Psychogenese der Menschheit: Ohne Kooperation keine Evolution

Psychologie aktuell: Psychogenese der Menschheit: Ohne Kooperation keine Evolution
27-01-17
Psychogenese der Menschheit: Ohne Kooperation keine Evolution
Konstruktive Kooperationen über Grenzen hinweg steigern die soziale, kulturelle und
wirtschaftliche Evolution. "Heute ist Kerneuropa weltweit der einzige Raum, in dem die
Notwendigkeit dieser Kooperation der Überzeugung der Eliten sowie weiterer
Bevölkerungsschichten entspricht und sich die Regierenden an ihnen ausrichten,"
diagnostiziert Professor Dr. Hartmut Kiehling (München) in seinem Aufsatz "Evolution der
Kooperation in Europa seit dem Mittelalter" (veröffentlicht im aktuellen Reader "Psychogenese
- Das zentrale Erkenntnisobjekt einer integrativen Humanwissenschaft").
"Keine andere Ländergruppe folgt dieser Überzeugung auch nur annähernd in gleichem Maße. Die
angelsächsischen Länder sind wettbewerbs- und machtorientiert, die meisten anderen Länder
familienzentriert. Dieser Bruch verläuft quer durch Europa: dort die ´notorisch defektierenden´ Staaten
Ost- und Südeuropas, hier die ´kompromissgewöhnten´ Länder Kerneuropas."
Kiehling erinnert an Ergebnisse der interdisziplinären "evolutionären Spieltheorie", die gezeigt hat,
"dass es umso sinnvoller ist zu kooperieren, je komplexer eine Gesellschaft wird und dass wir noch
lange nicht am Endpunkt dieser Evolution kooperativen Verhaltens angelangt sind." Kiehling erläutert
dies anhand der Entwicklungen der letzten 1000 Jahre in Kerneuropa (deutschsprachige und
nordische Länder, Benelux).
Die Gefährdung von Kooperationen ist ein unvermeidliches chronisches Risiko; "denn egoistische
Trittbrettfahrer haben starke Anreize, die Gutmütigkeit der Kooperatoren auszunutzen. Soziale Regeln
können dem entgegenwirken und so einen Zusammenbruch der Kooperation vermeiden helfen.
Mathematisch lässt sich zeigen, dass Belohnungen dabei besser wirken als Strafen. Psychologisch
funktioniert das besonders gut, wenn die Nutzer die Regeln selbst festlegen und schrittweise
verschärfen.
Zwischen Kooperatoren und Defektoren herrschen oft labile Gleichgewichte, lähmende
Pattsituationen und heftige Zyklen. Zwar hat Kooperation im Laufe der Geschichte insgesamt per
saldo zugenommen, denn ohne sie wäre die wachsende Komplexität der Gesellschaft nicht möglich
geworden. Auf kurze und mittlere Sicht kommt und geht Kooperation jedoch; sie muss über längere
Zeiträume hinweg gesichert, ihr Zusammenbrechen darf allenfalls kurzzeitig zugelassen und
drastische Abstürze müssen verhindert werden," postuliert Kiehling.
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Psychologie aktuell: Psychogenese der Menschheit: Ohne Kooperation keine Evolution
Gerd Jüttemann (Hrsg.) Psychogenese - Das zentrale Erkenntnisobjekt einer integrativen
Humanwissenschaft. Pabst 2017, 288 Seiten, ISBN Hardcover 978-3-95853-211-3, ISBN e-book
978-3-95853-212-0
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