Bundesweit mehr als 110 Beratungsfälle

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31.01.2017
Presseinformation
REPORT MAINZ, 31.01.2017, um 21.45 Uhr im Ersten
Umfrage zu islamistischer Radikalisierung bei Kindern und Jugendlichen:
Bundesweit mehr als 110 Beratungsfälle bei
Kindern bis 14 Jahren
Kritik an Behörden im Fall des 12-jährigen Bombenbauers von
Ludwigshafen
Mainz. Die Beratungsstellen gegen islamistische Radikalisierung haben bundesweit
bisher mehr als 110 Mal in Fällen beraten, in denen Kinder bis 14 Jahre betroffen
waren. Das haben Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ (heute, 21
Uhr 45 im ERSTEN) ergeben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das eine
Hotline betreibt und mit acht Beratungsstellen („zivilgesellschaftliche Partner“)
zusammenarbeitet, teilte dem Magazin mit, es habe seit 2012 insgesamt mehr als 1600
Beratungsfälle gegeben. Davon entfielen knapp sechs Prozent - also mehr als 80 Fälle auf die Altersspanne „14 Jahre und jünger“. Das Land Nordrhein-Westfalen betreibt mit
dem Programm „Wegweiser“ ein eigenes Beratungsnetzwerk. Nach Angaben des
zuständigen Innenministeriums wurden dort seit 2014 mehr als 180 Betroffene beraten
und betreut. Darunter seien etwa 35 Kinder unter 14 Jahren gewesen.
Unterdessen gibt es Kritik am Handeln der Behörden im Fall des 12-jährigen
Bombenbauers in Ludwigshafen. Er hatte sich radikalisiert und soll am 26. November
sowie am 5. Dezember 2016 in der Stadt Bomben gelegt haben, die offenbar nicht
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zündfähig waren. Inzwischen ist er an einem sicheren Ort untergebracht. Nach
Recherchen von REPORT MAINZ gab es Vorfälle, die nahelegen, dass die Behörden
Kenntnisse von seiner Radikalisierung gehabt haben könnten. So soll er sich bei einem
Schulausflug in Speyer antisemtisch geäußert haben. In mehreren Moscheen in der
Stadt bekam er Hausverbot. Ein Moschee-Sprecher, den REPORT MAINZ befragte,
sagte, der Junge habe bereits vor zwei Jahren danach gefragt, wie seine Moschee zum
IS, also dem sog. „Islamischen Staat“ stehe. Über die Probleme mit dem Jungen habe
er auch mit dem Jugendamt gesprochen.
Die zuständige Stadtverwaltung in Ludwigshafen reagierte nicht auf Anfragen von
REPORT MAINZ. Die Schulbehörde ADD (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) in
Trier teilte dem Magazin mit, eine der Schulen des heute 12-Jährigen habe im Herbst
2014 das Jugendamt eingeschaltet, weil es ihm schwer gefallen sei, „sich an Regeln zu
halten und sich in die Klassen- und Schulgemeinschaft zu integrieren“. Es seien
„pädagogisch-erzieherische Maßnahmen sowie Ordnungsmaßnahmen ergriffen“
worden. Nach Recherchen von REPORT MAINZ sollen sich Stadt, Polizei und Justiz im
Ludwigshafener „Haus des Jugendrechts“ um den Jungen gekümmert haben –
allerdings wegen seines aggressiven Verhaltens und nicht wegen islamistischer
Umtriebe.
Der Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer (Universität Osnabrück), der sich intensiv
mit dem Thema Radikalisierungsprävention befasst, sagte dazu im Interview mit
REPORT MAINZ: „In der Summe würde ich schon dazu neigen, zu sagen, hier ist das
Phänomen der Radikalisierung gegeben und man hätte es auch als solches behandeln
müssen.“
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