„Nie zu spät, um anzufangen“ Montagsinterview: In zehn Monaten vom Reha-Patienten zum Personal- und Gesundheitstrainer BAD WILDUNGEN. Mit starken Rückenschmerzen und einigen Pfunden Übergewicht trat Bürokaufmann Dirk Kaufmann (52) eine Reha in der Klinik am Homberg an. Wenige Monate später lief er einen Marathon – völlig beschwerdefrei. Über seinen Weg vom Rehapatienten zum Sporttherapeuten in zehn Monaten spricht der Berliner mit WLZRedakteurin Conny Höhne. KAUFMANN: Ja. Ich habe Kunden mit Bandscheibenvorfall, Adipositas, Schulter- und Knieschmerzen und anderen Problemen. Nur wer selbst starke Schmerzen spürte, kann sich auch in die Lage von betroffenen Patienten versetzen. Von Ihrer Selbsterfahrungwerden künftig auch Reha-Patienten in Bad Wildungen profitieren? KAUFMANN: Ich habe schon einen Vortrag in der Klinik am Homberg gehalten. Ärztin Dr. Schradin war von Anfang an kooperativ und war dann auch begeistert von der Idee. Wir werden sicher noch weitere Vorträge zusammen machen. In welcher Verfassung kamen Sie damals nach Bad Wildungen? DIRK KAUFMANN: Nach 2,5 Jahren Schmerzen, einer Fehldiagnose, 20 Kilogramm Übergewicht und Burnout war ich psychisch am Ende. Ich war nicht der Mensch, der ich sein wollte. Im Zug zur Reha weinte ich. Was erhofften Sie sich von dem Klinik-Aufenthalt? KAUFMANN: Ich wollte keine Schmerzen mehr haben und eine Stunde am Stück laufen, auch wenn ich lahm wäre wie eine Ente. Der Rest würde dann wohl von selbst kommen, glaubte ich. Wie haben Sie das angepackt? KAUFMANN: In der Reha bekommst Du fast nur bewusste und natürliche Nahrung – diese Chance nutzte ich. Und dann machte ich nicht nur die Anwendungen, die auf dem Plan der Klinik standen, sondern mehr, zum Beispiel schwamm ich am Abend oder setzte mich noch auf den Hometrainer. Zudem trank ich nur einmal in diesen drei Wochen Alkohol, als Belohnung. Und was haben Sie nach und nach noch geändert? KAUFMANN: Ich habe mich gründlich entmüllt. Ich habe in den sozialen Netzwerken und auch in meinem Freundeskreis das aufgespürt, was für mich schlecht ist. Zudem konnte ich mir erarbeiten, was mir wirklich guttut und was ich liebe. Bewegung lässt sich fast überall in den Alltag einbauen, meint Dirk Kaufmann. Der Berliner krempelte nach seiner Reha in Bad Wildungen sein Leben komplett um und ist damit erfolgreich. Foto: pr Hat sich der gewünschte gesundheitliche Erfolg eingestellt? KAUFMANN: Ja, und das langfristig und nachhaltig. Ich halte mein Gewicht, baue Muskeln auf und verstärke meine Ausdauer. Nach wie vor achte ich auf das, was ich esse. Ein Gläschen Wein gönne ich mir auch immer wieder, da ja Rotwein das Domestos des Herzens ist – nach Aussage eines Winzers. Wie waren Sie gesundheitlich auf der Höhe, als Sie die Reha beendeten? KAUFMANN: Ich war gesund und wieder voller Lebensfreude. Die verschriebene Aquagymnastik machte ich mit Begeisterung und stellte mir einen eigenen Plan auf, wie in der Reha. Bis heute konnte ich in all meinen Werten noch weitere Verbesserungen erzielen. Sport ist gut, Extremsport aber eher nicht förderlich. Ihr Sprint von der Klinik auf die Marathon-Strecke hat Ihren Ärzten doch sicher nicht gefallen … oder? KAUFMANN: Ich selbst muss Verantwortung für mich übernehmen. Wenn man pro Woche und Monat sein Pensum moderat steigert und seinem Körper auch Pausen gibt, dann ist das gesund. Auf der Couch zu liegen ist oft ungesünder. Zudem trainiere ich effizient, denn viel heißt nicht immer viel. Was war Ihre Antriebsfeder, das Leben komplett umzukrempeln? KAUFMANN: Meine Liebe zum Laufsport war sicherlich mit ausschlaggebend. Jedoch stand meine Beziehung zu meiner großen Liebe auf dem Spiel. Ein erster Rettungsver- such war ein gemeinsames Wochenende in der Lüneburger Heide wenige Wochen vor der Reha. Für meine jetzige Frau war die Zeit genauso schlimm. Ihren alten Beruf in einer Reederei haben Sie aufgegeben, weil er nicht mehr zu Ihrer neuen Lebensweise passte... KAUFMANN: Der alte Beruf hat mich kaputt gemacht und so ließ ich mir schon während der Reha Unterlagen zum Sporttherapeuten zusenden. Heute bin ich auch Personalund Gesundheitstrainer. Wenn ich heute das glückliche Leuchten in den Augen meiner Kunden sehe, dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Haben Ihre Kunden einen ähnlichem Leidensweg wie Sie hinter sich? Welche Gesundheitstipps können Sie Menschen der Altersgruppe „50 plus“ geben? KAUFMANN: Es ist nie zu spät anzufangen. Ob Herz- und Kreislaufsystem, Muskulatur oder Bewegung verbessert werden sollen – das geht. Mein Tipp: Einfach anfangen, dranbleiben und sich kompetent helfen lassen. Zudem ist die Ernährung für 70 Prozent unserer Fitness ausschlaggebend, denn sie ist für uns wie das Benzin beim Auto.
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