Börsen-Zeitungspezial

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Börsen-Zeitung spezial
Verlagsbeilage zur Börsen-Zeitung I 28. Januar 2017 I Nr. 20
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Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Inhalt
3 Die Bedeutung
von Ratings
Von Tobias Mock | Standard & Poor’s
4 Größere Meinungsvielfalt
bei Länderratings
Von Dr. Benjamin Mohr | Creditreform Rating
6 Europäische Unternehmen brauchen
einen alternativen Ratingansatz
Von Dr. Stefan Bund und Olaf Tölke | Scope Ratings
8 Umfassendes Risikomanagement
benötigt Nachhaltigkeitsratings
Von Robert Haßler | oekom research AG
10 Ratings sorgen für Transparenz
und schaffen Vertrauen
Von Horst Bertram und Michael Zlotnik | Capital Intelligence Ratings
Impressum
Redaktion: Martin Winkler
Anzeigen: Bernd Bernhardt (verantwortlich) und Andrea Wermann
Technik: Tom Maier
Gestaltung und typografische Umsetzung: Bernd Handreke
Fotos: fotolia
Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH,
Kurhessenstraße 4 – 6, 64546 Mörfelden-Walldorf
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Geschäftsführung:
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3
Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Die Bedeutung
von Ratings
Eine Annäherung anhand des Gebrauchtwagenmarktes
Tobias Mock
Managing Director
S & P Global Ratings
D
ie zentrale These einer der bekanntesten Veröffentlichungen
des US-Ökonomen Prof. Akerlof,
„The Market of Lemons“, ist, dass fehlende Informationen und Informationsasymmetrien auf einem Markt
dazu führen können, dass der Markt
nachhaltig gestört wird oder sogar
zusammenbricht. Er zeigt dies am
Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes – das Problem und das daraus
entstehende Bedürfnis nach zusätzlichen Informationen durch eine neutrale Instanz sind aber durchaus auf
den Kapitalmarkt übertragbar.
Auf dem Gebrauchtwagenmarkt werden sehr gute Wagen (cream puffs)
und schlechte Wagen (lemons) angeboten. Der potenzielle Käufer eines
Gebrauchtwagens steht vor dem Problem, dass er vor seiner Entscheidung
nicht genügend Informationen zur
Verfügung hat, um beurteilen zu können, zu welcher Kategorie der Wagen
gehört – der Verkäufer hingegen
schon. Da der Käufer erwartet, dass
auf dem Markt vor allem lemons zu
überhöhten Preisen angeboten werden, ist der Käufer nicht bereit, das
Risiko einzugehen und einen – für
einen guten Wagen gegebenenfalls
angemessenen – Preis zu bezahlen.
Die Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer über die
Qualität des Gebrauchtwagens führt
so dazu, dass beide Parteien entwe-
der gar nicht oder nur zu einem nicht
effizienten Preis zusammenfinden.
Der Gebrauchtwagenmarkt wäre
nachhaltig gestört. Notwendig ist
eine Instanz, die diese Asymmetrie
zumindest verringern kann und der
beide Seiten – Käufer und Verkäufer – vertrauen.
Ähnlich verhält es sich auf den Kapitalmärkten: Geldgeber, also Anleger
und Finanzinvestoren, befinden sich
in diesem Fall in der Rolle des Käufers. Sie verfügen meist nicht über
ausreichende Informationen, um
zwischen Geldnehmern, z. B. Unternehmen mit Finanzierungsbedarf,
mit schlechterer Bonität und besserer
Bonität unterscheiden zu können.
Wie in dem oben genannten Beispiel
würde als Konsequenz ein Anleger
von allen potenziellen Geldnehmern
einen nivellierten hohen Zinssatz verlangen, um alle Risiken abzudecken.
Damit müssten Unternehmen mit guter Bonität – vergleichbar den Verkäufern guter Gebrauchtwagen – damit
rechnen, einen zu hohen Zinssatz zu
zahlen. Wie im Falle des Gebrauchtwagenmarkts fänden auch auf dem
Kapitalmarkt Geldgeber und Geldnehmer nicht zu effizienten Preisen
zusammen, wenn die Informationsasymmetrie nicht verringert würde.
Genau wie der Verkäufer eines Gebrauchtwagens die Qualität bes-
Rating ist eine
ser kennt als der Käufer, kann der
Geldnehmer seine Bonität besser
einschätzen als der Geldgeber. Ein
Geldnehmer, beispielsweise ein mittelständisches deutsches Unternehmen, wird deshalb daran interessiert
sein, Geldgebern genaue Informationen über seine Bonität zukommen zu
lassen, um an dessen Investitionskapital zu gelangen. Zugleich benötigt
der Geldgeber diese Informationen
aber in einem global einheitlichen
Maßstab, um die Kreditwürdigkeit
von Schuldnern vergleichen zu können.
Instanz, die
Informationsasymmetrie
verringert
Entscheidend ist dabei natürlich,
dass der Ratingagentur vertraut
wird und die Ratings immer nach
transparenten und nachvollziehbaren Kriterien erstellt werden. S & P
Global Ratings hat sich über 150 Jahre dieses Vertrauen der Marktteilnehmer erworben. Seit 25 Jahren ist S & P Global Ratings auch in
Deutschland vertreten. Das Frankfurter Büro mit seinen über 120 Mitarbeitern aus etwa 20 europäischen
Ländern ist mittlerweile eine der
größten Niederlassungen weltweit.
Hier bringen unsere Analysten ihre
lokale Erfahrung über den deutschen Markt mit langjährigen globalen Branchenkenntnissen zusammen und tragen so zu der hohen
Qualität der unabhängigen Analysen
bei.
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Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Größere Meinungsvielfalt
bei Länderratings
Nationale Behörden haben die Sovereign Ratings positiv aufgenommen
Dr. Benjamin Mohr
Leiter Sovereign Ratings der
Creditreform Rating
I
m Rahmen der Sovereign Ratings
beurteilen Analysten die Fähigkeit
und Bereitschaft eines Staates, seine
finanziellen Verbindlichkeiten vollständig und fristgerecht zu begleichen. Dabei ist diese Einschätzung
der Bonität des Staates als Kreditnehmer nicht mit dem Länderrisiko gleichzusetzen, das sich auf das
Geschäftsumfeld und auf den Kreditnehmer innerhalb eines Staates
bezieht. Ein Sovereign Rating, das
Rating eines staatlichen Emittenten,
ist also nicht gleichbedeutend mit
dem Risiko eines Unternehmens, in
dem jeweiligen Land Geschäfte zu
betreiben.
Creditreform Rating vergibt zudem
Ratings für Schuldtitel oder finanzielle Verbindlichkeiten, die von einem
Staat in Landes- oder Fremdwährung
emittiert werden. Bei staatlichen
Sc huldversc hreibungen
handelt es sich in der Regel
um vorrangige, unbesicherte Rückzahlungsansprüche
gegenüber einem Staat, so
dass die Ratings für von
Staaten begebene Finanzinstrumente selten von deren
Sovereign Rating abweichen.
Der analytische Rahmen
für die quantitative und
qualitative Analyse der Bo-
nität eines Staates ist durch das von
uns entwickelte Sovereign-RatingModell gegeben (siehe Abb. 1). Die
Basis dieses Modells bilden die vier
Risikofaktoren Macroeconomic Performance, Institutional Structure,
Fiscal Sustainability und Foreign
Exposure. Dabei verwenden die Analysten einen statistischen Ansatz, im
Zuge dessen für jeden einzelnen Risikofaktor ein Score bestimmt wird.
Hierbei wird eine weite Bandbreite
quantitativer und qualitativer Indikatoren herangezogen, die in den
einzelnen Risikofaktoren verdichtet
werden. In einem zweiten Schritt
findet für jeden Risikofaktor ein Anpassungsprozess statt. So bilden die
zuvor ermittelten Initial Scores der
einzelnen Risikofaktoren eine erste
indikative Einschätzung des Risikoprofils und der wesentlichen Stärken
und Schwächen eines beurteilten
Bei der Analyse
werden zahlreiche quan-
Staates. Um sicherzustellen, dass
länderspezifische Einflussfaktoren
erfasst werden, berücksichtigen die
Analysten bei der Berechnung der
Risikofaktoren Anpassungsvariablen, die nicht für alle Staaten gleichermaßen relevant sind. Auf diese
Weise ist gewährleistet, dass länderspezifische Gegebenheiten berücksichtigt werden und im Risikoprofil
angemessen abgebildet werden.
titative und
qualitative
Indikatoren
berücksichtigt
Zur Beurteilung der Risikosituation
stützen sich die Analysten auf historische Daten sowie Prognosen über
die zukünftige Entwicklung der herangezogenen Indikatoren. Während
der Rückgriff auf gesicherte Zeitreihendaten die Identifizierung von
längerfristigen Trends erlaubt, wird
durch die Einbeziehung von Prognosewerten der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich bei einem Rating
stets um eine in die Zukunft gerichtete Einschätzung handelt und eine
reine Fortschreibung vergangener
Entwicklungen zu kurz greifen kann.
Es wird somit ein Through-theCycle-Ansatz verfolgt.
Während sich die Analyse der Risikofaktoren überwiegend auf quantitative Indikatoren stützt, kommen
auch qualitative Indikatoren zum
Tragen. In diesem Zusammenhang
ist festzustellen, dass der qualitativen Analyse von Informationen
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Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Bislang vergebene
Sovereign Ratings
Rating/Outlook
Belgien
AA / stabil
Deutschland
AAA / stabil
Estland
AA – / stabil
Finnland
AA + / stabil
Frankreich
AA – / stabil
Griechenland
B– / stabil
Irland
A / stabil
Italien
BBB– / stabil
Lettland
A / stabil
Litauen
A / stabil
Luxemburg
AAA / stabil
Malta
A + / stabil
Niederlande
AAA / stabil
Österreich
AA + / stabil
Portugal
BB / stabil
Slowakei
A / stabil
Spanien
BBB + / stabil
Zypern
BB / stabil
Quelle: Creditreform Rating
grundsätzlich eine ebenso große
Bedeutung zukommt wie der quantitativen Untersuchung – in manchen
Fällen können qualitative Faktoren
bei der Beurteilung der Bonität eines
staatlichen Emittenten eine übergeordnete Rolle spielen. Dies ist in
erster Linie darauf zurückzuführen,
dass ein staatlicher Emittent im Vergleich zu anderen Schuldnern über
besondere Befugnisse bzw. Durchgriffsrechte verfügt. So sind bei einem Staat geld- und fiskalpolitische,
aber auch regulatorische und politische Handlungsspielräume vorhanden, die durch quantitative Faktoren
allein nicht angemessen beurteilt
werden können.
Indessen zieht Creditreform Rating
nach dem ersten halben Jahr eine
positive Bilanz. Seit Juli des letzten
Jahres hat die Ratingagentur aus
Deutschland nunmehr 18 Staaten
beurteilt, die allesamt aus dem Eu-
Bislang
wurden
18 Staaten
im Euroraum
beurteilt –
weitere Länder
sollen 2017
folgen
roraum stammen (siehe Abb. 2).
Die nationalen Behörden haben die
Sovereign Ratings positiv aufgenommen – auch wenn die Reaktionen dabei sehr unterschiedlich ausgefallen
sind. Während manche Finanzministerien lediglich den Erhalt des Ratingreports bzw. die Kenntnisnahme
des Ratingurteils bestätigten, suchten andere Behörden wie die Agence
France Trésor (AFT) aus Frankreich,
das slowenische Finanzministerium
oder die maltesische Finanzregulierungsbehörde Malta Financial
Services Authority (MFSA) den fachlichen Austausch. Vertreter des spanischen Finanzministeriums begrüßten es grundsätzlich, dass sich eine
europäische Ratingagentur auf dem
bislang von den vier nordamerikanischen Ratingagenturen dominierten
Gebiet der Sovereign Ratings vorwagt und auf den Finanzmärkten mit
ihren Länderurteilen zu einer größeren Meinungsvielfalt beiträgt.
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Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Europäische Unternehmen brauchen
einen alternativen Ratingansatz
Unterschiede in der Unternehmenslandschaft müssen sich im Rating widerspiegeln
Dr. Stefan Bund
Chief Analytical Officer und
Mitglied des Vorstands bei
Scope Ratings
Olaf Tölke
Managing Director
Corporate Ratings bei
Scope Ratings
D
ie europäische Unternehmenslandschaft ist geprägt von signifikanten Unterschieden gegenüber
Nordamerika und Asien. Diese schlagen sich nicht zuletzt auch bilanziell
nieder. Nicht ohne Grund fordern Investoren, Emittenten und Regulierer
seit langem eine größere Meinungsvielfalt und alternative Ratingansätze, die europäische Unternehmen
und ihre Struktur besser widerspiegeln.
Unternehmen zugrunde liegt, besonders wichtig:
■
■
■
Diversifizierung: Einbe-
Für europäische Unternehmen kann
der bislang klassisch angelsächsisch
geprägte Bewertungsansatz – der
eine eher einheitliche Analyse von
Unternehmen zugrunde legt – zu
strukturellen Nachteilen auf dem
Kapitalmarkt führen. Damit Abweichungen von der bisherigen Norm
bei der Bonitätsbewertung von
europäischen Unternehmen angemessen Eingang finden, müssen
beispielsweise in Analysen des unterliegenden Geschäftsrisikos und des
Finanzrisikos auch die europäischen
Besonderheiten bei Unternehmensstrukturen, Liquiditätsmanagement
oder Faktoren wie Familieneigentümerschaft explizit berücksichtigt
werden.
In drei Bereichen sind Unterschiede
für eine passgenauere Beurteilung
des Geschäfts- und Finanzrisikoprofils, das der Bonität europäischer
ziehung aller
Sektor-Risiken
statt Rating-Fokus auf
Kernbereich
Diversifizierung
Pensionsverbindlichkeiten
Cash
Diversif izier ung: Der US-Kapitalmarkt wird geprägt von einer stark
auf kurzfristige Aktionärsinteressen
ausgerichteten Denkschule. Dieser
Shareholder-Value-Ansatz
fördert
die Konzentration amerikanischer
Unternehmen auf einen Kernbereich,
um Gewinne in einem spezifischen
Sektor zu maximieren; eine Diversifizierung, so gewünscht, nehmen
Investoren dann in ihrem Portfolio
vor. In Europa gibt es jedoch eine
relativ große Anzahl von diversifizierten Unternehmen, die von einer
Shareholder-Value-postulierten Fokussierung der Geschäftstätigkeit
bewusst absehen. Dies hat seinen
Grund in einer mehr auf langfristige
Kriterien ausgerichteten Unternehmensphilosophie, die bei familiengeführten Unternehmen oft verfolgt
wird. Eine diversifizierte Unternehmensstruktur kann auch Folge einer
Managemententscheidung zugunsten eines internen Risikoausgleichs
im Unternehmen sein, dargestellt
durch eine Geschäftstätigkeit in verschiedenen Sektoren. Ein in den USA
entwickeltes Ratingmodell kann die
Kreditwürdigkeit einer diversifizierten europäischen Firma allerdings
nur unzulänglich abbilden, weil
dieses Geschäftsmodell in den USA
weitgehend nicht mehr vorkommt.
Es gilt daher, im Rahmen der Geschäftsrisikoanalyse treibende Faktoren der Kreditqualität aller größeren
Unternehmensbereiche zu erfassen.
Somit wird sichergestellt, dass das
Geschäftsrisiko die Summe der existierenden Sektor-Risiken im Unternehmen reflektiert, und nicht nur
den definierten oder vermeintlichen
Kernbereich.
Pensionsverbindlichkeiten: Hier
liegt der Fokus auf Zahlungsrelevanz
statt auf adjustierter Nettoverschuldung. Pensionsverbindlichkeiten als
Pensionsrückstellungen am Beispiel der Bayer AG
Pensionsrückstellungen
2011
2012
7 787
Wachstum (%)
in % der Bilanzsumme
15,0
2013
2014
2015
2016e
9 246
7 368
18,7
– 20,3
12 236
10 873
14 500
66,1
– 11,1
33,4
18,0
14,0
17,0
15,0
19,0
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Verlagsbeilage 28. Januar 2017
adjustierte
Verschuldungskomponente sollten grundsätzlich anders
behandelt werden als Anleihen oder
Bankkredite, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden. Dies
folgt aus einer langen Fristigkeit
sowie der Tatsache, dass die Pensionsverbindlichkeiten zum jeweilig gültigen Marktzins diskontiert
werden, was in relativ kurzer Zeit
zu größerer Volatilität in der adjustierten Nettoverschuldung führen
kann. Die vorherrschende Methodik
– volle Einbeziehung der ungedeckten Pensionsverbindlichkeiten in die
adjustierte Verschuldung eines Unternehmens – hat wenig Relevanz für
die Kreditqualität einer Firma. Denn
diese hängt von den zahlungsrelevanten Pensionsverpflichtungen ab.
Diese sind jedoch unabhängig vom
aktuellen Zinssatz.
Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, beziehen wir beim Rating von
Unternehmen im Investment-Grade-Bereich lediglich die Hälfte der
ungedeckten Pensionsverbindlichkeiten in die Berechnung ein, wenn
die „Pension Assets“ eines Unternehmens, also die für Pensionszahlungen aufgebauten Vermögenswerte,
nachhaltig mehr als das Fünffache
der jährlichen Pensionszahlungen
abdecken. Diese Art der Berechnung
vermeidet eine exogene, durch den
Marktzins bedingte Volatilität der
Kennzahlen und berücksichtigt die
im Vorhersagezeitraum wirksamen
Mittelabflüsse. Zusätzlich werden europäische Unternehmen durch diese
Betrachtungsweise im Vergleich zu
ihren internationalen Konkurrenten
nicht in der Kennzahlenermittlung
benachteiligt, da die Existenz größerer ungedeckter Pensionsverbindlichkeiten unseres Erachtens vorwiegend
ein europäisches Phänomen und in
den USA weitgehend unbekannt ist.
Dort werden Pensionsansprüche –
wenn sie denn gewährt werden – traditionell ausfinanziert.
Beispiele für die Methodendifferenz
Diversifizierte
Strukturen
Cash
Herkömmlicher
Ansatz
Geschäftsrisikoanalyse reflektiert vorwiegend Kernaktivität
Volle Einbeziehung
aller ungedeckter Verbindlichkeiten, ohne
Zahlungsrelevanz
Anforderungen sind
größtenteils als „Cap“
definiert – aber Cash
per se hat keine positive Implikation
Scopes alternativer
Ratingansatz
Geschäftsrisikoanalyse bezieht alle
Sparten mit ein
Partielle Einbeziehung
ungedeckter Verbindlichkeiten, Bewertung
nach Zahlungsrelevanz
Eigenständiger Ratingfaktor, außerhalb
des „Netting“-Ansatzes; reflektiert
traditionell vorsichtige Bilanzierung in
Europa
Diese konservative Liquiditätspolitik
wird oftmals durch fest zugesagte
externe Kreditlinien unterstützt.
Insbesondere in Deutschland ist diese Grundhaltung durch das im HGB
postulierte Prinzip des vorsichtigen
Kaufmanns entstanden; auch außerhalb Deutschlands ist dieser Ansatz
einer sehr soliden Liquiditätspolitik
bei vielen familiengeführten Unternehmen in Europa weit verbreitet.
Bei dieser Eigentümerstruktur liegt
der unternehmerische Fokus meist
auf der Risikominimierung und
den Erhalt des Unternehmens als
Erbstück der nächsten Generation.
Das in den USA verbreitete Shareholder-Value-Modell geht dagegen von
einem kurzfristigen Maximierungsansatz der Wertgenerierung aus, im
Rahmen dessen Liquidität eher minimiert wird. Obwohl dahinter der
Analytischer
Mehrwert für
Emittenten
und Investoren
Europäer halten
mehr Liquidität vor
als Amerikaner
Cash-Positionen
Linde
Anteil an Bilanzsumme
Air Liquide
Anteil an Bilanzsumme
Praxair
Cash: Eine konservative Liquiditätspolitik stützt die Kreditwürdigkeit vieler europäischer Corporates.
Europäische Unternehmen weisen
in der Regel mehr flüssige Mittel in
der Bilanz aus als amerikanische
Unternehmen (siehe Beispiel-Tabelle aus dem Sektor Industriegase).
Pensionen
Anteil an Bilanzsumme
Air Products
Anteil an Bilanzsumme
Messer
Anteil an Bilanzsumme
2015
1 838 Mill. Euro
5,2 %
966 Mill. Euro
3,3 %
147 Mill. US-Dollar
0,8 %
206 Mill. US-Dollar
1,2 %
145 Mill. Euro
6,4 %
vermeintlich sichere Hafen des breiten und reifen Kapitalmarktes steht,
ist der konservativere europäische
Ansatz durchaus positiv für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens.
Scope reflektiert diesen Unterschied
in ihren Ratings durch die Verschuldungsberechnung auf Nettobasis
(unter Abzug der verfügbaren flüssigen Mittel) sowie der Berücksichtigung der Liquiditätspolitik einer
Firma als einen separaten Ratingfaktor. Letzterer kann bei sonst gleichen
Einzelfaktoren zweier Unternehmen
für ein höheres Rating verantwortlich sein.
Als
unabhängige
europäische
Ratingagentur hat Scope den Anspruch, Besonderheiten auf Europas
Kreditmärkten Rechnung zu tragen,
die Meinungsvielfalt im Ratingmarkt
zu stärken und analytischen Mehrwert für Emittenten und Investoren zu schaffen. Zu diesem Zweck
hat Scope einen transparenten Rating-Ansatz entwickelt, der europäische Spezifika bei Faktoren wie
Diversifizierung, Pensionsverbindlichkeiten und Cash berücksichtigt.
Darüber hinaus fließen zusätzlich
noch konkret die wirtschaftlichen,
kulturellen und regulatorischen Besonderheiten europäischer Märkte
umfassend in die Bewertung mit ein.
Zusätzlich verfolgen die Methoden
einen stark in die Zukunft gerichteten Ansatz, der auch auf Elemente
der Aktienanalyse zurückgreift. Die
europäische Perspektive auf Corporates zeigt sich in Ratings großer Unternehmen, die Scope im Jahr 2016
mit einer Analyse zur Kreditwürdigkeit beauftragt haben.
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Umfassendes Risikomanagement
benötigt Nachhaltigkeitsratings
Umwelt- und Sozialthemen ergänzen immer mehr finanzielle Kriterien bei der Geldanlage
Robert Haßler
CEO oekom research AG
Das Volumen der Investments, bei
denen neben finanziellen auch ökologische und soziale Kriterien Berücksichtigung finden, nimmt nach
wie vor zu. Allein für den deutschsprachigen Raum verzeichnet der
Fachverband Forum Nachhaltige
Geldanlagen (FNG) demnach in 2015
ein Wachstum um 65 % im Vergleich
zum Vorjahr auf 326 Mrd. Euro. Auf
europäischer Ebene wird der starke
Zuwachs noch deutlicher: Laut dem
europäischen Dachverband Eurosif
weisen alle Strategien des nachhaltigen Investments zwischen 2013 und
2015 ein zum Teil deutlich höheres
Wachstum auf als der gesamte europäische Kapitalanlagemarkt.
Den nachhaltigkeitsbezogenen Investmententscheidungen liegen in
der Regel Informationen und Analysen von Nachhaltigkeitsratingagenturen zugrunde, die Unternehmen
explizit in Bezug auf ESG-Kriterien
(Environmental, Social, Governance) bewerten. Um ein Portfolio aus
Nachhaltigkeitssicht zu optimieren,
setzen Investoren vor allem Ausschlusskriterien, den Best-in-ClassAnsatz, Engagement und den Integration-Ansatz als Kernstrategien ein.
Nachhaltigkeitsratingagenturen
bewerten
Unternehmen
explizit in
Bezug auf
ESG-Kriterien
Bei der Nutzung von Ausschlusskriterien werden Emittenten vom Investment ausgeschlossen, die entweder
in kontroversen Geschäftsfeldern
tätig sind, z. B. geächtete Waffen
herstellen, oder gegen anerkannte
Umwelt- oder Arbeitsstandards verstoßen. Weit verbreitet vor allem
im deutschsprachigen Raum ist der
Best-in-Class-Ansatz. Hierbei werden
jeweils die Unternehmen zum Investment ausgewählt, die innerhalb ihrer
Branche führend im Nachhaltigkeitsmanagement sind. Noch in den Anfängen steckt in Deutschland das „Engagement“. Hier geht es darum, dass
Investoren einzeln oder in einer konzertierten Aktion direkten Einfluss
auf die Unternehmen ausüben, deren
Aktien oder Anleihen sie halten, mit
dem Ziel, eine aus ökologischer oder
sozialer Sicht wünschenswerte Verhaltensänderung zu bewirken. Beim
Integration-Ansatz werden Nachhaltigkeitskriterien systematisch in die
konventionelle Finanzanalyse integriert, um nachhaltigkeitsbezogene
Risiken zu identifizieren und in die
Investmententscheidungen einzubeziehen.
Bei institutionellen Investoren sind
grundsätzlich drei Motive für die
Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der Kapitalanlage zu sehen:
einerseits das Bedürfnis, Investmententscheidungen mit dem je-
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weiligen individuellen Werte- und
Verantwortungsverständnis in Übereinstimmung zu bringen. Andererseits zeigen immer mehr empirische
Ergebnisse, dass sich das Rendite-Risiko-Verhältnis verbessert, wenn
beim Investment soziale und umweltbezogene Kriterien herangezogen werden. Schließlich sehen viele
nachhaltig agierende Investoren im
Kapitalmarkt einen wichtigen Hebel,
mit dem die Unternehmen zu einer
Intensivierung ihrer Maßnahmen im
Bereich Corporate Responsibility bewegt werden können.
Die Berücksichtigung dieser Aspekte
bei der Kapitalanlage erfordert eine
umfassende und solide Informationsbasis, die durch die Nachhaltigkeitsratings geschaffen wird: Hier werden
zum einen unternehmensfremde
Informationsquellen, z. B. Analysen
und Studien von Gewerkschaften
oder Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen, ausgewertet.
Zum anderen werden die Informationen herangezogen, die die Unternehmen selbst zur Verfügung stellen, wie
beispielsweise Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte. Zudem stellen
die Unternehmen im Rahmen eines
intensiven Dialogs mit den Analysten
darüber hinaus auch interne Dokumente wie Antikorruptions- oder Antidiskriminierungsleitlinien zur Verfügung, die in die Ratings einfließen.
Auf diese Weise werden die Nachhaltigkeitsleistungen der Unternehmen
umfassend bewertet und lassen sich
innerhalb der einzelnen Branchen
diejenigen Unternehmen identifizieren, die ein besonderes Engagement
Die politischen
Rahmenbedingungen
verschieben
sich in
Richtung
Nachhaltigkeit
für eine nachhaltige Entwicklung zeigen. Die im oekom Corporate Rating
verwendeten Kriterien beziehen sich
auf alle Bereiche der unternehmerischen Verantwortung. Sie umfassen
jeweils rund 100 Einzelkriterien, von
denen ein großer Teil branchenspezifisch ist. Hierzu zählen unter anderem der Umgang der Unternehmen
mit Mitarbeitern und Zulieferern,
die umweltgerechte Gestaltung der
Produkte sowie Umfang und Qualität des Umweltmanagements. Die
Kriterien werden regelmäßig weiterentwickelt, um beispielsweise neuen
technischen, gesellschaftlichen oder
rechtlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Die Entwicklung der Anlagevolumina
belegt, dass das Nachhaltigkeitsrating seine Nischenposition im Markt
der Finanzdienstleistungen längst
verlassen hat. Es dient als wichtige
Informationsgrundlage für Anlageentscheidungen im Bereich des nachhaltigen Investments. Im Zeitraum
1. Januar 2005 bis 31. Dezember
2015 hat das nach Marktkapitalisierung gewichtete oekom Prime Portfolio Large Caps eine kumulierte Rendite von 144,35 % erreicht. Der MSCI
World Total Return Index kam im
gleichen Zeitraum auf eine kumulierte Rendite von 136,55 %. Es erzielte
damit im Betrachtungszeitraum mit
8,46 % p. a. eine bessere Rendite als
der konventionelle Vergleichsindex
mit 8,14 % p. a. Bei Gleichgewichtung
der Titel liegt die Rendite sogar bei
10,83 % p. a.
Und auch auf der Risikoseite gibt es
klare empirische Befunde, die den
Nutzen der Nachhaltigkeitsratings
speziell für Anleiheinvestoren deutlich unterstreichen: In einer im Oktober 2014 publizierten empirischen
Studie weist oekom research nach,
dass Corporate Bonds von Unternehmen mit einem überdurchschnittlich
guten Nachhaltigkeitsrating einen
niedrigeren Credit Spread aufweisen, also von Investoren als weniger
riskant angesehen werden. Des Weiteren erbrachte die Studie die Erkenntnis, dass Unternehmen mit einem besseren Nachhaltigkeitsrating
auch eine höhere Eigenkapitalquote
haben und damit für potenzielle Krisen besser gewappnet sind. oekom
research zeichnet die Unternehmen,
die im Rahmen des oekom Corporate
Ratings zu den führenden Unternehmen ihrer Branche zählen und die
branchenspezifischen Mindestanforderungen erfüllen, mit dem oekom
Prime Status aus. Bislang sind dies
nur etwas mehr als 16 % der analysierten Unternehmen (Stand Juli
2016). Dieser Anteil hat sich im Vergleich zu den Vorjahren zwar kaum
verändert, insgesamt ist jedoch ein
langsamer Trend hin zu einer generellen Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistungen zu sehen: Mit knapp
36 % zeigt inzwischen etwas mehr
als ein Drittel der Unternehmen erste
Ansätze zum Engagement auf diesem
Gebiet.
Derzeit verschieben sich die politischen Rahmenbedingungen klar
in Richtung Nachhaltigkeit – nicht
zuletzt durch den großen Erfolg des
Weltklimagipfels in Paris oder die
neuen UN-Nachhaltigkeitsziele. Um
den damit verbundenen Umbau unserer Wirtschaft zu einer Green Economy auch innerhalb der vorgesehenen Zeit zu bewerkstelligen, werden
institutionelle Investoren mehr und
mehr aufgefordert, ihre Investitionen
so zu gestalten, dass damit auch gesellschaftliche Nachhaltigkeitsziele
erreicht werden – was den Trend
zum nachhaltigen Investment weiter
verstärken wird. Bereits jetzt befassen sich spezielle Arbeitsgruppen im
G 20-Staatenbund mit der Frage, wie
das globale Finanzsystem insgesamt
verändert werden muss, damit Investoren neue Impulse für klimafreundliches und nachhaltiges Investieren
bekommen.
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10
Verlagsbeilage 28. Januar 2017
Ratings sorgen für Transparenz
und schaffen Vertrauen
Entwicklung einer Ratingkultur im Iran
Horst Bertram
Director Business Development,
Capital Intelligence Ratings
D
er im Juli 2015 zwischen Iran
und den fünf UN-Vetomächten
(China, Frankreich, Großbritannien,
Russland, USA) sowie Deutschland
vereinbarte Joint Comprehensive
Plan of Action (JCPOA) zur Beilegung
des Streits um das Nuklearprogramm
schürte in Iran sehr hohe Erwartungen auf eine schnelle und deutliche
Verbesserung der Wirtschaftslage.
Auch in Deutschland bleiben die
Erwartungen zur Wiedererschließung eines wichtigen Absatzmarktes
hoch. Schließlich ist Iran ein Land
mit hohem Potenzial, rund 80 Mill.
Einwohnern (davon zirka 40 % der
Bevölkerung jünger als 25 Jahre),
einem relativ hohen Bildungsniveau,
großen Öl- und Gasvorkommen und
einer relativ gut diversifizierten Industriestruktur.
Die harten Sanktionen haben die
iranische Wirtschaft und die Bevölkerung in den vergangenen 13 Jahren schwer getroffen. Die Herausforderungen, die mit der Wiedereröffnung der iranischen Märkte einhergehen, bleiben massiv, um die
Arbeits- und Lebensbedingungen für
die Bevölkerung zu verbessern, die
Produktionsanlagen und Infrastruktur des Landes zu modernisieren und
die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken. Signifikante Reformen, aber auch Investitionen werden hierfür notwen-
Michael Zlotnik
Lead Analytical Manager,
Capital Intelligence Ratings
dig sein, unter anderem in den Bereichen:
■
■
■
■
Erdöl, Erdgas und Bergbau inklusive dazugehöriger Technologie
Automobil- und Transportindustrie
Bauwesen und Infrastruktur
Finanzwesen
Dies wird die Mobilisierung signifikanter Finanzmittel notwendig machen. Hierbei gibt es allerdings noch
hohe Hürden zu überwinden:
■
Rating als Bestandteil guter
Investor-Relations-Arbeit
■
■
Der für die Finanzierung notwendige lokale Bankensektor ist noch
zu schwach, um die nötigen Mittel
zur Verfügung zu stellen. Das liegt
an der Unterkapitalisierung der
staatlichen Banken, dem hohen
Volumen an NPLs, der vergleichsweise geringen Risikovorsorge sowie der fehlenden kritischen Masse der Privatbanken.
Hinderlich ist auch die Zurückhaltung internationaler Großbanken.
Ein wichtiges Verbot betrifft in
Dollar denominierte Handelsgeschäfte im Zusammenhang mit
dem Iran, was die meisten großen
europäischen Banken bislang abschreckt.
Es bestehen insbesondere für Kreditinstitute weiterhin gravierende
Unsicherheiten bei der Wiederaufnahme von Geschäftsbeziehungen
zu iranischen Banken bzw. Kun-
den. Dies liegt unter anderem an
dem weiterhin fehlenden Gleichlauf europäischer und US-amerikanischer Sanktionspolitik, den
zahlreichen weiterhin bestehenden Sanktionen und den bestehenden geldwäscherechtlichen
Vorschriften.
Zwar verfügt das Land Iran im Vergleich mit anderen vergleichbaren
Staaten über eine relativ günstige
finanzielle Verfassung, aber aus den
Währungsreserven, die ca. 117 Mrd.
US-Dollar betragen, sind die enormen Modernisierungsprojekte nicht
zu finanzieren. Aufgrund der fehlenden Kapazitäten des Bankensektors
sind die anstehenden Investitionen
nicht ohne den Zugang zu den Kapitalmärkten zu stemmen.
Hierzu haben sich die Verantwortlichen in Politik, Ministerien, Notenbank und Institutionen wie den Börsen eine Vielzahl von Reformpunkten
auf die Agenda geschrieben, die teilweise bereits in der Umsetzung sind
oder in Vorbereitung.
Dazu gehört auf der einen Seite,
den lokalen Kapitalmarkt für Aktien
und Renten – auch für ausländische
Investoren – leichter zugänglich zu
machen. Dazu gehört aber auch,
dass sich die führenden und größten
Banken, Unternehmen und Versiche-
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rungen sowie der Staat intensiv darauf vorbereiten, nötige Mittel wieder
auf den internationalen Fremdkapitalmärkten aufzunehmen. Nach
der sanktionsbedingten jahrelangen
Abstinenz vom Bank- und Kapitalmarkt wird die Rückkehr aber kein
Selbstläufer und wird nur durch viele
gezielte konsequente und kontinuierliche Schritte zur Wiedererlangung
des Vertrauens der internationalen
Investoren möglich sein.
Von größter Bedeutung ist hierbei –
und das wurde von den Verantwortlichen im Iran auch klar erkannt – die
Etablierung einer Ratingkultur. Von
der Vergabe eines Ratingmandats an
eine international anerkannte Agentur – wie Capital Intelligence Ratings
– geht ein starkes und positives Signal
aus – ein Signal, dass man bereit ist,
die nötige Transparenz zu bieten. Die
Zusammenarbeit mit einer Ratingagentur, die in ihren Analysen unabhängig und entsprechend kritisch ist,
stellt erstmals zu bewertende Institute
vor Herausforderungen. Was den Ratingprozess mit den großen Instituten
erleichtert, ist die Tatsache, dass vor
der Verhängung der Sanktionen diese
bereits teilweise über Ratings verfügten. So waren in den vergangenen
zehn Jahren gut 20 Emittenten von CI
Ratings bewertet. Von diesen Banken,
Unternehmen und Versicherungen
dürften sich die meisten wieder einer
Bonitätseinstufung unterziehen. Aus
verschiedenen Gründen wünschen
sich Politik, Ministerien, Notenbank
und Organisationen wie die Börsen,
dass sich möglichst viele Institute bewerten lassen.
Mit dem Rating allein ist es nicht getan. Um die nötigen Schritte an die
internationalen – aber auch nationalen – Märkte erfolgreich zu absolvieren, gehört auch die Etablierung
einer kontinuierlichen Investor-Relations-Arbeit, die sich beispielsweise
an den in Deutschland etablierten
„Best-Practise-IR-Standards“ orientieren sollte. Die Bereitschaft seitens
iranischer Banken, Unternehmen,
Versicherungen und von staatlicher
Seite, die nötige Transparenz auch
bieten zu wollen, ist klar vorhanden.
Zumindest gilt dies derzeit für die
jeweils großen und führenden Institute.
Um auch mittleren und kleineren
Emittenten im Iran die Möglichkeit
zu geben, sich bewerten zu lassen, hat
die Aufsicht (Securities and Exchange
Organization of Iran, SEO) eine Regulierung über nationale Agenturen
und ein entsprechendes Zulassungsverfahren etabliert. Der Regulierungsrahmen lehnt sich hierbei eng
an die Anforderungen der ESMA an.
Einstufung – die allerdings für die
Platzierung von Bonds bei internationalen Investoren notwendig ist – oder
ein National Rating handelt. Beide
bieten den Marktteilnehmern eine
Vielzahl von Vorteilen:
■
Nationale Agenturen werden sich
überwiegend auf die Vergabe von
„National Ratings“ konzentrieren, die
im jeweiligen Land vergleichbar sind,
aber nicht mit internationalen Ratings. Die Qualität der Ratinganalyse
und -bewertung muss aber gleichwertig sein, um ernst genommen zu werden. Dies ist am einfachsten zu gewährleisten, wenn eine international
anerkannte Agentur eine Tochtergesellschaft im Iran etabliert – idealerweise mit einem nationalen Partner,
der über vertiefende Einblicke in lokale Gepflogenheiten verfügt. Diesen
Weg geht beispielsweise CI Ratings,
die als erste Agentur von der Securities and Exchange Organization
eine Lizenz für die Etablierung einer
lokalen Ratingagentur erhalten hat.
Im Rahmen der Lizenzierung hat die
Agentur klare Pläne vorzuweisen, wie
das vorhandene Know-how vermittelt
wird, wie die Ausbildung – vor allem
im Kontext der erheblichen regulatorischen Anforderungen – erfolgen
kann und welchen Beitrag die Ratingagentur leisten wird, um den nationalen Kapitalmarkt und die jeweiligen
Marktteilnehmer zu schulen. Damit
trägt CI Ratings zur Etablierung einer Ratingkultur im Iran bei. Dabei
bieten Ratings für den Markt und die
Marktteilnehmer vielfältige Vorzüge,
und es spielt keine Rolle, ob es sich
um eine international vergleichbare
Nationale
Ratings für
mittlere oder
kleinere Emittenten
■
■
Ratings im Iran
LangfristRating 1
Ausblick
Staat Iran
BB –
stabil
Bank of Industry and Mine
BB –
stabil
Export Development Bank of Iran
BB–
stabil
Saman Bank
B
Razi Insurance Company
1
■
BB+
positiv
2
stabil
) Fremdwährungsverbindlichkeiten; 2) Insurer Financial Strenth Rating
Stand: 10. Januar 2017; Quelle: CI Ratings
Die Weiterentwicklung eines lokalen Kapitalmarktes durch die
Reduzierung der Informationsasymmetrie zwischen Emittenten
und Investoren durch die erleichterte Bonitätseinschätzung einer
unabhängigen externen und von
den Aufsichtsbehörden regulierten Ratingagentur.
Die Erzielung von Vorteilen im Interbanken-Markt (beispielsweise
durch erhöhte Linien seitens der
Korrespondenzbanken)
beziehungsweise für monetäre Transaktionen mit der Zentralbank
(Qualität von Sicherheiten etc.)
sowie bei der Berechnung der Eigenkapitalunterlegung für Risiken
auf Bankbilanzen.
Den Wiederaufbau einer internationalen Investorenbasis für Geldund Kapitalmarktprodukte. Die
meisten Investoren verlangen von
Emittenten, sich dauerhaft von
einer international etablierten Ratingagentur bewerten zu lassen,
bevor sie ihre eigenen Analysen
machen und entsprechende Anlageentscheidungen treffen.
Die Steigerung des Unternehmenswertes durch die mit der
Bewertung idealerweise einhergehenden Optimierung des Rechnungswesens, der Corporate-Governance-Kultur, der erhöhten
Visibilität im Markt sowie einer
klareren und zukunftsorientierten
Unternehmenskommunikation.
Darüber hinaus gibt es noch weitere
Verwendungsmöglichkeiten. Zur Etablierung einer starken Ratingkultur
im Iran ist es notwendig, die Marktteilnehmer in der Breite über Sinn
und Funktionsweisen von Bonitätsnoten aufzuklären und möglichst viele große Banken, Unternehmen und
Versicherungen davon zu überzeugen, sich bewerten zu lassen. Wenn
die Politik dann keinen Strich durch
die Rechnung macht, steht den iranischen Schuldnern ein breites Finanzierungspektrum im In- und Ausland
zur Verfügung.
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