Geleitwort Feburar 2017 Liebe Mitchristen Der Mönch soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber haben nur wenige die Kraft. Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten und gemeinsam in diesen heiligen Tagen die früheren Nachlässigkeiten tilgen. Neulich ist mir wieder bewusst geworden, dass wir in unserer Seelsorgeeinheit zwei benediktinische Klöster beherbergen. Was ist eigentlich von dem benediktinischen Geist hier oben noch übrig? Ich weiss es nicht. Wenn Sie etwas wissen, dann rufen Sie mich doch bitte an. Als ich ins Toggenburg kam, fiel mir nur diese rätselhafte Krankheit im Alt St. Johanner Kloster auf, welche die Mönche dahinsterben liess. Was war da los? Die Mönche in ihrer Eitelkeit wollten sich von der Landbevölkerung abheben und nicht mit Holzbesteck, sondern mit Metallbesteck essen. Da war dann halt zu viel Blei drin. Aber ich habe auch gehört, dass sich die Mönche sehr um die Bildung gekümmert hätten. An den Eingang habe ich ein Wort aus der Benediktsregel gestellt. Wir sind zwar keine Mönche, aber doch schon Christen. Was ist eigentlich ein Christ? Ein Mensch, der moralischer ist als andere? Ein Mensch der etwas hat, was andere nicht haben? Ich glaube, ein Christ ist vor allem ein Mensch, der eine Sehnsucht hat. Eine Sehnsucht nach dem, der den Weg zu Gott frei macht. Nach Christus. Diese Sehnsucht ist der Grund für den Mönch, aber auch für uns, sich zu bemühen. Kein anderer Grund gilt! Benedikt ist dafür bekannt, dass es immer auch um das richtige Mass geht. So wird in diesem Abschnitt der Regel auch betont, dass alle Fastenübungen im Einklang mit dem Abt stattfinden sollen, «denn was ohne Erlaubnis des geistlichen Vaters geschieht, wird einmal als Anmassung und eitle Ehrsucht gelten und nicht belohnt». Das wäre schon einmal gut, wenn wir in der Fastenzeit das richtige Mass wiederfinden könnten, denn bestimmt haben sich auch bei uns Masslosigkeiten eingeschlichen. Ausdrücklich wird in der Benediktsregel auch von der Enthaltsamkeit von Geschwätz und Albernheiten geredet. Auch das wäre heute manchmal eine Wohltat, wenn es weniger Geschwätz gäbe. Machen wir es besser wie die Mönche von Alt St. Johann. Erneuern wir in der kommenden Fastenzeit unser Sinnen und Trachten. Nehmen wir uns Zeit für die bewusste Begegnung mit Jesus. Dazu laden auch die wunderschönen Kirchen unserer Seelsorgeeinheit ein. Und es sind gute Orte der Stille und der Kraft. Wie können wir aber das richtige Mass finden, da wir ja keinen Abt haben? Deswegen am Schluss noch zwei Worte. Das Leitwort der seligen Ulrika Nisch vom Kloster Hegne «Kein Mass kennt die Liebe» – wenn wir uns doch nur anstecken würden an der Liebe Gottes, die nicht erst fragt, was bringst du mir, sondern uns bedingungslos liebt. Diesem Gedanken könnten wir zum Beispiel in der Stille der Kirche einmal nachhängen: Du bist bedingungslos geliebt. Und der heilige Augustinus legt noch einen drauf und sagt auf die Frage nach der rechten Grundlage eines christlichen Handelns: «Liebe und dann tue, was du willst.» Alles Gute und Liebe Michael Nolle
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