Pflanzen riechen anders, wenn sie von exotischen Tieren gefressen

URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM170131_Pflanzengeruch.pdf
Pflanzen riechen anders, wenn sie von exotischen Tieren gefressen
werden
Neue Studie zeigt, dass sich die Zusammensetzung von
Pflanzengerüchen je nach Art des Pflanzenfressers ändert
Foto: Nicole van Dam
Raupen des Großen Kohlweißlings (Pieris brassicae) waren eine der Herbivoren-Arten, die in der
Studie verwendet wurden.
Wenn sie von Insekten befallen sind, verströmen viele Pflanzen Gerüche, um die Feinde der
Pflanzenfresser anzulocken. Eine neue Studie, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "New
Phytologist" veröffentlicht worden ist, enthüllt, dass sich die Zusammensetzung dieser Gerüche je
nach Art des Pflanzenfressers ändert. Zur Überraschung der beteiligten Forscher können
einheimische Pflanzen sogar erkennen, wenn nicht-einheimische Insekten sich an ihnen gütlich
Pflanzen riechen anders, wenn sie von exotischen Tieren gefressen werden
1
tun. In diesem Fall sondern sie eine ganz spezifische Duftnote ab.
Viele Pflanzen fordern Verstärkung an, wenn sie von Insekten oder anderen kleinen
Pflanzenfressern befallen werden. Zu diesem Zweck sondern sie Gerüche ab. Diese locken
beispielsweise Wespen an, die als Parasiten auf der Suche nach Raupen als Wirtstiere sind. Die
Wespen legen ihre Eier dann in den Raupen ab und töten diese dadurch. Dies bedeutet: weniger
Schmetterlinge und gefräßige Raupen in der nächsten Generation.
Ein internationales Forschungsteam hat nun untersucht, welchen Einfluss zwölf
Pflanzenfresser-Arten auf eine wilde Kohl-Art (Rübsen bzw. Brassica rapa) haben. Die
Wissenschaftler fanden heraus, dass Kohl-Pflanzen die Gerüche, die sie verströmen, an die
Eigenschaften des entsprechenden Pflanzenfressers anpassen. Besonders überraschend ist, dass
die Pflanzen andere Gerüche verströmen, wenn sie von nicht-einheimischen (exotischen) anstelle
von einheimischen Pflanzenfressern befallen sind.
Unterschiedliche Pflanzenfresser induzieren unterschiedliche Gerüche
Unter den getesteten zwölf Pflanzenfresser-Arten waren Raupen, Blattläuse und eine
Nacktschnecke. Außerdem waren in der Auswahl Nahrungsspezialisten und -generalisten,
saugende und beißende sowie exotische und einheimische Pflanzenfresser vertreten. Die Forscher
ermittelten feine Unterschiede zwischen den Gerüchen, die die angegriffenen Pflanzen
verströmten. Dafür verwendeten sie einen Gaschromatografen mit einem hochpräzisen
Massenspektrometer. So zeigte sich, dass sich die Reaktionen der Pflanzen auf fremde und
einheimische Pflanzenfresser nicht anhand einer einzigen flüchtigen Substanz unterschieden,
sondern anhand des Verhältnisses verschiedener Substanzen. "Das passt zu dem, was wir über
die Wahrnehmung und das Verhalten von parasitoiden Wespen und anderen Prädatoren wissen.
Sie nutzen eine Mischung aus verschiedenen Geruchs-Substanzen, um Informationen über ihre
Beute zu erhalten", erklärt Studienleiterin Prof. Dr. Nicole van Dam von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena, die auch Professorin am Deutschen Zentrum für integrative
Biodiversitätsforschung (iDiv) ist. Sie ist gleichfalls mit der Radboud-Universität in Nijmegen
(Niederlande) verbunden, an der auch zwei der anderen Studienautoren tätig sind und wo die
Forschungsarbeit durchgeführt wurde.
Kommunizierende Pflanzen
Viele nicht-einheimische Pflanzenfresser wurden mittlerweile nach Europa eingeschleppt, was
durch die Globalisierung vorangetrieben und durch den Klimawandel begünstigt wird. Das Problem
mit den exotischen Pflanzenfressern besteht darin, dass sie ähnliche Gerüche wie einheimische
Arten auslösen können. Dies kann die einheimischen Feinde verwirren, von denen manche die
exotischen Pflanzenfresser nicht nutzen können, um in ihnen ihre Eier abzulegen. Bei der Studie
von van Dam und ihrem Team war dies jedoch nicht der Fall: Die nicht-einheimischen
Pflanzenfresser lösten ganz andere Gerüche aus als ihre einheimischen Pendants, auch wenn sie
auf ähnliche Weise an der Pflanze fraßen. Prof. van Dam sieht diese Ergebnisse als einen
"spektakulären Beweis" dafür, wie konkret Pflanzen auf ihre Umwelt reagieren. "Die Pflanzen
haben vielleicht weder ein Nervensystem noch Augen, Ohren oder einen Mund, doch sie können
unterscheiden, wer sie angreift. Dadurch können sie parasitischen Wespen verlässliche
Informationen übermitteln. Was ich wirklich beeindruckend finde, ist, dass sie sogar in der Lage
sind, zwischen einheimischen und fremden Pflanzenfressern zu unterscheiden."
Die beeindruckende Fähigkeit von Pflanzen, zu erkennen, wer an ihnen frisst, wurde kürzlich auch
durch eine andere Studie belegt, an der ebenfalls Forscher von iDiv beteiligt waren. Diese Studie
Neue Studie zeigt, dass sich die Zusammensetzung vonPflanzengerüchen je nach Art des Pflanzenfressers ändert
2
hatte gezeigt, dass Bäume erkennen können, wenn sie von Rehen angefressen werden, wobei sie
den Speichel der Rehe als Hinweis nutzen.
Original-Publikation:
Holger Danner, Gaylord A. Desurmont, Simona M. Cristescu and Nicole M. van Dam (2017):
Herbivore-induced plant volatiles accurately predict history of coexistence, diet breadth, and
feeding mode of herbivores. New Phytologist. doi: 10.1111/nph.14428
Kontakt:
Prof. Dr. Nicole van Dam
Professorin für Molekulare Interaktionsökologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU)
und
Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Interaktionsökologie am Deutschen Zentrum für
integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Tel.: 0341 / 9733165
E-Mail: [email protected]
Neue Studie zeigt, dass sich die Zusammensetzung vonPflanzengerüchen je nach Art des Pflanzenfressers ändert
3