Globulisierung DPA Immer mehr Menschen setzen auf alternative Heilmethoden, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist. Der Grund für die Ausbreitung der Glaubensmedizin liegt nicht zuletzt im profitorientierten Gesundheits system. Von Christof Lammers SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 27. JANUAR 2017 · NR. 23 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Fatale Lage Lange Leine Klare Signale Faire Deals 3 4 6 16 Fünf Klagen gegen das Streikrecht. Kleine Gewerkschaften wehren sich gegen »Tarifeinheitsgesetz« Der unfassbare Anis Amri: Fahndung nach mutmaßlichem Attentäter von Berlin massiv verzögert Mit neuen außenpolitischen Initiativen festigt Moskau seine Positionen. Von Reinhard Lauterbach Chinesische Fußballdiplomatie: Reich der Mitte baut afrikanischen Staaten moderne Stadien Das nächste Afghanistan EU will Flüchtlinge in Libyen festsetzen KRISTIN PALITZA/DPA - BILDFUNK AP PHOTO/OLMO CALVO Bis zu 1.000 Bundeswehrsoldaten werden in Mali stationiert. Bundestag beschließt auch Verlängerung des Irak-Einsatzes. Von Jörg Kronauer Aufmarschgebiet Mali: Für die Bundeswehr wird es der größte deutsche Auslandseinsatz überhaupt, Experten warnen vor einem Dauerkrieg I mmer tiefer verstrickt sich die Bundeswehr in den Konflikt in Mali. Deutlich ausgeweitet wird der Einsatz, beschloss der Bundestag am Donnerstag mit 498 gegen 55 Stimmen bei drei Enthaltungen. Demnach werden ab Februar bis zu 1.000 deutsche Soldaten im Rahmen der UN-Truppe Minusma in Nordmali operieren – gut 50 Prozent mehr als bisher. Anlass ist, dass Deutschland ab März die sogenannte Rettungskette sicherstellen muss, den schnellstmöglichen Transport verwundeter Soldaten in Lazarette. Dazu werden vier Transport- und vier Kampfhubschrauber nach Mali verlegt. Innerhalb Deutschlands hat die Verlegung bereits begonnen; am heutigen Freitag werden die ersten Hubschrauber per Lufttransport vom Flughafen Leipzig/Halle in die malische Hauptstadt Bamako gebracht. Für die Bundeswehr wird Mali zum größten deutschen Auslandseinsatz überhaupt – noch vor demjenigen in Afghanistan, wo gegenwärtig rund 930 deutsche Soldaten stationiert sind. Im Rahmen von Minusma ist die Bundeswehr vor allem mit der Aufklärung rund um die nordmalische Stadt Gao befasst. Damit trägt sie zur Überwachung des fragilen Waffenstillstands zwischen Exseparatisten und Regierung durch die UN-Truppe bei. Seit November nutzt sie bereits »Heron«-Drohnen, die schon in Afghanistan zum Einsatz kamen. Zudem zählt zum deutschen Beitrag ein Lufttransportstützpunkt in Nigers Hauptstadt Niamey, auf dem zwei »Transall«-Maschinen stationiert sind. Das Mandat erlaubt auch die Unterstützung französischer Kampftruppen im Sahel. Ihre umfangreichen Aktivitäten ermöglichen es der Bundeswehr, Offiziere nicht nur in das Minusma-Hauptquartier in Bamako, sondern auch in das Joint Force Air Component Command (JFACC) in Lyon zu entsenden. Von dort wird der militärische Flugbetrieb der französischen Streitkräfte im Sahel gesteuert. Zu Minusma hinzu kommt die deutsche Beteiligung am Ausbildungseinsatz der EU für Malis Streitkräfte (EUTM Mali). Dass Mali zum Schwerpunktland der Bundeswehr wird, ist politisch gewollt. Der malische Staat hat den Norden des Landes nicht unter Kontrolle und ist inzwischen auch im Süden schwach aufgestellt. Das wäre der Bundesregierung wohl herzlich egal, würden nicht Flüchtlinge die Region als eine ihrer Hauptfluchtrouten aus Westafrika ans Mittelmeer und weiter nach Europa nutzen. Darüber hinaus destabilisieren Dschihadisten, die sich im Sahel festgesetzt haben, auch Nordafrika und damit, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen es einmal formulierte, Europas »Gegenküste«. Also muss die Kontrolle aus Sicht Berlins wiederhergestellt werden. Experten warnen vor einem Dauerkrieg wie in Afghanistan. Erst in der vergangenen Woche wurde auf das Militärlager in Gao ein Attentat mit mehr als 80 Opfern verübt. Minusma ist gegenwärtig der gefährlichste UN-Einsatz. Neben der Ausweitung des Mali-Einsatzes hat der Bundestag gestern auch die Verlängerung des Ausbildungseinsatzes im Irak mit großer Mehrheit beschlossen. Im Irak trainieren gut 150 deutsche Soldaten kurdische Peschmerga. Offiziell geht es dabei um den Krieg gegen den »Islamischen Staat« (IS), zur Zeit kämpfen von der Bundeswehr ausgebildete und bewaffnete Peschmerga in der Schlacht um Mossul. Berichte über die Vertreibung nicht kurdischsprachiger Iraker durch die Peschmerga deuten darauf hin, dass der in Erbil herrschende Barsani-Clan parallel eine zweite Agenda verfolgt, nämlich die ethnisch begründete Arrondierung seines Herrschaftsgebiets. Das könnte nach einem Sieg über den IS leicht zum nächsten Waffengang im Irak führen. Die Partner sind woanders Celac-Gipfel: Lateinamerika übt Kritik an Plänen des neuen US-Präsidenten I n Punta Cana ist am Mittwoch abend (Ortszeit) das fünfte Gipfeltreffen der Lateinamerikanischen und Karibischen Staatengemeinschaft (Celac) zu Ende gegangen. Der 2010 gegründeten Organisation gehören alle 33 souveränen Staaten der Region an, nicht aber die USA und Kanada. In die Dominikanische Republik gekommen waren zwölf Regierungschefs, unter ihnen Kubas Präsident Raúl Castro, sein venezolanischer Amtskollege Nicolás Maduro, Ecuadors Staatschef Rafael Correa und Nicaraguas Präsident Daniel Ortega. Das Gipfeltreffen wurde inhaltlich vom Regierungswechsel in den USA dominiert. Die Vereinigten Staaten werden in der Abschlusserklärung nicht ausdrücklich als »Partner« aufgeführt – im Unterschied zu Russland, China, Indien und der EU. Von ihnen wird unter anderem die Dekolonialisierung Puerto Ricos, die endgültige Beendigung der Blockade Kubas durch die USA und die Rückgabe von Guantánamo sowie die Aufhebung des von Barack Obama noch kurz vor Ende seiner Amtszeit verlängerten Dekrets gegen Venezuela verlangt. Bereits in seiner Eröffnungsrede am Dienstag (Ortszeit) kritisierte Gastgeber Danilo Medina, der Präsident der Dominikanischen Republik, das »zunehmende Reden über Protektionismus und Grenzschließungen«. Es bestehe die Gefahr, dass sich das nicht nur auf den wirtschaftlichen Bereich beschränke, sondern auch dramatische Auswirkungen auf die Bevölkerung habe. Correa rief seine Amtskollegen auf, eine klare Haltung zur Verteidigung der Migranten einzunehmen, »nicht nur der aus Lateinamerika und der Karibik, sondern der aus der gesamten Welt«. Raúl Castro rief die neue US-Regierung auf, die Region zu respektieren. Es sei »besorgniserregend«, dass sie Absichten geäußert habe, »die unsere Interessen in den Bereichen Handel, Beschäftigung, Migration und Umweltschutz sowie weitere in Gefahr bringen«. Nötig sei ein gemeinsames Handeln der Celac-Staaten. »Eine Rückkehr des Neoliberalismus würde die Armut und Erwerbslosigkeit anwachsen lassen und so die sozialen Bedingungen in Lateinamerika und der Karibik verschlechtern«, ergänzte er. André Scheer Siehe Seiten 2 und 6 Valletta. EU-Politiker wollen die Festung Europa weiter ausbauen. Anlässlich eines Treffens in Malta sagte Bundesinnenminister Thomas de Mazière am Donnerstag, dass es im Falle eines »Massenzustroms« das Ziel sein müsse, dass »Flüchtlinge gar nicht erst nach Europa gebracht werden«. De Mazière warb dabei erneut für seine Idee, ein Aufnahmelager in Nordafrika einzurichten, von wo aus » die Schutzbedürftigen – und nur die Schutzbedürftigen – nach Europa« geholt werden könnten. Luxemburgs Minister Jean Asselborn erklärte indes, längerfristig hoffe er, dass mit Libyen ein ähnlicher Flüchtlingspakt möglich sei wie mit der Türkei. Libyen gilt als zentrales Transitland, aktuell herrscht dort Bürgerkrieg. Wie am Mittwoch bekanntwurde, will die EU-Kommission rund 200 Millionen Euro aufwenden, um die Migration über das Mittelmeer weiter zu erschweren. (AFP/dpa/jW) Zweiter mutmaßlicher Rechtsterrorist in Haft Karlsruhe. Nach den Razzien gegen eine mutmaßliche Terrorgruppe von extrem Rechten am Mittwoch (jW berichtete) kommt der zweite Festgenommene in Untersuchungshaft. Gegen den 51jährigen habe ein Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) am Donnerstag Haftbefehl erlassen, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Demnach wurden bei dem Mann am Mittwoch »Sprengstoff, diverse Waffen und Schussapparate sowie Munition« sichergestellt. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Waffen »zur Umsetzung der Ziele der Vereinigung« gebraucht werden sollten. Sechs Beschuldigte sollen eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet und Anschläge auf Juden und Flüchtlinge geplant haben. Ein siebter soll ihnen geholfen haben. Der 66 Jahre alte Hauptverdächtige sitzt vorerst wegen Volksverhetzung in Untersuchungshaft. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.998 Genossinnen und Genossen (Stand 26.1.2017) n www.jungewelt.de/lpg
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