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Absatzmöglichkeiten für Baumaterial in
Russland werden schlechter
26.01.2017
Inhalt
 Preise für Baumaterial steigen
 Importverteuerung verleiht Inlandsproduktion Impulse
 Angebot an Ausgangsmaterialien verbessert sich
 Neue Umschlag- und Logistikzentren für Zement
 Tatarstan deutet Ansiedlungshilfen an
 Preiskämpfe zwischen Herstellern und Importeuren
 Produktion von Zement geht zurück
Russische Hersteller dominieren den Markt / Nur höherwertige Materialien werden importiert / Von Ullrich Umann
Moskau (GTAI) - Russland hat seine Importe von Baumaterialien stark eingeschränkt. Der Bedarf an Baustoffen
wie Zement wird vollständig aus einheimischer Produktion gedeckt. Qualitativ anspruchsvollere Bauvorhaben
wie zum Beispiel Krankenhäuser, Vier-Sterne-Hotels oder auch höherwertige Wohngebäude erfordern allerdings
immer noch Teilimporte. Aus dem Ausland bauen zunehmend auch mittlere und kleinere Hersteller eine eigene
Produktion in Russland auf.
Russlands Herstellern von Baustoffen und Baumaterial kam die Rubelabwertung der vergangenen zwei Jahre
sehr zupass. Importe wurden damit automatisch teurer. Inzwischen wird nur noch Material eingeführt, dass es
in Russland nicht gibt oder nur von minderer Qualität. Russische Hersteller halten 75% der Marktanteile, Nieder­
lassungen ausländischer Produzenten weitere 15%. Importeure müssen sich mit 10% der Anteile zufrieden geben.
Für deutsche Hersteller von Maschinen zur Fertigung von Baustoffen und Baumaterialien verringerten sich 2016
die Absatzmöglichkeiten das zweite Jahr in Folge. Ihren wichtigsten Kunden gehen die Investitionsmittel aus
oder sie glauben nicht an eine schnelle Erholung der Nachfrage nach Baumaterialien.
Bei Baumaterial bleibt Russland aber abhängig von Importen. Anders sieht es bei Baustoffen aus, unter ande­
rem bei Zement. Hier sind durch die aktuelle Baukrise Überkapazitäten entstanden und Hersteller drosseln ihren
Ausstoß. Dennoch wurden neue Projekte angekündigt. In Tatarstan zum Zementumschlag und zur Lagerung, in
Uljanowsk sogar zur Zementherstellung. Auffällig ist bei allen Neuvorhaben, dass chinesische Investoren die
Initiative übernehmen oder zumindest Kooperationspartner sind.
Lediglich der Bau von Sozialwohnungen, die mit dem geringsten Standard ausgestattet sind, kann komplett mit
Material von inländischen Bauzulieferern realisiert werden. Sämtliche Gebäude mit einem höheren Anspruch er­
fordern Teilimporte. Neben Wohngebäuden der mittleren und Premium-Klasse betrifft das unter anderem Kran­
kenhäuser, Kultureinrichtungen oder auch Einkaufszentren.
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ABSATZMÖGLICHKEITEN FÜR BAUMATERIAL IN RUSSLAND WERDEN SCHLECHTER
Preise für Baumaterial steigen
Inflation, Rubelabwertung und Importabhängigkeit führten im 1. Halbjahr 2016 zu fortgesetzten Preissteigerun­
gen auf Baumaterial und Baustoffe im Durchschnitt zwischen 15 und 50%, je nachdem, wie hoch der Importan­
teil in der entsprechenden Warengruppe ausfiel. Zurückzuführen sind die hohen Preissteigerungen vorrangig auf
die Weitergabe real gestiegener Beschaffungs- oder Gestehungskosten, insbesondere bei der Einfuhr, und nur
zum Teil durch Monopolstrukturen.
Baumärkte sind ein wichtiger Indikator für die Marktentwicklung. Ihr Umsatz sank 2016 schätzungsweise um
8%. Doch soll es 2017 wieder aufwärts gehen. Laut INFOLine soll das Marktvolumen bei DIY dann bei 2,14 Billio­
nen Rubel (etwa 33 Mrd. $) liegen. Nach den Volumina bei DIY liegt Russland weltweit auf dem fünften Platz
nach den USA, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Frankreich.
Vor allem aus preislichen Gründen werden Baustoffe und Baumaterial nur noch für Immobilien mit gehobenen
Ansprüchen eingeführt. Dazu zählen Hotels mit vier oder fünf Sternen, aber auch Einkaufszentren in Zentrums­
lage, Stadien für internationale Wettkämpfe, Bürozentren der A-Klasse, internationale Flughäfen und Wohnan­
lagen der Mittel- und Oberklasse.
Die Importe stammen vorrangig aus Finnland und Schweden, dem Baltikum und Polen. Eingeführt werden Kera­
mikkacheln im mittleren und oberen Preissegment, hochwertige Klinker- und Fassadensteine, Marmorplatten,
Inneneinrichtungen, Sanitäranlagen, Bäder und Küchen, aber auch Flachglas. Die Lieferungen aus Deutschland
konzentrieren sich auf Tafeln und Platten aus Kunststoff sowie Armaturen.
Importverteuerung verleiht Inlandsproduktion Impulse
Die gesunkenen Einfuhren von Baustoffen und Baumaterialien wirken wie Wasser auf die Mühlen des Industrie­
zweigs in Russland. Dieser Trend wird durch die Politik der Importsubstitution noch verstärkt. Im Ergebnis kom­
men aus dem Ausland auch zunehmend kleine und mittlere Hersteller mit eigenen Produktionen, und nicht
mehr nur die großen Konzerne. Selbst rein russische Unternehmen sehen sich durch die Entwicklung eher in der
Lage, Finanzierungen aufzunehmen und einen ausreichend schnellen Return of Investment zu erzielen. Letzteres
ist bei den immer noch hohen Kreditzinsen immanent wichtig.
Bedeutende Fortschritte hat die russische Industrie zum Beispiel bei der Herstellung von Dachbelägen, Monta­
geschaum, Hitze-, Kälte- und Lärmisolationen sowie anderen Dämmstoffen aus modernen Werkstoffen ge­
macht. Zu den schnell wachsenden russischen Unternehmen in diesem Bereich zählt Technonikol (http://
www.tn.ru ). Erst am 30.8.16 hat das Unternehmen ein Werk für Wärmeisolierungen in Chabarowsk eröffnet.
Die Investition wird mit 4,8 Mrd. Rubel beziffert. Von dort wird nicht nur der russische Ferne Osten, sondern
künftig auch China beliefert.
Angebot an Ausgangsmaterialien verbessert sich
Mit dem weiteren Ausbau der Chemieindustrie durch Konzerne wie Sibur und EuroChem verbessert sich die
Rohstoffbasis vor Ort, so dass der Ausbau von Weiterverarbeitungskapazitäten wirtschaftlich Sinn ergibt. Dies
betrifft unter anderem Methylendiphenylisocyanate (MDI), ein Ausgangsmaterial zur Veredlung zu Polymeren.
Die Importabhängigkeit bei MDI sinkt aktuell rasant.
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ABSATZMÖGLICHKEITEN FÜR BAUMATERIAL IN RUSSLAND WERDEN SCHLECHTER
Russland: Import ausgewählter Baustoffe und Baumaterialien (in Mio. US$)
Position (HS-Nr.)
2014
2015
Davon aus Deutschland
(2015)
Fenster und Türen aus Aluminium (761010)
29,8
16,9
2,3
Fenster und Türen aus Holz (441810-441820)
114,7
62,7
1,7
Fenster und Türen aus Kunststoff (392520)
15,3
8,5
1,0
Fenster und Türen aus Stahl (730830)
251,0
92,9
7,0
Zement (2523)
377,4
171,6
6,7
Waren aus Zement, Beton oder Kunststein (6810)
263,5
137,9
12,8
Zement feuerfest (381600)
219,0
161,8
52,2
Holzfaserplatten (4411)
421,9
232,3
67,7
Parkettholz (4409)
38,7
19,4
0,3
Holzhäuser (940600)
260,7
110,5
8,9
Kies (251710)
387,8
134,9
0,05
Gips (252020)
32,4
17,3
1,3
Gipswaren (6809)
23,0
7,1
2,6
Armaturen (8481)
2.162,0
1.526,6
232,7
Rohre aus Kunststoff (3917)
658,0
436,6
72,9
Rohre und Hohlprofile aus Gusseisen (7303)
15,7
9,6
0,3
Rohre und Hohlprofile, nahtlos, aus Eisen (ausgenommen Gusseisen)
896,3
449,9
21,8
55,7
62,1
8,1
Konstruktionen und Konstruktionsteile aus Eisen oder Stahl (7308)
1.110,2
536,9
90,4
Bodenbeläge aus Kunststoffen (3918)
157,5
69,4
2,9
Tafeln, Platten aus Kunststoffen (3919-3921)
2.166,9
1.693,5
301,5
Linoleum mit Spinnstoffunterlage (590410)
3,1
1,8
0,7
Badewannen, Duschen, Ausgüsse, Waschbecken aus Kunststoffen
202,0
125,3
18,4
Baubedarfsartikel aus Kunststoffen (3925)
277,5
153,6
23,9
Flachglas (7003-7006)
20,9
51,4
8,1
Pflastersteine, Randsteine und Pflasterplatten aus Naturstein (6801)
19,8
13,5
0,004
Mineralische Wolle (6806)
151,5
67,0
13,0
Asphaltwaren (6807)
51,2
21,9
0,6
Asbestwaren (6811-6813)
42,2
29,0
1,8
oder Stahl (7304)
Andere Rohre mit kreisförmigem Querschnitt und einem äußerem
Durchmesser von mehr als 406,4 mm, aus Eisen oder Stahl (7305)
(3922)
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ABSATZMÖGLICHKEITEN FÜR BAUMATERIAL IN RUSSLAND WERDEN SCHLECHTER
Feuerfeste Steine, Platten, Fliesen und ähnliche keramische Bauteile
17,5
61,5
10,8
Mauerziegel, Deckenziegel aus Keramik (6904)
82,2
37,5
10,5
Dachziegel, Schornsteinziegel und andere Baukeramik (6905)
11,7
10,9
4,2
Keramische Rohre, Rinnen, Rohrverbindungsstücken (6906)
0,1
0,1
0,05
Keramische Fliesen, Boden- und Wandplatten, Steine, Würfel und
673,1
348,0
17,8
128,8
68,9
4,0
(6902)
ähnliche Waren für Mosaike (6907-6908)
Keramische Ausgüsse, Waschbecken, Badewannen, Klosettbecken,
Spülkästen und ähnliche Installationsgegenstände zu sanitären Zwe­
cken (6910)
Quelle: UN Comtrade 2016
Neue Umschlag- und Logistikzentren für Zement
Trotz Baukrise bauen vereinzelte Hersteller von Baustoffen und Baumaterial ihre Produktions- oder Lagerkapa­
zitäten aus. Dabei werden sie von der Notwendigkeit getrieben, die Kosten auf Materialtransporte zu senken
und geografisch näher an ihre wichtigsten Abnehmer heranzurücken.
In diesem Zusammenhang eröffnete der Zementhersteller EuroCement im August 2016 in Kasan (Tatarstan) ei­
nen 500 Mio. Rubel teuren Großhandels- und Lagerkomplex, in dem bis zu 20.000 t Zement gelagert und bis zu
50.000 t monatlich umgeschlagen werden können. Um den Gesamtbedarf Tatarstans an Zement von 2 Mio. t
pro Jahr vollständig decken zu können, wären jedoch zwei weitere Zentren dieser Art notwendig.
Tatarstan deutet Ansiedlungshilfen an
Darauf wies der Präsident der Teilrepublik, Rustam Minnichanow, hin. Als mögliche Standorte brachte er Nabe­
reschnyje Tschelny und Bugulm oder Almetjewsk im Südosten ins Spiel - jedes Zementunternehmen, dass in den
genannten Regionen investieren möchte, dürfte daher mit der Unterstützung des tatarischen Präsidialamtes
rechnen können.
EuroCement schloss nicht aus, sich ebenfalls an einem oder gar beiden genannten Orten engagieren zu wollen.
Dabei würde der Hersteller einen Kooperationspartner mit ins Boot holen, und zwar den chinesischen Baustoff­
hersteller China National Building Materials Group Corporation (CNBM). Doch sei das Vorhaben noch längst
nicht in trocknen Tüchern.
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ABSATZMÖGLICHKEITEN FÜR BAUMATERIAL IN RUSSLAND WERDEN SCHLECHTER
Die zehn größten Zementhersteller in Russland (Stand 2015)
Hersteller
Jahresproduktion (in Mio. t)
Veränderung 2015/2014 (in %)
Marktanteile (in %)
EuroCement
19,7
-22,7
31,4
Gasmetallprojekt
6,3
6,0
9,9
LafargeHolcim
4,8
-7,7
7,6
Heidelberg Cement
3,8
2,1
6,0
Sibirskij Zement
3,6
-14,0
5,7
Dyckerhoff
3,2
-14,9
5,1
Serebjakowzement
3,0
-2,7
4,8
Basel
2,2
17,0
3,6
Wostokzement
2,1
-4,0
3,3
JuUGPK
1,8
6,8
2,9
Quelle: Jahresbericht SMPRO "Rynok Zementa", Moskau, 2015
Preiskämpfe zwischen Herstellern und Importeuren
Der chinesische Baustoffkonzern Conch plant derzeit antizyklisch den Bau eines Zementwerks mit einer Kapazi­
tät von 5.000 t pro Tag in Terenga, südlich von Uljanowsk. Wie die Gebietsverwaltung bekannt gab, unterzeich­
neten der Gouverneur der Region, Sergej Morosow, und Jianchao Wang, Repräsentant des Konzerns, eine ent­
sprechende Absichtserklärung. Die Höhe der Investition wurde mit 500 Mio. $ beziffert. Doch hat die Praxis der
zurückliegenden Jahre gezeigt, dass nicht alle Absichtserklärungen chinesischer Investoren im Anschluss sofort
oder akribisch umgesetzt werden.
Produktion von Zement geht zurück
Letzteres gilt umso mehr, da speziell der Markt für Zement 2016 schrumpft. Zum Beispiel vermeldete das Ze­
mentwerk Iskitimzement für das 1. Halbjahr 2016 einen Produktionsrückgang um 21% auf 0,6 Mio. t Zement. Das
Werk wurde in Kooperation mit einem deutschen Ingenieurbüro und Technologielieferanten teilmodernisiert.
Die Produktion wurde gedrosselt, da in den wichtigsten Absatzmärkten in Sibirien die Nachfrage nach dem Bau­
stoff um 13% eingebrochen war. Da in der Region weder die öffentlichen noch die privaten Bauinvestitionen in
absehbarer Zeit anziehen, erwartet Iskitimzement auch keine schnelle Konjunkturaufhellung.
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ABSATZMÖGLICHKEITEN FÜR BAUMATERIAL IN RUSSLAND WERDEN SCHLECHTER
Zementproduktion in Russland
Jahr
Produktion (in Mio. t)
2011
56,1
2012
61,5
2013
66,5
2014
68,5
2015
62,1
Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, Moskau, 2016
Produktion in der Baustoff- und Baumaterialindustrie (Veränderungen in %)
Baustoff/-material
Januar-August
Veränderung Jan.-Aug. 2016/Jan.-
2016
Aug. 2015
Ziegel, keramisch, nicht-feuerfest (Mio. Stück)
3.721
-17,3
Blöcke, keramisch, zum Bau (Mio. Stück)
208,4
-19,2
Portlandzement, Tonerdezement, Schlackenzement und
38,2
-11,0
Löschkalk (1.000 Tonnen)
1.776
-0,9
Konstruktionen und Teile aus Eisenbeton (Mio. cbm)
12,6
-17,9
Stahlkonstruktionen für den Bau (1.000 Tonnen)
2.310
-0,4
analoger hydraulischer Zement (Mio. Tonnen)
Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, Moskau, 2016
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