Analyse der HSI Netzwerkkooperationen

HSI - Quantitative und qualitative Analyse
der Netzwerkkooperationen
der HSI Träger
Netzwerkkooperationen II. Abschnitt
Professor Dr. Harald Christa
HSI Netzwerkkoordination
xit und ERGOKONZEPT GbR
[email protected]
Herausgeber Netzwerk HSI
Januar 2017
www.hsi-zabih.de
Zur Ermittlung des Umfangs und der Qualität von Netzwerkoperation von im HSI Programm tätigen Trägern
wurde im zweiten Abschnitt der Untersuchung ein standardisierter Erhebungsbogen eingesetzt. Die HSI Träger
wurden zu wesentlichen Kriterien ihrer Zusammenarbeit vor Ort und in regionalen Kontexten befragt.
Im Fokus standen
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
1.
die Anzahl der Kooperationspartner
die Häufigkeit der jeweiligen Kooperationen
der Anteil der Arbeit mit Netzwerkpartnern an der gesamten Tätigkeit
Bedarfe der Klientinnen und Klienten, die vorhandene Netzwerke nicht abdecken können
die Qualität der Kooperation mit bzw. in verschiedenen wichtigen Arbeitsbereichen
Indikatoren für eine gelingende Netzwerkarbeit.
Anzahl der Kooperationspartner
Die Erhebung der Partnerschaften in den regionalen und örtlichen Aktionsfeldern zeigte, dass die HSI Träger
mit einer Vielzahl an Institutionen zusammenarbeiten. Mit einer Gesamtsumme von 2469 Partnern bestehen
für das Arbeitsfeld der Anlauf- und Beratungsstellen 446, für die ambulanten Maßnahmen 190 sowie für Arbeit
statt Strafe 1833 unterschiedliche komplementäre Partnerschaften.
(1) Im Arbeitsfeld der Anlauf- und Beratungsstellen dominieren quantitativ neben Vermietern und
Arbeitgebern aus dem ersten Arbeitsmarkt auch die sozialen Dienste im Vollzug, zudem Anbieter
beruflicher Ausbildung, Arbeitsagenturen, ARGEn und Jobcenter, Sucht- und
Schuldnerberatungsstellen sowie freie Träger der Straffälligenhilfe. Ein HSI Partner kooperiert mit
einer großen Zahl an ASS-Arbeitgebern.
(2) Im Sektor der ambulanten Maßnahmen rekrutiert sich die Mehrzahl der Kooperationen aus dem
institutionellen Bereich der Jugendgerichtshilfe, der schulischen Ausbildung, der Arbeitgeber im ersten
Arbeitsmarkt sowie der ARGEn und der Jobcenter. Jedoch sind quantitativ auch Kooperationen mit
Jugendämtern, Arbeitgebern des zweiten Arbeitsmarkts, Suchtberatungsstellen, Organisationen der
beruflichen Ausbildung, freien Trägern der Jugendhilfe, Vermietern, Krankenkassen und
Bewährungshilfen bedeutsam.
(3) Die hohe Zahl an Kooperationspartnerinnen und -partnern im Bereich Arbeit statt Strafe erklärt sich
vor allem durch die Vielzahl an notwendigen Einsatzstellen. Jedoch ist in diesem Feld auch eine
Zusammenarbeit mit Arbeitgebern des ersten und zweiten Arbeitsmarktes, mit Vermietern,
Staatsanwaltschaften, Arbeitsagenturen, ARGEn und Jobcentern sowie verschiedenen
Beratungsstellen und therapeutischen Einrichtungen aufzuführen.
2.
Häufigkeit der Kooperation
Neben der Anzahl von Kooperationspartnern wurde auch die Häufigkeit (und damit die quantitative
Bedeutung) der Zusammenarbeit der HSI Träger mit Partnern aus den unterschiedlichen institutionellen
Kontexten erhoben.
Dabei zeigte sich folgendes Bild:
(1) Im Arbeitsfeld der Anlauf- und Beratungsstellen stehen die Kooperation mit sozialen Diensten im
Vollzug sowie Arbeitsagenturen, ARGEn und Jobcentern an der Spitze. Von besonderer Relevanz sind
zudem Vermieter, Schuldner- und Suchtberatungsstellen, freie Träger der Straffälligenhilfe,
Arbeitgeber des ersten Arbeitsmarkts, die Bewährungshilfe sowie ASS Arbeitgeber
(2) Ambulante Maßnahmen kooperieren besonders häufig mit der Jugendgerichtshilfe, Institutionen der
schulischen Ausbildung sowie (im Falle eines HSI Trägers) auch mit Einrichtungen der Behindertenhilfe.
Ebenfalls häufiger können Kooperationen mit Jugendämtern, Arbeitgebern des zweiten Arbeitsmarkts,
Suchtberatungsstellen, Organisationen der beruflichen Ausbildung, freien Trägern der Jugendhilfe,
therapeutischen Einrichtungen bis hin zu ARGEn und Jobcentern verzeichnet werden.
(3) HSI Träger im Sektor Arbeit statt Strafe kooperieren naturgemäß besonders häufig mit ASS
Arbeitgebern, mit Staatsanwaltschaften sowie Arbeitgebern des zweiten Arbeitsmarkts. Darüber
hinaus zu nennen sind die Bewährungshilfe, Schuldnerberatungs- und Suchtberatungsstellen, freie
Träger der Jugendhilfe, Arbeitgeber des ersten Arbeitsmarkts, Clearingstellen, Arbeitsagenturen und
freie Träger der Straffälligenhilfe.
Häufigkeit der Kooperation nach Arbeitsbereichen;
Mittelwert; Skala: 1 = „sehr oft“ bis 5 = „sehr selten“
1,00
Soziale Dienste im
Vollzug
Arbeitsagenturen
ARGEN und Jobcenter
2,00
3,00
4,00
5,00
Jugendgerichtshilfe
1,00
2,00
Einrichtungen der
Behindertenhilfe
1,25
Vermieter
1,00
Schulische Ausbildung
1,25
Schuldnerberatung
2,25
Arbeitgeber 2.
Arbeitsmarkt …
Freie Träger der
Straffälligenhilfe
2,25
Suchtberatungsstellen
2,33
2
ASS Arbeitgeber
1,5
Staatsanwaltschaft
1,5
Arbeitgeber 2.
Arbeitsmarkt …
2,00
Jugendamt
2,00
1
1,00 2,00 3,00 4,00 5,00
3
Schulische Ausbildung
2
Bewährungshilfe
2
2,67
Schuldnerberatung
2,25
2,67
Suchtberatungsstellen
2,25
Freie Träger der
Jugendhilfe
Arbeitgeber 1.
Arbeitsmarkt
2,5
2,50
Berufliche Ausbildung
3,00
Suchtberatungsstellen
2,50
Freie Träger der
Jugendhilfe
3,00
Clearingstellen
2,75
Bewährungshilfe
2,50
Therapeutische
Einrichtungen
3,00
Arbeitsagenturen
2,75
3,00
Freie Träger der
Straffälligenhilfe
2,75
2,67
ABS
ARGEN und Jobcenter
AM
5
1,75
Arbeitgeber 1.
Arbeitsmarkt
ASS Arbeitgeber
4
2,75
ASS
Abb.1: Häufigkeit der Kooperation nach Arbeitsbereichen; Mittelwert; Skala: 1 = „sehr oft“ bis 5 = „sehr selten“
3.
Anteil der Arbeit mit Netzwerkpartnern an der gesamten Tätigkeit
Die HSI Träger wurden auch gefragt, welchen Anteil die Kooperation mit Netzwerkpartnern vor Ort bzw. in der
Region an ihrer gesamten Arbeit einnimmt.
Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse:
(1) Die Angaben der HSI Träger differierten im Bereich der Anlauf- und Beratungsstellen nicht
unwesentlich von 80 Prozent im Maximum über 60,5 sowie im Minimum 30 Prozent.
(2) Weniger Unterschiede wiesen die Rückmeldungen der ambulanten Maßnahmen auf, hier verzeichnen
wir 40 Prozent im Maximum sowie im Minimum 25 Prozent.
(3) Die Träger im Sektor Arbeit statt Strafe gaben 45 Prozent im Maximum an, darüber hinaus in einem
Fall 40 sowie in zwei Fällen 20 Prozent.
4.
Bedarfe der Klientinnen und Klienten, die vorhandene Netzwerke nicht abdecken können
In dieser Frage erhielten wir Einschätzungen der HSI Träger wie folgt:
(1) Während die Verantwortlichen der Anlauf- und Beratungsstellen diese Frage in drei Fällen verneinten
und in einem Fall positiv beantworteten (Übergangseinrichtungen für Haftentlassene, ambulant
Betreutes Wohnen)
(2) bejahten zwei von drei befragten Trägern der ambulanten Maßnahmen diese Frage (Obdachlosenhilfe,
Bewerbungshilfe, Sonderbeschulungsformen).
(3) Im Arbeitsfeld Arbeit statt Strafe gibt es nach Einschätzung der HSI Träger keine Lücken in den
maßgeblichen Hilfekontexten.
5.
Qualität der Kooperation mit verschiedenen Arbeitsbereichen
Neben der Anzahl und der Häufigkeit von Kooperationen ist die Güte der Zusammenarbeit in regionalen und
lokalen Netzwerken für die Anliegen der Haftvermeidung von besonderer Relevanz. Die HSI Träger wurden in
der Befragung daher gebeten, die Qualität der Zusammenarbeit mit ihren wichtigsten Kooperationspartnern zu
bewerten.
Folgender Befund ist im Hinblick auf diese Frage hervorzuheben:
(1) Im Feld der Anlauf- und Beratungsstellen wird die Zusammenarbeit mit jenen Institutionen, mit
welchen die HSI Träger am häufigsten kooperieren, als gut bis sehr gut bewertet.
(2) Von den ambulanten Maßnahmen wird die Qualität der Kooperation insgesamt etwas
zurückhaltender, jedoch zumindest im Hinblick auf die am häufigsten genannten Kooperationspartner
als gut bis teilweise sehr gut bewertet.
(3) Die Zusammenarbeit mit Partnern in institutionell wichtigen Kontexten wird von den HSI Trägern im
Sektor Arbeit statt Strafe nahezu durchgehend als sehr gut bis gut eingeschätzt. Lediglich die
Zusammenarbeit in einem kooperativen Feld erhielt die Bewertung „befriedigend“.
6.
Indikatoren für gelingende Kooperation in Netzwerken der HSI Träger
Als Additiv zur obigen Erhebung der Qualität der Kooperation wurden Indikatoren für gelingende Kooperation
in wichtigen Netzwerkkontexten der HSI Träger abgefragt. Herangezogen wurden die von Petran und Winkler
1
entwickelten Parameter für die Beziehungsqualität in Netzwerken .
Im Ergebnis zeigen die Einschätzungen der HSI Träger folgendes Bild:
1
Petran, W./ Winter, J.: Kooperations- und Verbundmodelle, lokale und regionale Netzwerke. Ausgewählte Ergebnisse
einer Evaluation der Modellversuchsreihe INKA. In: INBAS (Hg): lokale und regionale Netzwerke zur sozialen und beruflichen
Integration Jugendlicher. Offenbach 2000, S. 45-54); vgl. hierzu auch Christa, H.: Soziale Netzwerke. In: Forum Strafvollzug
5/2010, S. 253-258
(1) Im Handlungsfeld der Anlauf- und Beratungsstellen werden die Parameter der Qualität der
Kooperation als gut bis befriedigend bezeichnet. Während die Bereitschaft in den Kooperationen, die
gemeinsamen Zielsetzungen, gemeinsame unverbindliche Planungen sowie klar definierte
Kooperationsstrukturen (nach Schulnoten) mit durchschnittlich 2,0 bewertet werden, erreichten
andere wichtige Faktoren wie gründliche Information, Offenheit in der Kooperation sowie
ausreichende Handlungsspielräume bei den Kooperationspartnern lediglich eine Durchschnittsnote
von 2,5. Eine nur befriedigende Bewertung erhielt die Transparenz des Informationsflusses.
(2) Im Sektor der ambulanten Maßnahmen ist von etwas differenzierteren Einschätzungen der
Güteparameter der Kooperation mit wichtigsten Netzwerkpartnern auszugehen. Während die
gründliche Information eine durchschnittliche Bewertung von 1,5 erhielt, übten die HSI Träger mit
einer Durchschnittsbewertung von 2,3 im Hinblick auf die Bereitschaft in den Kooperationen, die
gemeinsamen Zielsetzungen sowie in Bezug auf ausreichende Handlungsspielräume der
Kooperationspartner eine tendenzielle Zurückhaltung aus. Noch vorsichtiger bewertet wurde mit
jeweils rd. 2,7 die Offenheit in den Kooperationen sowie gemeinsame und verbindliche Planungen.
Lediglich mit befriedigend bzw. gerade noch befriedigend werden die Transparenz des
Informationsflusses sowie klar definierte Kooperationsstrukturen angesehen.
(3) Im Handlungsfeld Arbeit statt Strafe schwanken die Gesamtdurchschnittsbewertungen der befragten
HSI Träger rund um den Wert von 2, wobei die gründliche Information und die gemeinsamen
Zielsetzungen mit einer Bewertung von 1,75 etwas unter, die anderen Parameter mit 2,25 bzw. 2,5
leicht über dem Gesamtdurchschnitt liegen.
Qualität der Kooperation mit wichtigsten Netzwerkpartnern
Indikatoren für gelingende Kooperation in Netzwerken
der HSI Träger
1
Gründliche Information
1,5
2
2,5
3
3,5
4
2,5
1,5
1,75
2,5
Offenheit in den Kooperationen
2,67
2,5
2
Bereitschaft in den Kooperationen
2,33
2,5
3
Transparenz des Informationsflusse
3
2,5
2
Gemeinsame Zielsetzungen
2,33
1,75
2
Gemeinsame und verbindliche Planungen
2,67
2,25
Klar definierte Kooperationsstrukturen
2
3,33
2,25
2,5
Ausr. Handlungsspielräume bei K.-Partn.
2,33
2,25
Anlauf- und Beratungsstellen
Ambulante Maßnahmen
Arbeit statt Strafe
Abb. 2: Qualität der Kooperation mit wichtigsten Netzwerkpartnern - Indikatoren für gelingende Kooperation in Netzwerken der HSI Träger;
Bewertung nach Schulnoten; Mittelwerte; (Skala: ++ = „trifft absolut zu“ bis -- = „trifft überhaupt nicht zu“)
7.
Fazit
Zu konstatieren ist zunächst eine beachtlich große Zahl an Kooperationen bzw. Kooperationspartnern, welche
den HSI Trägern zur Verfügung stehen. Bis auf wenige Ausnahmen erkennen die HSI Träger keine Bedarfe der
Klientinnen und Klienten, welche von vorhandenen Netzwerke nicht abgedeckt werden können.
Die HSI Träger weisen tendenziell in jenen Feldern eine große Zahl an Kooperationspartnern auf, in welchen
eine Zusammenarbeit besonders wichtig ist, um die fachlichen Ziele realisieren zu können. Insgesamt ist in
allen HSI Arbeitsfeldern eine folgerichtige sektorale „Verdichtung“ von Kooperationen identifizierbar, d.h. dass
sich über die Anzahl der Kooperationspartner sowie der Häufigkeit der Zusammenarbeit bestimmte fachlich
geprägte Cluster herausgebildet haben.
Da Netzwerkarbeit in einem hohen Maße von der Qualität der Beziehungen zwischen den Elementen/Akteuren
abhängig ist, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Einschätzung der wesentlichen Partnerschaften in lokalen
und regionalen Netzwerken. Dabei wird einerseits praktisch durchgehend die Zusammenarbeit mit jenen
Institutionen, mit welchen die HSI Träger am häufigsten kooperieren, als gut bis sehr gut bewertet.
Andererseits zeigt die genauerer Betrachtung von Gütekriterien der Netzwerkkooperation in allen drei HSI
Handlungsfeldern, dass einzelne Parameter (noch) nicht zur vollen Zufriedenheit der HSI Träger ausgestaltet
sind. Hervorzuheben sind dabei Faktoren wie die Transparenz des Informationsflusses, klar definierte
Kooperationsstrukturen sowie ausreichende Handlungsspielräume bei den Kooperationspartnern.
Wir streben an, im weiteren Verlauf der Förderperiode die genannten Faktoren einer gelingenden
Netzwerkarbeit vor allem im Hinblick auf Möglichkeiten der Intensivierung bzw. Optimierung weiter zu
analysieren.
Gefördert durch das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds
und des Landes Brandenburg