemessen vergütet
werden müsse.
9 Ergebnis
Das eine Bank insgesamt ausmachende System von weitgehenden „checks and balances“ – also nicht nur Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und Bankenaufsicht, sondern beispielsweise auch die Marktfolge in Form von
Risk Office, aber auch Revision und Compliance – gilt neben den Regeln für Eigenkapital und Liquidität als das
Herzstück einer modernen Regelungslandschaft im Bereich des Kreditwesens, das nie wieder den Steuerzahler
so zur Kasse bitten soll wie im letzten Jahrzehnt. Die genannten Funktionen wurden vom Gesetz- und Verordnungsgeber deutlich gestärkt bis hin zu Vorschriften,
dass das Gefälle bei der Vergütung zwischen Front Office
34 | 01.2017 |
» Gerd Häusler
Vorsitzender des
Aufsichtsrats der
BayernLB, München
Mitglied des
Aufsichtsrats der
MunichRe, München
Keywords:
Cloud Computing
Datenschutz
Datensicherheit
Zertifizierung
IT-Audit
ANALYSE
Datenschutz und
Datensicherheit im
Cloud Computing
Ein Framework zur Beurteilung von Cloud-Services
Von Michael Adelmeyer, M.Sc., CISA, Dr. Marc Walterbusch,
Julian Lang, M.Sc., und Prof. Dr. Frank Teuteberg
Unternehmen können durch den Einsatz von Cloud Computing Effizienz- bzw. Wettbewerbsvorteile realisieren. Das Vertrauen der Praxis in diese Technologie ist jedoch nicht uneingeschränkt, vor allem im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit gibt es Vorbehalte. Durch Audits und damit einhergehende Zertifizierungen kann die Einhaltung grundlegender und definierter Standards bescheinigt
werden; allerdings sind die Anforderungen an einen Cloud-Service spezifisch, und
der Markt bestehender Standards und Zertifikate für Cloud-Services ist heterogen.
MANAGEMENT
& BERATUNG
Dies stellt den Wirtschaftsprüfer vor die Herausforderung, Datensicherheit und
Datenschutz in der Cloud und die daraus entstehenden Risiken angemessen zu beurteilen. Zu diesem Zweck wird ein allgemeines Framework vorgestellt.
1 Einleitung
jedoch noch nicht umfassend.2 Ein Grund
Cloud Computing wird als eine der wich-
dafür ist vor allem die Abgabe der direk-
tigsten strategischen IT-Technologien an-
ten Kontrolle über Risiken im Bereich IT-
gesehen, mit dem Potential, das klassische
Sicherheit,
IT-Outsourcing zu revolutionieren.1 Zwar
schutz,3 welche teils gravierendes Scha-
können Effizienzsteigerungen durch Kos-
denpotential für Unternehmen bergen.4
Verfügbarkeit
und
Daten-
teneinsparungen und eine verbesserte
Prozessleistung
von
Die Übermittlung von Daten in eine Cloud
Cloud Computing realisiert werden, Un-
geht mit einem weitgehenden Kontroll-
ternehmen vertrauen dieser Technologie
verlust über die Daten und ihren Spei-
l
bei
Verwendung
l
1 Vgl. Lansing/Schneider/Sunyaev, in: ECIS 2013 Proceedings, 2013, S. 2. 2 Vgl. Walterbusch/Martens/Teuteberg, in: ECIS 2013
Proceedings, 2013, S. 1 ff. 3 Vgl. Schneider/Sunyaev, Cloud-Service-Zertifizierung, Berlin/Heidelberg 2015, S. V. 4 Vgl. Bagban/Nebot,
HMD 2014, S. 272 f.
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| 01.2017 | 35
» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing
cherort einher. Daher muss den daraus resultierenden
„Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhält-
Akzeptanzproblemen mit dem Erzeugen von Vertrauen in
nisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen
die Technologie und Dienstleister durch Schaffung von
Person (Betroffener)“14 definiert werden.
Transparenz entgegengewirkt werden.5 Die Zertifizierung
von Cloud-Service-Anbietern hinsichtlich der Erfüllung
Die Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten
definierter Datenschutz- und Datensicherheitskriterien
und zum Schutz genereller Daten können jedoch ähnlich
kann als ein Instrument zur Vertrauensbildung und Risi-
oder gar identisch sein, weshalb Datenschutz und Daten-
koeinschätzung fungieren.6
Die aus unzureichenden Datenschutz- und Datensicherheitsmaßnahmen resultierenden Risiken für die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung sind für den Wirtschaftsprüfer von besonderer Bedeutung.7 Angesichts
der eingeschränkten Vergleichbarkeit bestehender Audits und Zertifizierungen wird im Folgenden ein generi-
Zertifizierungen können als Instrument
zur Vertrauensbildung fungieren, betrachten jedoch nicht notwendigerweise
die Risiken für die Ordnungsmäßigkeit
der Rechnungslegung.
scher Ansatz in Form eines Frameworks zur Bewertung
des Datenschutzes und der Datensicherheit von CloudServices vorgestellt.
sicherheit schwerlich getrennt voneinander zu betrachten sind.15 Ein effektiver Datenschutz kann vielmehr nur
2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Datenschutz und Datensicherheit
dann gewährleistet werden, wenn die notwendigen Maß-
Die Begriffe „Informationssicherheit“, „Datensicherheit“
meinen umgesetzt werden.16
nahmen zur Datensicherheit bzw. IT-Sicherheit im Allge-
und „Datenschutz“ sind in Praxis und Fachliteratur nicht
eindeutig bzw. trennscharf definiert.8 Im Folgenden wird
der Abgrenzung des Bundesamts für Sicherheit in der In-
2.2 Cloud Computing
2.2.1 Definition
formationstechnik (BSI) gefolgt:9
Für den Begriff Cloud Computing existiert keine etablierte
und universal gültige Definition, als De-facto-Standard gilt
Informations- bzw. Datensicherheit
jedoch die Definition des National Institute of Standards
Die Informations- bzw. Datensicherheit (im Folgenden:
and Technology (NIST):17
Datensicherheit) bezeichnet den Schutz von Informationen und Daten hinsichtlich gegebener Anforderungen an
Cloud Computing ist ein Modell, das ubiquitären und
die drei Hauptschutzziele der Vertraulichkeit, Verfügbar-
bequemen Netzwerkzugriff bei Bedarf auf einen geteil-
keit und Integrität10 sowie an die Authentizität (Echtheit
ten Pool von konfigurierbaren Rechenressourcen (z. B.
und Glaubwürdigkeit), Verbindlichkeit/Nichtabstreitbar-
Netzwerke,
keit und Zurechenbarkeit.11 Weiter gefasst kann im Fokus
Dienstleistungen) gewährleistet, die schnell und mit
der Betrachtung der Datensicherheit die gesamte IT-Si-
minimalem Verwaltungsaufwand oder Interaktion mit
cherheit (Schutz vor Risiken durch den Einsatz von IT-Sys-
dem Dienstleister zur Verfügung gestellt und wieder
temen auf Unternehmen und deren Werte) liegen.
freigegeben werden können.
12
Server,
Speicher,
Anwendungen
und
Datenschutz
Der Definition liegen fünf Eigenschaften einer Cloud zu-
Datenschutz (vor allem i. S. des Bundesdatenschutzgeset-
grunde: selbständige Bereitstellung bei Bedarf, unabhängi-
zes, BDSG) bezeichnet den Schutz personenbezogener Da-
ger Zugriff, Ressourcenbündelung, dynamische Skalier-
ten vor Missbrauch durch Dritte,13 wobei diese Daten als
barkeit sowie nutzungsbasierte Abrechnung und Kontrol-
5 Vgl. Rübsamen/Reich, in: On the Move to Meaningful Internet Systems: OTM 2013 Conferences, 2013, S. 403 f. 6 Vgl. Borges, DuD 2014; Doelitzscher u. a., in: Pearson/Yee (Hrsg.),
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Privacy and Security for Cloud Computing, London 2013, S. 125. 7 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I. 8 Vgl. Eckert, IT-Sicherheit, 9. Aufl., München 2014, S. 6. 9 Vgl. BSI (Hrsg.), Leitl
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faden Informationssicherheit, 2012, S. 14; für eine eingehendere Differenzierung siehe z. B. Eckert, a.a.O. (Fn. 8), S. 1 ff. 10 Vgl. BSI (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 9), S. 14. 11 Vgl. Eckert, a.a.O.
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(Fn. 8), S. 7 ff. 12 Vgl. Weiss, DuD 2014, S. 173. 13 Vgl. BSI (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 9), S. 14. 14 § 3 Abs. 1 BDSG. 15 Vgl. Hansen, in: Borges/Schwenk (Hrsg.), Daten- und Identitätsschutz in
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Cloud Computing, E-Government und E-Commerce, Heidelberg 2012, S. 82. 16 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832. 17 Vgl. Mell/Grance, The NIST definition of cloud computing,
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Special Publication 800–145, 2011, S. 2.
36 | 01.2017 |
le. Cloud Computing ist dabei keine neue Technologie, son-
Bei jedem der drei dargestellten Service-Modelle kann der
dern kombiniert bekannte und etablierte Technologien
Benutzer die zugrunde liegende Infrastruktur weder ver-
wie Virtualisierung und Infrastructure Management.
walten noch kontrollieren, sondern nur im Rahmen der
18
ihm zur Verfügung gestellten Abstraktionsebene agie-
2.2.2 Service-Modelle
ren.21 Je höher der Abstraktionsgrad in Bezug auf die
Die in der Schichtenarchitektur in Übersicht 1 dargestell-
Cloud-Infrastruktur und damit die Komplexität des Ser-
ten drei Service-Modelle basieren auf einer Cloud-Infra-
vices ist, desto geringer sind somit die Kontrollmöglich-
struktur.
keiten des Anwenders innerhalb einer Cloud.
2.2.3 Bereitstellungsmodelle
Beim Nutzerkreis, innerhalb dessen ein Cloud-Computing-Service
Software
as a Service
verfügbar ist, wird zwischen drei
unterschiedlichen Bereitstellungsmodellen und einer Kombination
aus
dieser
Modelle
(Hybrid Cloud) differenziert:22
Kontrolle
Komplexität
Platform as a Service
mehreren
» Eine Private Cloud wird
exklusiv für eine einzelne
Organisation bereitgestellt und
von dieser Organisation selbst,
Infrastructure as a Service
einem Drittanbieter oder einer
Kombination aus beiden
verwaltet und betrieben.
Cloud-Infrastruktur
» Community Clouds werden
Abstraktionsschicht
von einer definierten Gruppe
(z. B. verschiedene Organi-
Hardwareschicht
sationen) mit geteilten
Interessen genutzt.
Übersicht 1 » Service-Modelle und Cloud-Infrastruktur
» Eine Public Cloud ist der breiten
Das Spektrum der Bereitstellung reicht von Anwen-
Je breiter der Nutzerkreis der Cloud ist, desto größer
dungen (Software as a Service, SaaS) über Hosting-Um-
sind die realisierbaren Skaleneffekte. Indes nehmen in
gebungen, auf denen z. B. Software betrieben werden
gleichem Maße die Kontrollmöglichkeiten des einzelnen
kann (Platform as a Service, PaaS), bis hin zu grundle-
Nutzers ab.23
genden Ressourcen wie Speicher-, Rechen- oder Netzwerkkapazitäten (Infrastructure as a Service, IaaS).19
Die Cloud-Infrastruktur besteht aus einer physischen
3 Datenschutz und Datensicherheit in der Cloud
3.1 Risiken beim Einsatz von Cloud-Services
Schicht, die den Pool an Hardwareressourcen enthält,
Je nach Service- bzw. Bereitstellungsmodell muss eine für
und einer Abstraktionsschicht, die Software beinhaltet,
den Anwendungsfall individuelle Betrachtung und Bewäl-
die die zugrunde liegende physische Schicht steuert
tigung der Risiken erfolgen.24 So ergeben sich bei der Nut-
(z. B. Virtualisierungssoftware).
zung von Private Clouds in den Grenzen des Unterneh-
20
18 Vgl. Doelitzscher u. a., a.a.O. (Fn. 6), S. 126. 19 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 3. 20 Vgl. Youseff/Butrico/Da Silva, in: Grid Computing Environments Workshop, 2008, S. 4.
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21 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 2. 22 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 3. 23 Vgl. Lampe u. a., in: AMCIS 2012 Proceedings, 2013, S. 2. 24 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O.
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(Fn. 3), S. 9.
| 01.2017 | 37
MANAGEMENT
& BERATUNG
Öffentlichkeit zugänglich.
» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing
mens grundsätzlich keine neuen Probleme.25 Bei einer
Virtualisierung oder den geteilten Ressourcenpool der
Auslagerung von betrieblichen Funktionen z. B. in eine
Multi-Mandanten-Architektur unberechtigte Zugriffe auf
Public Cloud verbleibt die Verantwortung für die Einhal-
Daten erfolgen.32
tung der gesetzlichen Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung jedoch beim auslagernden
Der Verlust der Kontrolle über den Speicherort durch dy-
Unternehmen.26 Die Einhaltung der in IDW RS FAIT 127
namische Ressourcenallokation und Verschiebung der
formulierten Anforderungen an die Sicherheit und Ord-
Daten führt vor allem zu Risiken für die Integrität und
nungsmäßigkeit sowie der gesetzlichen Anforderungen,
Vertraulichkeit.33 Zudem entstehen hierdurch Risiken hin-
vor allem der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
sichtlich der Erfüllung der Aufbewahrungspflichten
(§ 257 HGB) und die Sicherheits- und
Ordnungsmäßigkeitsanforderungen zur
Bei der Auslagerung von betrieblichen
Prozessen und Funktionen in eine Cloud
entstehen gesonderte Risiken, die individuell
zu betrachten sind.
Speicherung von Daten (§§ 238 ff. HGB).
Dies gilt besonders dann, wenn die Daten über mehrere Länder verteilt gespeichert werden.34 Mangels einheitlicher Standards und Gesetze kommt es
zu rechtlichen Risiken bezüglich der
Einhaltung von Compliance-Anforde-
(§ 239 Abs. 4 HGB), gelten in diesem Kontext uneinge-
rungen. Bei der Übertragung der Daten über herkömmli-
schränkt, unabhängig vom eingesetzten Service- und Be-
che Technologien wie das Internet muss stets auch eine
reitstellungsmodell. Zentrale Voraussetzung für die Ein-
hinreichende Absicherung der Daten sowie Bandbreite
haltung der Ordnungsmäßigkeitsanforderungen ist daher
des Anschlusses gewährleistet sein.35 Weitere Risiken für
die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen für rech-
die Ordnungsmäßigkeit sind z. B. Risiken für die Vollstän-
nungslegungsbezogene Daten.
digkeit und Zeitgerechtheit, sofern Geschäftsvorfälle und
28
29
Daten im Rahmen der Auslagerung in eine Cloud unvollBei der Auslagerung von betrieblichen Prozessen und
ständig oder verspätet bearbeitet werden. Aber auch die
Funktionen sind Cloud-spezifische Risiken – vor allem für
funktionalen Anforderungen des Buchführungsverfah-
die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Da-
rens – z. B. die Beleg-, Journal- und Kontenfunktion und
ten – zu berücksichtigen. Sofern der Cloud-Dienstleister
vor allem die Dokumentation des Verfahrens – unterlie-
i. S. von § 11 Abs. 1 BDSG als Auftragnehmer personenbe-
gen bei der Auslagerung in eine Cloud gesonderten, er-
zogene Daten verarbeitet, hat sich das auslagernde Un-
höhten Risiken.36
ternehmen in diesem Rahmen regelmäßig von der Einhaltung der Ausgestaltung entsprechender technischer
Die Risiken, die sich aus dem Einsatz von Cloud-Services
und organisatorischer Maßnahmen zu überzeugen.
Or-
ergeben, sind vielfältig und individuell.37 Das auslagernde
ganisatorische Risiken bei der Auslagerung in eine Cloud
Unternehmen muss die vertraglichen Regelungen sowie
entstehen vor allem durch den Kontrollverlust des Kun-
die Gestaltung und Wirksamkeit des internen Kontrollsys-
den hinsichtlich der Überwachung des Cloud-Services so-
tems (IKS) im Hinblick auf die ausgelagerten Funktionen
wie durch Unklarheiten bei der Verteilung von Verant-
gewährleisten, z. B. durch entsprechende Audits oder Zer-
wortlichkeiten.31 Umfangreiche technische Risiken erge-
tifikate.38 Dies kann sich jedoch als schwierig gestalten, so-
ben sich aus der Architektur und der Integration von
fern der Cloud-Dienstleister wiederum weitere Cloud-Sub-
Cloud-Services. So können durch Schwachstellen in der
dienstleister in Anspruch nimmt, für die ein Kontroll-
30
25 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I. 26 IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Auslagerung von rechnungslegungsrelevanten Prozessen
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und Funktionen einschließlich Cloud Computing (IDW RS FAIT 5), Tz. 45. 27 IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Inforl
mationstechnologie (IDW RS FAIT 1). 28 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 19 ff. 29 Vgl. IDW RS FAIT 1, Tz. 19 i. V. mit Tz. 23 ff. 30 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 43 f. 31 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O.
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(Fn. 3), S 10 f.; IDW RS FAIT 5, Tz. 23 f. 32 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O. (Fn. 3), S 11; IDW RS FAIT 5, Tz. 26. 33 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 29 f. 34 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 36 und 39.
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35 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O. (Fn. 3), S. 12; IDW RS FAIT 5, Tz. 26 ff. 36 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 34 ff. 37 Für eine detaillierte Betrachtung siehe z. B. Schneider/Sunyaev, a.a.O.
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(Fn. 3), S 9 ff. sowie IDW RS FAIT 5, Tz. 22 ff. 38 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 46, i. V. mit Hansen, a.a.O. (Fn. 15), S. 89 f.
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38 | 01.2017 |
bzw. Prüfrecht unter Umständen nicht oder nicht vollum-
Daten hinaus. So wird der Datenschutz in IDW RS FAIT 5
fänglich gilt. Die Revisionssicherheit von Cloud-Services
als Teilrisiko im Rahmen der rechtlichen Risiken nachran-
ist folglich nicht uneingeschränkt gewährleistet.
gig betrachtet.47 Vor allem bei Cloud-spezifischen Zertifi-
39
zierungen – z. B. auf der Basis von ISO/IEC 27001 – muss
3.2 Datenschutz- und Datensicherheitsaudits
aber vorher der Anwendungsbereich (Scope) eines sol-
Neben Kontrollen durch den Nutzer haben auch Cloud-
chen Audits festgelegt werden. Dieser ist i. d. R. nicht mit
Dienstleister ein Interesse an einem Datenschutz- bzw.
dem Zielsystem von Prüfungen, deren Ergebnisse im Rah-
Datensicherheitsaudit, um z. B. Wettbewerbsvorteile zu
men von Abschlussprüfungen Verwendung finden (z. B.
realisieren oder eine Nutzungsentscheidung zu vereinfa-
IDW PS 951 oder ISAE 3402), vergleichbar.48
chen.40 Dafür sind z. B. unabhängige Audits bzw. Zertifizierungen des Dienstleisters notwendig.41 Deren Akzep-
Eine Entsprechung der Anforderungen an die Ordnungs-
tanz hängt im Wesentlichen von den Faktoren Freiwillig-
mäßigkeit der Buchführung ist nicht zwingend gegeben.
keit, Vergleichbarkeit und Skalierbarkeit ab.
Durch eine solche Zertifizierung kann somit in erster Li-
42
nie lediglich „ein gewisser Grad an Professionalität des
Datenschutz- und Datensicherheitsaudit agieren dabei
Anbieters“ gefolgert werden.49 Werden jedoch bei der Be-
aus zwei verschiedenen Perspektiven: Während der Da-
urteilung von Risiken Prüfungsergebnisse Dritter heran-
tenschutz primär auf die Wahrung der Integrität von
gezogen, ist eine qualifizierte und unabhängige Beurtei-
Personen fokussiert, zielt die Datensicherheit auf die
lung eines Cloud-Services unerlässlich.50
Sicherung des Betriebs einer Organisation ab.43 Da sich
die Anforderungen der Daten- bzw. IT-Sicherheit in
lassen, ist es notwendig, ein Datenschutzmanagement-
3.3 Überblick über ausgewählte Cloudspezifische Initiativen, Standards, Richtlinien
und Zertifizierungen
system (DSMS) auf einem Informationssicherheitsmana-
Es existiert eine Vielzahl von Standards und Zertifizierun-
gementsystem (ISMS) aufzubauen.
der Praxis kaum von denen des Datenschutzes trennen
Die Anforderungen
gen für Cloud-Services, die sich jedoch zum Teil hinsicht-
an ein solches System können sich z. B. am Standard
lich Fokus, Audit-Prozess und zugrunde liegender Kon-
ISO/IEC
27001 orientieren. Dabei ist zu beachten, dass
trollen unterscheiden.51 Im Folgenden wird eine Auswahl
ISO/IEC 27001 primär auf generelle Datensicherheits-
von wichtigen Initiativen, Standards, Richtlinien und Zer-
aspekte fokussiert, weshalb Cloud-spezifische Umset-
tifizierungen vorgestellt.52
45
44
27018 – in die Betrachtung integriert werden müssen.
EuroCloud
ISO/IEC 27001 bleibt allerdings als prägender Faktor für
Der Verband EuroCloud ist ein europäischer Verband
den Aufbau eines DSMS bestehen. Im Fokus des Da-
mehrerer Landesorganisationen, der eine differenzierte
tenschutzaudits liegt die Überprüfung, ob das DSMS mit
Betrachtung der konkreten Anforderungen der jewei-
der vom Unternehmen definierten Datenschutzpolitik
ligen nationalen Gesetzgebung ermöglicht.53 Der Ver-
und dem Datenschutzprogramm im Einklang steht und
band verfolgt das Ziel, durch Berücksichtigung des
die einschlägigen, gesetzlichen Datenschutzvorschriften
Cloud-spezifischen Umfelds Transparenz für den Ein-
eingehalten werden.46
satz von Cloud-Dienstleistungen zu schaffen.54 Dazu
wurde die Zertifizierung EuroCloud Star Audit ent-
Beim Datensicherheitsaudit als Teil eines IT-Sicherheits-
wickelt, die je nach Umsetzungsgrad der Vorgaben
audits geht die Betrachtung über die personenbezogenen
mehrstufig vergeben wird.55
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39 Vgl. Leupold, in: Leupold/Glossner (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 3. Aufl., München 2013, Rn. 35 f. 40 Vgl. Diek, in: Bäumler/von Mutius (Hrsg.), Datenschutz als
Wettbewerbsvorteil, Braunschweig/Wiesbaden 2002, S. 158 f. 41 Vgl. Eckhardt, in: Borges/Schwenk (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), S. 106 f.; Weichert, DuD 2010, S. 683. 42 Vgl. Hammer/
Schuler, DuD 2007, S. 78 ff. 43 Vgl. Rost, DuD 2012, S. 434. 44 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832. ff. Beispielsweise auf Basis der IT-Grundschutz-Kataloge. 45 International Organi-
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zation for Standardization/International Electrotechnical Commission. 46 Vgl. Roßnagel, Datenschutzaudit, Wiesbaden 2000, S. S. 68. 47 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 43. 48 Vgl. Knoll,
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HMD 2013, S. 10 f. 49 Weiss, DuD 2014, S. 173. 50 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I. 51 Vgl. Schneider/Lansing/Gao, in: HICSS 2014 Proceedings, 2014, S. 4998. 52 Für eine Übersicht
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existierender Zertifizierungen siehe z. B. Schneider u. a., Industrie Management-Zeitschrift für industrielle Geschäftsprozesse 2013, S. 14. 53 Vgl. Müller, Studie „Cloud Labeling“,
l
2013, S. 17. 54 Vgl. Weiss, DuD 2014. 55 Vgl. Weiss, DuD 2014, S. 173 f.
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| 01.2017 | 39
MANAGEMENT
& BERATUNG
zungsempfehlungen – z. B. nach ISO/IEC 27017 bzw.
» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing
Cloud Security Alliance
ein effektiver Datenschutz nur dann gewährleistet wer-
Die Cloud Security Alliance (CSA) ist eine internationale
den kann, wenn die notwendigen Maßnahmen zur Da-
Koalition aus Unternehmen und Interessensgruppen zur
tensicherheit umgesetzt werden, ist beides gemeinsam
Erarbeitung von Richtlinien für Sicherheit im Cloud Com-
zu betrachten.60 Dazu wurde auf der Basis von Literatur-
puting.
Als zentrale Publikationen sind vor allem die
recherchen und Interviews mit erfahrenen Auditoren
Cloud Control Matrix sowie die CSA Security Guidance for
ein Framework zur Herangehensweise an die Bewer-
57
Critical Areas of Focus in Cloud Computing zu nennen.
tung der Maßnahmen von Cloud-Service Providern hin-
Ferner hat die CSA ein dreistufiges Zertifizierungsmodell
sichtlich Datenschutz und Datensicherheit entwickelt
entwickelt, auf dessen zweiter Stufe Cloud-Anbieter auf
und evaluiert.61
56
der Basis von ISO/IEC 27001 sowie der Cloud Control Matrix durch einen 3 rd Party Audit geprüft werden.58
Das Framework teilt sich in die Submodelle Legal Compliance Model, Privacy and Security Compliance Model sowie Privacy and Security Control Model auf (Übersicht 2).
ISO/IEC 270 xx
Zentrale Norm der Reihe ISO/IEC 270 xx ist ISO/IEC 27001
als De-facto-Basisstandard für das Management von Infor-
Legal Compliance Model
mationssicherheit. Um die Besonderheiten der Daten-
Das Legal Compliance Model umfasst die Ermittlung der ge-
sicherheit und des Datenschutzes im Cloud Computing an-
setzlichen Vorgaben, an die sich Cloud-Computing-Dienst-
gemessen zu berücksichtigen,
leister und Kunden bei der
wurden die Normen ISO/IEC
Auslagerung von rechnungs-
27017:2015 für Datensicherheit sowie ISO/IEC 27018:2014
für Datenschutz in Public
Clouds veröffentlicht.
IDW RS FAIT 5
IDW RS FAIT 5 (Stand: 04.11.
Das Fehlen einheitlicher
Standards und Zertifizierungen
zur Bewertung von Datenschutz
und Datensicherheit in der Cloud
erfordert eine allgemeine
Herangehensweise.
2015) befasst sich mit den
Spezifika von Cloud Compu-
legungsrelevanten
Funktio-
nen oder der Verarbeitung
von personenbezogenen Daten halten müssen. Das Modell fokussiert auf die Gesetzgebung in Deutschland, der
EU und den USA. Als für Wirtschaftsprüfer zentrale Vorgaben beim Einsatz und der
ting bei der Auslagerung von rechnungslegungsrelevan-
Auslagerung von rechnungslegungsrelevanten Prozessen
ten Prozessen und Funktionen. Dargestellt werden vor al-
und Funktionen in eine Cloud sind die Sicherheits- und
lem Verantwortung und Gestaltung des IKS beim IT-Out-
Ordnungsmäßigkeitsanforderungen gemäß IDW RS FAIT 5
sourcing mit Blick auf die Risiken, die sich aus dem
i. V. mit IDW RS FAIT 1 angeführt. Je nach zugrunde liegen-
Einsatz von Cloud Computing für die Ordnungsmäßigkeit
dem Service- bzw. Bereitstellungsmodell ist die Einhaltung
der Buchführung ergeben.
dieser Verlautbarungen individuell zu bewerten.
4 Framework zur Bewertung von Cloud-Services
Privacy and Security Compliance Model
Mangels einheitlicher Standards und Zertifizierungen ist
Dieses Modell beschreibt neben Datenschutzkriterien
ein allgemeines Herangehen an die Bewertung von Da-
auch die Datensicherheit als Grundlage für effektiven Da-
tenschutz und Datensicherheit als Basis für die Be-
tenschutz und betrachtet beispielhaft u. a. aus Gesetzen
wertung der Ordnungsmäßigkeit in diesem Kontext er-
und Standards abgeleitete Anforderungen. In diesem
forderlich. Aufgrund des Fehlens einer einheitlichen
Schritt werden konkrete Anforderungen an Datenschutz
gesetzlichen Regelung für Datenschutzaudits existieren
und Datensicherheit ermittelt. Eine Orientierung bei der
vor allem hier verschiedene Ausprägungsformen.59 Da
Ableitung weiterer Kriterien mit Fokus auf der Ordnungs-
56 Vgl. Weichert, DuD 2010, S. 687. 57 CSA, Security Guidance for Critical Areas of Focus in Cloud Computing v3.0, 2013; CSA, Cloud Controls Matrix v3.0, 2011. 58 Vgl. Doubrava/
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Münch, in: Leupold/Glossner (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 39), Rn. 67 ff. 59 Vgl. Mester, DuD 2014, S. 198. 60 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832. 61 Beide Interview-Partner besitzen im
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Bereich Datenschutzprüfungen langjährige Erfahrung bei einer führenden Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Ein Interview-Partner ist zudem über mehrere Jahre als Datenschutzbeauftragter beschäftigt gewesen. Die Experteninterviews wurden qualitativ analysiert; die Interviews wurden im August 2014 durchgeführt.
40 | 01.2017 |
EU-Standardvertragsklauseln, Binding Corporate Rules, EU-US Privacy Shield, Berücksichtigung
nationaler Gesetze und des Standorts der verantwortlichen Stelle
Sicherheits- und Ordnungsmäßigkeitsanforderungen (IDW RS FAIT 5 i.V. mit IDW RS FAIT 1)
Allgemeine Anforderungen (Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeitgerechtheit,
Ordnungsmäßigkeit, Nachvollziehbarkeit, Unveränderlichkeit), Beleg-, Journal-,
Kontenfunktion, Dokumentation, Aufbewahrungspflichten
Legal Compliance Model
Ermittlung gesetzlicher
und regulatorischer
Anforderungen
Sicherstellung eines angemessenen Datenschutz- und Datensicherheitsniveaus
Grenzüberschreitende Datenübermittlung/Auftragsdatenverarbeitung
Europäischer
Wirtschaftsraum
Deutschland
HGB, GoBD, AO, BDSG
Compliance Management
Privacy and Security
Compliance Model
Ermittlung konkreter
Anforderungen an
Datenschutz und
Datensicherheit
USA/Drittstaat
E-Discovery, Sarbanes-Oxley Act,
RL 2006/43/EG, RL 95/46/EG,
Patriot Act, US Federal/State Laws
Verordnung 2016/679
Datenschutzanforderungen
Datensicherheitsanforderungen
Datenschutz-Kultur
Subunternehmer
Datenschutz-Ziele
Service Level Agreements
Datensicherung und
-wiederherstellung
Datenschutz-Risiken
Incident Response
Anwendungssicherheit
Datenschutz-Organisation
Datenschutz-Programm
Kontrollrechte, Audit
und Zertifizierung
Security Incident Management
Datenschutz-Kommunikation
Vertragsgestaltung
Sicherheitsmanagement
Datenübermittlung
Vertragsbeendigung
Zugriffsschutz
Anbieter- und Datenlokation
Rechenzentrumssicherheit
Datenschutz-Überwachung
Compliance
Branchenspezifika
z.B. Bankenwesen, Medizin, Telekommunikation
Bewertung des CloudComputing-Anbieters
anhand seiner Umsetzung
von Kontrollen
NIST Privacy and Security Controls
ISO/IEC 27001/27017/27018 Controls
Service Organization Controls (SOC 2), SSAE 16 / ISAE 3402 / IDW PS 951
Controls
Controls und Frameworks
Privacy and Security
Control Model
Cloud Security Alliance – Cloud Control Matrix
COSO/COBIT
MANAGEMENT
& BERATUNG
ITIL
Übersicht 2 » Framework zur Bewertung eines Cloud-Services hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit
mäßigkeit der Rechnungslegung können in diesem Kon-
Anbieter den wichtigsten Kriterien gerecht werden
text etwa IDW PS 330 oder IDW PS 880 (beim Einsatz von
kann. Vor allem aufgrund der Vielzahl von Kriterien ist
SaaS) i. V. mit IDW RS FAIT 5 oder bestehende Anforde-
eine ganzheitliche Betrachtung aller Regularien, Krite-
rungskataloge62 bilden.
rien und Kontrollen im Modell jedoch nicht praktikabel,
sondern nur individuell und branchenspezifisch mög-
Privacy and Security Control Model
lich. Bestehende Kontroll-Frameworks sowie eventuell
In diesem Modell werden beispielhaft Kontrollen aufge-
vorliegende Prüfberichte sind daraufhin zu untersuchen,
zeigt, mit deren Implementierung ein Cloud-Computing-
ob die für die Auswirkungen von Datenschutz- und Da-
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62 Für eine eingehendere Betrachtung von Anforderungen an Cloud-Dienste siehe etwa „Anforderungskatalog Cloud Computing“ des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (https://www.bsi.bund.de; Abruf: 18.07.2016).
| 01.2017 | 41
» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing
tensicherheitsrisiken auf die Rechnungslegung rele-
Besonders im Bereich des Datenschutzes und des grenz-
vanten Bereiche adäquat abgedeckt werden.63 Ziel des
überschreitenden Datenverkehrs fehlen verbindliche Re-
Frameworks ist es daher zu verdeutlichen, in welcher
gelwerke, die die Überprüfung der Umsetzung von Daten-
Reihenfolge eine Bewertung vorgenommen werden
schutz- und Datensicherheitsmaßnahmen regeln. Die ge-
kann und welche Kriterien zu beachten sind; dazu wird
nauen Auswirkungen der am 27.04.2016 verabschiedeten
das komplexe Thema Datenschutz und Datensicherheit
EU-Datenschutzgrundverordnung (ersetzt die Richtlinie
im Cloud Computing kategorisiert.
95/46/EG) sowie des Mitte Juli 2016 verabschiedeten EUUS Privacy Shield als Ersatz für das Safe-Harbor-Abkommen65 sind ferner noch unklar.
5 Fazit und Ausblick
Zur Zertifizierung des Datenschutzes und der Sicherheit
von Cloud-Dienstleistern existieren verschiedene Ansät-
Die beschriebene Situation bietet dem Berufsstand der
ze.64 Vor allem bei den in letzter Zeit entstandenen Cloud-
Wirtschaftsprüfer z. B. die Chance, sich als 3 rd Party Au-
spezifischen Standards und Verfahren – z. B. ISO/IEC
ditor zu etablieren, etwa für bestehende Zertifikate. Auch
27017 und 27018 – bleiben indes ihre Akzeptanz, Verbrei-
kann durch den damit einhergehenden Aufbau von Kom-
tung und Aussagekraft – vor allem für die Wirtschaftsprü-
petenzen in diesem Bereich ein Mehrwert für die Ab-
fung – abzuwarten und kritisch zu beurteilen. Das hier
schlussprüfung bzw. die Beratung geschaffen werden.66
vorgestellte Framework bietet vor dem Hintergrund heterogener Audits und Zertifikate eine Möglichkeit, die As-
Die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit
pekte des Datenschutzes und der Datensicherheit zu beur-
werden von vielen Cloud-Services noch nicht im ausreich-
teilen. Zu beachten ist, dass die individuellen Gegebenhei-
enden Maß erfüllt, so dass sich auch für die Wirtschafts-
ten der Auslagerung in eine Cloud (Standort des
prüfung relevante Risiken ergeben können.67 Dies macht
Anbieters, Art der ausgelagerten Daten und Prozesse, Ser-
die Etablierung allgemein akzeptierter Standards erfor-
vice- und Bereitstellungsmodell etc.) bei der Anwendung
derlich, vor allem bei der Verwertung von Prüfungsergeb-
berücksichtigt werden müssen.
nissen Dritter.
» Michael Adelmeyer
Fachgebiet für Unternehmensrechnung und
Wirtschaftsinformatik,
Universität Osnabrück
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» Dr. Marc Walterbusch
» Julian Lang
Fachgebiet für Unternehmensrechnung und
Wirtschaftsinformatik,
Universität Osnabrück
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» DOC-ID: W1007265
» Prof. Dr. Frank Teuteberg
PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Osnabrück
l
Fachgebiet für Unternehmensrechnung und
Wirtschaftsinformatik,
Universität Osnabrück
63 Vgl. Loczewski/General/Schwald, IT-Governance 2013, S. 7. 64 Vgl. Doubrava/Münch, a.a.O. (Fn. 58), Rn. 105. 65 Vgl. Riedel, WPg 2015, S. 1269; Bäuerle/Kessler, WPg 2016,
S. 1188. 66 Vgl. Diehl, in: Bericht über die IDW Fachtagung 1997, Düsseldorf 1998, S. 195 ff. 67 Vgl. Hansen, a.a.O. (Fn. 15), S. 93.
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42 | 01.2017 |
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Steuern & Recht
KOMPAKT
VERSCHWIEGENHEIT DES WP
Umsetzung des neuen EU-Datenschutzrechts
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (VO EU 2016/679)
– im Folgenden DS-GVO – ist am 24.05.2016 in Kraft getreten; sie wird ab dem 25.05.2018 in der EU unmittelbar
Geltung erlangen. Damit soll ein einheitliches Datenschutzniveau in der EU geschaffen werden. Bis dahin
muss der deutsche Gesetzgeber Regelungsaufträge, die
die Verordnung enthält, erfüllen. Außerdem kann er in
bestimmten Bereichen Spielräume, die die Verordnung in
Form von Öffnungsklauseln gelassen hat, nutzen. Des
Weiteren haben die EU-Mitgliedstaaten die Datenschutzrichtlinie (EU) 2016/680 umzusetzen.
Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung,
Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder
der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses
2008/977/JI des Rates, ABl. EU Nr. L 119 vom 04.05.
2016, S. 89.
» (Entwurf für ein) Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Datenschutz-Grundverordnung
(Verordnung (EU) 2016/679) und zur Umsetzung
der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU).
Um ein reibungsloses Zusammenspiel der DS-GVO und
der Richtlinie (EU) 2016/680 mit dem stark ausdifferen-
IDW zum Entwurf des BMI zum Datenschutzrecht
zierten deutschen Datenschutzrecht sicherzustellen, ist
Das IDW hat sich am 07.12.2016 in einer Eingabe an das
es nach Auffassung des Bundesministeriums des Inne-
BMI zu diesem Referentenentwurf geäußert. Es setzt sich
ren (BMI) erforderlich, das bisherige Bundesdaten-
darin mit konkreten Formulierungsvorschlägen für einen
schutzgesetz (BDSG) abzulösen. Das BMI hat deshalb am
umfassenden Schutz der beruflichen Verschwiegenheits-
23.11.2016 den „Referentenentwurf eines Datenschutz-
pflicht des Wirtschaftsprüfers ein.
Anpassungs- und -Umsetzungsgesetzes EU“ zur Anhörung vorgelegt.
Zentrale Norm für den Berufsstand ist § 26 BDSG-E, der
Informations- und Auskunftsrechte von Personen, deren
Überblick
» Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum
Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG
(Datenschutz-Grundverordnung), ABl. EU Nr. L 119
vom 04.05.2016, S. 1.
» Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten durch die zuständigen
Daten erhoben wurden („betroffene Personen“), zugunsten der Verschwiegenheitspflicht von Berufsträgern einschränkt. Außerdem schränkt § 26 Befugnisse von Aufsichtsbehörden ein.
» Die sog. Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 der DS-GVO
erlaubt Beschränkungen der verschiedenen Informations-, Auskunfts- und Korrekturrechte in den Art. 5, 12
bis 22 sowie 34 DS-GVO. Das BMI hat davon aber nur
in sehr eingeschränktem Umfang Gebrauch gemacht.
Das IDW hat für eine Ausweitung der Beschränkungen
plädiert und mit Bezug auf das weitreichende Informationsrecht der betroffenen Personen in Art. 13 DS-GVO
eine konkrete Formulierung vorgeschlagen.
| 01.2017 | 43
STEUERN & RECHT
Europäische und nationale Rechtsgrundlagen im
» Artikel 23 Abs. 1 Buchst. g DS-GVO erlaubt Beschrän-
schaftsprüfers unterliegen, ein. Allerdings ist die For-
kungen zum Schutz der „berufsständischen Regeln
mulierung nach Auffassung des IDW nicht klar genug.
reglementierter Berufe“. Da der Entwurf diese
» In diesem Zusammenhang bittet das IDW um Klar-
Möglichkeit nicht erwähnt, hat das IDW den Bezug
stellung, dass auch die Befugnisse der Strafverfolgungs-
auf Art. 23 Abs. 1 Buchst. g DS-GVO gefordert.
behörden durch die berufsrechtliche Verschwiegen-
» Der Entwurf lässt offen, ob neben der gesetzlichen
Verschwiegenheitspflicht auch die vertragliche Ver-
heitspflicht begrenzt sind (vgl. § 43 DS-GVO und § 97
StPO).
» DOC-ID: W1007503
schwiegenheitspflicht geschützt ist. Das IDW hat einen
Formulierungsvorschlag unter Einbeziehung der
vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterbreitet.
» Der Entwurf schränkt zwar begrüßenswerterweise die
Befugnisse der Aufsichtsbehörden im Umgang mit
Daten, die der Verschwiegenheitspflicht des Wirt-
Mehr zum Thema
» Referentenentwurf des BMI mit Stand vom 23.11.2016 unter
www.idw.de (Stellungnahmenfrist: zwei Wochen).
» IDW Eingabe an das BMI vom 07.12.2016 (www.idw.de); zuvor
bereits IDW Eingabe vom 07.07.2016 (WPg 2016, S. 933).
REZENSION
Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Der deutsche Mittelstand wird ganz überwiegend von Familienunternehmen bestimmt. Nicht zuletzt deshalb wird dieser Typ eines Unternehmens als Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft angesehen. Vor diesem Hintergrund analysiert
das aus 34 Personen bestehende Autorenteam betriebswirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche und steuerliche Aspekte
von Familienunternehmen. Die Motivation zu diesem Kompendium erklärt sich dabei durch die Tatsache, dass das
unternehmerische Wirken eines Familienunternehmens nicht nur Einfluss auf das Unternehmen und dessen betriebswirtschaftlichen Erfolg hat, sondern auch auf den privaten Zusammenhalt der Familie als tragendem Element einwirkt.
Vor diesem Hintergrund geben die Autoren auf insgesamt 872 Seiten einen abstrakten Einblick in deutsche Unternehmerfamilien, der in praktischer Hinsicht auch auf den eigenen Beratungserfahrungen basiert. Ziel des Kompendiums ist
es, dem Leser eine praxisnahe Darstellung an die Hand zu geben und weitergehende Fragen durch umfassende Literaturhinweise zu erschließen.
Die insgesamt 16 Unterkapitel zur Abgrenzung der Familienunternehmen von anderen Unternehmen sowie zur Unternehmerfamilie tragen zur fachlichen Qualität des Werks bei. Das Autorteam hat dabei den bis Mai 2016 geltenden
Wissensstand berücksichtigt. Nicht zuletzt aus diesem Grund kann das Werk jedem Benutzer, der sich mit betriebswirtschaftlichen, gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Fragen von Familienunternehmen beschäftigt, als aktuelles und
auch für fachübergreifende Studien geeignetes Werk empfohlen werden. Aufgrund der Fülle der verarbeiteten Informationen kann es dem mit diesem Thema vertrauten Anwender ebenso nahegelegt werden wie dem auf rein theoretischer
Basis befassten Wissenschaftler. » Wolfgang Schmidt
» Rechenberg, Wolf-Georg Freiherr von / Thies, Angelika / Wiechers, Heiko (Hrsg.): Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien. – Stuttgart : Schäffer Poeschel Verlag 2016. – 872 S. – € 99,95
44 | 01.2017 |
Keywords:
Mindestlohn
Arbeitslohn
Weihnachtsgeld
Sonderzahlung
Überstundenzuschlag
ANALYSE
Erstes Urteil des BAG
zum Mindestlohngesetz
Von RAin Jana Jocksch, LL.M., und RA Dr. Uwe Schlegel
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) klärt in seiner ersten Entscheidung zum Mindestlohngesetz
(MiLoG) eine Reihe grundlegender Rechtsfragen des noch jungen Gesetzes. Vor allem geht das
Gericht der Frage nach, inwieweit Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn von bislang
8,50 Euro je Zeitstunde – ab dem 01.01.2017 wird sich der gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro
brutto/Stunde erhöhen – Anrechnung finden können. Wir möchten dem in unserem Beitrag nach-
1 Einleitung
chenbar.“ So titelte ZEIT ONLINE am 25.05.2016.1
2 Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers hinsichtlich tatsächlich geleisteter
Arbeitsstunden
Weiterhin heißt es in dem Beitrag: „Arbeitgeber
Unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 i. V. mit §§ 20 und 1
dürfen laut einem Urteil das Urlaubs- und Weih-
Abs. 1 MiLoG weist das BAG eingangs seiner Ent-
nachtsgeld heranziehen, um die Lohnuntergrenze
scheidung darauf hin, dass der Anspruch auf den
von 8,50 Euro zu erreichen.“ So oder so ähnlich
gesetzlichen Mindestlohn mit jeder geleisteten Ar-
formulierten es Autoren der Tagespresse in einer
beitsstunde entstehe. Dies mache es für den be-
Vielzahl von Veröffentlichungen, wenn es um die
troffenen Arbeitnehmer notwendig, die von ihm
erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden schlüssig
2
(BAG) zum Mindestlohngesetz (MiLoG) ging.
darzulegen. Hierfür genüge eine aus dem Durch-
Nachdem das Urteil des 5. Senats des BAG nun-
schnitt eines Zeitraums ermittelte Stundenzahl
mehr mit Entscheidungsgründen veröffentlicht
nicht.4 Das kann vor allem in Fällen, in denen hin-
worden ist, liest sich die Sache ein wenig anders.
sichtlich der Arbeitszeit keine Aufzeichnungs-
Das war schon aufgrund der vorangegangenen
pflicht besteht, für Arbeitnehmer gegebenenfalls
Pressemitteilung des BAG zu vermuten.3
zu praktischen Schwierigkeiten bei der Durchset-
„Sonderzahlungen sind auf Mindestlohn anre-
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STEUERN & RECHT
gehen und aufzeigen, welche praktischen Konsequenzen dem Urteil des BAG folgen.
l
1 www.zeit.de (Abruf: 27.10.2016). 2 BAG, Urteil vom 25.05.2016 – 5 AZR 135/16, juris. 3 Pressemitteilung des BAG 24/16 vom 25.05.2016 (http://juris.bundesarbeitsgericht.de; Abruf: 27.10.2016). 4 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.1. der Entscheidungsgründe.
| 01.2017 | 45
» Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz
zung ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Min-
unterschreiten. § 3 MiLoG führe bei Unterschrei-
destlohn führen.
ten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem entsprechenden Differenzanspruch.10
3 Unbedingter Entgeltanspruch
Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG beträgt der gesetz-
Bei der Frage, ob ein Anspruch auf Differenzver-
liche Mindestlohn bislang 8,50 Euro brutto „je
gütung entstanden ist, scheiden nach Einschät-
Zeitstunde“. Das BAG macht in seiner Entschei-
zung des BAG längere Berechnungszeiträume als
dung darauf aufmerksam, dass der Vergütungs-
ein Kalendermonat aus.11 Damit stellt sich das
anspruch des Arbeitnehmers nicht von der zeitli-
BAG gegen eine im Schrifttum vertretene Auffas-
5
sung, die eine zweimonatliche Berechnung der
Differenzvergütung befürwortet.12 Das BAG ver-
Das BAG geht davon aus, dass es sich wegen
des in § 1 Abs. 1 MiLoG verwendeten
Begriffs des Mindestlohns um eine Bruttoentgeltschuld des Arbeitgebers handele.
weist darauf, dass mit dem MiLoG dem in Vollzeit tätigen Arbeitnehmer ein Monatseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze gesichert
werden solle. Daher regele § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
MiLoG die Fälligkeit des Mindestlohns spätestens
am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf
den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung
chen Lage der Arbeit abhänge. Auch verlange
erbracht wurde.13
der Mindestlohn nicht nach einem mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verbundenen
5 Erfüllung des Mindestlohnanspruchs
Erfolg. Schließlich komme es auch nicht auf die
Hinsichtlich der Erfüllung des Anspruchs des Ar-
Umstände an, unter denen die Arbeitsleistung
beitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn
erbracht wird.
weist das BAG darauf hin, dass Erfüllung eintre-
6
te, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte
4 Anspruch auf Mindestlohn als gesetzlicher
Anspruch/Anspruch auf Differenzvergütung
Bruttovergütung den Betrag erreiche, der sich
Das BAG ist mit der bislang ganz überwiegenden
Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit
Meinung im Schrifttum der Auffassung, dass der
8,50 Euro ergäbe. Auch verspätete Zahlungen
Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ein ge-
könnten Erfüllungswirkung haben. Dies belege
setzlicher Anspruch sei.7 Das MiLoG schaffe eine
§ 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG, wonach der Arbeitgeber
eigenständige Anspruchsgrundlage auf Mindest-
ordnungswidrig handelt, wenn er den Mindest-
lohn für alle Arbeitnehmer.8 Das BAG sieht, dass
lohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.14 Leistet
aus der Multiplikation der Zahl der in diesem
der Gesetzgeber mit dem Begriff „Lohn“ eine
der Arbeitgeber den Mindestlohn nach Fälligkeit
nicht mehr zeitgemäße Terminologie verwende;
(§ 2 Abs. 1 MiLoG), kann der Arbeitnehmer dem-
keinesfalls bedeute das aber, dass der gesetzliche
nach Verzugszinsen sowie den Ersatz eines sons-
Mindestlohn nur dem gewerblichen Arbeitneh-
tigen Verzugsschadens nach §§ 288, 286 Abs. 2
mer bzw. Arbeiter zustehe.
Nr. 1 BGB verlangen.15
9
Der Anspruch auf Mindestlohn – so das BAG –
Im Zusammenhang mit der Erfüllung des gesetzli-
trete neben den arbeits- oder tarifvertraglichen
chen Mindestlohns nach § 362 Abs. 1 BGB ist das
Entgeltanspruch. Das MiLoG greife in die Entgelt-
BAG der Auffassung, dass der Gesetzesbegriff des
vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und
Mindestlohns der Auslegung bedürfe. Das BAG
etwaig anwendbare Entgelttarifverträge nur inso-
geht davon aus, dass es sich wegen des in § 1
weit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn
Abs. 1 MiLoG verwendeten Begriffs des Mindest-
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5 Ab dem 01.01.2017 wird sich der gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro brutto/Stunde erhöhen. 6 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1). 7 BAG, a.a.O. (Fn. 2),
II.2.b); so auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, Komm., München 2015, § 1, Rn. 2, u.v.m. 8 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)aa). 9 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1).
10 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b). 11 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)bb); ebenso Kocher, AuR 2015, S. 173 (175). 12 Lembke, NZA 2015, S. 70 (74); Waltermann, AuR
2015, S. 166 (171). 13 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)bb). 14 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)cc). 15 So BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)cc).
46 | 01.2017 |
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lohns und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestimmten Höhe des Mindestlohns in Form eines Brutto-
6.2 Das Urteil des BAG: Der maßgebliche
Sachverhalt
betrags bei dem Mindestlohn um eine Bruttoent-
Der Hinweis des BAG, dass ein umfassender Ent-
geltschuld des Arbeitgebers handele.16 Der Arbeit-
geltbegriff maßgeblich sei, beantwortet für sich
geber schuldet dem Arbeitnehmer somit eine
noch nicht die Frage, welche Sonderzahlung im
Entgeltleistung in Form von Geld. Bei einer Geld-
Einzelfall Anrechnung auf den gesetzlichen Min-
schuld wird die geschuldete Leistung grundsätz-
destlohn findet. Schon für die in dem durch das
lich nur dann bewirkt, wenn der Gläubiger den
BAG entschiedenen Fall zur Diskussion stehende
ihm zustehenden Geldbetrag endgültig zur freien
Jahressonderzahlung bedarf es nach den Ausfüh-
Verfügung übereignet oder überwiesen erhält.
rungen des Gerichts einer differenzierten Be-
Aus diesem Grund erfüllt der Arbeitgeber nach
trachtung. Um das anschaulich zu machen, soll
Einschätzung des BAG den Anspruch auf den ge-
zunächst noch einmal der der Entscheidung des
setzlichen Mindestlohn nur dann, soweit die dem
BAG zugrunde liegende Sachverhalt in seinem
Arbeitnehmer gewährten Entgeltzahlungen dem
Kern geschildert werden.
Arbeitnehmer endgültig verbleiben.
17
In dem durch das BAG entschiedenen Fall erhielt
6 Vor allem: Sonderzahlungen und
gesetzlicher Mindestlohn
6.1 Grundsätzliches zur Berücksichtigung
von Geldleistungen
die Klägerin, eine Mitarbeiterin in einer Cafeteria
Für das BAG gilt schon nach den bislang aufge-
verse Zuschläge, u. a. für Überstunden sowie für
zeigten Überlegungen des Gerichts ein umfassen-
Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Schließlich wand-
der Entgeltbegriff. Generell sind demnach alle im
te die Beklagte der Klägerin zweimal jährlich im
arbeitsvertraglichen
in Abhängigkeit von den durch sie geleisteten Arbeitsstunden. Weiterhin erhielt die Klägerin di-
(sog.
Mai bzw. November eines jeden Jahres jeweils ein
Synallagma) stehenden Geldleistungen des Arbeit-
halbes Bruttomonatsgehalt zu, welches als Ur-
gebers geeignet, den Anspruch des Arbeitnehmers
laubs- bzw. Weihnachtsgeld bezeichnet wurde.
auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.18
Weiterhin sah der Arbeitsvertrag zwischen den
Das BAG weist darauf hin, dass es nur solchen
Parteien vor, dass sich die Sonderzahlungen um
Zahlungen an einer Erfüllungswirkung fehle, die
1/12 für jeden Kalendermonat, in dem kein Ar-
der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsäch-
beitsverhältnis bestanden hat oder für den keine
liche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt
Bezüge beansprucht werden, vermindern sollte.
oder die auf einer besonderen gesetzlichen
Im Dezember 2014 schloss die Beklagte mit dem
Zweckbestimmung beruhen. In diesem Zusam-
im Betrieb gebildeten Betriebsrat eine „Betriebs-
menhang verweist das BAG ausdrücklich auf die
vereinbarung Inkrafttreten Mindestlohngesetz“,
gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG, wonach
die u. a. bestimmt, dass die arbeitsvertraglich ver-
der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Falle soge-
einbarten Jahressonderzahlungen i. H. von 1/12
nannter Nachtarbeit einen angemessenen Zu-
für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen
schlag auf das dem Arbeitnehmer zustehende
Fälligkeit der Monatsvergütung zur Zahlung fällig
Bruttoarbeitsentgelt schuldet.19 Diesen Hinweis
sein sollen. Im Übrigen erhielt die Klägerin zu-
des Gerichts kann man nur so verstehen, dass das
letzt einen Stundenlohn von 8,00 Euro sowie ein
BAG davon ausgeht, dass der etwaig geschuldete
Bruttogehalt von 1.391,36 Euro. Einschließlich der
Zuschlag für Nachtarbeit dem gesetzlichen Min-
erwähnten Zuschläge zahlte die Beklagte an die
destlohn hinzuzurechnen ist.20
Klägerin 1.507,30 Euro.
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STEUERN & RECHT
Austauschverhältnis
der Beklagten, eine monatliche Grundvergütung
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16 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1). 17 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(2). 18 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3). 19 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3). 20 Ebenso
ErfK/Franzen, Komm., 16. Aufl., München 2016, § 1 MiLoG, Rn. 13; NK-GA/Forst, Komm., Baden-Baden 2016, § 1 MiLoG, Rn. 10, u.v.m.
| 01.2017 | 47
» Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz
6.3 Erfüllungswirkung der Sonderzahlungen
im konkreten Fall
b. Verknüpft der Arbeitgeber die im zeitlichen
Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest er-
Der geschilderte Sachverhalt hat das BAG veran-
folgende Zahlung zu Gunsten des Arbeitneh-
lasst, davon auszugehen, dass die erwähnten Jah-
mers mit dem Erfordernis einer Betriebstreue,
ressonderzahlungen Anrechnung auf den gesetzli-
so kann die Sonderzahlung nach unserer Ein-
chen Mindestlohn finden. Das BAG führt aus, dass
schätzung ebenfalls keine Anrechnung auf den
den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem
gesetzlichen Mindestlohn finden. Hier erfolgt
Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonder-
die Zuwendung nicht mit dem Zweck, die Ar-
zahlungen Erfüllungswirkung zukomme. Bei den
beitsleistung des Arbeitnehmers zu vergüten.24
Sonderzahlungen handele es sich um eine im ar-
c. Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein
beitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende
sogenanntes 13. Gehalt, so wird dem in aller
Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Ar-
Regel mit Blick auf den gesetzlichen Mindest-
beitnehmer erbrachte Arbeit. Einer besonderen
lohn Erfüllungswirkung beigemessen werden
gesetzlichen Zweckbestimmung unterlägen die
können. Allerdings besteht dann immer noch
Jahressonderzahlungen nicht.
das Problem der Fälligkeit (§ 2 MiLoG). Der Ar-
21
beitgeber kann mit einer z. B. im November ei-
6.4 Sonderzahlungen anlässlich des
Weihnachtsfestes
nes Jahres erfolgenden Entgeltzahlung in Form
Das Urteil des BAG lässt keinesfalls den Schluss
gesetzlichen Mindestlohn etwaig rückständige
zu, dass Sonderzahlungen allgemein auf den ge-
Vergütung aus den Vormonaten ausgleichen.
setzlichen Mindestlohn angerechnet werden dür-
Es droht ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen
eines 13. Gehalts nicht eine mit Blick auf den
des MiLoG (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 MiLoG).
Das Urteil des BAG lässt keinesfalls den
Schluss zu, dass Sonderzahlungen
allgemein auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden dürfen.
6.5 Weitere Sonderzahlungen
Im Übrigen ist aus unserer Sicht für mögliche weitere Sonderzahlungen wie folgt zu entscheiden:
a. Trinkgelder können selbstverständlich keine
Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn
finden, denn hierbei handelt es sich nicht um
eine Leistung des Arbeitgebers.25
fen. Maßgeblich ist vor allem die Aussage des Ge-
b. Der sogenannte Kita-Zuschuss dürfte ebenfalls
richts, wonach alle im Synallagma stehenden
keine Anrechnung finden, denn durch diesen
Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet sind,
wird nicht die Arbeitsleistung des Arbeitneh-
den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu
mers belohnt; vielmehr wird berücksichtigt,
erfüllen.22 Wenn man dies am Beispiel der anläss-
dass der Arbeitnehmer Aufwendungen für die
lich des Weihnachtsfestes vom Arbeitgeber geleisteten Sonderzahlung durchdenkt, so ergeben sich
Betreuung seiner Kinder zu tragen hat.
c. Eine Erholungsbeihilfe im Rahmen der steuer-
aus unserer Sicht folgende Konsequenzen:
lich anerkannten Grenzen (§ 40 Abs. 3 Nr. 3
a. Eine vom Arbeitgeber lediglich freiwillig ge-
EStG) kann nach unserer Einschätzung eben-
zahlte Sonderzuwendung kann nicht auf den
falls nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn an-
Mindestlohn angerechnet werden. Eine Er-
gerechnet werden, denn mit der Zahlung dieser
füllungswirkung kann nur dann angenommen
Beihilfe will der Arbeitgeber dem Umstand
werden, wenn es sich um eine Zahlung des Ar-
Rechnung tragen, dass dem Arbeitnehmer
beitgebers handelt, auf die der Arbeitnehmer
während der Urlaubszeit zusätzlicher Aufwand
unter rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet
entsteht, an dem sich der Arbeitgeber mit der
einen Anspruch hat.
Gewährung der Beihilfe beteiligen möchte.26
23
21 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.c). 22 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3). 23 Ebenso NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20). 24 So auch NK-GA/Frost, a.a.O. (Fn. 20), Rn. 11.
l
l
l
l
25 Schubert/Jerchel/Düwell, MiLoG, Baden-Baden 2015, Rn. 140 (S. 77), u.v.m. 26 So im Ergebnis auch NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20), Rn. 10.
l
l
48 | 01.2017 |
d. Bei Schmutz- und Gefahrenzulagen ist die
gezahlt. Hinsichtlich geleisteter Überstunden-,
Rechtslage unserer Auffassung nach aktuell
Sonn- und Feiertagszuschläge hatte der Arbeitge-
nicht eindeutig. Zahlt der Arbeitgeber einer
ber den vertraglichen Bruttostundenlohn i. H. von
Reinigungskraft beispielsweise mit Blick auf
8,00 Euro zugrunde gelegt. Das alles beanstandet
den außergewöhnlich hohen Grad der Ver-
das BAG nicht. Das Gericht geht nämlich davon
schmutzung der zu reinigenden Gegenstände
aus, dass hinsichtlich eines jeden einzelnen Mo-
ein zusätzliches Entgelt, kann das durchaus auf
nats der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zah-
den gesetzlichen Mindestlohn Anrechnung fin-
lung des gesetzlichen Mindestlohns erfüllt wurde.
den. In einem solchen Fall vergütet der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.27
8 Zusammenfassung
e. Auch Zahlungen des Arbeitgebers zur Verbes-
Mit seiner ersten Entscheidung zum MiLoG klärt
serung der Altersversorgung können wegen
das BAG eine Reihe grundlegender Fragen zum
der mit der Leistung verbundenen Zweckset-
gesetzlichen Mindestlohn. Die vom Gericht aufge-
zung keine Anrechnung auf den gesetzlichen
zeigten dogmatischen Grundlagen zeichnen zu-
Mindestlohn finden.
gleich die von ihm im konkreten Fall gefundenen
28
Ergebnisse vor. Zentral scheint uns der Satz des
7 Zuschläge für Überstunden-, Sonn- und
Feiertage
Gerichts zu sein, wonach der Arbeitgeber den
Das BAG ist der Auffassung, dass die klagende Ar-
chen Mindestlohn grundsätzlich dann erfüllt,
beitnehmerin auch hinsichtlich der von ihr er-
wenn er im jeweiligen Kalendermonat eine Brut-
langten Zuschläge für Überstunden sowie Sonn-
tovergütung zahlt, die den Betrag erreicht, der
und Feiertagsarbeit gesetzeskonform entlohnt
sich aus der Multiplikation der Zahl der in die-
wurde. Das Gericht meint, dass die genannten Zu-
sem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstun-
schläge nicht auf der Grundlage der in § 1 Abs. 2
den mit 8,50 Euro ergibt.
Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzli-
» DOC-ID: W1007439
Satz 1 MiLoG bestimmten 8,50 Euro, sondern allein unter Beachtung des vertraglich vereinbarten
Bruttostundenentgelts von vorliegend 8,00 Euro
zu berechnen seien. Die Zuschlagspflicht für Überstunden sowie Arbeit an bestimmten Tagen folgt
für das BAG ausschließlich aus dem zwischen den
Parteien vereinbarten Arbeitsvertrag; daran habe
das MiLoG nichts geändert.29 Im Übrigen stünden
der Klägerin aufgrund des MiLoG keine weiteren
Überstundenvergütungen zu. In den Monaten, in
denen die Klägerin Überstunden geleistet habe,
habe die Beklagte den gesetzlichen Mindestlohn
durch Zahlung des Bruttomonatsgehalts sowie
STEUERN & RECHT
der genannten Zuschläge erfüllt.30
Vorstehendes führt auf den ersten Blick zu einem
überraschenden Ergebnis. In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte der beklagte Arbeitgeber
der Klägerin über mehrere Monate hinweg eine
Vergütung von jeweils insgesamt 1.507,30 Euro
» Jana Jocksch, LL.M.
ETL Rechtsanwälte
GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft, Köln
» Dr. Uwe Schlegel
ETL Rechtsanwälte
GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft, Köln
27 Anderer Ansicht wohl NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20, Rn. 10. 28 Im Ergebnis ebenso Schubert/Jerchel/Düwell, a.a.O. (Fn. 25). 29 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.4.
l
l
l
30 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.5.
l
| 01.2017 | 49
Keywords:
Streubesitzdividende
DBA-Recht
Europarecht
Kapitalertragsteuer
ANALYSE
Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung
weiterhin europarechtswidrig?
Von StB Thomas Kollruss
Auch nach Einfügung des § 8 b Abs. 4 KStG spricht vieles dafür, dass die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig ist. Hintergrund ist eine fehlende Verzahnung
von § 8 b Abs. 4 KStG mit dem DBA-Recht. Die unilaterale Regelung des § 8 b Abs. 4 KStG ist auch
nicht in der Lage, eine europarechtskonforme Streubesitzdividendenbesteuerung herzustellen,
da die Norm vor allem nicht die Besteuerung an der Quelle regelt. Im Spannungsfeld zwischen
Europa- und Abkommensrecht bietet sich daher die Aufhebung des § 8 b Abs. 4 KStG an. Neben
einer europarechtskonformen Besteuerung von Streubesitzdividenden könnte dadurch auch die
Eigenkapitalfinanzierung – gegenüber der Gesellschafter-Fremdfinanzierung – in deutsche Kapitalgesellschaften gestärkt werden.
1 Problemstellung
Streubesitzdividende).
In Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 20.10.
schränkt
2011 – C-284/09 (Kommission/Deutschland)1 und
als Empfänger einer inländischen Streubesitzdivi-
zur Weiterführung der abgeltenden Erhebung
dende führt § 8 b Abs. 4 KStG zu einer massiven
deutscher Kapitalertragsteuer auf Streubesitzdi-
wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Insgesamt
videnden
2, 3
Vor
steuerpflichtige
allem
für
unbe-
Kapitalgesellschaften
, die von deutschen Kapitalgesellschaf-
stellt sich die Frage nach der tatsächlichen Wirk-
ten an beschränkt steuerpflichtige Körperschaf-
kraft der deutschen Streubesitzdividendenbe-
ten gezahlt werden (sog. Inbound-Streubesitzdi-
steuerung (§ 8 b Abs. 4 KStG, § 43 EStG); dies des-
videnden), hat der Gesetzgeber § 8 b Abs. 4 KStG
halb, weil der Gesetzgeber abkommensrechtliche
als „Lösung“ eingeführt. Die Regelung schließt die
Aspekte bei der Konzeption von § 8 b Abs. 4 KStG
Beteiligungsertragsbefreiung nach § 8 b Abs. 1
nicht beachtet hat. Die Einordnung der Streube-
Satz 1 KStG für Streubesitzdividenden aus, die in
sitzdividendenbesteuerung nach § 8 b Abs. 4 KStG
Deutschland im Rahmen der Veranlagung be-
in das System der abkommensrechtlichen Rege-
steuert werden („inländische“ Empfänger der
lungen ist nicht gelungen. Die deutsche Streube-
4
1 Vgl. EuGH-Urteil vom 20.10.2011 – C-284/09 (Kommission/Deutschland), DStR 2011, S. 2038; allgemein Rehr, DStR 2015, S. 1481 ff. 2 (Nenn-)Kapitalbeteilil
l
gung < 10 %. 3 Vgl. BT-Drucks. 17/10604 vom 05.09.2012, S. 22. 4 Unter Berücksichtigung von § 44 a Abs. 9 EStG und außerhalb von Fällen des § 50 d Abs. 3
l
l
EStG beträgt die finale deutsche Kapitalertragsteuerbelastung 15 % der Bruttodividende.
50 | 01.2017 |
sitzdividendenbesteuerung enthält kein Treaty
zur ausländischen Betriebsstätte der deutschen
Override.5 Der Gesetzgeber hat per se angenom-
Kapitalgesellschaft gehören (vgl. Übersicht 1).7
men, dass Deutschland bei diesen Streubesitzdividenden (Nennkapitalbeteiligung < 10 %) abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht hat,
vor allem für einen in Deutschland ansässigen
Deutschland
DBA-Ausland
Streubesitzdividendenempfänger. Aber auch für
Ausschüttungen von Streubesitzdividenden durch
KapG
eine in Deutschland ansässige Körperschaft/Kapitalgesellschaft hat der deutsche Gesetzgeber
BSt
faktisch ein abkommensrechtliches Quellenbesteuerungsrecht unterstellt (Erhebung deutscher
6%
GmbH
Kapitalertragsteuer gemäß Art. 10 Abs. 2 DBA
OECD-MA). Beides muss aber nicht der Fall sein.
Der vorliegende Beitrag zeigt erstmals eine Konstellation bei Streubesitzdividenden auf, bei der
§ 8 b Abs. 4 KStG i. V. mit § 43 EStG aufgrund seiner fehlenden Abstimmung mit Abkommensrecht
Übersicht 1 » Inländische Streubesitzdividende nach Art. 21
Abs. 2 DBA OECD-MA
faktisch nicht zur Wirkung kommt. Betroffen sind
in- und ausländische Streubesitzbeteiligungen,
die abkommensrechtlich unter Art. 21 DBA OECD-
2.2 Deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung (§ 8 b Abs. 4 KStG, § 43 EStG)
MA sowie den verlängerten Betriebsstättenvorbe-
Nachfolgend wird die deutsche Streubesitzdivi-
halt fallen (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA). Die
dendenbesteuerung vor dem Hintergrund des
deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung ist
DBA-Rechts analysiert und diskutiert. Dabei wird
konzeptionell und systematisch nicht mit dem
von dem Fallbeispiel in Übersicht 1 ausgegangen.
DBA-Recht abgestimmt worden. Der vorliegende
Ohne Berücksichtigung des DBA-Rechts und sei-
Beitrag zeigt die abkommenssystematischen Defi-
nes Systems bzw. der Annahme, dass das DBA-
zite der deutschen Streubesitzdividendenbesteue-
Recht die deutsche Streubesitzdividendenbesteue-
rung auf und geht auf eine etwaige partielle Eu-
rung nicht limitiert, ergeben sich die folgenden er-
roparechtswidrigkeit ein.
tragsteuerlichen Implikationen:
(i) Erhebung einer Kapitalertragsteuer (Quellen-
2 Inländische Streubesitzdividende, die unter
Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fällt
2.1 Fallbeispiel
steuer) i. H. von 25 % auf den Bruttobetrag
Zunächst wird der Fall einer inländischen Streu-
Satz 1 Nr. 1 EStG, § 32 KStG).
wirkung (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 43 a Abs. 1
(ii) Steuerpflicht der Brutto-Streubesitzdividende
lich unter Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fällt. Als
gemäß § 8 b Abs. 4 Satz 1 KStG auf der Ebene
konkretes Beispiel dient hier eine deutsche Kapi-
der deutschen Empfänger-Kapitalgesellschaft
talgesellschaft (KapG), die in einer Betriebsstätte
(KSt = 15 %) unter Anrechnung der Kapitaler-
(BSt) in einem ausländischen DBA-Staat eine Be-
tragsteuer (25 %) gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG,
teiligung an einer deutschen GmbH i. H. von 6 %
sodass die finale Körperschaftsteuerbelastung
6
hält (Nennkapitalbeteiligung) und von dieser Di-
der Brutto-Streubesitzdividende 15 % beträgt.
videnden empfängt. Abkommensrechtlich liegt
Ob die genannten Steuerfolgen tatsächlich so ein-
eine
Ansässigkeitsstaat
treten, hängt vom DBA-Recht ab. In Bezug auf das
Deutschland vor. Die Beteiligung soll funktional
Fallbeispiel scheidet die gewerbesteuerliche Er-
Dividende
aus
dem
STEUERN & RECHT
besitzdividende betrachtet, die abkommensrecht-
der Streubesitzdividende ohne Abgeltungs-
8 b Abs. 1 Satz 3 i. V. mit Satz 2 KStG greift nur für solche Fälle, bei denen die Ausschüttung das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert hat.
l56 §Beispielsweise
eine niederländische Betriebsstätte. 7 Vgl. allgemein FG Münster vom 15.12.2014 – 13 K 624/11 F, EFG 2015, S. 704 (Rev. BFH: I R 10/15);
l
l
Schulz-Trieglaff, IStR 2015, S. 717 ff.; BFH-Beschluss vom 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, S. 510; BFH-Urteil vom 24.08. 2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014,
S. 764; Rust, in: Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., München 2015, Art. 21, Rn. 1, 49.
| 01.2017 | 51
» Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?
fassung der Streubesitzdividende in Deutschland
steuerungsrecht an der Streubesitzdividende zu-
bereits nach innerstaatlichem Steuerrecht aus
gewiesen. Allerdings ordnet Art. 21 Abs. 2 DBA
(§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). Für den Dividen-
OECD-MA die Nichtanwendung von Abs. 1 an und
denempfänger ist diese Beteiligungsstruktur da-
sieht die Anwendung von Art. 7 DBA OECD-MA
her von Vorteil.
(Unternehmensgewinne) vor, da die Streubesitzdividendenbeteiligung funktional der ausländi-
2.3 DBA-Recht (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA)
und Streubesitzdividendenbesteuerung
schen DBA-Betriebsstätte der Empfänger-Kapital-
Nun soll der zentrale Aspekt der abkommens-
zuzuordnen ist.
gesellschaft (KapG) im anderen Vertragsstaat
rechtlichen Behandlung der Streubesitzdividende
berücksichtigt werden und diese mit der (inten-
Demzufolge findet nun Art. 7 DBA OECD-MA auf
dierten) deutschen Streubesitzdividendenbesteue-
die Streubesitzdividende Anwendung. Gemäß
Art. 7 Abs. 1 DBA OECD-MA ist die Streubesitzdividende Teil des ausländischen Betriebsstättenge-
Vollständiger DBA-Besteuerungsausschluss – inkl. Kapitalertragsteuer – für
Streubesitzdividenden, die unter Art. 21
Abs. 2 DBA OECD-MA fallen.
winns und darf vom ausländischen Betriebsstättenstaat besteuert werden.
DBA-Besteuerungsausschluss für Streubesitzdividenden (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA)
Deutschland hat diese gemäß Art. 7 Abs. 1 i. V. mit
Art. 23A Abs. 1 DBA OECD-MA9 abkommensrecht-
rung zusammengebracht werden. Wie bereits er-
lich auf der Ebene der Empfänger-Kapitalgesell-
wähnt, schränkt die innerstaatliche Streubesitzdi-
schaft (KapG) von der deutschen Besteuerung
videndenbesteuerung nicht die Anwendung der
auszunehmen. Diese abkommensrechtliche Frei-
DBA-Regelungen ein (kein Treaty Override). Zwi-
stellung der Streubesitzdividende erstreckt sich
schen Deutschland und dem ausländischen Be-
sowohl auf die Quellenbesteuerung (Kapitaler-
triebsstättenstaat besteht ein DBA nach Maßgabe
tragsteuer) als auch auf die Besteuerung im Rah-
des OECD-MA.
men der Veranlagung nach § 8 b Abs. 4 KStG. Ab-
8
kommensrechtlich „entfällt“ in der Konstellation
Im Fallbeispiel (Übersicht 1) fällt die Streube-
(Abb. 1) die deutsche Quellenbesteuerung (Kapi-
sitzdividende abkommensrechtlich nicht unter
talertragsteuerabzug), da Art. 7 DBA OECD-MA
Art. 10 DBA OECD-MA (Dividendenartikel), da sie
dem Ansässigkeitsstaat Deutschland kein Quel-
von einer in Deutschland ansässigen Kapitalge-
lenbesteuerungsrecht einräumt. Artikel 10 Abs. 2
sellschaft an eine Kapitalgesellschaft gezahlt
DBA OECD-MA (Quellenbesteuerung) ist ebenfalls
wird, die ebenfalls in Deutschland ansässig ist
nicht anwendbar, da die Norm aufgrund einer Di-
(Art. 4 Abs. 3 DBA OECD-MA) und nicht im aus-
vidende aus dem Ansässigkeitsstaat in toto nicht
ländischen
Abkommens-
zur Anwendung gelangt. Insgesamt mangelt es
rechtlich stammt die Streubesitzdividende somit
Deutschland in der Konstellation einer unter
aus dem Ansässigkeitsstaat der Empfänger-Kapi-
Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fallenden Streube-
talgesellschaft (Deutschland). In Bezug auf den
sitzdividende, die von einer in Deutschland an-
Empfänger (KapG) liegen mit der Streubesitzdivi-
sässigen Gesellschaft an eine in Deutschland an-
dende Einkünfte aus dem Ansässigkeitstaat vor,
sässige Gesellschaft gezahlt wird (Empfängerin),
sodass Art. 21 Abs. 1 DBA OECD-MA zunächst zu
an einer abkommensrechtlichen Besteuerungs-
prüfen ist. Nach dieser Regelung wird Deutsch-
möglichkeit (Freistellung). Demzufolge greift die
land abkommensrechtlich das ausschließliche Be-
deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung in
l
Betriebsstättenstaat.
l
8 Z.B. DBA Deutschland-Niederlande 2012. 9 Bzw. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a), c) DBA Deutschland-Niederlande 2012. Die als Unternehmensgewinn (Art. 7)
qualifizierten Streubesitzdividenden sind aktive Einkünfte i. S. von Art. 22 Abs. 1 Buchst. c) DBA Deutschland-Niederlande.
52 | 01.2017 |
diesem Fall weder auf der Quellenbesteuerungs-
USA 2008) die Anwendung von Art. 10 Abs. 2 DBA
seite (Kapitalertragsteuer) noch auf der Empfän-
somit für den Nicht-Quellenstaat (Ansässigkeits-
gerseite (§ 8 b Abs. 4 KStG) wirksam durch. Dieser
staat der ausschüttenden Gesellschaft) und sieht
Effekt besteht für die meisten deutschen DBA,
eine Anrechnungsverpflichtung dieser Steuer
welche dem OECD-MA folgen und keinen entge-
durch den abkommensrechtlichen Quellenstaat
genstehenden Aktivitätsvorbehalt vorsehen.
(ausländischer Betriebsstättenstaat) vor, die nach
Maßgabe des originären Methodenartikels (OECD-
DBA-Spezialregelungen bestätigen
MA) so nicht besteht. Allerdings gilt die vorstehen-
Besteuerungsausschluss
de Protokoll-Regelung ausschließlich im Rahmen
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das DBA
des DBA Deutschland-USA 2008, also nicht für
Deutschland-USA 2008, das im Protokoll Nr. 18
andere deutsche DBA.
10
(zu Art. 21 Abs. 2) für die hier diskutierte Konstellation eine konstitutive Spezialregelung enthält11:
Kein Besteuerungszugriff über unilaterale
Spezialvorschriften
„Wenn der Empfänger und der Schuldner einer
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die
Dividende in der Bundesrepublik Deutschland
deutsche Empfänger-Kapitalgesellschaft (KapG)
ansässig sind und die Dividende einer Betriebs-
gemäß § 50 d Abs. 1, 3 EStG grundsätzlich An-
stätte zuzurechnen ist, die der Empfänger der
spruch auf vollständige Erstattung der deutschen
Dividende in den Vereinigten Staaten hat, kann
Kapitalertragsteuer hat (Freistellungsbescheid),
die Bundesrepublik Deutschland die Dividende
da die Streubesitzdividende abkommensrecht-
zu den in Artikel 10 Absätze 2 und 3 (Dividen-
lich in Deutschland nicht besteuert werden darf
den) vorgesehenen Sätzen besteuern. Die Verei-
(DBA-Freistellung). Auch § 20 Abs. 2 AStG kann
nigten Staaten rechnen die Steuer nach Artikel 23
keine Besteuerung in Deutschland herbeiführen
(Vermeidung der Doppelbesteuerung) an“.
(switch-over), da (Streubesitz-)Dividenden aktiver Natur sind gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG.
Die Regelung ist deshalb konstitutiv, da in dem
Schließlich ist auch § 50 d Abs. 9 EStG nicht ein-
Fall keine Dividende i. S. von Art. 10 DBA existiert,
schlägig, da der andere Staat – ausländischer Be-
Art. 10 DBA nicht einschlägig ist und der „Quellen-
triebsstättenstaat – die Dividende nach Art. 7
staat“ der Dividende (Ansässigkeitsstaat der aus-
DBA OECD-MA besteuert. Nach § 50 d Abs. 9 Satz 2
schüttenden Gesellschaft) deshalb keine Quel-
EStG findet § 50 d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG keine
lenbesteuerungsmöglichkeit nach Maßgabe von
Anwendung, da diese Regelung nicht für Dividen-
Art. 10 Abs. 2 DBA hat und auch keine Besteue-
den gilt, die nach einem DBA von der deutschen
rung über Art. 7 DBA (Unternehmensgewinne)
Besteuerung auszunehmen sind.
gewinn von der Besteuerung auszunehmen hat
des originären DBA-Rechts (OECD-MA) und in die-
3 Nichtdurchgreifen und Asymmetrie der
Streubesitzdividendenbesteuerung in
DBA-Fällen
sem bilateralen Verhältnis ist in dem hier disku-
Die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung
tierten Fall der eigentliche Quellenstaat der Streu-
ist nicht mit dem DBA-Recht abgestimmt. Die
besitzdividende nämlich nicht der Ansässigkeits-
Folge ist ihr Nichtdurchgreifen in bestimmten
staat der ausschüttenden Gesellschaft, sondern
Fällen. Betroffen sind vor allem Streubesitz-
(Art. 23A Abs. 1 DBA OECD-MA). Nach Maßgabe
der
Abwei-
dividenden, die zwischen Kapitalgesellschaf-
chend von den Regelungen des OECD-MA und für
ten gezahlt werden, die in Deutschland ansässig
Zwecke der Quellenbesteuerung eröffnet die kon-
sind und die abkommensrechtlich unter Art. 21
stitutive Protokoll-Regelung (DBA Deutschland-
Abs. 2 DBA OECD-MA fallen, also einer Betriebs-
l
ausländische
Betriebsstättenstaat.
STEUERN & RECHT
eingeräumt bekommt, da er den Betriebsstätten-
l
10 Vgl. hierzu allgemein Eimermann, in: Wassermeyer, DBA USA, 132. Lfg. 01/2016, Art. 21, Rn. 56–58. 11 Ähnliches bestimmt die deutsche DBA-Verhandlungsgrundlage (DE-VG, Protokoll Nr. 3 zu Art. 20 DE-VG).
| 01.2017 | 53
» Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?
stätte im anderen Vertragsstaat zuzurechnen
partiell gegen Europarecht verstößt. Ursächlich
sind. In einem solchen Fall scheitert sowohl die
hierfür könnten die inhärenten abkommenssyste-
deutsche
(Kapitalertrag-
matischen Defizite dieser Besteuerung sein. Wie
steuer) als auch die Besteuerung im Rahmen der
vorstehend skizziert, greift die deutsche Streu-
Veranlagung (§ 8 b Abs. 4 KStG). Sofern im aus-
besitzdividendenbesteuerung nicht durch, wenn
ländischen DBA-Betriebsstättenstaat keine ef-
die Streubesitzdividende
fektive Besteuerung der Streubesitzdividende
DBA-Freistellungsbetriebsstätte zuzurechnen ist
erfolgt (Beteiligungsertragsbefreiung12, Anrech-
(Art. 21 Abs. 2 i. V. mit Art. 7 DBA OECD-MA) und
nung), kann diese im Ergebnis „unbesteuert“
von einer in Deutschland ansässigen Kapitalge-
vereinnahmt werden. Insgesamt überzeugt die
sellschaft an eine in Deutschland ansässige Emp-
deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung in
fänger-Kapitalgesellschaft
DBA-Fällen nicht, da sie diesbezüglich Be-
Dieser Fall kann im Sinne der europarechtlichen
steuerungsasymmetrien herbeiführt und keine
Vergleichspaarbildung als vergleichbarer Inlands-
Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleistet.
fall bezeichnet werden.
Quellenbesteuerung
einer ausländischen
ausgeschüttet
wird.
Relevante Vergleichspaarbildung
Deutschland
DBA-Ausland
DBA-Ausland
Der maßgebliche Auslandsfall ist
derjenige, bei dem eine im EU-Aus-
KapG
KapG
land ansässige Kapitalgesellschaft
BSt
BSt
6%
Deutschland
6%
GmbH
GmbH
Empfängerin der Streubesitzdividende ist (vgl. Übersicht 2).
Im vergleichbaren hypothetischen
Inlandsfall13 stellen sich die von
Inlandsfall
Auslandsfall
Deutschland eingegangenen Besteuerungsregelungen
Übersicht 2 » Vergleichspaar und europarechtliche Prüfung
in
Bezug
auf den Anteilseigner (inländische
Kapitalgesellschaft) so dar, dass
faktisch weder eine deutsche Quel-
Die Einordnung der deutschen Streubesitzdivi-
lenbesteuerung (Kapitalertragsteuer) noch eine
dendenbesteuerung in das Abkommensrecht
Ansässigkeitsbesteuerung (§ 8 b Abs. 4 KStG) er-
und das DBA-System ist nicht gelungen. Je nach
folgt. Im Auslandsfall – EU-ausländische Kapital-
Fallkonstellation reicht die Spannweite der Be-
gesellschaft als Anteilseignerin – wird zumindest
steuerung von einer vollständigen (körper-
eine deutsche Quellenbesteuerung (Steuersatz =
schaftsteuerlichen) Besteuerung der Streubesitz-
15 %) final vorgenommen.14 Aufgrund fehlender
dividende in Deutschland bis zur gänzlichen
unilateraler Ergänzungsvorschriften bzw. Abstim-
Freistellung.
mung der deutschen Streubesitzdividendenbesteuerung mit dem abkommensrechtlichen Sys-
4 Europarechtswidrigkeit der deutschen
Streubesitzdividendenbesteuerung qua
abkommenssystematischer Defizite?
tem erfolgt im Inlandsfall keine Besteuerung der
Ferner stellt sich die Frage, ob die deutsche Streu-
ter bei gleicher Beteiligungsstruktur steuerlich
besitzdividendenbesteuerung – auch nach ihrer
schlechter behandelt als der vergleichbare inlän-
legislatorischen Modifikation – womöglich noch
dische Gesellschafter im Hinblick auf die Besteue-
Streubesitzdividende durch Deutschland. Insgesamt wird damit der EU-ausländische Gesellschaf-
12 Vgl. zur ausländischen Holdingbesteuerung Jacobs/Endres/Spengel, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl., München 2016, S. 1020 ff.; Dorfl
mueller, IStR 2009, S. 831 f. 13 Siehe auch Fußnote 20. 14 Nach Maßgabe des DBA zwischen Deutschland und dem EU-ausländischen Ansässigkeitsstaat der
l
l
dividendenempfangenden Kapitalgesellschaft (Art. 10 Abs. 2 DBA OECD-MA).
54 | 01.2017 |
rung der Streubesitzdividende durch Deutsch-
pelbesteuerungsabkommen
land.15 Letztlich ist die steuerliche Schlechterstel-
kommen entsprechende Regelungen aufzuneh-
bzw.
Revisionsab-
lung des Auslandsfalls durch die Ansässigkeit des
men wie im DBA USA 2008 (Protokoll Nr. 18 zu
Gesellschafters im EU-Ausland bedingt, auch
Art. 21 Abs. 2). Allerdings würde dies zunächst
wenn abkommensrechtliche Aspekte involviert
„nur“ die deutsche Quellenbesteuerung an der
sind. Dies gilt umso mehr, als der OECD-MK expli-
Streubesitzdividende für diejenigen Fälle sichern,
zit für diese Fälle (Inlandsfall) auf die Einfügung
in denen eine in Deutschland ansässige Gesell-
einer Quellenbesteuerung für den Ansässigkeits-
schaft die Streubesitzdividende ausschüttet. Nicht
staat des Dividendenempfängers verweist (OECD-
erfasst sind die Fälle, bei denen ausländische
MK Nr. 5 zu Art. 21 DBA OECD-MA). Auch die deutsche DBA-Verhandlungsgrundlage enthält dazu
einen entsprechenden Hinweis zum abkommensrechtlichen Problem.16
Streubesitzdividendenbesteuerung wohl
weiterhin europarechtswidrig (Art. 63 AEUV)
Europarechtskonformität der Streubesitzdividendenbesteuerung kann
nicht durch Schlechterstellung
(§ 8 b Abs. 4 KStG) erreicht werden.
Die Situation nähert sich daher der EuGH-Entscheidung
Kommission/Deutschland
(C-284/09)
an. Gebietsfremde Gesellschaften werden entge-
Streubesitzdividenden vorliegen, also eine im
gen gebietsansässigen Gesellschaften mit deut-
Ausland ansässige Kapitalgesellschaft ausschüttet.
scher Quellensteuer (Kapitalertragsteuer) auf die
Zudem dürfte sich dieser Weg alleine als langwie-
Streubesitzdividende belastet. Es bestehen somit
rig erweisen. Die Aufnahme eines Treaty Override
Zweifel, ob die deutsche Streubesitzdividenden-
in § 50 d Abs. 1 EStG in Bezug auf die deutsche
besteuerung weiterhin gegen Europarecht ver-
Quellenbesteuerung würde nur fallweise wirken
stößt (hier Inlandsfall/Auslandsfall), auch wenn
und zudem das Problem der Doppelbesteuerung
europarechtlich das Zusammenspiel mit abkom-
im ausländischen Betriebsstättenstaat (Art. 21
mensrechtlichen Verpflichtungen noch nicht ab-
Abs. 2 DBA OECD-MA) forcieren. Wie die Proto-
schließend konturiert ist.
17
Bei der Ausübung der
koll-Regelung zum DBA Deutschland-USA 2008
durch DBA aufgeteilten Steuerhoheit ist ein Mit-
zeigt, bedarf es dann einer korrespondierenden
gliedstaat verpflichtet, den Grundsatz der Gleich-
Sonderregelung zur Vermeidung der Doppelbe-
behandlung sowie die Grundfreiheiten (Primär-
steuerung im ausländischen Betriebsstättenstaat
recht) zu beachten.
als eigentlichen originären Quellenstaat der Divi-
18
5 Normative Überlegungen
5.1 Spannungsfeld zwischen unilateralen und
bilateralen Handlungsmöglichkeiten
5.2 Symmetrisches Treaty Override auch
für Streubesitzdividenden?
Abschließend sollen normative Überlegungen an-
Analog zu Schachteldividenden (§ 8 b Abs. 1 Satz 3
gestellt werden, wie die deutsche Streubesitzdivi-
KStG) könnte man über die Aufnahme eines Trea-
dendenbesteuerung de lege ferenda konsistent
ty Override19 in § 8 b Abs. 4 KStG nachdenken, um
mit dem DBA-Recht abgestimmt werden kann.
auch in DBA-Fällen die Gleichmäßigkeit der Be-
Denkbar wäre, zunächst eine Lösung auf der
steuerung von Streubesitzdividenden zu gewähr-
DBA-Ebene zu suchen und in den weiteren Dop-
leisten, ein finales deutsches Quellenbesteuerungs-
STEUERN & RECHT
dende im Sinne des DBA.
15 Dies gilt vor allem dann, wenn im ausländischen Betriebsstättenstaat sowie im Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers die Freistellungsmethode
l
gilt. 16 Vgl. auch Rust, a.a.O. (Fn. 7), Art. 21, Rn. 48; DE-VG, Protokoll Nr. 3 zu Art. 20 DE-VG. 17 Vgl. EuGH-Urteil vom 20.10.2011 – C-284/09 (Kommission/
l
l
Deutschland), DStR 2011, S. 2038. 18 Vgl. z. B. Schlussanträge der GA Kokott vom 12.04.2016 in der Rechtssache C-176/15 (Riskin/Belgien), Rn. 46, m. w. N.,
l
BeckRS 2016, 80601. 19 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Treaty Override BVerfG, Beschluss vom 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, NJW 2016, S. 1295;
l
a.A. Gosch, DB 2016, S. M 5 (Gastkommentar).
| 01.2017 | 55
» Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?
recht zu manifestieren und damit gleichzeitig
6 Zusammenfassung
etwaige Zweifel an der partiellen Europarechts-
Insgesamt spricht einiges dafür, dass die deutsche
widrigkeit der Streubesitzdividendenbesteuerung
Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin ge-
auszuräumen. Letztere können aus der fehlenden
gen Europarecht verstößt. Die im Anschluss an das
abkommenssystematischen Abstimmung der deut-
EuGH-Urteil C-284/09 (Kommission/Deutschland) –
schen Streubesitzdividendenbesteuerung herrüh-
durch Einfügung des § 8 b Abs. 4 KStG – versuchte
ren. Die Regelung könnte demnach wie folgt lau-
europarechtskonforme Ausgestaltung der Streube-
ten (§ 8 b Abs. 4 Satz 9 KStG):
sitzdividendenbesteuerung ist gescheitert. Die
Streubesitzdividendenbesteuerung ist nicht mit
„Sind die Bezüge im Sinne des Abs. 4 Satz 1
den Regelungen des DBA-Rechts abgestimmt. Auf-
KStG nach einem Abkommen zur Vermeidung
grund dieser steuersystematischen Defizite besei-
der Doppelbesteuerung von der Bemessungs-
tigt § 8 b Abs. 4 KStG gerade nicht die unterschied-
grundlage für die Körperschaftsteuer auszu-
liche deutsche Quellenbesteuerung der Streube-
nehmen, gilt Abs. 4 Satz 1 KStG ungeachtet des
sitzdividende im Hinblick auf den In- und
Wortlauts des Abkommens für diese Freistel-
Auslandsfall. Dies zeigt die zutreffende Vergleichs-
lung entsprechend“.
paarbildung (Übersicht 2).20 § 8 b Abs. 4 KStG ist
dazu auch gar nicht in der Lage, da diese Norm
5.3 Präferenz für abkommensrechtliche
Lösungen oder Streichung des § 8 b
Abs. 4 KStG
nicht die Besteuerung an der Quelle regelt. Eine
Zusätzlich wäre eine Regelung entsprechend § 26
noch nicht erfolgt. § 8 b Abs. 4 KStG in seiner der-
Abs. 1 Satz 2 KStG zu treffen zur Anrechnung der
zeitigen Fassung greift zu kurz. Unter Berücksich-
ausländischen Steuer im Rahmen der deutschen
tigung des skizzierten abkommensrechtlichen
körperschaftsteuerlichen Besteuerung der Streu-
Problems und der europarechtlichen Friktionen
besitzdividende auf der Empfängerebene. Die
bietet sich daher die Aufhebung von § 8 b Abs. 4
Einfügung eines neuen Treaty Override in die
KStG und damit eine Rückkehr zum Status quo
Streubesitzdividendenbesteuerung (§ 8 b Abs. 4
ante an. Gleichzeitig sollte § 44 a Abs. 9 EStG dahin-
KStG) ist aber rechtspolitisch bedenklich, da dies
gehend ergänzt werden, dass die einbehaltene
im Kontrast zur Einhaltung internationaler Ver-
und abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Streu-
träge steht. Auch können sich komplexe Folge-
besitzdividende i. S. von § 8 b Abs. 4 KStG in voller
probleme im Zusammenhang mit der Vermei-
Höhe erstattet wird, wenn Empfängerin eine be-
dung der Doppelbesteuerung ergeben. Vorzu-
schränkt steuerpflichtige Körperschaft ist. Dies
ziehen
unter
wäre auch aus ökonomischer Sicht von Vorteil, da
Vermeidung eines Treaty Override. Womöglich
dadurch die Eigenkapitalzuführung in deutsche
könnten sich abkommensrechtliche Ergänzungs-
Kapitalgesellschaften, vor allem durch beschränkt
ist
daher
ein
Lösungsansatz
europarechtskonforme Ausgestaltung der Streubesitzdividendenbesteuerung ist daher de lege lata
protokolle zum DBA anbieten (Art. 59 Abs. 2 GG)
Steuerpflichtige – auch gegenüber der Gesellschaf-
mit Implementierung einer Regelung entspre-
ter-Fremdfinanzierung – gestärkt werden könnte.
chend zum DBA USA 2008 (Protokoll Nr. 18 zu
Einige Staaten verzichten deshalb unilateral be-
Art. 21 Abs. 2) bzw. DBA Liechtenstein 2011, Pro-
wusst auf die Quellensteuererhebung bei Dividen-
tokoll Nr. 7. Eine effektive Lösung wäre zudem
den (UK, Liechtenstein, Slowakei, Brasilien).
die Abschaffung des § 8 b Abs. 4 KStG.
l
» DOC-ID: W1007295
20 Aus der aktuellen EuGH-Rechtsprechung (C-318/14, C-48/13) lässt sich zudem eine Nichtvergleichbarkeit von in- und ausländischen Betriebsstätten im
Hinblick auf den Besteuerungszugriff des Ansässigkeitsstaates entnehmen, was ggf. auch für die Vergleichspaarbildung relevant sein dürfte (Ableitung hypothetischer Inlandsfall).
56 | 01.2017 |
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