Ganzes Geleit Februar von Michael Nolle

Geleitwort Feburar 2017
Liebe Mitchristen
Der Mönch soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber
haben nur wenige die Kraft. Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen
Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten und
gemeinsam in diesen heiligen Tagen die früheren Nachlässigkeiten tilgen.
Neulich ist mir wieder bewusst geworden, dass wir in unserer Seelsorgeeinheit
zwei benediktinische Klöster beherbergen. Was ist eigentlich von dem
benediktinischen Geist hier oben noch übrig? Ich weiss es nicht. Wenn Sie
etwas wissen, dann rufen Sie mich doch bitte an. Als ich ins Toggenburg kam,
fiel mir nur diese rätselhafte Krankheit im Alt St. Johanner Kloster auf, welche
die Mönche dahinsterben liess. Was war da los? Die Mönche in ihrer Eitelkeit
wollten sich von der Landbevölkerung abheben und nicht mit Holzbesteck,
sondern mit Metallbesteck essen. Da war dann halt zu viel Blei drin. Aber ich
habe auch gehört, dass sich die Mönche sehr um die Bildung gekümmert
hätten.
An den Eingang habe ich ein Wort aus der Benediktsregel gestellt. Wir sind
zwar keine Mönche, aber doch schon Christen. Was ist eigentlich ein Christ?
Ein Mensch, der moralischer ist als andere? Ein Mensch der etwas hat, was
andere nicht haben?
Ich glaube, ein Christ ist vor allem ein Mensch, der eine Sehnsucht hat. Eine
Sehnsucht nach dem, der den Weg zu Gott frei macht. Nach Christus. Diese
Sehnsucht ist der Grund für den Mönch, aber auch für uns, sich zu bemühen.
Kein anderer Grund gilt! Benedikt ist dafür bekannt, dass es immer auch um
das richtige Mass geht. So wird in diesem Abschnitt der Regel auch betont,
dass alle Fastenübungen im Einklang mit dem Abt stattfinden sollen, «denn
was ohne Erlaubnis des geistlichen Vaters geschieht, wird einmal als
Anmassung und eitle Ehrsucht gelten und nicht belohnt».
Das wäre schon einmal gut, wenn wir in der Fastenzeit das richtige Mass
wiederfinden könnten, denn bestimmt haben sich auch bei uns
Masslosigkeiten eingeschlichen. Ausdrücklich wird in der Benediktsregel auch
von der Enthaltsamkeit von Geschwätz und Albernheiten geredet. Auch das
wäre heute manchmal eine Wohltat, wenn es weniger Geschwätz gäbe.
Machen wir es besser wie die Mönche von Alt St. Johann. Erneuern wir in der
kommenden Fastenzeit unser Sinnen und Trachten. Nehmen wir uns Zeit für
die bewusste Begegnung mit Jesus. Dazu laden auch die wunderschönen
Kirchen unserer Seelsorgeeinheit ein. Und es sind gute Orte der Stille und der
Kraft.
Wie können wir aber das richtige Mass finden, da wir ja keinen Abt haben?
Deswegen am Schluss noch zwei Worte. Das Leitwort der seligen Ulrika Nisch
vom Kloster Hegne «Kein Mass kennt die Liebe» – wenn wir uns doch nur
anstecken würden an der Liebe Gottes, die nicht erst fragt, was bringst du
mir, sondern uns bedingungslos liebt. Diesem Gedanken könnten wir zum
Beispiel in der Stille der Kirche einmal nachhängen: Du bist bedingungslos
geliebt. Und der heilige Augustinus legt noch einen drauf und sagt auf die
Frage nach der rechten Grundlage eines christlichen Handelns: «Liebe und
dann tue, was du willst.»
Alles Gute und Liebe
Michael Nolle