Einblicke ins Atom Physiker stellen neuen Mechanismus zur

URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM170123_Atomresonanz.pdf
Einblicke ins Atom
Physiker stellen neuen Mechanismus zur Untersuchung von
Atomkernen vor
Foto: Anne Günther
Die theoretischen Physiker Dr. Andrey Volotka (l.) und Prof. Dr. Stephan Fritzsche haben eine
Methode entwickelt, mit der sie Atomkerne gezielt anregen können.
Es ist nicht leicht, die kleinsten Bausteine der Materie in Augenschein zu nehmen. Während sich
Atome mit einer Größe von einigen Pikometern (Billionstel Meter) mit Rastertunnelmikroskopen
noch in ihren Umrissen sichtbar machen lassen, sind Nahaufnahmen der Atomkerne auf direktem
Wege bislang ganz und gar unmöglich: Wie eine dichte Atmosphäre oftmals den Blick auf ferne
Planeten verhüllt, so verdeckt eine Wolke von Elektronen, die sich um den Atomkern bewegen, die
Sicht ins Innere eines Atoms. "Die Elektronenhülle bestimmt nicht nur die Festigkeit und
chemischen Bindungen aller uns umgebenden Stoffe, sie ist auch wesentlich größer als der
Atomkern", sagt Prof. Dr. Stephan Fritzsche von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ihr
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Durchmesser beträgt etwa das Hunderttausendfache des Durchmessers des Atomkerns. Um die
Kerne dennoch direkt zu erreichen, müssen sich die Forscher daher etwas einfallen lassen.
Und genau das haben Prof. Fritzsche und seine Kollegen getan. Das Team um den theoretischen
Physiker von der Universität Jena und dem Helmholtz-Institut Jena stellt in der renommierten
Fachzeitschrift "Physical Review Letters" eine Methode vor, mit der die Forscher den Schleier der
Elektronenwolke lüften und die Atomkerne gezielt anregen können. Dabei gelingt es ihnen nicht
nur die Elektronenwolke zu durchdringen; sie nutzen die eigenwilligen Sprünge der Elektronen
sogar, um neue Kernzustände zu ermöglichen (DOI: 10.1103/PhysRevLett.117.243001).
Angeregte Atome geben Energie in jeweils zwei Lichtpaketen ab
Grundlage der Untersuchungsmethode ist die sogenannte
Zwei-Photonen-Emissionsspektroskopie. "Dazu schickt man elektromagnetische Strahlung in eine
Probe des zu untersuchenden Elementes", erläutert PD Dr. Andrey Volotka aus Fritzsches
Arbeitsgruppe, der Erstautor der aktuellen Studie ist. Die Elektronen in der Atomhülle werden von
der Strahlung angeregt und gehen in einen energetisch höheren Zustand über, in dem sie
allerdings nur für sehr kurze Zeit verweilen und von wo sie anschließend in ihren ursprünglichen
Zustand zurückfallen. Jedes angeregte Atom gibt dabei seine Energie in Form zweier Lichtteilchen
(Photonen) wieder ab. "Dem von uns vorgeschlagenen Mechanismus zufolge wird eines dieser
Photonen jedoch vom Atomkern absorbiert und regt diesen selbst an", so Andrey Volotka. Diese
Anregung des Atomkerns lässt sich - ebenso wie die des verbleibenden zweiten Photons spektroskopisch nachweisen. Die beobachtbaren Signale in den Photonenspektren geben den
Forschern Aufschluss über die Struktur des Atomkerns und dessen Wechselwirkung mit den
Elektronen. "Damit können sogenannte isomere Zustände der Atomkerne bestimmt werden, die
vergleichsweise langlebig sind", nennt Prof. Fritzsche einen Vorteil der Methode. "Langlebig"
bedeutet für die Physiker in diesem Fall von Bruchteilen einer Sekunde bis hin zu mehreren
Minuten. Die in gängigen Stoßexperimenten angeregten Kernzustände haben dagegen typische
Lebensdauern im Attosekundenbereich.
Bisher ist dieser neue Mechanismus allerdings nur ein theoretischer Vorschlag. Die Jenaer
Physiker konnten diesen aber gemeinsam mit Kollegen aus Braunschweig, Darmstadt und
Dresden bereits in Computersimulationen bestätigen. "Das ist in erster Linie
Grundlagenforschung", macht Prof. Fritzsche deutlich. Vielleicht, so der Physiker, lassen sich die
Erkenntnisse jedoch eines Tages auch nutzbringend anwenden: etwa in Form hochpräziser
"Atomuhren", die dann auf Kernübergängen beruhen und eine nennenswert höhere Präzision
versprechen.
Original-Publikation:
Volotka A.V. et al. Nuclear Excitation by Two-Photon Electron Transition. Physical Review Letters,
DOI: 10.1103/PhysRevLett.117.243001
Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Fritzsche
Theoretisch-Physikalisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Helmholtz-Institut Jena
Fröbelstieg 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947606
E-Mail: [email protected]
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