Schwungrad-Reibschweißen

Schwungrad-Reibschweißen
Reibschweißen
Die MTU Aero Engines ist Deutschlands führender und einziger unabhängiger Triebwerkshersteller und weltweit eine feste Größe. Sie entwickelt, fertigt und betreut zivile und militärische Luftfahrtantriebe sowie Industriegasturbinen. Technologisch führend ist die MTU bei
Hochdruckverdichtern und Niederdruckturbinen sowie Herstell- und Reparaturverfahren.
Eine Schlüsseltechnologie zur Fertigung von
Verdichterrotoren ist das Reibschweißen. Dieses Fügeverfahren eignet sich vor allem für die
Herstellung von Rotoren, die aus höher belastbarem Material bestehen und wesentlich
größer sind als herkömmliche Modelle. Solche
KUKA SRS1000 Reibschweißanlage (25 m lang, 6 m hoch, 350.000 kg schwer).
Rotoren werden für die nächste Generation von
Triebwerken benötigt. Mittels Reibschweißen
können Rotoren kompakter und hochintegral
aus Titan- und Nickelbasiswerkstoffen gefertigt
werden. Dadurch werden sie leichter, was den
Kraftstoffverbrauch senkt.
Anlagentechnik
Die MTU-Triebwerksspezialisten in München
verfügen über vier Reibschweißmaschinen –
darunter die präziseste Anlage der Welt: Die
Hochpräzisionsanlage KUKA RS 1000, die über
ein Doppelspindelkonzept verfügt, wurde im
Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt
und von der Firma KUKA Schweißtechnik gebaut. Zielsetzung war, eine größere Bandbreite
von Bauteilen mit höchster Genauigkeit zu
verschweißen. Die Präzision während des
Bearbeitungsprozesses ist weltweit einmalig –
sie liegt im Zehntelbereich und das bei Stauchkräften von bis zu 1.000 Tonnen.
• ein optisches Online-Messsystem (achsmittig
angeordnet) mit schwenkbarem Messarm
(laser-basierend), um die Ausrichtung der
Maschine bzw. die Lage der eingespannten
Teile exakt vermessen zu können,
• eine optionale Stauchweg-Steuerung (Eingriffsmöglichkeit in den Prozess durch
Druck-Variation) zur Einengung der erhaltenen Stauchweg-Toleranz,
• ein Doppelspindel-Konzept, das heißt beide
Seiten verfügen über unterschiedlich große
Spindeln und können wahlweise statisch
oder rotierend betrieben werden – Vorteil:
großes Schwungmassen-Spektrum
Die KUKA RS 1000 zeichnet sich aus durch:
• ein Schwungradgetriebe anstelle einzeln
aufgeschraubter Schwungräder – Vorteil:
schneller Schwungradwechsel,
• eine Fluchtjustage, um die Position der zu
verschweißenden Teile exakt ausrichten zu
können,
Die drei weiteren Reibschweißmaschinen sind
Serienanlagen der US-amerikanischen Firma
Manufacturing Technology Incorporated (MTI)
und zeichnen sich durch ihre robuste Konstruktion aus.
Die wichtigsten Daten:
Maschinentyp
150A
300B
480B
KUKA
RS 1000
Dank des Doppelspindelkonzepts (links im Bild die große Spindel) kann eine größere
Bandbreite an Bauteilen mit höchster Genauigkeit verschweißt werden.
maximale
Schweißenergie
maximale
Stauchkraft
Drehzahl
bereich*
(kN)
maximales
Masseträgheitsmoment
(kg m2)
(kNm)
200
410
2.033,73
8.000
200
1.200
3.786
10.000
11,9217
250
10.550,0
45.000
0-8.000
0-2.500
0-600
0-400
0-600
Zwei Mitarbeiter beladen die Hochpräzisionsmaschine.
(min-1)
Grundlagen des SchwungradReibschweißens
Verfahrensbeschreibung
Das Schwungrad-Reibschweißen (SR-Schweißen) ist ein Pressschweißverfahren, mit dem
sich hohe Verbindungsfestigkeiten reproduzierbar erzielen lassen. Die Schweißenergie
liefert ein Schwungrad, auf das eine Hälfte des
Schweißteils gespannt wird. Durch Pressen
der rotierenden gegen die statische Schweißteilhälfte wird die Schwungradenergie am
Schweißstoß in Reibungswärme umgesetzt, der
Werkstoff wird fließfähig und es kommt zur
Ausbildung eines Wulstes. Nach dem Stillstand
des Schwungrades wird weiterer Werkstoff
durch Nachstauchen ausgequetscht. Die Verbindungsbildung erfolgt durch komplexe plastische Verformungsvorgänge unterhalb der
Schmelztemperatur.
1) Werkstück einspannen
2) Werkstück auf Drehzahl bringen
Die Arbeitsfolgen sind schematisch im nebenstehenden Bild (1 bis 4) dargestellt.
1) Die Schweißeinzelteile werden in die
rotierende und stationäre Vorrichtung
eingespannt.
2) Mittels eines elektrischen oder hydraulischen Antriebs wird die Schwungmasse auf
die vorgegebene Drehzahl beschleunigt.
3) Anschliessend wird der Antrieb abgeschaltet.
4) Die Schwungmasse besitzt jetzt die für die
Schweißung erforderliche Rotationsenergie.
Während der Schweißphase werden die
Schweißflächen mit einem definierten
Druck gegeneinander gepreßt.
Die Reibphase ist mit dem Stillstand der
rotierenden Seite beendet. Um eine optimale
Festigkeit der Schweißverbindung zu erzielen,
muss die axiale Kraft allerdings über diesen
Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten werden.
3) Antrieb auskuppeln
4) Anpressen – Schweißen
Arbeitsfolgen beim SR-Schweißen
Eigenschaften des
Schwungrad-Reibschweißens
Für das SR-Schweißen ist die Optimierung
folgender Schweißparameter erforderlich:
• Massenträgheitsmoment,
• Drehzahl bei Schweißbeginn,
• Anpresskraft,
• Nachstauchzeit.
Während des Schweißvorganges – Reib- und
Nachstauchphase – tritt eine werkstoffund geometrieabhängige Längenverkürzung
(Stauchweg) ein. Die Folge: Durch die Materialausquetschung bildet sich in der Fügeebene
ein Schweißwulst mit einer Wulstkerbe. Bei
hochbelasteten Schweißteilen müssen Wulst
und Kerbe abgearbeitet werden, um eine optimale Festigkeit zu erzielen.
Der Verfahrensablauf ist durch den zeitlichen
Verlauf von Drehzahl, Kraft, Stauchweg und
Drehmoment gekennzeichnet.
Schweißnaht einer Ti-Legierung
Die Höhe des Drehmomentmaximums kurz
vor dem Stillstand der Spindel, die Stauchkraft
und die Zeit nach dem Stillstand der Spindel
wirken sich entscheidend auf die Verbindungsfestigkeit aus. Der optimale Stauchweg ist von
den zu fügenden Werkstoffen bzw. Werkstoffkombinationen abhängig. Im Triebwerksbau
werden in der Regel Ringquerschnitte verschweißt; angestrebt wird eine Längenverkürzung von etwa der Hälfte der Wanddicke.
kNm
50.0
bar
81.4
40.0
65.2
30.0
48.8
20.0
32.6
10.0
16.3
Mmax.
Drehzahl
Stauchdruck
Stauchung
Drehmoment
mm
4.7
U/min
443.3
3.8
354.6
2.8
266.0
1.9
177.3
0.9
88.7
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
sek
Verfahrensablauf einer SR-Schweißung
Werkstoff
legierte Stähle:
warmfeste Legierungen
Leicht- und Buntmetalle
CU und Legierungen
Al und Legierungen
Ti-Legierungen
Richtwerte für SR-Schweißdaten
fächenbezogene
Schweißenergie
fächenbezogene
Axialkraft
Umfangsgeschwindigkeit
(J/mm2)
(N/mm2))
(m/s)
70-220
100-300
25-350
150-350
100-180
30-60
150-300
200-500
10-100
50-70
10-70
40-75
2,5-15,0
1,5-7,5
1,0-15,0
3,0-5,0
2,0-3,5
4,0-12,0
• Kurze Schweißzeit, dadurch geringe Wärmeeinbringung und geringer Verzug.
• Hohe Reproduzierbarkeit der Schweißnahtqualität.
• Statische und dynamische Verbindungsfestigkeiten, die im Streubereich der Grundwerkstoff-Kenndaten liegen.
• Nichtschmelzbare Werkstoffe sind reibschweißfähig.
• Ungleiche Werkstoffpaarungen, wie z.B.
Stähle mit Ni-Legierungen, können verschweißt werden.
• Typische Schmelzschweißfehler, z.B. Porenbildung, Schlackeneinschlüsse, Schrumpfbzw. Erstarrungsrisse, können ausgeschlossen werden.
• Aufgrund der sehr hohen Reproduzierbarkeit wird die Toleranz für die Längenverkürzung von +/- 0,25 mm eingehalten.
• Die Konzentrizität und Planparallelität der
geschweißten Teile liegt in Abhängigkeit von
der Größe der Teile bei den MTI-Maschinen
bei 0,1 und 0,25 mm und bei der KUKAAnlage zwischen 0,01 und 0,2 mm.
1.400
Schweißverbindungen
1.200
Schweißverbindungen
1.200
Rm in MPa
1.000
∂° in MPa
Vorteile des SchwungradReibschweißens
800
600
Abnahmewerte
für den Grundwerkstoff
1.000
800
Abnahmewerte
für den
Grundwerkstoff
600
400
200
400
103
2 3
5
104
2 3
Lastwechsel N
LCF-Festigkeit einer Ti-Reibschweißung
5
105
0
100
200
300
400
500
t in °C
Zug- und Warmfestigkeit einer Ti-Verbindung
600
Anwendungsbeispiele
Komplett geschweißt und bearbeitet
Verdichter-Rotor bestehend aus fünf Einzelteilen mit vier 4 Reibschweißverbindungen Werkstoff: Ni-Legierung.
Turbinenrad und Welle für Abgasturbolader von Dieselmotoren Werkstoffkombination: Ni-Guß (Turbinenrad)
Stahl (Welle).
Blisk-Trommel geschweißt (Ti-Legierung).
Verdichter-Gehäuse Titan mit aufgeschweißten Bolzen.
GER 04/11/MUC/01000/DE/EB/D
MTU Aero Engines AG
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